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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Vorsteuer-Aufteilungsgrundsätze in Organschaftsfällen

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    | Ist eine GmbH finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert, führt dies zu einer umsatzsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Zur bislang umstrittenen Frage der Vorsteueraufteilung in Organschaftsfällen hat sich der BFH nun geäußert ( BFH 13.11.13, XI R 2/11 ). Danach ist für den Vorsteuerabzug nicht darauf abzustellen, in welchem „Betriebs- bzw. Unternehmensteil“ die einzelnen Eingangsleistungen verbraucht werden, sondern zu untersuchen, in welche Außenumsätze die Eingangsleistungen letztendlich einfließen. |

    1. Sachverhalt

    Auch wenn der Urteilssachverhalt auf den ersten Blick nur exotische Fallkonstellationen zu betreffen scheint (Sonderbesteuerung nach § 24 UStG für land- und forstwirtschaftliche Betriebe), hat die BFH-Aussage doch Breitenwirkung und betrifft zahlreiche Alltagsfälle.

     

    • Beispiel

    Architekt A betreibt ein Architekturbüro in der Rechtsform eines Einzelunternehmens. Um seine Kontakte und Kenntnisse auch im Grundstücks- und Baubereich gewinnbringend nutzen zu können, gründet er zum 2.1.12 die als Bauträger tätige A-GmbH (A ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer). Die A-GmbH erwirbt Grundstücksparzellen, die sie dann mit Einfamilienhäusern bebaut und an Privatinteressenten umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG) veräußert. Die A-GmbH bezieht alle für die Grundstücksbebauung erforderlichen Architektenleistungen von A, der der A-GmbH insofern stets ordnungsgemäße Rechnungen erteilt.

     

    Die A-GmbH ist seit ihrer Gründung als unselbstständige Organgesellschaft in das Organträgerunternehmen (Architektenpraxis des A) eingebunden, da folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. auch BFH 3.4.03, V R 63/01):

     

    • wirtschaftliche Eingliederung (wegen der Leistungsbeziehungen zwischen A und der A-GmbH),
    • finanzielle Eingliederung (Stimmrechtsmehrheit des A in der A-GmbH),
    • organisatorische Eingliederung (Willensdurchsetzung des A in der A-GmbH aufgrund seiner Alleingeschäftsführerstellung).

     

    Infolge der Organschaft hat A in seinen Umsatzsteuererklärungen sowohl die Umsatzsteuer- und Vorsteuerbeträge seines Architekturbüros als auch die umsatzsteuerlichen Deklarationen bezüglich der A-GmbH zusammenfassend vorzunehmen. Von großer Praxisbedeutung - da verbunden mit einem Besteuerungsvorteil - sind hier jedoch die Innenumsätze.

     

    Die A-GmbH erwirtschaftet aus ihrem Bauträgergeschäft umsatzsteuerfreie Umsätze (§ 4 Nr. 9a UStG) und hat somit nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG kein Vorsteuerabzugsrecht aus ihren Eingangsleistungen. Ohne Organschaft müsste A für die an die A-GmbH erbrachten Planungsleistungen Umsatzsteuer abführen, ohne dass der A-GmbH der Vorsteuerabzug zustünde. Die Organschaft führt jedoch dazu, dass die von A erbrachten Leistungen als innerorganschaftliche Innenumsätze umsatzsteuerlich unbesteuert bleiben, woraus eine erhebliche Steuerentlastung resultiert.

     

    Bislang ging die überwiegende Rechtsmeinung davon aus, dass es für den Vorsteuerabzug im Organschaftskreis entscheidend sei, in welchem Unternehmensteil die Leistungen verwendet werden. Infolge der steuerfreien Ausgangsumsätze blieb der Vorsteuerabzug für den „Unternehmensteil A-GmbH“ bislang vollumfänglich versagt. Dagegen war der Vorsteuerabzug für die vom „Unternehmensteil Architekturbüro“ bezogenen Eingangsleistungen ohne Einschränkungen möglich. Dies galt auch für Eingangsleistungen, die auf die an die A-GmbH erbrachten (unbesteuert bleibenden) Innenumsätze entfielen; diese wären ohne Organschaft ja umsatzsteuerpflichtig gewesen.

     

    Nach der vorliegenden BFH-Entscheidung ist diese Sichtweise nun nicht mehr haltbar. Hinsichtlich der letztgenannten Eingangsleistungen ist nach der BFH-Argumentation zu berücksichtigen, dass diese Leistungen letztlich in steuerfreie Grundstücksveräußerungsumsätze einfließen und der Vorsteuerabzug insofern zu kürzen ist.

    2. Anmerkungen und Praxishinweise

    Nach der BFH-Systematik ist bei allen Eingangsleistungen zu prüfen, in welche Außenumsätze (Umsätze an außerhalb des Organkreises befindliche Unternehmen) die Eingangsumsätze letztlich einfließen. Aus der vorliegenden BFH-Rechtsprechung können sich sowohl Vorsteuervorteile als auch Vorsteuernachteile ergeben:

     

    • Soweit ein steuerfrei (vorsteuerschädlich) agierendes Organkreisunternehmen Innenumsätze an ein steuerpflichtige Umsätze bewirkendes Organkreisunternehmen tätigt, entsteht aufgrund dieses Bezugs nach BFH-Ansicht ein zusätzlicher Vorsteueranspruch.

     

    • Erbringt dagegen - wie im Beispiel - ein steuerpflichtig agierendes Organkreisunternehmen Innenumsätze an den steuerfreie (vorsteuerschädliche) Umsätze bewirkenden Unternehmensteil, führt dies zu anteiligen Vorsteuerkürzungen aus diesbezüglichen Eingangsleistungen.

     

    In beiden Fallkonstellationen bedarf es daher einer konkreten - für spätere Überprüfungen seitens der Finanzverwaltung nachvollziehbaren - Zuordnung von vorsteuerbehafteten Eingangsleistungen zu den nachfolgenden Innenumsätzen und den sich daran anschließenden Außenumsätzen. Die Reaktion der Verwaltung auf die neue BFH-Sichtweise bleibt vorerst abzuwarten. In geeigneten Fällen sollten die Steuerbescheide offengehalten werden.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 258 | ID 42605201

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