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  • 06.04.2011 | Europäischer Gerichtshof

    Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung kann in Betrugsfällen versagt werden

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Liefert ein Unternehmer Waren an im Übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige unternehmerische Abnehmer, so sind die objektiven Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S.d. § 6a UStG dem Grunde nach erfüllt. Soweit der Exporteur jedoch durch Manipulation dem ausländischen Abnehmer zielgerichtet die Vermeidung der dortigen Umsatzbesteuerung ermöglicht, lehnt der BGH die Steuerfreiheit der Lieferung ab. Der zur Klärung dieser Frage angerufene EuGH hat diese BGH-Sichtweise nun bestätig (EuGH 7.12.10, C-285/09, Abruf-Nr. 104173).

     

    Sachverhalt

    R war als portugiesischer Staatsbürger Geschäftsführer der in Deutschland ansässigen R-GmbH, die in den Streitjahren 2002/2003 hochwertige Kfz an in Portugal ansässige Fahrzeughändler exportierte. R nahm dabei jedoch eine Reihe von Manipulationen vor, um den portugiesischen Abnehmerfirmen die Hinterziehung der portugiesischen Umsatzsteuer zu ermöglichen. So verschleierte er die Abnehmeridentität, indem er die in seiner Buchführung aufbewahrten Ausgangsrechnungen auf unbeteiligte aber tatsächlich existente portugiesische Unternehmen (Scheinkäufer) ausstellte und in seinen „Zusammenfassenden Meldungen“ deren USt-IdNr. deklarierte. Den tatsächlichen portugiesischen Abnehmern erteilte R dagegen Rechnungen, in denen er von „Differenzbesteuerungsgeschäften“ i.S. von § 25a UStG ausging. Standen die Endabnehmer in Portugal bereits fest, so ließ er die CMR-Frachtbriefe zudem bereits auf diese ausstellen. Mit dieser Vorgehensweise ermöglichte er den portugiesischen Unternehmen die Vermeidung der portugiesischen Umsatzbesteuerung auf die innergemeinschaftlichen Erwerbe bzw. die nachfolgenden Weiterveräußerungsumsätze. Während er diese Exportumsätze als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen deklarierte, gingen FA und Strafverfolgungsbehörden von umsatzsteuerpflichtigen Vorgängen aus, da der gezielte Missbrauch unionsrechtlicher Regelungen die Versagung der Steuerfreiheit rechtfertige. Auch der BGH teilt im Strafverfahren diese Einschätzung, legte die Rechtsfrage jedoch wegen grundsätzlicher Klärungsbedürftigkeit dem EuGH vor (BGH 7.7.09, 1 StR 41/09).  

     

    Anmerkungen

    Im vorliegenden Fall waren die rein objektiven Merkmale einer innergemeinschaftlichen Lieferung - tatsächlicher Leistungsaustausch mit grenzüberschreitender Warenverbringung zum unternehmerischen Abnehmer im anderen EU-Staat - zweifelsfrei gegeben. Gleichwohl kam der EuGH entsprechend der nachfolgend geschilderten Begründung zu dem Ergebnis, Deutschland könne R die Exportsteuerbefreiung unter übergeordneten Gesichtspunkten versagen.  

     

    Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung ist für den EuGH ein anerkanntes Ziel des EU-Mehrwertsteuerrechts. Nach der seit dem 1.1.93 geltenden Binnenexportregelung wird die Besteuerungshoheit dem Bestimmungsland zugewiesen. Damit kann es im Exportland bei Vorliegen der objektiven Merkmale einer innergemeinschaftlichen Lieferung grundsätzlich nicht zur Steuerentstehung bzw. -hinterziehung kommen. Dieser Systemwechsel zum 1.1.93 und der damit einhergehende Wegfall der Grenzkontrollen erschwert den Mitgliedsstaaten jedoch die Besteuerungskontrolle und nimmt den Exporteur verstärkt in die Pflicht. Den von ihm beizubringenden Beweisen und abzugebenden Erklärungen kommt damit eine besondere Bedeutung zu.  

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