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  • 12.04.2010 | Auslandserbfall

    Der deutsch-niederländische Erbfall - Teil 1: Zivilrechtliche Fallstricke vermeiden

    von Dr. Marc Jülicher, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Bonn

    Deutsch-niederländische Erbfälle sind in ihrer Abwicklung meist schwierig. Das liegt zunächst daran, dass das seit der Napoleonischen Besetzung dem französischen Erbrecht ähnliche niederländische Erbrecht sich als romanisches Recht vom deutschen Erbrecht sehr unterscheidet. Wenn auch beide Staaten keine Nachlassspaltung kennen, treten Kollisionen insbesondere bei Personen auf, bei denen Staatsangehörigkeit und Wohnsitz auseinanderfallen. Negativ macht sich weiter das Fehlen eines DBA für Erbschaften und Schenkungen bemerkbar. Nur die einseitigen Anrechnungsvorschriften für ausländische Erbschaftsteuer können hier für ein wenig Entlastung sorgen. Welche zivilrechtlichen Fallstricke bei deutsch-niederländischen Erbfällen zu beachten sind, wird nachfolgend dargestellt. In einem Folgebeitrag werden dann die steuerlichen Gefahren und Gestaltungsmöglichkeiten dargestellt.  

    1. Grundzüge des Erbrechts und Besonderheiten im niederländischen Recht

    1.1 Verbot bindender Verfügungen

    Das niederländische Erbrecht ist in weiten Bereichen deutlich strenger als das deutsche Erbrecht. Eine Reihe vertrauter Gestaltungsmaßnahmen sind dem Erblasser dadurch verwehrt. Erbverträge sind stets unzulässig. Zulässig ist die Schenkung auf den Todesfall, die notariell zu beurkunden ist und häufig bei Verlobten oder Eheleuten für versprochene Zuwendungen in einem Ehevertrag genutzt wird (näher Schimansky, ZEV 03, 149). Auch gemeinsame Testamente sind in den Niederlanden unzulässig. Dabei handelt es sich - wie in Frankreich - allerdings nur um ein Formverbot, das durch Abfassung im Ausland begrenzt umgangen werden kann, nicht dagegen um ein materielles Verbot, das auch bei Abfassung im Ausland eingreift (vgl. Piltz in Flick/Piltz, Der internationale Erbfall, 2. Aufl. 08, S. 233). Ein in Deutschland abgefasstes gemeinsames Testament wird daher zwar grundsätzlich in den Niederlanden als rechtsgültig anerkannt. Die Bindung des überlebenden Ehepartners, die eine Frage des materiellen Erbrechts ist, würde aber bei Anwendbarkeit des niederländischen Erbrechts verneint (Birk in MünchKomm., BGB, 4. Aufl. 04, Art. 26 Rz. 103).  

     

    1.2 Gesetzliche Erbfolge

    Auch in den Niederlanden gibt es vier Erbordnungen bei der gesetzlichen Erbfolge, zunächst nebeneinander Abkömmlinge (eheliche, nichteheliche und adoptierte) und den Ehepartner (1. Ordnung) und dann nacheinander (2. bis 4. Ordnung) Eltern des Erblassers und dessen Geschwister, später Großeltern sowie zuletzt Urgroßeltern. Dem Ehepartner ist der registrierte Lebenspartner gleichgestellt. Das Ehegattenerbrecht endet mit der gerichtlichen Trennung von Tisch und Bett. Das Güterrecht hat - anders als in Deutschland im Fall des § 1371 Abs. 1 BGB - keinen quotenändernden Einfluss auf die Erbfolge.  

     

    1.3 Letztwillige Verfügungen und „elterliche Nachlassverteilung“

    Seit der umfassenden Erbrechtsreform zum 1.1.03 ist die sog. elterliche Nachlassteilung der Regelfall (Art. 4: 13 ff. BW; vgl. auch Piltz in Flick/Piltz, S. 232). Danach wird der überlebende Ehepartner unmittelbar dinglicher Eigentümer des gesamten Nachlasses und schuldet den Kindern die regelmäßig bis zu seinem Tod unverzinslich gestundete Erfüllung ihrer schuldrechtlichen Geldforderungen in Höhe des Wertes ihrer Erbteile (Art. 4: 182 BW). Während der überlebende Ehepartner jederzeit erfüllen kann, können die Kinder ihren Anspruch nur beim Tod des Ehepartners, bei dessen Insolvenz oder in den vom Erblasser testamentarisch bestimmten Fällen geltend machen. Bei Wiederheirat des überlebenden Ehepartners können die Kinder allerdings ihr Eigentum an den Gütern des verstorbenen Elternteils geltend machen, um eine Vermischung mit dem Vermögen des überlebenden Elternteils und des neuen Ehepartners zu vermeiden. Der Ehepartner kann sich an den zu übertragenden Gütern den Nießbrauch vorbehalten (näher van Maas de Bie, in Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 7, S. 1070 - auch zu Ansprüchen der Kinder gegen das Stiefelternteil bei Zuwarten bis zum Tod ihres längstlebenden Elternteils). Abkömmlinge des Erblassers sind untereinander zum Ausgleich lebzeitiger Schenkungen verpflichtet (sog. Kollation).  

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