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  • · Fachbeitrag · MVZ-Gestaltungsmodelle

    Vorsicht bei der steuerlichen Beurteilung von MVZ-Gründungsverträgen

    von StB Alfred P. Röhrig, Bad Honnef, www.steuerberaterkanzlei-roehrig.de

    | Bei der steuerlichen Beratung von Ärzten entstehen mittlerweile immer subtilere Fragestellungen. Bei der Beratung dieser Fragen sollten Sie bitte eine Kernaussage nicht vergessen: Vertragsarztrecht und Steuerrecht sind völlig unterschiedliche Rechtsgebiete. Sie dürfen einander nur nicht „stören“. Daraus folgt, dass es vertragsarztrechtliche Gestaltungen gibt, die steuerlich teuer zu stehen kommen können und andersherum steuerlich wünschenswerte Ergebnisse sich nur schwer vertragsartzrechtlich abbilden lassen. |

    1. Motive für MVZ-Modelle unter Beteiligung von GmbHs

    Die Motive für MVZ-Modelle unter Beteiligung von GmbHs sind vielfältig. Dem Grunde nach geht es um steuerliche Gestaltungsfälle, das Gewinnen von Marktanteilen bzw. die Bündelung von Kapital. Soweit u. a. ertragsteuerliche Motive eine Relevanz haben sollten, müssen die in diesem Beitrag aufgeführten Grundsätze beachtet werden.

     

    PRAXISTIPP | Das gilt besonders für die steuerliche Begünstigung eines Veräußerungsgewinns. Voraussetzung für die Steuerbegünstigung ist neben der Übertragung sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen, dass die freiberufliche Tätigkeit beendet wird. Demnach muss der Veräußerer seine Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis zumindest für eine gewisse Zeit (drei Jahre) beenden. In diesem Zusammenhang sei auch auf die jüngst ergangene Entscheidung des BFH (21.8.18, VIII R 2/15) zur tarifbegünstigten Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis trotz Weiterarbeit hingewiesen.

     

    2. „Heuschreckenmodell“ ‒ Beteiligungsmodelle

    Ein in der Praxis aktuell häufig anzutreffender Sachverhalt sind Beteiligungsmodelle. Bei diesen Beteiligungsmodellen wird die Praxis/Praxisgemeinschaft etc. an eine MVZ-GmbH veräußert, an der der Veräußerer unmittelbar oder auch erst später beteiligt ist oder wird. Bei dieser Fallgestaltung kommt sehr deutlich zum Ausdruck, welche Voraussetzungen für die Gewährung der §§ 16, 34 EStG erforderlich sind. Entscheidend ist, dass der Steuerpflichtige keine freiberuflichen Einkünfte mehr bezieht, auch wenn er die frühere Tätigkeit fortsetzt und u. U. dieselben Patienten betreut. Sind auf Veräußererseite mehrere Personen beteiligt, müssen alle Personen diese Bedingung erfüllen (Herrmann/Heuer/Raupach, EStG § 18 Rz. 322).

     

    Festzuhalten ist daher, dass der Begriff der Veräußerung i. S. des § 18 Abs. 3 EStG ausschließlich die Beendigung der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit umfasst. Eine Tätigkeit im Bereich von anderen Einkunftsarten (z. B. auch als angestellte Ärzte oder sogar als angestellte Geschäftsführer) ist grundsätzlich ohne Auswirkung auf die Steuervergünstigung des Veräußerungsgewinns.

    3. Das Mischmodell

    Bei dem Mischmodell bringt der Arzt seine Einzelpraxis ‒ vermeintlich nach § 20 UmwStG ‒ in eine MVZ-GmbH ein. Die Einbringung in die GmbH erfolgt in der Weise, dass er sein gesamtes Betriebsvermögen auf die GmbH überträgt, jedoch ohne den Kassensitz. Das Motiv für diese Handlungsweise: Der Kassensitz wird zur Beteiligung an weiteren MVZ zurückbehalten.

     

    Bei derartigen Sachverhalten wird in der Praxis teilweise pauschal die Rechtsauffassung vertreten, dass der Kassensitz keine wesentliche Betriebsgrundlage darstelle. Er könne daher zurückbehalten werden, ohne dass die Anwendung des § 20 UmwStG gefährdet sei, weil der Kassensitz gar kein selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut darstelle. Vor dieser Auffassung sei jedoch dringend gewarnt.

     

    Der Kassensitz dürfte auf der Grundlage der Entscheidungen des BFH (9.8.11, VIII R 13/08, BStBl 11 II, 875, Rz. 25) sowie BFH (21.2.17, VIII R 7/14, VIII R 56/14 und VIII R 24/16) bei einem isolierten Erwerb eindeutig ein immaterielles eigenständiges Wirtschaftsgut in Form des „mit der Vertragsarztzulassung verbundenen wirtschaftlichen Vorteils“ darstellen. Beim isolierten Erwerb ‒ ohne ein Chancenpaket ‒ dürfte somit eindeutig ein eigenständiges Wirtschaftsgut gegeben sein. Ohne die Kassenzulassung ist eine selbstständige Tätigkeit als Vertragsarzt ausgeschlossen. Die Frage, ob eine wesentliche Betriebsgrundlage gegeben ist, dürfte damit eindeutig positiv ausfallen. Die Anwendung des § 20 UmwStG wäre ‒ bei einem Erwerb ohne Chancenpaket ‒ erheblich gefährdet ‒ eine Aufdeckung von stillen Reserven im Ergebnis nicht zu verhindern. In der Praxis müsste also regelmäßig differenziert werden, auf welcher Basis der Erwerb einer Praxis erfolgte.

     

    Zudem gibt der Verfasser zu bedenken, dass die Rechtsauffassung der Finanzbehörden in einzelnen Bundesländern ‒ relativ undifferenziert ‒ immer davon ausgeht, dass die Kassenzulassung eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt.

    4. Achtung: Gefahr der Betriebsaufspaltung

    Soweit nach der vorstehend dargestellten Differenzierung davon auszugehen ist, dass der Kassensitz ein selbstständiges Wirtschaftsgut und eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, sei zusätzlich davor gewarnt, dass die Finanzbehörden hier ggf. von einer Betriebsaufspaltung ausgehen werden.

     

    FAZIT | Erfahrungsgemäß werden im Rahmen der Gestaltung der vorstehenden Fragestellungen häufig Gestaltungen angeboten, die einer steuerlichen Überprüfung nicht standhalten. Aus diesem Grunde sollten Sie bitte jede einzelne Gestaltung intensiv daraufhin überprüfen, ob die gewählten Gestaltungen auch unter Beachtung der steuerlichen Rechtsnormen für Ihre Mandanten durchführbar sind. Ansonsten droht das böse Erwachen im Rahmen von Betriebsprüfungen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Berater, die die Vertragsberatung durchführen, regelmäßig für die steuerlichen Rechtsfolgen jegliche Haftung ausschließen. Dies geschieht regelmäßig in der Weise, dass der steuerliche Berater den oder die Vertragsentwürfe (unter Zeitdruck) zur Durchsicht (Überprüfung) zugesandt erhält.

     

    Seien Sie daher sehr achtsam bei der Überprüfung derartiger Vertragsentwürfe. Verwenden Sie erhebliche Sorgfalt auf die Gespräche mit Ihren Mandanten und den Gestaltern der Verträge. Nur durch einen intensiven Dialog mit den vorstehenden Personen können größere Regressfälle vermieden werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Haftung/Ertragsteuern ‒ Lohnt sich die MVZ-GmbH für die Gesellschafter (Gerdes, PFB 15, 308)
    • Umwandlung ‒ Wichtige Vorüberlegungen beim Schritt von der Berufsausübungsgemeinschaft in die MVZ-GmbH (Geisser, PFB 15, 287)
    • Praxisübernahme ‒ Ist das MVZ-Mischmodell eine latente Steuerfalle? (Lindenau/Geisser, PFB 16, 189)
    Quelle: Ausgabe 01 / 2019 | Seite 3 | ID 45416378

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