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  • 15.02.2012 · IWW-Abrufnummer 121134

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 17.11.2011 – 2 K 507/07 E

    1) Der für beschränkt Steuerpflichtige in § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG angeordnete Ausschluss der steuermindernden Berücksichtigung dauernder Lasten verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV.



    2) § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG steht damit der steuermindernden Berücksichtigung gezahlter dauernder Lasten i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. eines beschränkt Steuerpflichtigen für die Übernahme eines ertragbringenden und existenzsichernden Gesellschaftsanteils nicht entgegen (Fortentwicklung des EuGH-Urteils vom 31.03.2011, Rs. C-450/09 - Schröder).


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 2. Senat in der Besetzung: Vorsitzende Richterin am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtliche Richterin … ehrenamtliche Richterin … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 17.11.2011 für Recht erkannt:
    Tatbestand:
    Zu entscheiden ist noch, ob im Streitfall die Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) der gewinnmindernden Berücksichtigung einer dauernden Last entgegensteht.
    Der nicht verheiratete Kläger ist deutscher Staatsbürger und lebt in F (= europäisches Ausland).
    Mit Übertragsvertrag vom 17.01.1989, auf dessen Wortlaut Bezug genommen wird – Blatt 89 ff der Gerichtsakte –, erwarben der Kläger und dessen Bruder von ihrem Vater dessen Gesellschaftsanteil an der U – GbR mit Sitz in M, die nunmehr als E – GbR firmiert. Als Gegenleistung verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder die in § 2 des Vertrages vom 17.01.1989 näher bezeichneten und einkommensteuerlich als dauernde Lasten zu qualifizierenden Leistungen an ihren Vater bzw. ihre Eltern zu erbringen.
    Neben anderweitigen inländischen Einkünften erzielte der Kläger aus seiner Beteiligung an der vorgenannten Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den Streitjahren 1999 bis 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
    Bei Abgabe seiner Steuererklärungen für die Streitjahre vertrat der Kläger zum einen die Auffassung, er sei im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, zum anderen, seine Einkünfte aus der Beteiligung an der vorgenannten Gesellschaft seien als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren. Dem schloss sich der Beklagte zunächst bei Erlass der Einkommensteuerbescheide vom 24.07.2001 für 1999, vom 07.11.2002 für 2000 und vom 23.07.2003 für 2001 an. Diese Bescheide wurden bestandskräftig. In den vorgenannten Bescheiden berücksichtigte der Beklagte Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an der oben genannten Gesellschaft und Sonderausgaben (SA) und außergewöhnlichen Belastungen (a.g.B.) wie folgt:

    Einkünfte § 13 EStGSA und a.g.B. insgesamtdavon Beiträge und Spenden nach § 10 b EStGdavon Steuerberaterk ostendavon dauernde Lasten
    1999173.300 DM41.542 DM300 DM2.230 DM15.795 DM
    2000196.743 DM36.150 DM300 DM1.269 DM13.866 DM
    2001220.126 DM46.770 DM300 DM814 DM13.624 DM
    Bei Abgabe seiner Einkommensteuererklärung 2002 am 09.07.2004 hielt der Kläger zunächst an den vorgenannten Rechtsauffassungen fest und erklärte u.a.:
    Einkünfte § 13 EStGSA und a.g.B. insgesamtdavon Beiträge und Spenden nach § 10 b EStGdavon Steuerberaterk ostendavon dauernde Lasten
    2002113.463 EUR24.378 EUR150 EUR526 EUR7.133 EUR
    Ausweislich von Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 18.05.2005 für die Jahre 1999 und 2000 bzw. vom 02.09.2004 für die Jahre 2001 und 2002 qualifizierte der Beklagte die Einkünfte des Klägers aus dessen Beteiligung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Gewinnanteile des Klägers waren nach diesen Mitteilungen im Vergleich zu den durchgeführten Veranlagungen 1999 bis 2001 und der Einkommensteuererklärung 2002 der Höhe nach vermindert. Die Gewinnanteile betrugen für 1999 noch 173.419 DM, für 2000 noch 192.590 DM, für 2001 noch 218.029 DM und für 2002 noch 109.870 EUR.
    Dem folgte der Beklagte grundsätzlich bei Erlass der nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 vom 31.08.2004 bzw. des erstmaligen Einkommensteuerbescheids 2002 vom 01.09.2004, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging. Bei Erlass dieser Bescheide ging der Beklagte jedoch nunmehr davon aus, dass der Kläger nicht unbeschränkt, vielmehr beschränkt einkommensteuerpflichtig sei. In Anwendung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung versagte der Beklagte bei Erlass dieser Bescheide – mit Ausnahme der Aufwendungen des Klägers i. S. d. § 10 d EStG; vgl. § 50 Abs. 1 Satz 5 EStG – die steuermindernde Berücksichtigung der vormals für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 berücksichtigten bzw. der vom Kläger für das Jahr 2002 erklärten Sonderausgaben bzw. außergewöhnlichen Belastungen.
    Unter Bezugnahme auf die Kompensationsnorm des § 177 Abs. 2 AO setzte der Beklagte die Einkommensteuer für die Streitjahre 1999 bis 2001 im Vergleich zu den ursprünglich bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuern nunmehr wie folgt fest:
    ursprünglich festgesetzte EStESt neu umgerechnet in DM
    199823.091 DM23.091 DM
    199963.946 DM63.946 DM
    200093.651 DM72.835 DM
    200176.792 DM69.940 DM
    Mit Telefax seines Prozessbevollmächtigten vom 30.09.2005 legte der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 vom 31.08.2005 und gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 01.09.2005 Einspruch ein. Zur Begründung führte der Kläger aus, die Einsprüche richteten sich gegen die Nichtberücksichtigung der Sonderausgaben.
    Mit Bescheid vom 06.02.2006 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer 2002 unter Änderung der hier nicht streitigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf und setzte die Einkommensteuer 2002 auf 35.490 EUR fest.
    Die verbliebenen Einsprüche wegen Einkommensteuer 1999 bis 2002 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04.01.2007 als unbegründet zurück.
    Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger zunächst begehrt, die in den Steuererklärungen 1999 bis 2002 dargestellten Sonderausgaben zu berücksichtigen.
    Während des laufenden Klageverfahrens hat der Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EUGH) vom 06.07.2006 in der Rechtssache C-346/04 „Conijn”, BStBl II 2007, 350, am 13.02.2008 geänderte Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001, sowie am 30.01.2008 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2002 erlassen und dabei die für diese Jahre erklärten Steuerberaterkosten steuermindernd zum Abzug zugelassen. Für das Streitjahr 1999 erließ der Beklagte keinen Änderungsbescheid. Zwar habe der Kläger für das Streitjahr 1999 Steuerberaterkosten in Höhe von 2.230 DM erklärt, die sich jedoch im Hinblick auf § 177 Abs. 2 AO nicht auswirkten.
    Darüber hinaus hat der Beklagte aus hier nicht streitigen Gründen am 11.03.2009 einen erneut geänderten Einkommensteuerbescheid 2001 und am 03.02.2009 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2002 erlassen.
    Der beschränkt einkommensteuerpflichtige Kläger begehrt nunmehr mit der hier zu entscheidenden Klage, die von ihm gezahlten dauernden Lasten bei der Veranlagung seiner inländischen Einkünfte steuermindernd zu berücksichtigen. Mit dem Übertragsvertrag vom 17.01.1989, durch den die Verpflichtung zur Übernahme der dauernden Lasten gegenüber seinen Eltern begründet worden sei, sei zugleich der Gesellschaftsanteil an der GbR als seine Einkunftsquelle übertragen worden.
    Der Kläger beantragt,
    unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1999 vom 31.08.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2007, des Einkommensteuerbescheides 2000 vom 13.02.2008, des Einkommensteuerbescheides 2001 vom 11.03.2009 und des Einkommensteuerbescheides 2002 vom 03.02.2009 die Einkommensteuern für die Streitjahre 1999 bis 2002 unter Berücksichtigung der geltend gemachten dauernden Lasten und unter Berücksichtigung der durch § 177 AO im Streitfall begründeten Änderungsgrenzen neu festzusetzen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Der Beklagte ist der Auffassung, die vom Kläger in den Jahren 1999 bis 2002 gezahlten dauernden Lasten seien im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des § 50 Abs. 1 EStG nicht zum Abzug zuzulassen.
    Auch aus dem EUGH-Urteil vom 31.03.2011 in der Rechtssache C-450/09 „Schröder” folge nichts anderes. Zwar habe der EUGH entschieden, dass Artikel 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) der Regelung eines Mitgliedstaates, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm eine in diesem Staat belegene Immobilie übertragen hat, gezahlte Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilie abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, entgegensteht, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht. Dieses EUGH-Urteil sei auslegungsbedürftig hinsichtlich der Frage, wie der danach erforderliche Zusammenhang zu verstehen sei. Der EUGH könne einen Zusammenhang im Sinne des (deutschen) Ertragsteuerrechts – ein Veranlassungszusammenhang – für erforderlich halten. Dann seien die Zahlungen aber als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu behandeln, die nach § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar seien, so dass es einer erweiterten Auslegung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht bedürfe. Denkbar sei auch, dass der EUGH einen loseren, anders gesetzten Zusammenhang gemeint habe, der den Begriff der Werbungskosten bzw. der Betriebsausgaben nicht erfülle.
    Der Wortlaut des Tenors des EUGH-Urteils vom 31.03.2011 in der Rechtssache C-450/09 – Schröder – sowie weitere Formulierungen in den Entscheidungsgründen legten die Vermutung nahe, der EUGH sei bei dieser Entscheidung davon ausgegangen, dass Art 63 AEUV den steuermindernden Abzug von Vorsorgeleistungen nur in den Fällen gebiete, in denen das Vermögen von dem Übernehmer entgeltlich erworben worden sei. Diese Voraussetzung sei im Streitfall gerade nicht erfüllt. Spätestens seit der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 12.05.2003 GrS 1/100, BStBl II 2004, 94 sei gesichert, dass in den Fällen der Vermögensübertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge eben kein entgeltlicher Vorgang verwirklicht sei, vielmehr eine unentgeltliche Vermögensübertragung, die zu einem Abzug der Aufwendungen als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Absatz 1 Nummer 1a EStG a.F. führen könne. Deshalb gehe die Annahme fehl, infolge der EUGH-Rechtsprechung könnten nunmehr Sonderausgaben wie Werbungskosten abgezogen werden. Sonderausgaben seien der privaten Sphäre zuzuordnen und könnten daher nicht wie Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei einer bestimmten Einkunftsart abgezogen werden. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Vorbringens wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 16.11.2011 verwiesen.
    Wegen der weiteren Einzelheiten des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und auf die Steuerakte des Beklagten Bezug genommen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 17.11.2011 wird verwiesen.
    Entscheidungsgründe:
    Die zulässige Klage ist, soweit der Kläger noch die steuermindernde Berücksichtigung der von ihm in den Streitjahren 1999 bis 2002 gezahlten dauernden Lasten beantragt, begründet. Der Kläger ist durch die klagebefangenen Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2002 insoweit in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –), als der Beklagte diesem Klagebegehren nicht gefolgt ist.
    Die vom Kläger in den Streitjahren geleisteten Zahlungen sind dem Grunde nach als Sonderausgaben i. S d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. zu qualifizieren.
    Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. können auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie nicht mit Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, und wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17.6.1998 X R 104/94 BStBl II 2002, 646 m.w.N.) weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F.) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet; sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie – wie im Streitfall – abänderbar sind. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird. Die steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen aufgrund eines Vermögensübergabevertrages zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 23.1.1997 IV R 45/96, BFHE 182, 539, BStBl II 1997, 458 m.w.N.).
    Diese Voraussetzungen sind – wovon die Beteiligten dieses Rechtsstreits übereinstimmend ausgehen – im Streitfall erfüllt. Der Kläger hat zusammen mit seinem Bruder im Wege vorweggenommener Erbfolge auf der Grundlage des Vertrags vom 17.01.1989 den vormaligen Gesellschaftsanteil des Vaters übernommen. Die vom Kläger erklärten Gewinnanteile aus der GbR rechtfertigen die Annahme, dass die Nettoerträge aus dem übertragenen Gesellschaftsanteil ausreichen, um die mit dem Vater vereinbarten Versorgungsleistungen zu erbringen.
    Trotz des entgegenstehenden Wortlauts des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG hindert diese Vorschrift im Streitfall nicht die steuermindernde Berücksichtigung der vom Kläger in den Jahren 1999 bis 2002 gezahlten dauernden Lasten.
    Während beschränkt Steuerpflichtige gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG Betriebsausgaben oder Werbungkosten, die mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, abziehen können, bestimmt § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG i. V. m. § 10 EStG, dass bei der Veranlagung von beschränkt Steuerpflichtigen ein Sonderausgabenabzug ausgeschlossen ist. Durch die Anwendung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. auf den Streitfall würde indes Art. 63 AEUV verletzt. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass bei der Veranlagung des Klägers mit dessen inländischen gewerblichen Einkünften aus dem übernommenen Gesellschaftsanteil die vom Kläger in den Streitjahren gezahlten dauernden Lasten gleichwohl steuermindernd zu berücksichtigen sind.
    Nach dem EUGH-Urteil vom 31.03.2011 in der Rechtssache C-450/09 – Schröder – steht Art. 63 AEUV der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die es einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen erlaubt, die einem Elternteil, der ihm eine in diesem Staat belegene Immobilien übertragen hat, gezahlten Renten von Einkünften aus der Vermietung dieser Immobilien abzuziehen, gebietsfremden Steuerpflichtigen einen solchen Abzug jedoch nicht gewährt, soweit die Verpflichtung zur Zahlung dieser Renten auf der Übertragung der Immobilien beruht. Dieser Rechtsgrundsatz gilt nach Auffassung des erkennenden Senats auch für die Fälle, in denen es einem gebietsansässigen Steuerpflichtiger im Gegensatz zu einem gebietsfremden Steuerpflichtigen möglich ist, dauernde Lasten, die aus Anlass der Übertragung einer Einkunftsquelle vereinbart wurden, bei der Besteuerung der inländischen Einkünfte in Abzug zu bringen. In Textziffer 32 seiner Urteilsgründe in der Rechtssache C-450/09 – Schröder – hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, die nur Gebietsfremde betreffende steuerliche Benachteiligung (die durch die Regelungen des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG – Rente – begründet wurde) könne Gebietsfremde davon abhalten, Immobilien in Deutschland zu erwerben oder zu behalten. Diese Benachteiligung könne auch in Deutschland Ansässige davon abhalten, als Begünstigte einer vorweggenommenen Erbfolge Personen zu benennen, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland wohnen.
    Diese Grundsätze gelten nicht nur in den Fällen, in denen ein gebietsfremder Erwerber durch die Nutzung einer Immobilie inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, sondern auch in den Fällen, in denen ein beschränkt Steuerpflichtiger stattdessen einen Anteil an einer inländischen Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit inländischem gewerblichen Geschäftsbetrieb gegen die Zusage einer dauernden Last im Wege vorweggenommener Erbfolge erwirbt. Ein unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Anteilserwerber kann nach dem derzeit anzuwendenden innerstaatlichen Einkommensteuerrecht die Gewinnanteile, die sich der (vorweggenommene) Erblasser vorbehalten hat, als Versorgungsleistungen i.S.d. § 10 EStG steuermindernd geltend machen. Diese Möglichkeit besteht bei wortgetreuer Auslegung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG für einen beschränkt steuerpflichtigen Übernehmer eines solchen Gesellschaftsanteils nicht. Auch diese Benachteiligung kann einen im Inland Ansässigen davon abhalten, als Begünstigten einer
    vorweggenommenen Erbfolge eine Person zu benennen, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland wohnt. Eine derartige Rechtslage stellt nach Maßgabe der Textziffern 32 und 33 der Urteilsgründe des EUGH-Urteils vom 31.03.2011 in der Rechtssache C-450/09 – Schröder – eine nach Art 63 AEUV unzulässige Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar.
    Aus dem Vorstehenden folgt für den Streitfall, dass im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des beschränkt einkommensteuerpflichtigen Klägers für das Streitjahr 2002 dauernde Lasten in Höhe von 7.133 EUR steuermindernd zu berücksichtigen sind.
    Für die Streitjahre 1999 bis 2001 sind die gezahlten dauernden Lasten in Höhe von 15.795 DM (1999), 13.866 DM (2000) und 13.624 DM (2001) dem Grunde nach berücksichtigungsfähig. Bei der Ermittlung der neu festzusetzenden Einkommensteuern dieser Streitjahre sind jedoch die sich aus der Anwendung des § 177 Abs. 2 AO ergebenden Besonderheiten zu beachten. Liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen vor, so sind, soweit die Änderung reicht, zuungunsten und zugunsten des Steuerpflichtigen solche materiellen Fehler zu berichtigen, die nicht Anlass der Aufhebung oder Änderung sind; § 177 Abs. 2 AO.
    Für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 sind zunächst am 24.07.2001 für 1999, am 07.11.2002 für 2000 und am 23.07.2003 für 2001 bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheide erlassen worden.
    Rechtsgrundlage der hier in Rede stehenden Änderungen dieser bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 ist § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO, da mit Feststellungsbescheiden vom 18.05.2004 für die Jahre 1999 und 2000 sowie zunächst vom 02.09.2004 und nachfolgend vom 28.01.2009 für 2001 geringere vom Kläger zu versteuernde Gewinnanteile aus seiner Beteiligung an der E – GbR festgestellt worden sind.
    Andererseits weisen die o.g. bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 insoweit einen materiellen Fehler i. S. d. § 177 AO auf, als bei Erlass dieser Bescheide der Kläger zu Unrecht als unbeschränkt steuerpflichtig und nicht als beschränkt steuerpflichtig veranlagt worden ist. Dieser materielle Fehler hat sich insbesondere aufgrund des Umstandes, dass bei den ursprünglichen Einkommensteuerveranlagungen 1999 bis 2001 das in § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG normierte Verbot des Abzugs von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nicht zur Anwendung gelangt ist, grundsätzlich zugunsten des Klägers ausgewirkt. Hieraus folgt weiter, das die steuerlichen Auswirkungen der fehlerhaften Veranlagungen des Klägers als unbeschränkt steuerpflichtig in dem Umfang geringer sind, wie das Verbot des steuermindernden Abzugs von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nach Maßgabe der oben dargestellten europarechtskonformen Auslegung des § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht eingreift.
    Materielle Fehler dürfen im Anwendungsbereich des § 177 AO nur innerhalb der Änderungsrahmen berichtigt, d.h. gegengerechnet werden. Änderungsobergrenze ist der Steuerbetrag, der sich als Summe der bisherigen Steuerfestsetzung und der steuerlichen Auswirkungen aller selbständigen steuererhöhenden Änderungstatbestände ergibt. Änderungsuntergrenze ist der Steuerbetrag, der sich nach Abzug der steuerlichen Auswirkung aller selbständigen steuermindernden Änderungstatbestände von der bisherigen Steuerfestsetzung ergibt.
    Da im Streitfall keine selbständigen steuererhöhenden Änderungstatbestände verwirklicht sind, wird im Streitfall die Änderungsobergrenze durch die mittels der bestandskräftig gewordenen Bescheide für die Streitjahre 1999 bis 2001 festgesetzten Einkommensteuerbeträge bestimmt.
    Zutreffend ist der Beklagte bei der Berechnung der Änderungsuntergrenzen davon ausgegangen, dass die Änderungsuntergrenze unter Berücksichtigung einer rechnerischen Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzungen aufgrund der geänderten Gewinnfeststellungsbescheide nach Maßgabe des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu bestimmen ist.
    Damit sind Streitfall folgende zwischen den Beteiligten unstreitigen Änderungsober- und Änderungsuntergrenzen zu beachten:
    ÄnderungsobergrenzeÄnderungsuntergrenze
    199963.946 DM45.457 DM
    200093.651 DM71.673 DM
    200176.792 DM64.777 DM
    Bei einer Veranlagung des Klägers als beschränkt einkommensteuerpflichtig bei gleichzeitiger steuermindernder Berücksichtigung der erklärten Steuerberaterkosten und dauernden Lasten berechnen sich die festzusetzenden Einkommensteuern für die Streitjahre 1999 bis 2001 wie folgt:
    199920002001
    zu versteuerndes Einkommen bei beschränkter Steuerpflicht lt. Berechnung in den Bescheiden vom 31.08.2005 bzw. vom 11.03.2009 für 2001 171.692 DM191.003 DM221.270 DM
    abzüglich Steuerberaterkosten2.230 DM1.269 DMschon berücksichtigt
    abzüglich dauernder Lasten15.795 DM13.866 DM13.624 DM
    zu versteuerndes Einkommen bei beschränkter Steuerpflicht neu153.667 DM175.868 DM207.646 DM
    Einkommensteuer lt. Grundtabelle58.537 DM69.095 DM81.414 DM
    abzüglich Entlastungsbetrag für gewerbliche Einkünfte1.788 DM3.88 DM13.743 DM
    abzüglich Beiträge und Spenden nach § 10 b EStG110 DM110 DM110 DM
    festzusetzende ESt ohne § 177 AO56.639 DM65.097 DM67.561 DM
    Im Streitfall würden sich damit die nach Maßgabe des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO durchzuführenden Änderungsveranlagungen bei isolierter Betrachtung zugunsten des Klägers auswirken. Bei Änderungen zugunsten des Steuerpflichtigen kann ein positiver (steuererhöhender) Fehler (-Saldo) aber nur bis zur Änderungsobergrenze berücksichtigt werden (§ 177 Abs. 2 AO).
    Der Berücksichtigung eines negativen Fehler-Saldos, der zu einer weiteren Steuerminderung, über die durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bedingte Steuerminderung hinausginge, steht im Streitfall die Vorschrift des § 351 Abs. 1 AO entgegen. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt. Vorliegend können die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 nicht aufgrund weiterer Änderungsnormen geändert oder berichtigt werden.
    Hieraus folgt für den Streitfall, dass die für das Jahr 1999 neu festzusetzende Einkommensteuer in Höhe von 28.959,06 EUR (= 56.639 DM) durch die für dieses Jahr geltenden Änderungsober- und Änderungsuntergrenzen nicht beschränkt wird.
    Für das Jahr 2000 hindert die einzuhaltende Änderungsuntergrenze von 36.645,82 EUR, dies entspricht 71.673 DM, eine weitere Minderung der festzusetzenden Einkommensteuer.
    Die für das Jahr 2001 neu festzusetzende Einkommensteuer in Höhe von 34.543,39 EUR (= 67.561 DM) wird durch die für dieses Jahr geltenden Änderungsober- und Änderungsuntergrenzen nicht beschränkt.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 Zivilprozessordnung.
    Die Revision war nicht zuzulassen. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen von keinem der in § 115 FGO genannten Revisionsgründe vor. Die Rechtsausführungen des EUGH in dessen Urteil vom 31.03.2011 in der Rechtssache Rs C-450/09 (Schröder) sind inhaltlich eindeutig und bedürfen keiner weitergehenden grundsätzlichen Auslegung.

    VorschriftenEStG § 50 Abs 1 Satz 4, AEUV Art 63, EStG a.F. § 10 Abs 1 Nr 1a

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