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  • 01.06.2006 | Finanzgericht Niedersachsen

    Kindergeld für Ausländer ohne Aufenthaltsberechtigung

    von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
    Nach § 62 Abs. 2 EStG in der für 1996 bis 2004 geltenden Fassung hat ein Ausländer nur dann Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist. Gleichwohl hat das FG Niedersachsen mit Urteil vom 23.1.06 (16 K 12/04 Rev BFH III R 12/03, Abruf-Nr. 060910) einem Ausländer ohne entsprechenden Aufenthaltstitel Kindergeld zugesprochen, bei dem lediglich ein Abschiebungshindernis aus humanitären Gründen vorlag (§ 53 Abs. 4 AuslG).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger stammt aus Angola und lebt seit Mai 1998 in Deutschland. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Er ist Vater von drei minderjährigen Kindern, von denen zwei behindert bzw. schwer erkrankt sind. Alle drei Kinder sind seit 2001 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis. Für den Kläger selbst bestand zunächst ein humanitäres Abschiebungshindernis (§ 53 Abs. 4 AuslG, Art. 8 EMRK), seit Oktober 2003 ist er im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis. Den vom Kläger für den Zeitraum von Oktober 2001 bis Dezember 2003 gestellten Kindergeldantrag lehnte die Familienkasse unter Hinweis auf § 62 Abs. 2 EStG ab. Da er nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis sei, könne dem Kläger kein Kindergeld gewährt werden. Im Klageverfahren verfolgte der Kläger seinen Kindergeldanspruch weiter und machte geltend, dass der Ausschluss von Ausländern mit minderem ausländerrechtlichen Status im Verhältnis zu Deutschen und Ausländern mit Aufenthaltstitel gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Die Klage vor dem FG (a.a.O.) war erfolgreich. 

     

    Anmerkungen

    Das Urteil betrifft die Frage, wann einem in Deutschland lebenden Ausländer, der nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist, Kindergeld gewährt werden kann. Nach § 62 Abs. 2 EStG in der für 1996 bis 2004 geltenden Fassung hat ein Ausländer nur dann einen Anspruch auf Kindergeld, wenn er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ist. Einen solchen Aufenthaltstitel besaß der Kläger im Streitfall nicht. Da seine aufenthaltsberechtigten Kinder schwer krank bzw. behindert waren, lag in seiner Person lediglich ein Abschiebungshindernis aus humanitären Gründen nach § 53 Abs. 4 AuslG vor.  

     

    Das FG hat dem Klagebegehren dennoch entsprochen und festgestellt, dass die maßgebliche Vorschrift des § 62 Abs. 2 EStG verfassungskonform zu Gunsten des Antragstellers ausgelegt werden müsse. Hintergrund war eine Entscheidung des BVerfG aus dem Jahre 2004 (6.7.04, BVerfGE 111, 160). Dort hatte das Gericht die Regelung des § 1 Abs. 3 BKGG, die mit § 62 Abs. 2 EStG wortgleich ist, für mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 GG unvereinbar erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist für eine Neuregelung bis zum 1.1.06 gesetzt. Andernfalls komme das bis zum 31.12.93 geltende Recht wieder zur Anwendung. Da der Gesetzgeber diese Frist hat verstreichen lassen, ist nach Ansicht des FG auch im Bereich von § 62 Abs. 2 EStG das günstigere, bis 31.12.93 geltende Recht anzuwenden. Hiernach bestand ein Kindergeldanspruch dann, wenn der Ausländer nach §§ 51, 53und 54 AuslG auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden konnte und sich mindestens für ein Jahr ununterbrochen in Deutschland aufhielt (dazu ausführlich Buschermöhle, PIStB 05, 58).  

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