· Nachricht · Umwandlung nach § 24 UmwStG
Zurückbehaltung von Forderungen im Rahmen einer Praxiseinbringung
| Honorarforderungen eines Steuerberaters können als unwesentliche Betriebsgrundlagen bei einer Einbringung nach § 24 UmwStG zurückbehalten werden. Entnimmt der Steuerpflichtige die zurückbehaltenen Forderungen nicht ausdrücklich in sein Privatvermögen, verbleiben sie in seinem Restbetriebsvermögen. Die zur Ermittlung des Einbringungsgewinns erforderliche Übergangsgewinnermittlung erstreckt sich nur auf tatsächlich eingebrachte Wirtschaftsgüter. Ermittelte der Steuerpflichtige vor der Einbringung seiner Praxis den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind die zurückbehaltenen Forderungen als nachträgliche Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 24 Nr. 2 EStG im Zuflusszeitpunkt zu erfassen ( BFH 4.12.12, VIII R 41/09 ). |
Streitig ist, ob die bei der Einbringung einer freiberuflichen Einzelpraxis in eine Sozietät zurückbehaltenen Honorarforderungen bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgswirksam schon im Zeitpunkt der Einbringung oder erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses zu erfassen sind.
Ein Steuerberater hatte mit Kollegen die Gründung einer Sozietät in Form einer GbR vereinbart. Er verpflichtete sich, seine bisherige Praxis unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven in die Sozietät einzubringen, ausgenommen Forderungen und Verbindlichkeiten, die vor dem Einbringungsstichtag entstanden waren. Nach Auffassung des FA kam es im Fall der Einbringung für die Ermittlung des Überleitungsgewinns nicht darauf an, ob der Einbringende seine Forderungen miteinzubringen hat, diese im Restbetriebsvermögen belässt oder sie ins Privatvermögen übernimmt. Der Gewinn aus diesen Forderungen realisiere sich in allen Fallgestaltungen spätestens im Zeitpunkt der Einbringung. Alle bisherigen betrieblichen Vermögenswerte seien in der Übergangsbilanz zu erfassen. Anderenfalls könne hierdurch die Entstehung eines Übergangsgewinns vermieden werden. Ließe man die Erfassung der Forderungseingänge zeitlich unbegrenzt zu, verstoße dies gegen den Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit. Das dem Verfahren beigetretene BMF stützte diese Auffassung.
Der BFH gab jedoch dem Steuerberater recht und entschied im Sinne der Vorinstanz, das die vom Steuerberater zurückbehaltenen Forderungen nur insoweit gewinnerhöhend erfasst hatte, als er sie im Streitjahr tatsächlich eingezogen hatte. Der einbringende Steuerberater war nicht verpflichtet gewesen, seine zurückbehaltenen Honorarforderungen im Zuge der Einbringung seiner Einzelpraxis in die Sozietät als Ertrag in seiner Gewinnermittlung zu erfassen.
Nach Auffassung des BFH handelt es sich im Streitfall um eine Einbringung einer ganzen Praxis. Sowohl der Mandantenstamm, der Praxiswert als auch die Einrichtungsgegenstände wurden in die GbR eingebracht. Die zurückbehaltenen Forderungen sind unabhängig von ihrer Höhe nicht funktional wesentlich und stehen damit den Rechtsfolgen des § 24 Abs. 3 UmwStG nicht entgegen.
Die zurückbehaltenen Forderungen gehörten nach der Einbringung weiterhin zu einem Betriebsvermögen, nämlich zum Restbetriebsvermögen des Klägers. Anders als das FA und das beigetretene BMF meinen, ist ein Betriebsvermögen ohne aktiven Betrieb möglich. Denn der einkommensteuerrechtliche Begriff des Gewerbebetriebs umfasst auch die auf Abwicklung eines Unternehmens gerichtete Tätigkeit. Auch bei der Betriebsveräußerung i.S. des § 16 EStG können nicht mitveräußerte unwesentliche Wirtschaftsgüter im Restbetriebsvermögen verbleiben. Nichts anderes gilt für die Abwicklung von zurückbehaltenen Forderungen bei einer Einbringung einer freiberuflichen Einzelpraxis in eine freiberufliche Sozietät. Die Vorschrift des § 24 EStG setzt voraus, dass auch nach Beendigung der aktiven freiberuflichen Tätigkeit freiberufliche Einkünfte entstehen können.
Die vom Einbringenden zurückbehaltenen Honorarforderungen waren auch nicht als (Zwangs-)Entnahme mit dem Teilwert in der Gewinnermittlung zu erfassen. Entgegen der Auffassung des BMF gehen anlässlich einer Einbringung i.S. des § 24 UmwStG zurückbehaltene Forderungen nicht zwangsläufig in das Privatvermögen des Einbringenden über. Erklärt der Steuerpflichtige nicht ausdrücklich eine Übernahme der zurückbehaltenen betrieblich begründeten Forderungen ins Privatvermögen, kann er diese auch ohne Betrieb als Restbetriebsvermögen behandeln und schrittweise einziehen. Dauert aber die freiberufliche Einkünfteerzielung (wenn auch nicht mehr aus werbender Tätigkeit) an, besteht kein Zwang, Forderungen dem Privatvermögen zuzuordnen. Nach zutreffender Auffassung des FG muss der Einbringende seine Forderungen dabei nicht in einem bestimmten Abwicklungszeitraum einziehen. Die Erfassung als Betriebseinnahme ist wegen der betrieblichen Verstrickung im Restbetriebsvermögen sichergestellt. Denn im Zeitpunkt des Zuflusses der Honorareinnahmen hat der Einbringende nachträgliche Einkünfte aus seiner Tätigkeit vor der Einbringung (§ 24 Nr. 2 EStG). Zudem besteht insbesondere bei Forderungen nicht die Gefahr von „ewigem“ Betriebsvermögen. Entweder der Steuerpflichtige macht seine Forderungen gerichtlich geltend und setzt damit den Einziehungsprozess in Gang oder nach (heutiger Regelung) drei Jahren tritt regelmäßig Verjährung von Honorarforderungen ein (§ 195 BGB). Dies führt in der Regel zu einer Entwertung der Forderungen. Aufgrund dessen besteht für die Fiktion einer Entnahme ins Privatvermögen im Zeitpunkt der Einbringung keine Notwendigkeit (entgegen Umwandlungsteuererlass des BMF 11.11.11, IV C 2-S 1978-b/08/10001//2011/0903665, BStBl I 11, 1314).