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Aufwendungen für die Facharztausbildung des als Nachfolger vorgesehenen Sohnes
1. Aufwendungen eines Facharztes für die Facharztausbildung seines Sohnes, der als Nachfolger unentgeltlich in eine Gemeinschaftspraxis eintreten soll, sind keine Sonderbetriebsausgaben, wenn eine solche Ausbildung einem fremden Dritten nicht gewährt worden wäre. 2. Die Aufwendungen kommen auch nicht als Sonderbetriebsausgaben des Sohnes in Betracht, wenn dieser während der Ausbildung noch nicht Gesellschafter war. (BFH 6.11.12, VIII R 49/10) |
Sachverhalt
Geklagt hatte eine kieferorthopädische Gemeinschaftspraxis. Einer ihrer Gesellschafter hatte die Kosten für die Ausbildung des bereits als Zahnarzt ausgebildeten und promovierten Sohnes zum Facharzt für Kieferorthopädie als Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht. Der Sohn wurde ebenfalls Gesellschafter, nachdem der Vater altersbedingt die kassenärztliche Zulassung als Facharzt für Kieferorthopädie zurückgegeben hatte.
Die betriebliche Veranlassung wurde wie folgt begründet: Der Sohn war für die Gemeinschaftspraxis unbefristet als Ausbildungsassistent tätig gewesen. Die Gemeinschaftspraxis hatte mit ihm einen Ausbildungsvertrag geschlossen, der ihm die Ausbildung zum Facharzt für Kieferorthopädie an einer bestimmten Universitätsklinik ermöglichen sollte. Zu diesem Zweck verpflichtete sie sich, die Universität mit der Durchführung einer Studie zu einem bestimmten kieferorthopädischen Thema zu beauftragen sowie die für die Durchführung der Studie erforderlichen Sach- und Personalmittel zur Verfügung zu stellen.
Aufgrund dieses Vertrages sollte der Sohn als wissenschaftlicher Assistent an der Universität tätig werden und dort eine Ausbildung zum Facharzt für Kieferorthopädie absolvieren. Zugleich verpflichtete sich die Gemeinschaftspraxis ihn nach Ende der Facharztausbildung als Gesellschafter aufzunehmen.
Außerdem war der Sohn vertraglich verpflichtet, nach Beendigung seiner Tätigkeit in der Universitätsklinik und nach einer anschließenden zweijährigen Ausbildung in einer (anderen) zahnärztlichen Praxis in die Gemeinschaftspraxis einzutreten und ihr die entstandenen Aufwendungen anteilig zu erstatten, wenn das Gesellschaftsverhältnis zwischen ihm und den anderen Gesellschaftern in einem Zeitraum von bis zu drei Jahren nach dessen Beginn gekündigt werden sollte.
Anmerkungen
Sowohl das FG als auch der BFH hatten Zweifel an der betrieblichen Veranlassung, da sie fremdunüblich seien.
Kein Abzug als Sonderbetriebsausgaben
Aufwendungen, die jemand für die Ausbildung oder die berufliche Fortbildung seiner Kinder tätigt, gehören nicht zu den Sonderausgaben, sondern grundsätzlich zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten. Das generelle Abzugsverbot gilt auch, wenn Personengesellschaften Kosten der Ausbildung für Kinder ihrer Gesellschafter als Betriebsausgaben geltend machen.
Die Übernahme von Ausbildungskosten als Betriebsausgaben kommt - ausnahmsweise - nur dann in Betracht, wenn sie nachweisbar vollständig oder ganz überwiegend betrieblich veranlasst sind. An das Vorliegen und den Nachweis eines solchen Ausnahmefalls sind mit Rücksicht auf das Gebot der Abgrenzung der Betriebs- von der Privatsphäre (§ 12 Nr. 1 EStG) strenge Maßstäbe selbst dann anzulegen, wenn die Ausbildung von Kindern zugleich eine spätere Unternehmensnachfolge vorbereiten soll. Denn auch ein solcher Vorgang ist prinzipiell der Privatsphäre zuzuordnen.
Die Zuordnung solcher Ausbildungskosten zum betrieblichen (bzw. beruflichen) Bereich setzt daher voraus, dass der Leistungsbeziehung zwischen Eltern und Kindern Vereinbarungen zugrunde liegen, die den für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Anforderungen genügen. Danach ist ein Betriebsausgabenabzug nur gerechtfertigt, wenn der Aufwand nach außen hin erkennbar nicht im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung, sondern ausschließlich oder ganz überwiegend im Interesse des Betriebs (Berufs) geleistet wurde.
Ein entsprechender betrieblicher Anlass kann vorliegen, wenn Kosten aufgewendet werden, um einen betrieblichen Nachfolger auszubilden. Dafür müssen jedoch Umstände erkennbar sein (BFH 29.10.97, X R 129/94, BStBl II 98, 149),
- die den Ausgebildeten, vom Streitjahr aus gesehen, angesichts seines Alters und seines beruflichen Werdegangs nach objektiven Maßstäben als möglichen künftigen Leiter des Betriebs ausweisen, oder
- nach denen ein fremder Dritter im vergleichbaren Alter sowie demselben Ausbildungsstand als künftiger Unternehmensnachfolger ausgesucht und in solcher Weise gefördert worden wäre und sich die Unterstützung des Angehörigen bei seiner Aus- oder Fortbildung damit wesentlich und eindeutig von einer typischen Unterhaltsleistung unterscheidet.
Nach diesen Maßstäben war die Würdigung des FG, es fehle an den Voraussetzungen für die ausnahmsweise Zurechnung von Ausbildungs- und Weiterbildungskosten zur betrieblichen Sphäre der Gemeinschaftspraxis mangels Fremdüblichkeit der Vereinbarung, nicht zu beanstanden.
Für den privaten Charakter der vom Vater getragenen Aufwendungen sprach, dass die Übernahme der Ausbildungsaufwendungen im Wesentlichen auf dessen Interesse an einer Praxisfortführung durch den Sohn beruhte, da er altersbedingt seine kassenärztliche Zulassung verlor. Auch hatte sich Vater nicht ernsthaft um einen fremden, bereits ausgebildeten Kieferorthopäden als Nachfolger bemüht. Dass die Übernahme der Aufwendungen nicht im Interesse der Gemeinschaftspraxis gelegen hatte, zeigte auch der Umstand, dass nur der Vater als Gesellschafter die Kosten der Ausbildung tragen sollte. Die Zweifel an der Fremdüblichkeit waren auch nicht durch Benennung von Vergleichsfällen im eigenen Betrieb oder durch Angabe von Vergleichsfällen außerhalb des Betriebs entkräftet worden. Überdies war nach dem vom Gesellschaftsvertrag kein Entgelt für die Übernahme des Gesellschafteranteils durch den Sohn vorgesehen und damit ersichtlich ein unentgeltlicher Übergang des Anteils auf den Begünstigten der Ausbildung angestrebt, so dass eine betriebliche Veranlassung der Ausbildungskosten auch nicht aus einer beabsichtigten Unternehmensnachfolge oder der Altersversorgung des weichenden Gesellschafters hergeleitet werden kann.
Keine vorweggenommene Sonderbetriebsausgaben des Sohnes
Aufwendungen von Personen, die im Feststellungszeitraum nicht an einer bereits werbend tätigen Gesellschaft beteiligt sind, können nicht Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte dieser Gesellschaft sein. Dementsprechend können weder nachträgliche gewerbliche Einkünfte eines früheren Gesellschafters Gegenstand des einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahrens sein noch sind eintretenden Gesellschaftern Ergebnisse früherer Feststellungszeiträume zuzurechnen. Die Aufwendungen hätte allenfalls in der Einkommensteuerveranlagung des Sohnes für das Streitjahr erfasst werden können, sofern die Ausbildungskosten als Werbungskosten zu beurteilen waren und dem Sohn die Aufwendungen des Vaters unter dem Gesichtspunkt des abgekürzten Vertragsweges hätten zugerechnet werden können.