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  • · Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht

    Kooperation von Apotheken und Krankenhäusern beim Entlassmanagement

    von RA Norman Langhoff, LL.M., FA für Medizinrecht, RBS RoeverBroennerSusat, Berlin (www.rbs-partner.de)

    | Ob „Überwindung der Sektorengrenzen“ oder „Verzahnung zwischen ambulantem und stationärem Sektor“ - Kooperationsmöglichkeiten zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten, Apothekern sowie Sanitätshäusern sind erklärtes gesetzgeberisches Ziel. Rechtlich gilt aber: Zulässig ist nur, was ausdrücklich erlaubt ist. Bei einem von konkurrierenden Apothekern klageweise geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch hat sich der BGH zu erlaubten Teilnahmeformen von Apothekern am Entlassmanagement der Krankenhäuser geäußert. |

    1. Das Entlassmanagement aus Sicht der Gesetzgebung

    Wegen stetig steigender Versorgungskosten propagiert der Gesetzgeber die Hebung von Synergiepotenzialen, indem Doppeluntersuchungen vermieden werden, wie sie insbesondere beim Übergang von der ambulanten zur stationären Behandlung und vice versa anfallen können. Hierzu finden sich zahlreiche Regelungen im SGB V (z.B. §§ 11, 115a, 115b SGB V). In diesem Kontext ist auch das ab 1.12.13 geltende Entlassmanagement als Teil der vom Krankenhaus geschuldeten Krankenhausleistung (§ 39 Abs. 1 S. 4 SGB V) zu sehen, welches die Versorgungskontinuität direkt nach einer stationären Behandlung durch eine noch bessere Kommunikation zwischen ambulanten und stationären Versorgungsbereichen gewährleisten soll. Bedeutsam ist hierbei der Informationsaustausch zwischen den beteiligten Leistungserbringern.

     

    Vor dem Hintergrund des ebenfalls gesetzgeberisch forcierten steigenden Wettbewerbsdrucks sind aber auch immer wieder „Kanalisierungstendenzen“ (Stichwort „Einweisermanagement“) zu beobachten, die ihrerseits jedoch in einem Spannungsfeld mit anderen (vor allem berufs- und wettbewerbs-) rechtlichen Vorgaben stehen. So ist es Ärzten berufsrechtlich untersagt, gegen Entgelt Zuweisungen von Patienten zu versprechen oder sich gewähren zu lassen. Apothekern ist es nach § 11 Abs. 1 ApoG verboten, mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, Rechtsgeschäfte vorzunehmen oder Absprachen zu treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben. Zunehmend sind auch Krankenhausträger Adressaten entsprechender Verbotsvorschriften (vgl. z.B. § 31a KHGG NRW, § 32 BremKrhG).

     

    Allen diesen Normen ist gemeinsam, dass sie den fairen Markt, die Wahrung der Freiberuflichkeit der adressierten Leistungserbringer und den Schutz der Wahlfreiheit des Patienten bezwecken. So auch im folgenden, vom BGH entschiedenen Fall.

    2. Kooperation Apotheke - Krankenhausträger

    Der mit der Entlassmanagementgesellschaft kooperierende Apotheker erhielt Arzneimittelrezepte von Krankenhauspatienten, die ihrerseits die Gesellschaft beauftragt hatten, den Übergang von der stationären zur ambulanten Behandlung zu begleiten. 40 % der Geschäftsanteile der Entlassmanagementgesellschaft waren in der Hand des Krankenhausträgers, je 20 % in den Händen von Sanitätshäusern.

     

    • Konkrete Abwicklung des Entlassmanagements

    Die von Krankenhausärzten ausgestellten Rezepte wurden, wenn der Patient in die Beteiligung der Entlassmanagementgesellschaft eingewilligt hatte, von Mitarbeitern der Station an die Entlassmanagementgesellschaft gefaxt. Von dort wurde, ebenfalls per Fax, das Rezept an die Kooperationsapotheke weitergeleitet, wenn nicht der Patient die Lieferung durch eine andere Apotheke wünschte. Ein Mitarbeiter der Kooperationsapotheke lieferte die Medikamente dann ans Krankenbett, wo er sie dem Patienten gegen Aushändigung des Originalrezepts durch den Patienten oder einen Stationsmitarbeiter übergab.

     

    2.1 Das wettbewerbsrechtliche Verfahren

    Das LG Freiburg (31.10.12, 1 O 139/12) hatte die Klage abgewiesen, da kein Verstoß gegen § 11 ApoG zu erkennen sei. Das OLG Karlsruhe (14.6.13, 4 U 254/12) war anderer Ansicht und befand, dass sich Apotheker - abgesehen von Notfällen - keine Verschreibungen zuweisen lassen dürfen. Der BGH (13.3.14, I ZR 120/13) schließlich hat die Entscheidung des OLG Karlsruhe aufgehoben und die erstinstanzliche Entscheidung des LG Freiburg bestätigt.

     

    PRAXISHINWEIS | Das Urteil des LG Freiburg geht in eine andere Richtung als eine Entscheidung des LG Hamburg (10.2.04, 312 O 18/04). Allerdings hatten sich dort Ärzte als Genossenschaft zusammengeschlossen und die Rezepte schickten die Ärzte unmittelbar an die Apotheken.

     

    2.2 Das berufsrechtliche Verfahren

    Derselbe Sachverhalt war auch Gegenstand eines berufsgerichtlichen Verfahrens, in dem sich der kooperierende Apotheker gegenüber der zuständigen Apothekerkammer wegen des Vorwurfs berufswidrigen Verhaltens verantworten musste. Auch hier hat in zweiter Instanz das Landesberufsgericht für Apotheker die Entscheidung des Bezirksberufsgerichts, das den Apotheker zu einer Geldbuße von 2.500 EUR verurteilt hatte, aufgehoben und ihn vom Vorwurf des berufswidrigen Verhaltens freigesprochen (LandesberufsG für Apotheker in Karlsruhe 26.5.11, LBG 1/11).

     

    2.3 Eine erste Würdigung

    Im vorliegenden Fall hatte kein direkter Kontakt zwischen rezeptierendem Krankenhausarzt und Apotheker bestanden, vielmehr war mit der Entlassmanagementgesellschaft eine Mittelsperson zwischengeschaltet. Das LG Freiburg hat für die Beurteilung der Frage, ob dennoch eine nach § 11 Abs. 1 ApoG unzulässige Absprache vorliegt, im Wesentlichen auf den Grad der wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Mittlers von den beteiligten Leistungserbringern abgestellt: Aber trotz der Beteiligung des Krankenhausträgers an der Entlassmanagementgesellschaft hat es eine bedenkliche und dem Zweck des § 11 Abs. 1 ApoG zuwiderlaufende wirtschaftliche Verflechtung zwischen Mittler und einem der anderen Beteiligten (noch) nicht gesehen.

     

    Demgegenüber hat das OLG Karlsruhe den Kreis der von § 11 Abs. 1 ApoG erfassten „anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen“ weit ausgelegt. Auf dieser Grundlage wurde in dem Verhältnis zwischen der Entlassmanagementgesellschaft und dem Apotheker eine verbotene Absprachekonstellation gesehen.

     

    Die Urteilsgründe des BGH liegen noch nicht vor. Pressemitteilungen ist zu entnehmen, dass der BGH vor allem mit Gesichtspunkten der Patientenversorgung argumentiert. So soll in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht worden sein, dass die Implementierung eines durch die §§ 11 und 39 SGB V explizit verlangten Versorgungs- und Entlassmanagements möglich bleiben müsse und dass die Wahlfreiheit des Patienten durch die Gestaltung des Beauftragungsprozedere der Entlassmanagementgesellschaft in concreto sichergestellt gewesen sei.

    3. Fazit

    Es kann festgehalten werden, dass Kooperationen zwischen Apothekern und Entlassmanagementgesellschaften, an denen auch Krankenhausträger beteiligt sind, zulässig sein können. Es werden sich wegen struktureller berufsrechtlicher Parallelen möglicherweise auch Rückschlüsse auf die Ausgestaltung der Beteiligung von Ärzten ziehen lassen.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei der künftigen Vertragsgestaltung ist weiterhin - je nach Struktur der an der Kooperation Beteiligten - den vielfältigen gesetzlichen Vorgaben Rechnung zu tragen (Leistungserbringer- und Leistungserbringungsrecht des SGB V, Krankenhausrecht, Apothekenrecht, diverse berufsrechtliche Vorschriften). Insbesondere muss die Tätigkeit der mit dem Entlassmanagement betrauten Gesellschaft den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Erforderlich ist vor allem die Einwilligung und vorherige Information des Patienten. Dies beinhaltet auch die Information darüber, dass das angebotene Entlassmanagement angenommen werden kann, ohne dass die Verpflichtung besteht, Leistungen angedienter Kooperationspartner des Entlassmanagers in Anspruch nehmen zu müssen.

     

    Die Kooperationspartner müssen also bereit sein, möglicherweise kooperationsvertraglich geschuldete Dienstleistungen zu erbringen, ohne hierdurch selber wirtschaftliche Vorteile zu erhalten (etwa weil der Patient seine Medikamente über eine andere Apotheke beziehen möchte). Auch ist darauf hinzuweisen, dass die auf Landesebene zu schließenden Verträge nach § 112 SGB V Einzelheiten über die Voraussetzungen sowie Art und Umfang des Entlassmanagements regeln können, die zu beachten sind.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 234 | ID 42709567

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