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Berufsausübungsgemeinschaft von Zahnärzten als Zentrum für Zahnheilkunde
| Einem Arzt oder Zahnarzt darf die Verwendung einer bestimmten Bezeichnung zur Beschreibung seiner beruflichen Tätigkeit nur verboten werden, wenn die Benutzung der Formulierung im konkreten Fall irreführend oder sachlich unangemessen ist, etwa weil sie das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gefährdet. Eine strenger gefasste Regelung in einer Berufsordnung ist in diesem Sinne verfassungskonform einschränkend auszulegen ( BVerfG 7.3.12, 1 BvR 1209/11 ). |
Eine private Zahnklinik wollte einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) von acht Zahnärzten in Berlin untersagen, die Bezeichnung „Zentrum für Zahnheilkunde“ zu führen, denn § 19 Abs. 3 der Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Berlin gestatte es einer BAG nicht, sich als Akademie, Institut, Poliklinik, Zentrum oder Ärztehaus zu bezeichnen. Die Zahnärzte sahen sich durch die Entscheidungen der Vorinstanzen in ihrem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit verletzt und legten erfolgreich Verfassungsbeschwerde ein.Das BVerfG verwies das Verfahren an das Kammergericht mit folgenden Vorgaben zurück.
Werbebeschränkende Vorschriften in ärztlichen Berufsordnungen sind nach der Rechtsprechung des BVerfG nur verfassungsgemäß, sofern sie nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung untersagen. Für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, muss dagegen im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben (vgl. BVerfG 11.2.92, 1 BvR 1531/90). § 19 Abs. 3 der Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Berlin ist in diesem Sinne in verfassungskonformer Weise einschränkend auszulegen. Dies hätten die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen nicht hinreichend beachtet.
Auch sei nicht beachtet worden, dass der Gesetzgeber mittlerweile mit dem Begriff des „Medizinischen Versorgungszentrums“ (§ 95 Abs. 1 S. 2 SGB V) eine Bezeichnung, bei der der Ausdruck „Zentrum“ Wortbestandteil ist, legaldefiniert hat. Ein medizinisches Versorgungszentrum kann gemäß § 95 Abs. 1 S. 2, 3 SGB V bereits von zwei Ärzten, die unterschiedliche Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen besitzen, betrieben werden; eine darüber hinausgehende Größe, Bedeutung oder gar eine Mittelpunktfunktion der Einrichtung ist nicht erforderlich. Dass diese gesetzliche Definition auch Rückwirkungen auf das Verständnis des allgemeinen Begriffs des „Zentrums“ auf ärztlichem oder zahnärztlichem Gebiet haben kann (in diesem Sinne - für den ärztlichen Bereich - zum Beispiel LG Erfurt 22.4.08, 1 HK O 221/07), drängt sich geradezu auf und hätte daher erwogen werden müssen.