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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer/Verfahrensrecht

    Unternehmereigenschaft ausländischer Pflegekräfte - BFH ist an Würdigung des FG gebunden

    von StB Janine Peine, Wolfenbüttel, www.schmidt-kosanke.de

    Sprechen mehr Merkmale für eine Unternehmereigenschaft als dagegen und hat das FG bei deren Beurteilung die gesamten Umstände ausreichend gewürdigt ist eine Revision wegen Verletzung materiellen Rechts als unbegründet zurückzuweisen (BFH 11.11.15, V R 3/15).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für die Vermittlung von vorwiegend polnischen Pflegekräften. Dazu werden von ihr mit den Betreuungsbedürftigen Vermittlungsverträge und mit den Pflegekräften Dienstleistungs- und Serviceverträge abgeschlossen. Zwischen den Pflegekräften und den Betreuungsbedürftigen besteht außerdem jeweils ein eigener Vertrag, in dem die zu erbringenden Betreuungs- und Pflegedienstleistungen aufgeführt sind. Diese Verträge wurden von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Ebenso erfolgte die Bezahlung von den Betreuungsbedürftigen an die Klägerin, die anschließend die Entgelte nach Abzug ihrer Servicegebühr an die Pflegekräfte weiterleitete. Die weiterzuleitenden Beträge wurden als durchlaufende Posten behandelt. Die Pflegekräfte haben mit Unterstützung der Klägerin Gewerbe angemeldet mit Betriebssitz bei der Klägerin oder in den Haushalten der Betreuungsbedürftigen, bei denen sie während ihrer Tätigkeiten wohnten. Werbung und Kundenakquise erfolgte ausschließlich durch die Klägerin.

     

    Anmerkungen

    Umsatzsteuersonderprüfer, Zoll- und Lohnsteueraußenprüfer waren einer Meinung, dass hier keine Vermittlungsleistung, sondern der Einsatz eigenen Personals vorliegt, was im Einspruchsverfahren bestätigt wurde. Im Klageverfahren wurde jedoch die Unternehmereigenschaften der Pflegekräfte festgestellt. Die folgende Revision des FA wegen Verletzung materiellen Rechts wurde abgelehnt, da das FG den Sachverhalt rechtsfehlerfrei gewürdigt hatte. Der BFH ist an diese Würdigung gebunden, sofern dabei nicht wesentliche Umstände vernachlässigt wurden. Ob die Würdigung auch ein anderes Ergebnis gerechtfertigt hätte, ist für den BFH jedoch nicht zu beurteilen. Grundlage eines Revisionsverfahrens wegen Verletzung materiellen Rechts ist die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellung richtig durchgeführt wurde. Eine erneute Tatsachenfeststellung erfolgt nicht.

     

    Praxishinweis

    In der Urteilsbegründung wurden trotzdem mehrere Punkte aufgeführt, die im Urteilsfall für oder gegen eine Unternehmereigenschaft sprechen:

     

    Besonderes Gewicht haben hierbei das Unternehmerrisiko sowie das Handeln auf eigene Rechnung und Verantwortung. Im Urteilsfall haben die Pflegekräfte die Betreuungsverträge direkt mit den Betreuungsbedürftigen abgeschlossen. Es bestand daher ein Ausfallrisiko im Fall des Krankenhausaufenthalts oder des Todesfalls des Betreuungsbedürftigen. Zusätzlich hatten die Pflegekräfte ein Kapitalrisiko, da bereits entstandene Reisekosten bei vorzeitigem Abbruch der Betreuung nicht durch Vergütungen gedeckt sein könnten.

     

    • Indizien pro und contra Scheinselbstständigkeit

    Pro:

    • Selbstständigkeit in der Organisation und der Durchführung der Tätigkeit
    • Unternehmerrisiko/Vergütungsrisiko
    • geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern
    • Schulden des Arbeitserfolgs (nicht nur der Arbeitskraft)
    • Handeln auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung

     

    Contra:

    • Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeiten
    • feste Arbeitszeiten
    • Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort
    • feste Bezüge, Urlaubsanspruch, sonstige Sozialleistungen
    • Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall
    • Eingliederung in den Betrieb
    • Schulden der Arbeitskraft (nicht deren Erfolg)
     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2016 | Seite 119 | ID 43964349

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