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  • · Fachbeitrag · Gewinnermittlung

    Wie sind veruntreute Gelder in einer GbR mit Einnahme-Überschussrechnung zu erfassen?

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    Unberechtigte Entnahmen eines Mitunternehmers aus dem bereits vorhandenen oder realisierten Gesellschaftsvermögen führen wie Veruntreuungen durch einen Nichtgesellschafter bei der Mitunternehmerschaft zu einer Betriebsausgabe. Bei einer Personengesellschaft, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, kommt die (korrespondierende) Aktivierung eines durch unberechtigte Entnahmen des ungetreuen Gesellschafters entstandenen Ersatzanspruchs nicht in Betracht (BFH 13.11.19, VIII S 37/18, Beschluss).

     

    Sachverhalt

    Ausgerechnet in einer Steuerberatungs-GbR, die ihren Gewinn per Einnahme-Überschussrechnung ermittelte, nahm man es mit der steuerlichen Erfassung der eigenen Honorare nicht so genau. So wurden Gutschriften auf Privatkonten des einen Gesellschafters (R) vereinnahmt. Ferner hatten Angestellte der GbR Honorareinnahmen in bar von Mandanten erhalten, die nicht als Betriebseinnahmen der GbR verbucht und zum Teil für Schwarzlohnzahlungen und eine sog. „Kriegskasse“ der GbR verwendet wurden. R hatte Teile dieser Beträge an sich genommen und für sich verwendet. Außerdem hatte R der GbR zustehende Honoraransprüche nicht abgerechnet, sondern mit Leistungen von Mandanten (z. B. Handwerkerleistungen und eines gastronomischen Betriebs) verrechnet, die er privat erhalten hatte, oder die Leistungen der GbR gegenüber diesen Mandanten verbilligt abgerechnet.

     

    Im Anschluss von Selbstanzeigen, einer Prüfung der Steuerfahndung und einer tatsächlichen Verständigung ergingen geänderte Bescheide. Dabei wurden nicht nur dem untreuen R Betriebseinnanhmen bzw. Gewinne zugewiesen, sondern letztlich auch dem Mitgesellschafter, obwohl dieser offenbar selbst von R geschädigt wurde. Ein Abzug von veruntreuten Geldern als Betriebsausgaben auf Ebene der GbR wurde nicht zugelassen. Nach Klageerhebung beantragte der Mitgesellschafter beim FA die AdV. Er machte geltend, die aus den Ergebnissen der Steuerfahndung resultierenden Mehrergebnisse seien ausschließlich dem R als Einkünfte zuzurechnen. Der BFH gewährte die AdV, da er ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide hat.

     

    Entscheidungsgründe

    Bei summarischer Betrachtung sei es zwar nicht ernstlich zweifelhaft, dass diejenigen nicht verbuchten Barhonorare und Scheckzahlungen, die Angestellte der GbR oder R für die GbR vereinnahmt haben, bei der GbR als Betriebseinnahmen im laufenden Gesamthandsgewinn (und nicht als Sonderbetriebseinnahmen des R) zu beurteilen sind. Es sei aber ernstlich zweifelhaft, der GbR den Betriebsausgabenabzug zu versagen, soweit R sich Beträge aus dem Gesamthandsvermögen der GbR für private Zwecke angeeignet hat.

     

    Lässt ein Gesellschafter Beträge aus dem Vermögen der Personengesellschaft, die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, auf sein privates Bankkonto überweisen und verbleiben die Zahlungen in seinem Vermögen, handele es sich um eine unberechtigte „Entnahme“ aus dem Vermögen der Gesellschaft, sofern nicht alle Gesellschafter zugestimmt haben. Diese unberechtigte „Entnahme“ führe zu einer Betriebsausgabe der Gesellschaft; ein korrespondierender (gegenläufiger) Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den ungetreuen Gesellschafter sei bei der Einnahme-Überschussrechnung nicht zu aktivieren. Da der Gesellschaft unfreiwillig Gesellschaftsvermögen entzogen wird, sei dieser Fall ebenso zu behandeln, wie wenn ein Nichtgesellschafter den entsprechenden Betrag zu Lasten der GbR veruntreut hätte. Erst wenn der Schädiger den Ersatzanspruch erfüllt, entstünden für die GbR Betriebseinnahmen, die auf sämtliche Gesellschafter nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen oder bei Auflösung der GbR als nachträgliche Einkünfte der Gesellschafter zu erfassen seien.

     

    Relevanz für die Praxis

    Bei einer Personengesellschaft, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, kommt die ‒ korrespondierende ‒ Aktivierung eines durch unberechtigte Entnahmen des ungetreuen Gesellschafters entstandenen Ersatzanspruchs also nicht in Betracht. Natürlich muss die Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden, aber der Beschluss ist gut begründet und lässt doch eine starke Tendenz erkennen. Die Vorinstanz hatte den Fall übrigens teilweise anders beurteilt und sich dabei auf ein älteres Urteil des BFH (16.10.08, IV R 98/06, BStBl II 09,272) gestützt.

     

    Der BFH befasst sich in seinem aktuellen Beschluss auch mit der Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung und hat dem geschädigten Mitgesellschafter erfreulicherweise „seine Rechte belassen.“ Im Klartext: Die tatsächliche Verständigung konnte zwar für streitig gebliebene einzelne Sachverhalte geschlossen werden und entfaltet hinsichtlich der betragsmäßigen Auswirkungen dieser einzelnen Sachverhalte auch eine Bindungswirkung. Gegenstand der tatsächlichen Verständigung konnte aber nicht die Rechtsfrage sein, ob Mittelabflüsse aus der GbR an R, die keine Sonderbetriebseinnahmen sind, Betriebsausgaben der GbR sein konnten. Auf die Formulierung des Vorbehalts in der tatsächlichen Verständigung kommt es insoweit nicht an ‒ so der BFH. Die Ausführungen des BFH sind sehr bedeutend, denn oftmals werden im Rahmen der Steuerfahndungs-Prüfung ‒ und des damit einhergehenden psychologischen Drucks ‒ Zugeständnisse gemacht, deren Tragweite erst später erkannt wird.

     

    Dies soll kein generelles Plädoyer für das „Aufschnüren“ von tatsächlichen Verständigungen sein. Wenn jedoch ‒ wie im Streitfall ‒ gar keine Bereicherung des Mitgesellschafters stattgefunden hat, sollte es im Nachgang möglich sein, eine „korrekte“ Zuordnung von Betriebseinnahmen und -ausgaben zu erreichen.

    Quelle: ID 46571371

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