· Nachricht · Verträge unter nahen Angehörigen
Fehlende Schriftform ist allein kein Hindernis für die steuerliche Anerkennung
| Verträge zwischen nahen Angehörigen und nahestehenden Gesellschaften unterliegen zwar einem strengen Fremdvergleich, doch ihnen darf nicht allein deshalb die Anerkennung versagt werden, weil sie lediglich mündlich oder konkludent abgeschlossen worden sind. Ein Tatbestandsmerkmal „Schriftformerfordernis“ gibt es ‒ von wenigen Ausnahmen abgesehen ‒ schlichtweg nicht (BVerfG 27.5.25, 2 BvR 172/24, Urteil). |
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Das FG Thüringen (30.3.22, 1 K 68/17) wollte einen Werkvertrag zwischen Schwester-Personengesellschaften nicht anerkennen und versagte der einen Gesellschaft den Abzug von Betriebsausgaben. Es begründete dies damit, dass keine schriftlichen Veinbarungen vorliegen würden. Da der „strenge Fremdvergleichsgrundsatz“ schriftliche Vereinbarungen erfordern würde, seien weitere Zeugenaussagen ohne Belang. Die Revision wurde nicht zugelassen und der BFH (8.3.23, IV B 35/22, Beschluss) wies die NZB zurück. 
 Das BVerfG fand die FG-Entscheidung „unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar“. Hier habe das FG im Rahmen des anzustellenden Fremdvergleichs die Einhaltung der Schriftform zu einem Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 4 EStG (Betriebsausgabenabzug) verselbständigt, was in schlechterdings unhaltbarer Weise der Rechtsprechung des BVerfG widerspreche. Es bestehe die Verpflichtung zu einer Gesamtwürdigung auf Basis der festgestellten Tatsachen. Dem angegriffenen Urteil des FG könne eine solche Gesamtwürdigung nicht ansatzweise entnommen werden.  | 
Relevanz für die Praxis
Die Finanzverwaltung und auch die Finanzgerichte stellen oftmals überhöhte Anforderungen an Verträge zwischen Angehörigen oder einander nahestehenden Gesellschaften. In diesem Fall wurde ein einzelnes Kriterium/ein Indiz zu einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal verselbstständigt und von der Gesamtwürdigung abgesehen, weil schon das Indiz nicht erfüllt war ‒ für das BVerfG eine krasse Verkennung der Rechtslage, weswegen es das Urteil aufhob. Damit ist das BVerfG-Urteil über den entschiedenen Fall hinaus bedeutsam. Zum einen zeigt es, dass man sich auch von der Ablehnung einer NBZ nicht einschüchtern lassen sollte. Zum anderen wird das Urteil auch in Fällen von Miet- oder Anstellungsverträgen zwischen nahen Angehörigen der Abwehrberatung dienen. Es liegt auf einer Linie mit weiteren Beschlüssen, in denen das BVerfG bestätigt, dass die Anforderungen an die Begründung einer NZB nicht überspannt werden dürfen (BVerfG 23.6.25, 1 BvR 1718/24, BVerfG 21.2.25, 1 BvR 2267/23).
PRAXISTIPP | Es bleibt dabei, dass Steuerpflichtige die Beweislast trifft, wenn es um steuermindernde Tatsachen geht. Und ohne einen schriftlichen Vertrag kann es mit eben jenem Beweis mitunter schwierig werden. Also sollte man es erst gar nicht auf Diskussionen ankommen lassen und die Schriftform wahren.  |