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  • · Nachricht · Vertragsarztrecht

    Aus einer Altpraxis wird auch nach Sitzverlegung keine Aufbaupraxis

    | Die Verlegung des Standorts, die Aufnahme einer neuen Partnerin in eine Berufsausübungsgemeinschaft und auch eine neue Abrechnungsgenehmigung machen aus einer bestehenden Praxis keine Praxis im Aufbau (BSG 17.7.13, B 6 KA 44/12 R). |

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin, eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) aus Radiologen, begehrt eine höhere Bemessung ihres Regelleistungsvolumens (RLV) für das Quartal III/2009. Die Klägerin bestand zunächst - seit Ende Juni 2004 - aus zwei den Radiologen. Zum 1.1.08 nahmen sie eine weitere Partnerin auf. Im Juli 2009 eröffneten sie neue Praxisräume an einem neuen Standort in einer anderen Stadt aufgrund einer Sitzverlegung innerhalb des Planungsbereichs und erhielten Abrechnungsgenehmigungen für CT-, MRT- und MR-angiologische Leistungen. Die beklagte KV hat das RLV für das Quartal III/2009, in dem diese 371 Behandlungsfälle hatte, nach der vorjährigen Zahl von 90 Fällen bemessen und unter Berücksichtigung der Abrechnungsgenehmigungen schließlich auf 9244 Euro festgesetzt. Die Praxis sei als Aufbaupraxis im Sinne der BSG-Rechtsprechung anzusehen.

     

    Die Entscheidung der Vorinstanz

    Nach Ansicht des LSG war die Klägerin zwar keine Aufbaupraxis, aber eine (sonstige) unterdurchschnittlich abrechnende Praxis. Diese habe Anspruch, ihr Honorar in einem Zeitraum von fünf Jahren bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe steigern zu können. Mit diesem Wachstumsanspruch sei es unvereinbar, dass Fallzahlerhöhungen sich erst ein Jahr später bei der Bemessung des RLV auswirkten und zunächst ihre Leistungen - weil über die RLV-Leistungsmenge hinaus gehend - nur zu sehr geringen Beträgen vergütet würden.

     

    Sowohl die KV als auch die BAG haben Revision eingelegt. Die BAG begehrt weiterhin für das Quartal III/2009 die Zuerkennung eines Anspruchs auf sofortige Steigerung ihres Honorars bis zum Durchschnittsumsatz; sie sei als Neupraxis anzusehen, zum einen wegen des Eintritts zum 1.1.08 und zum anderen wegen der Standortverlegung und der investitionsintensiven Praxisneugestaltung im Juli 2009. Dem tritt die KV entgegen. Sie begehrt die Abweisung der Klage. Die BAG sei keine Aufbaupraxis, sondern eine (sonstige) unterdurchschnittlich abrechnende Praxis. Mit deren Wachstumsanspruch sei entgegen der Rechtsauffassung des LSG die Regelung vereinbar, dass sich Fallzahlerhöhungen erst ein Jahr später bei der Bemessung des RLV auswirken.

     

    Die Entscheidung des BSG

    Vor dem BSG schließlich konnte sich die KV durchsetzen: Zu Recht hat sie der Honorarberechnung für das Quartal III/2009 - ungeachtet der in diesem Quartal erbrachten 371 Behandlungsfälle - nur die vorjährige Fallzahl von 90 Behandlungsfällen zugrunde gelegt. Dies entspricht den im Jahr 2009 geltenden Regelungen des § 87b Abs. 2 und 4 SGB V i.V. mit den Vorgaben des Bewertungsausschusses. Gegenüber diesen Regelungen und der Honorarfestsetzung kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Wachstumsanspruch für Aufbaupraxen berufen, die jederzeit die Möglichkeit haben müssen, ihren Umsatz durch Fallzahlerhöhungen auf den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe zu steigern.

     

    Die Klägerin erfüllt nicht die Kriterien für eine Aufbaupraxis. Nach der inzwischen ständigen Rechtsprechung des BSG zu Aufbaupraxen dürfen junge Praxen für einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren nicht an Wachstumsbegrenzungen festgehalten werden, solange ihr Umsatz noch unterhalb des Gruppendurchschnitts liegt. Der Zeitraum von drei bis fünf Jahren verlängert sich jedoch nicht durch einen verzögerten Praxisaufbau. Die Berufsausübungsgemeinschaft besteht schon seit 2001 und wurde nach einer Zeit der Nichtausübung vertragsärztlicher Tätigkeit Ende Juni 2004 neu genehmigt. Ein abermaliger Neubeginn ergibt sich weder aus dem Hinzutritt der neuen Partnerin ab 2008 in die bereits bestehende Berufsausübungsgemeinschaft noch aus der Verlegung des Standorts innerhalb des Planungsbereichs im Juli 2009 noch aus der Erteilung von Abrechnungsgenehmigungen im September 2009.

     

    Als eine sog (sonstige) unterdurchschnittlich abrechnende Praxis hatte die Klägerin nach der BSG-Rechtsprechung einen Anspruch darauf, ihren Umsatz innerhalb von fünf Jahren durch Fallzahlerhöhungen auf den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe steigern zu können. Dem genügt die seit 2009 geltende Regelung, wonach sich Fallzahlerhöhungen erst ein Jahr später für das Regelleistungsvolumen auswirken. Das sog Jahresmoratorium ist weder generell unverhältnismäßig noch - bezogen auf Konstellationen wie die der Klägerin - einschränkend auszulegen. Die atypisch geringe Fallzahl der Klägerin im Vorjahresquartal III/2008 beruhte auf ihrer eigenen unternehmerischen Entscheidung, nur in geringem Umfang vertragsärztlich tätig zu werden.

     

    Etwaige unverhältnismäßige Beeinträchtigungen in Einzelfällen sind ggf durch Anwendung der Härtefallregelung zu lösen, die jede Honorarverteilungsregelung ausdrücklich oder stillschweigend enthält. Umstände, die eine Härte begründen könnten, lagen aber im Fall der Klägerin nicht vor. Aus dem Schreiben der KÄV vom 2.10.07 konnte sie schließlich die Zusage eines bestimmten Umsatzes nicht entnehmen.

    Quelle: ID 42261076