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  • · Fachbeitrag · Realteilung

    Doppelte Höchststrafe für eine verunglückte Realteilung

    von StB Alfred P. Röhrig, Bad Honnef

    | Eine Rechtsanwälte-Sozietät wurde vom BFH (15.1.19, VIII R 24/15) für eine misslungene Realteilung zur doppelten Höchststrafe verdonnert: keine Buchwertfortführung und keine Gewährung von §§ 16 , 34 EStG . Dieses teuere Ergebnis hätte mit einer einfachen Gestaltung vermieden werden können. |

    1. Die Vorgeschichte

    Die bundesweit tätige Sozietät wurde durch Realteilung aufgelöst. Die Realteilung erfolgte in Nachfolgegesellschaften, die die Gesellschafter der einzelnen Standorte gegründet hatten. Der Kläger wurde ebenfalls Gesellschafter einer solchen Nachfolgegesellschaft. 30 Minuten nach der Gründung schied er jedoch gegen eine Abfindungszahlung aus. Im Feststellungsverfahren gingen die Beteiligten und das FA von einer Realteilung zu Buchwerten aus. Bei einer Betriebsprüfung einigten sich die Beteiligten auf der Basis einer tatsächlichen Verständigung auf die Besteuerung des Praxiswerts für eine der Nachfolgegesellschaften, aus der einzelne Beteiligte anschließend entgeltlich ausgeschieden waren, i. H. von 13 Mio. EUR. Der Kläger beantragte die tarifbegünstigte Besteuerung des Aufgabegewinns aus der Sozietät. Das FA und FG sahen keine Möglichkeit der Annahme eines begünstigten Gewinns.

    2. Die Auffassung des BFH

    Der VIII. Senat geht in seiner Begründung zurück zu den Grundvoraussetzungen, die für eine Anwendung von §§ 16, 34 EStG gegeben sein müssen. Diese Voraussetzungen legt er im Rahmen seiner Entscheidung sehr eng aus. Die beiden Grundvoraussetzungen, eine zusammengeballte Aufdeckung der stillen Reserven und die Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit im örtlichen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit, sieht der BFH als nicht gegeben an:

     

    • Zusammengeballte Aufdeckung der stillen Reserven: Seine Ausführungen zur Frage, ob sämtliche stillen Reserven zusammengeballt aufgedeckt worden sind, entbehren nicht einer gewissen Ironie. Er hält fest, dass er aufgrund des Sachverhalts nicht feststellen konnte, ob sämtliche stillen Reserven aufgedeckt worden seien. Die abschließende Beantwortung dieser Frage könne nach Auffassung des BFH jedoch auch dahingestellt bleiben, weil es (auch) an der weiteren Voraussetzung der Tarifbegünstigung fehle.

     

    • Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit: Denn soweit die freiberufliche Tätigkeit nicht eingestellt wird, ist es nicht zu einer Übertragung sämtlicher wesentlichen Betriebsgrundlagen gekommen. Ob eine Realteilung mit einer Betriebsaufgabe einhergeht, ist nach Auffassung des BFH auf der Ebene der Gesellschaft zu beantworten. Ob ein Aufgabegewinn begünstigt ist, ist hingegen bezogen auf den einzelnen Gesellschafter zu prüfen.

     

    Laut Sachverhalt hat der Kläger seine Tätigkeit nicht mit der Realteilung aufgegeben. Vielmehr hat er diese geplant auf die neue Nachfolgegesellschaft übergeleitet und dort ‒ wenn auch nur für eine ganz kurze Zeit ‒ verwertet. Diese Verwertung bestand ‒ nach der Überleitung auf die neue GbR ‒ aus seinem entgeltlichen Ausscheiden aus der GbR. Das die zweite Stufe seines Ausscheidens sehr zeitnah geschehen ist, führt nach Auffassung des VIII. Senats nicht zu einem anderen Ergebnis. Entscheidend ist nach Auffassung des VIII. Senats, dass bewusst kein einheitlicher Vorgang, sondern eine mehrstufige Gestaltung gewählt wurde.

     

    PRAXISTIPP | Festzuhalten bleibt demnach, dass eine verunglückte Realteilung mit einer teilweisen Aufdeckung von stillen Reserven und der anschließenden Veräußerung des Gesellschaftsanteils mit einer weiteren Aufdeckung von stillen Reserven nicht begünstigt ist. Begünstigt sind ausschließlich Vorgänge, bei denen in einem Akt sämtliche stillen Reserven aufgedeckt werden und gleichzeitig die bisherige Tätigkeit im örtlichen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit eingestellt wird. Jeder Gestaltungsgedanke muss daher die beiden vorstehend genannten Komponenten berücksichtigen.

     

    3. Wie hätte man das besser machen können?

    Das erste Ziel hätte es sein müssen, eine mehrstufige Aufdeckung der stillen Reserven zu verhindern. Diese Gestaltung lässt sich auf der Basis des Schreibens des BMF (19.12.18, IV C 6 - S 2242/07/10002, BStBl I 19, 6, Rz. 7 und dort BFH 16.12.15, IV R 8/12, BStBl II 17, 766) relativ einfach bewirken:

     

    • Gesellschafteraustausch in Alt-Sozietät: Zunächst hätten die Beteiligten vor der Realteilung der Sozietät die einzelnen Nachfolgegesellschaften gründen müssen, an denen jeweils die Gesellschafter beteiligt sind, die weiterhin miteinander tätig sein wollen. Im Anschluss daran hätten die Gesellschafter der Nachfolgegesellschaften ihre jeweilige Beteiligung an der noch bestehenden Sozietät nach § 24 UmwStG in die Nachfolgegesellschaften einbringen müssen. Durch diese Vorgänge wäre ein Austausch der Gesellschafter an der Alt-Sozietät vorgenommen worden. Nach der Einbringung wären nicht mehr die Rechtsanwälte, sondern die Nachfolgegesellschaften an der Alt-Sozietät beteiligt gewesen.

     

    • Realteilungsbeschluss auf Ebene der Alt-Sozietät: Sodann hätte auf der Ebene der Alt-Sozietät ein Realteilungsbeschluss gefällt werden können. Die Wirtschaftsgüter der Alt-Sozietät wären dann auf die einzelnen Realteiler (= Nachfolgegesellschaften) zu Buchwerten übergegangen. Die zweistufige Aufdeckung von stillen Reserven wäre somit vermieden worden.

     

    Das zweite Ziel, die stillen Reserven zusammengeballt aufzudecken, wäre durch die anschließende Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an den Nachfolgegesellschaften erreicht worden. Durch die gleichzeitige Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit ‒ nach dem Ausscheiden aus den Nachfolgegesellschaften ‒ wären schließlich beide Grundvoraussetzungen für die Gewährung von §§ 16, 34 EStG erfüllt worden.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2020 | Seite 2 | ID 46149331

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