· Gesetzgebung
Was dürfen Freiberufler vom „Investitionsbooster“ erwarten?

von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de
| Im Juni und im Juli 2025 haben Bundestag und Bundesrat das „Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ verabschiedet (BT-Drs. 21/323, BT-Drs. 21/629). Nachfolgend stellen wir Ihnen die beschlossenen Änderungen vor. |
1. Förderung von reinen Elektrofahrzeugen
Für die Definition der Elektrofahrzeuge wird auf die Definition in § 9 Abs. 2 KraftStG zurückgegriffen. Sie umfasst alle Fahrzeuge, unabhängig von ihrer Fahrzeugklasse und damit neben Personenkraftwagen insbesondere auch Elektronutzfahrzeuge, Lastkraftwagen und Busse.
1.1 Neue Dienstwagenregelung für reine Elektrofahrzeuge
Für Dienst- oder Firmenwagen, die auch privat genutzt werden, ist die Privatnutzung zu versteuern. Für Elektrofahrzeuge beträgt der steuerpflichtige geldwerte Vorteil bei der Pauschalmethode nur 0,25 % des Listenpreises bzw. 1 % von 1⁄4 des Listenpreises sowie bei der Fahrtenbuchmethode nur 1⁄4 der Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 3 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 Nr. 3 EStG). Diese Vergünstigung gilt bislang nur, wenn der Brutto-Listenpreis des Fahrzeugs nicht höher als 70.000 EUR ist. Diese Grenze wird auf 100.000 EUR angehoben.
Beachten Sie | Bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an einen Arbeitnehmer findet diese Regelung entsprechende Anwendung (§ 8 Abs. 2 S. 2, 3 und 5 EStG). Die Änderungen sind erstmals für Kraftfahrzeuge anzuwenden, die nach dem 30.6.25 angeschafft werden. Die Regelung gilt nur für reine Elektrofahrzeuge inklusive Brennstoffzellenfahrzeuge.
1.2 Einführung einer „Elektroauto-AfA“
Für neu angeschaffte, rein elektrische Fahrzeuge wird eine arithmetisch-degressive Abschreibung über sechs Jahre mit fallenden Staffelsätzen eingeführt. Sie gilt nur für Kfz im Betriebsvermögen und wird für Anschaffungen im Zeitraum von Juli 2025 bis Dezember 2027 befristet eingeführt.
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Jahr der Anschaffung | 75 % |
| 10 % |
| 5 % |
| 5 % |
| 3 % |
| 2 % |
PRAXISTIPP | Eine Kumulierung mit Sonderabschreibungen ist nicht zulässig. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme stünde der Systematik entgegen, die mit den festen, im Zeitverlauf fallenden Abschreibungssätzen erreicht wird. Die neue degressive Abschreibung führt zur vollständigen Abschreibung, indem diese alleinig von den ursprünglichen Anschaffungskosten vorgenommen wird und ein Wechsel des Abschreibungsregimes nicht zulässig ist. Sie wird für Anschaffungen im Zeitraum von Juli 2025 bis Dezember 2027 befristet eingeführt. Maßgeblich ist insoweit nicht das Datum des Kaufvertrags bzw. der Bestellung des Fahrzeugs, sondern der Tag, an dem die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Kfz erlangt wird, üblicherweise also der Tag der Übergabe des Fahrzeugs. |
2. Degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter
Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens war mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz für die Jahre 2020 bis 2022 zeitlich befristet eingeführt und mit dem Wachstumschancengesetz für den Zeitraum vom 1.4.24 bis 31.12.24 erneut ermöglicht worden. Mit dem Investitionssofortprogramm kommt es nun zu einer zweiten Wiedereinführung für Investitionen ab Juli 2025 bis Ende 2027 (§ 7 Abs. 2 S. 1. und. 2. EStG). Die degressive Abschreibung kann somit auch für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30.6.25 und vor dem 1.1.28 angeschafft oder hergestellt worden sind, anstelle der linearen Abschreibung in Anspruch genommen werden. Der dabei anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Dreifache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und 30 % nicht übersteigen.
PRAXISTIPP | Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.19 und vor dem 1.1.23 oder nach dem 31.3.24 und vor dem 1.1.25 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist die Anwendung von § 7 Abs. 2 EStG in der bisherigen Fassung des Gesetzes weiterhin zulässig. |
Die Regelung in § 7 Abs. 2 EStG gilt für neue oder gebrauchte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, Betriebsvorrichtungen, Scheinbestandteile). Nicht hierunter fallen immaterielle Wirtschaftsgüter und unbewegliche Wirtschaftsgüter des betrieblichen Anlagevermögens (z. B. Grund und Boden, Gebäude).
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3. Steuerliche Förderung der Forschung in Unternehmen
Die Förderung nach dem Forschungszulagengesetz (FZulG) erfolgt bisher nur in Bezug auf die dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslöhne von im Forschungs- und Entwicklungsvorhaben beschäftigten Arbeitnehmern, die Eigenleistung eines Einzelunternehmers i. H. v. 70 EUR je Arbeitsstunde bei maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche sowie anteilig (60 bzw. 70 %) in Bezug auf das Entgelt für Auftragsforschung. Seit dem Wachstumschancengesetz werden auch investive Aufwendungen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens im Rahmen der Forschungszulage berücksichtigt.
Beachten Sie | Bei der Forschungszulage werden die Bemessungsgrundlage erhöht und die förderfähigen Aufwendungen ausgeweitet. Im Einzelnen:
- Um die steuerliche Forschungsförderung weiter attraktiver auszugestalten, wird die Forschungszulage auf zusätzliche Gemein- und sonstige Betriebskosten ausgeweitet, wenn diese förderfähigen Aufwendungen im Rahmen eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens, welches nach dem 31.12.25 begonnen hat, entstanden sind. Die zeitliche Eingrenzung der zusätzlichen förderfähigen Aufwendungen ist erforderlich, um die für Steuervergünstigungen nötige Anreizwirkung sicherzustellen.
- Die Gemein- und sonstigen Betriebskosten werden ausschließlich in Form eines pauschalen Betrags i. H. v. 20 % der im Wirtschaftsjahr entstandenen förderfähigen Aufwendungen erfasst. Ein individueller Ansatz von Kosten ist nicht möglich. Die gewählte Systematik führt gleichsam jedoch dazu, dass diese Kosten nicht im Einzelnen nachgewiesen werden müssen. Dadurch wird das Verfahren nicht weiter verkompliziert und Bürokratieaufwuchs vermieden.
- Aufgrund der Systematik sind von der Gemeinkostenpauschale auch die entstandenen förderfähigen Aufwendungen im Rahmen der Auftragsforschung umfasst. Da diese ebenfalls in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der förderfähigen Gemein- und sonstigen Betriebskosten einfließen, ist eine gesonderte oder zusätzliche Erhöhung der förderfähigen Aufwendungen für Auftragsforschung entbehrlich.
- Da die Forschungszulage auf den förderfähigen Aufwand eines Wirtschaftsjahrs gewährt wird, werden für die Berechnung der pauschalen Berücksichtigung von Gemein- und Betriebskosten auch nur die förderfähigen Aufwendungen herangezogen, die innerhalb des jeweiligen Wirtschaftsjahrs entstanden sind.
Die Bemessungsgrundlage umfasst die im Wirtschaftsjahr entstandenen förderfähigen Aufwendungen und beträgt derzeit 10 Mio. EUR. Um die Ausweitung der förderfähigen Aufwendungen auf sonstige Gemein- und Betriebskosten zusätzlich zu flankieren, wird die maximale Bemessungsgrundlage für nach dem 31.12.25 entstandene förderfähige Aufwendungen auf 12 Mio. EUR angehoben. Die Anhebung der maximalen Bemessungsgrundlage in Kombination mit der Ausweitung der förderfähigen Aufwendungen steigert die Attraktivität der steuerlichen Forschungsförderung sowohl für kleine und mittlere Unternehmen als auch insbesondere für größere Unternehmen und setzt einen Anreiz, noch intensiver in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Um die Anhebung der maximalen Bemessungsgrundlage zusätzlich zu flankieren und um die Attraktivität der Forschungszulage insbesondere für Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen weiter zu steigern, wird der förderfähige Wert der geleisteten Arbeitsstunde für die Eigenleistungen auf 100 EUR angehoben. Unverändert werden maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche als förderfähiger Aufwand anerkannt. Die Anhebung des Stundensatzes auf 100 EUR je Arbeitsstunde wird auch für die Begrenzung der förderfähigen Aufwendungen im Rahmen der Tätigkeitsvereinbarung bei Mitunternehmern vorgesehen. Demnach können für die Eigenleistungen von Mitunternehmern in einem begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben die vereinbarte Tätigkeitsvergütung, höchstens jedoch 100 EUR je Arbeitsstunde bei maximal 40 Arbeitsstunden je Woche, als förderfähiger Aufwand berücksichtigt werden.
4. Neuregelung der Thesaurierungs-Besteuerung
Kapitalgesellschaften haben gegenüber Personenunternehmen den Vorteil, dass die nicht entnommenen bzw. nicht ausgeschütteten („thesaurierten“) Gewinne ermäßigt besteuert werden. Daher wurde auch für Personenunternehmen bereits mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.07 (BGBl. I S. 1912) die Möglichkeit einer Thesaurierungsbegünstigung eingeführt (§ 34a EStG). Ziel war es, Einzelunternehmer und Mitunternehmer (Personenunternehmer) mit ihren Gewinneinkünften (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit) in vergleichbarer Weise wie das Einkommen einer Kapitalgesellschaft tariflich zu belasten.
Der Anteil des Gewinns aus einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil, den der Steuerpflichtige im Wirtschaftsjahr nicht entnommen hat, soll auf Antrag nicht mehr dem (höheren) persönlichen progressiven Steuersatz des Steuerpflichtigen, sondern lediglich einem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Damit wird demjenigen Steuerpflichtigen eine Vergünstigung gewährt, der durch den Verzicht auf die private Verwendung von Gewinnen seinem Betrieb erwirtschaftetes Kapital weiterhin zur Verfügung stellt und damit die Eigenkapitalbasis seines Unternehmens nachhaltig stärkt. Außerdem werden durch diese steuerliche Vergünstigung die Investitionsmöglichkeiten verbessert, ohne dass Fremdkapital in Anspruch genommen werden muss.
Beachten Sie | Der Thesaurierungssteuersatz wird stufenweise abgesenkt. Es gilt: Sind in dem zu versteuernden Einkommen nicht entnommene Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit enthalten, ist die Einkommensteuer für diese Gewinne auf Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise mit einem Steuersatz von
- 28,25 % für Veranlagungszeiträume bis 2027,
- 27 % für die Veranlagungszeiträume 2028 und 2029,
- 26 % für die Veranlagungszeiträume 2030 und 2031 und
- 25 % für Veranlagungszeiträume ab 2032 zu berechnen.
Dies gilt nicht, soweit die Gewinne bereits anderweitig begünstigt sind, z. B. mittels des Veräußerungsfreibetrags („Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“).
5. Absenkung des Körperschaftsteuersatzes
Die Unternehmensteuerbelastung von Körperschaften bzw. Kapitalgesellschaften in Deutschland beträgt derzeit knapp 30 % (15 % KSt + 0,825 % Solidaritätszuschlag + 14 % GewSt unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Gewerbesteuer-Hebesatzes von 400 %).
Die Tarifvorschrift in § 23 Abs. 1 KStG wird dahingehend geändert, dass sich der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2027 geltende Körperschaftsteuersatz von 15 % in den Veranlagungszeiträumen ab 2028 jährlich um jeweils einen Prozentpunkt bis auf 10 % ab dem Veranlagungszeitraum 2032 verringert.
6. Hinweis zur Anhebung des Mindestlohns
Die Mindestlohnkommission hat beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn zum 1.1.26 auf 13,90 EUR und zum 1.1.27 auf 14,60 EUR brutto je Zeitstunde zu erhöhen. Hierbei handelt es sich zunächst nur um eine Empfehlung, die noch formell umgesetzt werden muss. Die Erhöhung des Mindestlohns hat auch Auswirkungen auf die Geringfügigkeitsgrenze: Diese steigt zum 1.1.26 auf 603 EUR und zum 1.1.27 auf 633 EUR. Ferner ergeben sich Auswirkungen auf den Übergangsbereich: Dieser reicht ab 1.1.26 von 603,01 EUR bis 2.000 EUR und ab 1.1.27 von 633,01 EUR bis 2.000 EUR. Da der Mindestlohn und die Minijob-Verdienstgrenze seit Oktober 2022 miteinander verbunden sind, wird sich an der maximalen Arbeitszeit im Minijob ab dem 1.1.26 nichts ändern.