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  • · Fachbeitrag · Scheinselbstständigkeit

    Eine Krankenschwester kann im Krankenhaus in der Regel nicht freiberuflich tätig sein

    von RA Philip Christmann, FA MedR, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

    Eine Krankenschwester, die gegen Stundenhonorar auf einer Intensivüberwachungsstation arbeitet, ist zwingend in die streng hierarchischen Arbeitsabläufe der Klinik eingebunden. Übernimmt sie zudem kein wirtschaftliches Risiko, ist sie abhängig beschäftigt und nicht selbstständig tätig (LSG Hessen 7.7.16, L 8 KR 297/15).

     

    Sachverhalt

    Eine Fachkrankenschwester für Intensivpflege und Anästhesie arbeitete in einer Fachklinik für Neurologie. Grundlage war ein Honorarvertrag über freiberufliche Krankenpflege. Der Vertrag war durch einen Vermittler zustande gekommen. Laut dessen AGB arbeitet die vermittelte Fachkraft „selbstständig und eigenverantwortlich“ bei dem jeweiligen Auftraggeber. Er und die Fachkraft vereinbaren die Einsatzdauer und die Dienstzeiten eigenständig. Die Krankenschwester beantragte eine Statusfeststellung als Selbstständige.

     

    Anmerkungen

    Das LSG sieht ihre Tätigkeit als abhängige Beschäftigung an. Die Beurteilung hängt grundsätzlich davon ab, wie die Rechtsbeziehung praktiziert wird und davon, ob die Praxis so rechtlich zulässig ist.

     

    Wegen der typischen hierarchischen Arbeitsorganisation auf einer Station kann eine Krankenschwester nicht freiberuflich für ein Krankenhaus tätig sein. Zudem müssen die Organisation der gesamten Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht sowie die im Krankenhaus erbrachten Leistungen ärztlich gesteuert werden (vgl. BSG 22.4.09, B 3 P 14/07 R). Daher hat die Behauptung der Krankenschwester, sie sei kaum angeleitet oder kontrolliert worden, das LSG nicht überzeugt. Auch wenn sie wegen ihrer Ausbildung, ihrer Erfahrung oder, weil es schlicht an Ärzten fehlte, mehr Freiheiten als üblich gehabt haben sollte, so unterlag die Krankenschwester doch der fachlichen Weisungsbefugnis der Ärzte und der Pflegedienstleitung.

     

    Auch aus der Darstellung der Krankenschwester zu den Arbeitsabläufen wurde für das Gericht deutlich, dass sie in die Arbeitsabläufe und Weisungsstränge der Klinik eingebunden war. Auf der Intensivüberwachung werden pflege- und überwachungspflichtige Patienten behandelt, die zwar keiner intensivmedizinischen Versorgung bedürfen. Sie sind aber für eine Verlegung auf die Normalstation noch nicht stabil genug. Die Tätigkeit auf einer solchen Station ist ohne Weisungsabhängigkeit und ohne Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Krankenhauses aus Sicht des LSG nicht vorstellbar. Dass die Krankenschwester hier unabhängig von fachlichen Anweisungen der Ärzte oder Pflegedienstleitung ihre Tätigkeit frei gestalten konnte, hält das LSG für undenkbar.

     

    Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht auch, dass die Krankenschwester kein unternehmerisches Risiko trug. Sie bekam eine Vergütung nach fest vereinbarten Stundensätzen in konkret vereinbarten Schichteinsätzen. Die Arbeitszeiten wurden fest vereinbart. Damit war der Erfolg ihres Arbeitseinsatzes nicht ungewiss und sie bekam auch keine erfolgsabhängige Vergütung.

     

    Praxishinweis

    Krankenschwestern können in der Regel nicht eigenverantwortlich oder autonom oder zumindest teilautonom auf einer Klinikstation tätig sein. Selbst bei Tätigkeiten, die nicht von ärztlichen Anweisungen abhängig sind (Essensausgabe, allgemeine Pflege, Waschen der Patienten etc.) ist eine Schwester in die betrieblichen Gesamtabläufe und Zeitpläne eingebunden. Insofern ist die Entscheidung des LSG nachvollziehbar. Anders könnte der Fall zu beurteilen sein, wenn eine Krankenschwester auf einer Normalstation ergänzend für Tätigkeiten außerhalb der allgemeinen Abläufe bedarfsweise eingesetzt wird (Nagelpflege, Wundmanagement o. Ä.).

    Quelle: ID 44223084

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