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  • · Fachbeitrag · Ärztezentren

    Betrieb und Organisation eines Gesundheitszentrums

    von WP StB Thomas Röhl, Mannheim, www.roehl-steuer.de 

    | In den beiden vorangegangenen Beiträgen (Röhl, PFB 13, 192 und PFB 13, 224 ) ging es um den (steuer-)rechtlichen Rahmen und um die Errichtung eines Gesundheitszentrums. Abschließend soll auf die Entwicklung und Förderung des Gesundheitszentrums eingegangen werden. Während sich der technische und kaufmännische Betrieb noch relativ einfach im Rahmen des Facilitymana­ge­ments gestalten lässt, stellen Einbeziehung und Organisation der im Gesundheitszentrum Tätigen alle Beteiligten vor eine große Herausforderung. |

    1. Realistische und umsetzbare Ziele setzen

    Ein Gesundheitszentrum, das seinem Namen gerecht wird, unterscheidet sich erheblich von einem klassischen Ärztehaus. Sind beim Ärztehaus die Überlegungen überwiegend auf die räumliche Konzentration von Arzt- und Zahnarztpraxen, Apotheken und weiterer medizinischer Einrichtungen gerichtet, so dient das Gesundheitszentrum dem Ziel, den Patienten einen interdisziplinären und therapeutisch integrierten Behandlungsablauf anzubieten. Jedoch besteht zwischen dieser Zielvorstellung und deren Umsetzung in der Praxis eine erhebliche Lücke, die es für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in einem Gesundheitszentrum zu schließen gilt. Aber gerade dieser Schritt wird erfolgreiche, zukunftsgerichtete Gesundheitszentren von ihren Mitbewerbern unterscheiden.

     

    Grundsätzlich stellt sich bei einem Gesundheitszentrum die gleiche Frage, wie bei Ärztehäusern und Einzelpraxen:

     

    • Was ist das Besondere an der Einrichtung?
    • Wie unterscheidet sich die Einrichtung von anderen?

     

    Dabei können allgemeine Ziele, wie z.B. eine gute Erreichbarkeit, eine zentrale Lage oder die persönliche Ausstattung der einzelnen Praxen bereits mit der Fertigstellung des Gebäudes erreicht sein. In Einzelfällen endet auch an dieser Stelle bereits die gemeinsame Zielformulierung. In diesem Fall würden aber alle Beteiligten hinter ihren Möglichkeiten bleiben, sich im Gesundheitsmarkt in besonderer Weise zu positionieren.

     

    Wenn aber das gemeinsame Handeln im Vordergrund stehen soll, so ist hierfür u.a. eine Voraussetzung, dass die im Gesundheitszentrum ansässigen Praxen und medizinischen Anbieter sich auch darüber im Klaren sein müssen, welche Erwartungen sie mit dem Gesundheitszentrum verknüpfen und was der Einzelne zu dem Gesamterfolg beitragen kann.

     

    PRAXISHINWEIS | Für die Sammlung und den Austausch der verschiedenen Erwartungen bietet sich die Formel „W-W-W“ (Wer kann Was für Wen tun?) an. Hierbei stellen sich in einer gemeinsamen Veranstaltung alle Praxen und sonstigen Beteiligten gegenseitig vor und beschreiben kurz (z.B. in 5 Minuten), was sie für die anderen tun können. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Vorschläge keinen Beschränkungen unterliegen und auch über medizinische Aspekte hinausgehen können. So ergeben sich im Regelfall eine Vielzahl von kreativen Ansätzen zur wechselseitigen Unterstützung und Zusammenarbeit.

     

    Ziele wie z.B.

     

    • das größte Gesundheitszentrum zu sein oder
    • die meisten Patienten zu versorgen

     

    spielen in der Praxis eher keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle, da diese im Regelfall für den Patienten unerheblich sind und auch nicht ausreichend wahrgenommen werden, sofern sie überhaupt eine Bedeutung haben. Für die Strategieformulierung können sie daher außen vor bleiben.

    2. Strategien formulieren

    Wenngleich der Wille zum Erreichen der Ziele von allen Beteiligten meist sehr ausgeprägt ist, so ist die Frage des „Wie“ gleichermaßen unterschiedlich. Strategieformulierungen sind üblicherweise kein Bestandteil medizinischer Ausbildungen. Daher sind gerade bei der Strategieformulierung oftmals sowohl medizinische als auch rechtliche oder ethische Hürden zu überwinden. Medizinische Aspekte, ob z.B. überhaupt alle für eine integrative Versorgung notwendigen Fachrichtungen im Gesundheitszentrum vorhanden sind, stellen das erste Hindernis dar. Kleinere Gesundheitszentren sind daher darauf angewiesen, ggf. Kooperation mit externen Partnern und medizinischen Fachrichtungen einzugehen.

     

    Rechtliche Aspekte in Bezug auf Zuweisungsproblematiken, freie Arztwahl durch den Patienten und Haftungsfragen sind auf deren Zulässigkeit und Risiken hin regelmäßig zu überprüfen. Letztlich spielen auch die unterschiedlichen (medizinisch-)ethischen Vorstellungen der verschiedenen Behandler eine entscheidende Rolle. Persönliche Ansichten in Bezug auf die Angemessenheit von individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), unnötige „Übertherapierungen“ und „Behandlungsabläufe“ stellen für die praktische Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen ebenfalls ein Problem dar, das nur gemeinsam mit allen Beteiligten zu lösen ist. Oftmals vergeht hierfür bereits eine nicht unerhebliche Zeitspanne, bevor eine gemeinsame Strategie formuliert wird, mit der sich sowohl das Gesundheitszentrum als auch die Beteiligten selbst identifizieren können.

    3. Maßnahmen entwickeln und Projekte durchführen

    Gerade die Verwechslung oder Vermischung von Zielen und Maßnahmen führt oft zu unterschiedlichen Interpretationen in Bezug auf die formulierte Strategie. Da die zur Umsetzung der Strategie infrage kommenden Maßnahmen vielfältig sind, sollten diese auch in einem zeitlich und inhaltlich abgestimmten Plan und nicht spontan erfolgen. Klassische Maßnahmen, wie z.B.

     

    • allgemeine Besuchertage mit offenen Praxen, um den Bekanntheitsgrad des Gesundheitszentrums und der dort ansässigen Praxen zu erweitern,
    • Themenveranstaltungen (Reisemedizin, Präventionsmaßnahmen, Gesundheitsförderung) und
    • Aufklärungsveranstaltungen mit Krankenkassen, medizinischen Anbietern und Versorgungseinrichtungen (z.B. Pflegeheimen)

     

    sind dabei ebenso bedeutsam, wie alle Formen der neuen Technologien. ­Neben der Steigerung des Bekanntheitsgrads sind auch die gezielten Informationen durch

     

    • die eigene Webseite,
    • ein Social-Media-Angebot oder
    • einen eigenen Blog

     

    für (potenzielle) Patienten zu empfehlen. Wenn man berücksichtigt, dass z.B. Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter mittlerweile das größte Wachstum im Altersbereich von 60+ erzielen, so müssen diese Informations- und Kommunikationskanäle konsequent von denen genutzt werden, deren Zielgruppe in diese Altersklasse fällt.

    4. Ergebnisse überprüfen und würdigen

    Sämtliche Aktionen sollten regelmäßig auf ihren Erfolg hin überprüft werden. Daher sind bereits bei der Maßnahmenplanung diejenigen Faktoren zu ermitteln und festzulegen, mit denen eine spätere Überprüfung und Messung des angestrebten Erfolges vorgenommen werden kann. Hierzu zählen sowohl ausreichende und zeitnahe Rückmeldungen der einzelnen Praxen und Beteiligten sowie zielgerichtete Patientenumfragen.

     

    PRAXISHINWEIS | Ob und inwieweit sich ein Gesundheitszentrum von einem Ärztehaus unterscheiden will oder kann, hängt größtenteils von Akteuren ab. Die Institution „Gesundheitszentrum“ muss der Aufgabe gerecht werden und die Führungsrolle übernehmen. Eine organisatorische Eingliederung sog. „Marketing-Gemeinschaften“ oder „Management-Gesellschaften“, wie sie bereits in vielen Gesundheitszentren existieren, erhöhen die Akzeptanz bei den Beteiligten in Bezug auf Praxismarketing und Patientenakquisition. Nichtmedizinische Themen wie z.B. Bilderausstellungen und Lokalinformationen sind fachübergreifend attraktiv und erhöhen den Bekanntheitsgrad des Gesundheitszentrums. Den dort praktizierenden Ärzten, Zahnärzten und weiteren Heilberuflern bietet sich damit die Möglichkeit, sowohl gute Mediziner und als auch erfolgreiche Unternehmer zu sein.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Ärztezentren: Bau und Errichtung eines Gesundheitszentrums (Röhl, PFB 13, 224)
    • Ärztezentren: Neue Formen der ambulanten Versorgung (Röhl, PFB 13, 192)
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 308 | ID 42302478

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