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  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    Veräußerung von Anlagevermögen als Geschäftsveräußerung

    von StB Jürgen Derlath, Münster

    Führt der Verkäufer das Unternehmen nach dem Verkauf in gleichem Umfang fort und übernimmt der Erwerber einen für sich betrachtet lebensfähigen Teil des Unternehmens, den er ebenfalls fortführt, dann kann eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a S. 1 UStG) vorliegen (FG Baden-Württemberg 10.2.12, 12 K 3973/08, BFH XI R 10/12).

    Sachverhalt

    Eine GmbH, deren Geschäftsgegenstand das Betreiben von Kliniken, Sanatorien und Tageskliniken, insbesondere zur Behandlung von Gefäßerkrankungen sowie zur Durchführung von Laseroperationen war, hatte auf einen ihrer Gesellschafter das Anlagevermögen sowie die zur Weiterführung notwendigen Rechsverhältnisse übertragen. Nach Ansicht der Betriebsprüfung waren jedoch weder ein Unternehmen im Ganzen noch ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb oder wenigstens ein Teilvermögen veräußert worden. Zwar habe der Gesellschafter mit den von ihm erworbenen Gegenständen seine wirtschaftliche Tätigkeit fortsetzen und ein Unternehmen führen können. Gegen eine Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG spreche jedoch, dass die GmbH ihr Unternehmen unter der bisherigen Firma, mit dem bisherigen Patientenstamm und dem ihr belassenen Firmenwert habe fortführen können.

     

    Anmerkungen

    Das FG sah das anders: § 1 Abs. 1a S. 1 UStG setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens erfasst die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbstständigen Unternehmensteils, die jeweils materielle und gegebenenfalls immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Er schließt jedoch nicht die bloße Übertragung von Gegenständen wie den Verkauf eines Warenbestands ein. Der Erwerber muss darüber hinaus die Unternehmensfortführung beabsichtigen, so dass das übertragene Vermögen die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen muss.

     

    Ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln, ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu entscheiden (BFH 28.10.10, V R 22/09). Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand ist nicht erforderlich. Der Fortsetzung der bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit steht es nicht entgegen, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert (BFH 18.9.08, V R 21/07).

     

    Bei Anwendung dieser Grundsätze, lag nach Meinung des FG auch im Streitfall eine Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG vor, denn der Gesellschafter hatte mit den Wirtschaftsgütern und Rechtsverhältnissen sowohl Vermögensgegenstände übernommen, die ein hinreichendes Ganzes bildeten, die ihm die Fortsetzung einer bisher durch die Klägerin ausgeübten Tätigkeit ermöglichten, als auch diese Tätigkeit anschließend ausgeübt.

     

    Praxishinweis

    In der Revision hat der BFH nun folgende Frage zu entscheiden: Liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vor, wenn der Unternehmer Unternehmensteile veräußert, die für den Erwerber als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglichen, der Veräußerer aber ununterbrochen mit zurückbehaltenen oder hinzuerworbenen Vermögensgegenständen seinen Geschäftsbetrieb unverändert auf dem bisherigen Tätigkeitsgebiet fortführt?

    Quelle: ID 37051780