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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Umsatzsteuerliche Probleme bei atypisch beendeten Mobilienleasingverträgen

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    | Die Überlassung beweglicher Wirtschaftsgüter durch Leasingverträge stellt regelmäßig eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung i.S. von § 3 Abs. 9 UStG dar (hinsichtlich der Abgrenzung zur Lieferung beim Leasing vgl. Abschn. 3.5 Abs. 5 UStAE sowie BMF 10.10.06, DStR 07, 201). Problematisch wird es, wenn die Zahlungen unter Umständen auch als Schadenersatz gewertet werden können. Zwei jüngst zu diesem Bereich ergangene BGH-Entscheidungen nimmt der Beitrag daher zum Anlass, den aktuellen Rechtsstand zu diesem praxisrelevanten Problem darzustellen. |

    1. Das Problem

    Die Frage, Schadenersatz oder nicht, kann sich aus Fällen ergeben, in denen

     

    • der Leasingvertrag abweichend vom typischen Geschehensablauf beendet wird (vorzeitige Kündigung, Totalschaden, einvernehmliche vorzeitige Beendigung, laufzeituntypische Abnutzung) und
    • der Leasinggeber in diesem Zusammenhang (zusätzliche) Ausgleichszahlungen verlangt.

     

    Denn dann ist unklar, ob diese Ausgleichszahlungen Schadenersatzcharakter haben (also kein umsatzsteuerliches (Zusatz-)Entgelt sind und folglich rein netto in Rechnung gestellt werden müssen) oder ob der Zahlung eine Entgeltqualität zukommt und der Leasinggeber zusätzlich zum Nettobetrag auch Umsatzsteuer fordern muss.

     

    PRAXISHINWEIS | Dies ist nicht nur eine zivilrechtliche Frage nach der Anspruchshöhe des Leasinggebers, sondern hat auch umsatzsteuerliche Brisanz, insbesondere soweit der Leasingnehmer aufgrund seiner Tätigkeit nicht oder nur eingeschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (z.B. Ärzte, Musiker) und daher eine zusätzliche Umsatzsteuerlast für ihn keinen spiegelbildlichen Vorsteuerabzug hervorruft, sondern ganz oder teilweise echte Kostenverteuerung darstellt.

     

    Aber selbst beim uneingeschränkt vorsteuerabzugsberechtigten Leasingnehmer (z.B. bei Rechtsanwälten) ist die vorstehende umsatzsteuerliche Abgrenzungsfrage von Relevanz, denn gingen die Parteien von der Umsatzsteuerpflicht der (Zusatz-)Zahlung aus und stellt sich dies bei einer späteren Prüfung des FA als unzutreffend heraus, so wird der Fiskus beim Leasingnehmer den Vorsteuerabzug aus dem unberechtigten Steuerausweis i.S. von § 14c Abs. 2 UStG (Abschn. 14c.2. Abs. 2 Nr. 2 UStAE) rückwirkend verzinst (§ 233a AO) zurückfordern und der Leasingnehmer muss sich zivilrechtlich um die Rückforderung dieses Betrags vom Leasinggeber bemühen. Der Leasinggeber ist in diesen Fällen hinsichtlich seiner Umsatzsteuerkorrektur zudem von Zeitpunkt und Umfang der „Gefährdungsbeseitigung“ i.S. von § 14c Abs. 2 S. 3 bis 5 UStG abhängig.

     

    Und auch im umgekehrten Fall hätte es für Leasingnehmer mit Blick auf eine formmängelfreie Rechnung oder eventuelle Vorsteuereinschränkungen Vorsteuer- und Kostenrelevanz; dann nämlich, wenn die Beteiligten von umsatzsteuerlich unbeachtlichem Schadenersatz ausgehen, das FA aber bei einer späteren Prüfung Umsatzsteuer nachfordert, die der Leasinggeber vom Leasingnehmer zurückhaben will.

    2. Fallunterscheidungen

    Angesichts der grundsätzlichen Brisanz von Zusatzzahlungen bei Leasingverträgen sollten sich die Parteien vor Vereinbarung oder Leistung des Zahlungsbetrags mit der umsatzsteuerlichen Abgrenzung (durch Hinzuziehung eines steuerlichen Beraters und ggf. durch Einholung einer verbindlichen Auskunft beim FA) beschäftigen. Nach der bisherigen Rechtsprechung sind die nachfolgenden Fallgruppen zu unterscheiden.

     

    2.1 Restleasingraten bei vorzeitiger Vertragsbeendigung

    Viele Kfz-Leasingverträge sehen vor, dass dem Leasinggeber bei einem Unfall mit Totalschaden ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht.

     

    • Sachverhalt (BGH 14.3.07, VIII, ZR 68/06)

    Es ging um einen Kfz-Leasingvertrag (Laufzeit 48 Monate), der vorsah, dass dem Leasinggeber bei Totalschaden ein außerordentliches Kündigungsrecht und ein Ersatzanspruch zustanden. Der Ersatzanspruch berechnete sich folgendermaßen:

     

    abgezinste Summe der ausstehenden Leasingraten

    + abgezinster fiktiver Rückgabewert bei Rückgabe in vertragsgemäßen Zustand

    ./. tatsächlicher Rückgabewert/Verkaufserlös abzgl. Versicherungserstattung

     

    Der Leasinggeber forderte hinsichtlich des abgezinsten Restleasingratenbetrags auf den Nettobetrag zusätzlich Umsatzsteuer, da er von einer umsatzsteuerlichen Leistungsvergütung ausging.

     

    Der BGH (14.3.07, VIII ZR 68/06) bestätigte nur die Nettoforderung und nicht den geforderten Umsatzsteuerbetrag mit der Begründung, nach (unfallbedingtem) Untergang des Leasingguts könne das zerstörte Kfz nicht mehr Gegenstand eines künftigen Leistungsaustauschs sein, sodass die Restleasingraten auch umsatzsteuerlich Schadenersatzcharakter hätten. Dieser Auffassung ist die Finanzverwaltung (BMF 22.5.08, BStBl I 08, 632) für die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrags auf Basis eines vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts gefolgt.

     

    Ob diese Einordnung der Restleasingraten als umsatzsteuerlicher Schadenersatz aber auch in anderen Sachverhalten von Finanzverwaltung und BFH bejaht würde, darf bezweifelt werden: Denn der BFH hat wiederholt entschieden, die Restraten eines Dauerleistungsvertrags seien dann kein Schadenersatz, sondern umsatzsteuerliches Leistungsentgelt, wenn die Zahlung darauf beruhe, dass sich die Parteien einvernehmlich auf Basis einer nachträglich geschlossenen Vereinbarung auf eine vorzeitige Vertragsauflösung verständigt hätten (so z.B. in BFH 7.7.05, V R 34/03 sowie BFH 29.7.09, V B 156/08).

     

    Denn in diesen Fällen stellt die nachträglich geschlossene Vereinbarung aus BFH-Sicht eine neue/weitere Leistungsaustauschvereinbarung in der Weise dar, dass der eine Vertragspartner auf seine ihm nach dem Vertrag zustehende gesicherte Rechtsposition auf Vertragsfortführung bis zum vertragsgemäßen Ende gegen Zusage einer entsprechenden Vergütung verzichte (Verzichtsleistung gegen Entgelt).

     

    PRAXISHINWEIS | Dieser abgrenzenden BFH-Unterscheidung zwischen einerseits vorzeitiger Vertragsbeendigung auf Basis eines vertraglichen/gesetzlichen Kündigungsrechts (dann sind Restraten umsatzsteuerlicher Schadenersatz) und andererseits der vorzeitigen Beendigung auf Basis einer ergänzenden einvernehmlichen Vereinbarung zur vorzeitigen Beendigung (dann liegt Leistungsentgelt vor) dürfte auch der Sichtweise der Finanzverwaltung entsprechen (vgl. OFD Karlsruhe 16.2.10, DB 984 unter 1.1 bzw. 2.; vgl. auch OFD Frankfurt 5.8.08, DStR 08, 1833), sodass diese Differenzierung bei Verhandlungen über eine einvernehmliche vorzeitige Vertragsbeendigung berücksichtigt werden sollte.

     

    Zum massiven Praxisproblem wird diese Differenzierung jedoch dadurch, dass der BGH diese Einschätzung nicht teilt. Denn bereits in einem obiter dictum in Rz. 17 und 18 seines Leasing-Urteils vom 14.3.07 (s.o.) geht der BGH ausdrücklich auf die Problematik ein. Er zitiert hierzu die Literaturkritik, der zufolge die vorstehende Differenzierung zum Kuriosum führe, dass der schuldhaft das Leasingvertragsende verursachende und damit gegenüber dem Leasinggeber Schadenersatzpflichtige Leasingnehmer sich besser stehe (da nur nettoersatzpflichtig), also jener Leasingnehmer, der ohne schuldhaftes Handeln auf Basis einer einvernehmlichen vorzeitigen Vertragsbeendigung gegen Entschädigungszahlung hierauf zusätzlich noch Umsatzsteuer zu entrichten habe.

     

    Der BGH stellt hierzu nachfolgend klar, zu dieser Kuriosität könne es aus seiner Sicht überhaupt nicht kommen, da auch im Falle einer einvernehmlichen vorzeitigen Vertragsbeendigung die hierzu vom Leasingnehmer zugesagte Entschädigung kein Leistungsentgelt, sondern nichtsteuerbarer Schadenersatz sei.

     

    ZWISCHENFAZIT | Aus dieser Diskrepanz zwischen BFH- und BGH-Rechtsprechung ergibt sich das fatale Praxisdilemma, dass BFH und Finanzverwaltung in den Fällen der einvernehmlichen vorzeitigen Beendigung vom Leasinggeber Umsatzsteuer auf die Entschädigungszahlung verlangen werden, die dieser angesichts der gegenteiligen BGH-Rechtsprechung vom Leasingnehmer vor einem Zivilgericht nicht erfolgreich einklagen kann.

     

    2.2 Minderwertausgleich bei Vertragsbeendigung

    Bei der vorzeitigen wie bei der planmäßigen Rückgabe des Leasingguts nach Laufzeitende schuldet der Leasingnehmer vertraglich in aller Regel einen Minderwertausgleich, soweit die Rückgabe des Leasingguts in nicht nutzungsdaueradäquatem Zustand erfolgt, also z.B. der geleaste Pkw stärkere Gebrauchsspuren und Beschädigungen als für die Nutzungsdauer üblich aufweist.

     

    Die Finanzverwaltung ging bislang davon aus, dass der Minderwertausgleich ein umsatzsteuerpflichtiges Zusatzentgelt des Leasingnehmers an den Leasinggeber in Form einer Vergütung für eine übervertragliche Nutzung darstellt. Nachdem jedoch der BGH (18.5.11, VIII ZR 260/10) und ihm zumindest für diesen Sachverhalt folgend dann auch der BFH (20.3.13, XI R 6/11) den leasingtypischen Minderwertausgleich als nicht umsatzsteuerbaren Schadenersatz qualifiziert hatten, beurteilt nun auch die Finanzverwaltung (BMF 6.2.14, IV D 2 - S 7100/07/10007, BStBl I 14, 267) den Minderwertausgleich nicht mehr als Leistungsentgelt, sondern als umsatzsteuerlich irrelevanten Schadenersatz.

     

    2.3 Restwertausgleich bei Vertragsende

    Die meisten Kfz-Leasingverträge kalkulieren Leasingsonderzahlung sowie Leasingraten zudem auf Basis eines auf das Laufzeitende geschätzten Restwerterlöses für ein Fahrzeug dieses Typs. Sollte bei Erreichen des Laufzeitendes die Nachfrage nach Fahrzeugen dieses Typs gesunken sein und der Leasinggeber daher beim Verwerten des Gebrauchtfahrzeugs einen geringeren Verwertungserlös erzielen, so schuldet vertraglich der Leasingnehmer dem Leasinggeber einen Restwertausgleich. Auch insofern war fraglich, ob dieser Restwertausgleich Schadenersatz oder umsatzpflichtige Leistungsvergütung darstellt. Im o.a. BMF-Schreiben (6.2.14) hatte die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, anders als der Minderwertausgleich stelle der Restwertausgleich wirtschaftlich eine letzte Leasingrate dar und unterliege daher der Umsatzsteuer.

     

    PRAXISHINWEIS | Diese Einschätzung ist m.E. zutreffend, denn während mit dem Minderwertausgleich echte vertragswidrige Schäden am Fahrzeug abgegolten werden, dient der Restwertausgleich dazu, die kalkulatorische Leasingratendifferenz zwischen den bei Vertragsschluss prognostisch errechneten und den sich bei Vertragsende tatsächlich kalkulatorisch ergebenen Betragsgrößen (in die auch der Restwerterlös einfließt) zu ermitteln. Faktisch findet mit „der letzten Leasingrate“ also eine nachträgliche Feinjustierung/Schlusskalkulation der Leasingraten statt, deren nachträgliche Erhöhung (aber auch Verringerung) die Umsatzbesteuerung beeinflusst.

     

    In diesem Sinne hat jüngst auch der BGH die Umsatzsteuerpflicht des Restwertausgleichs bestätigt (BGH 28.5.14, VIII ZR 179/13 u. VIII ZR 241/13), sodass der Leasingnehmer Anspruch auf eine vorsteuerwirksame Rechnung mit Umsatzsteuerausweis hat. Sollte der vom Leasinggeber erzielte Restwerterlös über dem bei Vertragsabschluss kalkulierten Betrag liegen, so steht dem Leasingnehmer zumeist eine Auskehrung des Übererlöses als negativer Restwertausgleich zu. Dieser negative Restwertausgleich stellt den o.a. Überlegungen folgend eine Leasingentgeltrückzahlung dar und mindert daher beim Leasingnehmer im Zeitpunkt der Zahlungsvereinnahmung (BFH 18.9.8, V R 56/06) den Vorsteuerabzug. Insofern bedarf es keiner Rechnungskorrektur mit Blick auf den höheren (ursprünglichen) Steuerausweis (vgl. Abschn. 17.1 Abs. 3 S. 3 u. 4 sowie Abschn. 14c.1. Abs. 7 S. 6 UStAE).

     

    2.4 Sonstige Schlusszahlungen

    Neben den o.a. Minder- und Restwertausgleichen sehen Kfz-Leasingverträge häufig einen Kilometerausgleich - d.h. eine Nachzahlungspflicht des Leasingnehmers bei einer höheren, als der vereinbarten Kilometerlaufleistung - vor. Zudem finden sich zumeist Regelungen über eine fällige Nutzungsentschädigung bei verspäteter Rückgabe erst nach dem vereinbarten Rückgabezeitpunkt am Laufzeitende.

     

    Bei diesen Sachverhalten geht die Finanzverwaltung ausweislich des BMF-Schreibens vom 6.2.14 gleichfalls von zusätzlichem umsatzsteuerpflichtigem Überlassungsentgelt aus. M.E. ist dies - auch wenn hierzu soweit ersichtlich noch keine Rechtsprechung ergangen ist - zutreffend, denn beide Beträge zahlt der Leasingnehmer für eine auf die Kilometerleistung oder das Laufzeitende bezogene übervertragliche Nutzung. Auch in diesen Fällen hat der Leasingnehmer mithin Anspruch auf eine vorsteuerwirksame Rechnung mit Umsatzsteuerausweis, während Rückzahlungen des Leasinggebers für Minderkilometernutzung für den Leasingnehmer als vorsteuerreduzierende Entgeltsminderung i.S. von § 17 Abs. 1 UStG (s. Tz. 2.3.) auch insofern ist keine Rechnungskorrektur erforderlich) wirken.

     

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 332 | ID 43003642

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