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  • 01.01.2005 | Personalentsendung

    Angemessenheitsdokumentation bei Entsendung von Mitarbeitern

    von StB Stefan Waldens und Stephanie Kohl, beide Köln

    Die Dokumentationspflichten des § 90 Abs. 3 AO umfassen auch die grenzüberschreitenden Personalentsendungen im Konzern. Eine „klassische“ Angemessenheitsdokumentation wie im Falle der Lieferungs- und Leistungsbeziehungen liegt bei der Personalentsendung allerdings nicht vor. Vielmehr wird zum Nachweis der Angemessenheit primär auf die Interessenlage der an der Entsendung beteiligen Konzernunternehmen abgestellt. So ergeben sich in Personalentsendungsfällen häufig Beanstandungen seitens der deutschen Finanzverwaltung hinsichtlich der Aufwandsaufteilung zwischen aufnehmendem und entsendendem Konzernunternehmen. Durch eine sorgfältig erstellte Dokumentation können nicht nur mögliche Beanstandungen vorgebeugt (Waldens, PIStB 1/02, 17),sondern auch das Risiko der Erhebung von Strafzuschlägen infolge fehlender oder unvollständiger Aufzeichnungen erheblich reduziert werden. Der folgende Beitrag gibt Handlungsempfehlungen zur Erstellung der Angemessenheitsdokumentation in Personalentsendungsfällen. 

    1. Zusammensetzung der Aufwendungen einer Entsendung

    Für die Angemessenheitsdokumentation sind zunächst die Aufwendungen einer Entsendung nach Art und Höhe ihrer Zusammensetzung darzustellen. Neben den „reinen“ Lohn- und Gehaltselementen müssen die im Rahmen der Personalentsendung weiter angefallenen Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach aufgezeichnet werden. Diese können z.B. durch übernommene Steuern, Zuführungen zur Pensionsrückstellung, Sozialversicherungsbeiträge im Tätigkeitsstaat und im Heimatstaat entstehen. Das BMF hat mit Schreiben vom 9.11.01 (IV B4-S 1341-20/01, Tz. 2.3 – nachfolgend kurz Entsendungserlass) beispielhaft Entsendungsaufwendungen aufgelistet.  

    2. Interessenlage

    Weiterhin ist für die Beurteilung der Angemessenheit zu klären und zu dokumentieren, in wessen Interesse die Entsendung erfolgte. Interessenbeteiligte Unternehmen können das aufnehmende, das entsendende Unternehmen und/oder die Konzernobergesellschaft sein. Hierbei ist grundsätzlich eine Interessenverteilung zwischen den an der Entsendung beteiligten Konzernunternehmen denkbar (Waldens, PIStB 1/02, 15). Die zugrundeliegende Interessenzuordnung ist für Dokumentationszwecke darzulegen und durch geeignete Nachweise zu belegen. Als Nachweise kommen u.a. in Betracht (vgl. auch Tz. 5 Entsendungserlass): 

     

    • Entsendevertrag sowie zusätzlicher Dienstleistungsvertrag,
    • Beschreibung der Tätigkeit des aufnehmenden Unternehmens sowie seiner Produkte bzw. Dienstleistungen,
    • Schriftverkehr zur Begründung der Entsendung,
    • Tätigkeitsbeschreibungen für die entsandten Arbeitnehmer,
    • Konkrete Tätigkeitsnachweise, z.B. Zeiterfassungen, Berichte, Protokolle, die der entsandte Arbeitnehmer für das entsendende Unternehmen angefertigt hat,
    • Stellenanzeigen sowie Untersuchungen über Vergleichsgehälter im lokalen Arbeitsmarkt,
    • Arbeitsverträge des Arbeitnehmers mit dem entsendenden und aufnehmenden Unternehmen,
    • Nachweis über die Höhe der Lohnaufwendungen vor der Entsendung,
    • Kosten/Nutzen-Analyse („Benefit Test“) bezüglich Lohnaufwand und Erfolgsbeitrag des entsandten Arbeitnehmers,
    • Zeitnachweise für Art und Umfang der Tätigkeit, Reisekostenabrechnungen und ein funktionsorientiertes Arbeitnehmerorganigramm.

    3. Expertenentsendung

    Im Anschluss an die Darstellung der Interessenlage ist zu klären, ob es sich im betrachteten Fall um eine „Expertenentsendung“ handelt. Eine solche liegt vor, wenn das besondere Fachwissen des entsendeten Arbeitnehmers beim aufnehmenden Unternehmen zur Bewältigung einzelner Projekte benötigt wird. Dem aufnehmenden Unternehmen können hierbei regelmäßig die gesamten Entsendungsaufwendungen für den Arbeitnehmer zugerechnet werden, soweit ein vergleichbarer Arbeitnehmer nicht oder nur mit erheblichem Aufwand auf dem lokalen Arbeitsmarkt rekrutiert werden kann (vgl. Tz. 3.4.1 Entsendungserlass). Kann hingegen ein Experte mit vergleichbaren Fähigkeiten auf dem lokalen Arbeitsmarkt geworben werden oder erfolgt eine Entsendung im Rotationsverfahren, ergibt sich in aller Regel eine andere Aufwandsaufteilung. In jedem Fall sollte bei einer Expertenentsendung ein Nachweis über den Expertenstatus erbracht werden – und zwar durch Darlegung der Spezialkenntnisse bzw. -fertigkeiten (z.B. spezielle Branchenkenntnisse). 

    4. Lokales Lohn- bzw. Gehaltsniveau

    In allen anderen Fällen, d.h. bei „Nicht-Expertenentsendungen“, zieht die Finanzverwaltung häufig neben der unter Punkt 2 genannten Beurteilung ergänzend einen Rückschluss vom Lohn- und Gehaltsniveau des lokalen Arbeitsmarktes auf die Interessenlage. Anknüpfungspunkt ist die Frage, welchen Aufwand unabhängige Unternehmen, die unter vergleichbaren Bedingungen auf dem lokalen Arbeitsmarkt des aufnehmenden Unternehmens tätig sind, für einen vergleichbaren Arbeitnehmer zu tragen bereit sind. Mit anderen Worten, es ist festzustellen, ob die Entsendungsaufwendungen höher als das Lohn- und Gehaltsniveau für vergleichbar qualifizierte Arbeitskräfte am lokalen Arbeitsmarkt ist. 

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