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  • · Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

    Zur Abziehbarkeit von Prozesszinsen bei streitigen Pfichteilsverbindlichkeiten

    von WP StB Dipl.-Kfm. Jan-Christopher Kling LL.M. (Com.) und StB Dipl.-Kff. Pamela Vogel, Kaiserslautern, www.jckling.de 

    Prozesszinsen im Zusammenhang mit streitigen Pflichtteilsverbindlichkeiten sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abziehbar, soweit sich nicht aus den Absätzen 6 bis 9 etwas anderes ergibt (FG Rheinland-Pfalz 16.5.13, 4 K 2215/11, rkr.).

     

    Sachverhalt

    Geklagt hatte ein freiberuflich tätiger Anwalt als Alleinerbe, der einem Pflichtteilsberechtigten einen Pflichtteilsbetrag nebst Zinsen i.H. von 5 % über dem Basiszinssatz zahlen musste, nachdem der Pflichtteilsberechtigte zunächst einen höheren Pflichtteil eingeklagt hatte, als ihm das Oberlandesgericht im 
Zivilprozess zugesprochen hatte.

     

    Der Kläger vertrat die Auffassung, dass diese Prozesszinsen zwangsläufig kraft Gesetzes entstanden seien, da in dem Verfahren über die Höhe einer Forderung gestritten wurde, ohne dass ihm als Alleinerben und Schuldner des Pflichtteilsbetrages der Beweis eines geringeren Schadens offenstünde. Daneben würden unstrittig auch Prozesskosten eines Pflichtteilsverfahrens, also Kosten für Rechtsanwälte, Gerichtskosten und die im Laufe eines Verfahrens weiter anfallenden Aufwendungen für Zeugen und Sachverständige als unmittelbar mit der Abwicklung bzw. Regelung und Verteilung des Nachlasses anfallende Kosten behandelt. Bei der Erbschaftsteuererklärung machte der Alleinerbe diese an den Pflichtteilsberechtigten gezahlten Zinsen als Nachlassverbindlichkeit geltend. Das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt folgt dieser Auffassung nicht.

     

    Das beklagte Finanzamt war der Meinung, dass es bei den Prozesszinsen darum gehe, eine beim Alleinerben nach dem Erbfall eingetretene Bereicherung abzuschöpfen bzw. dem Alleinerben den Anreiz zu nehmen, sich durch Unterlassen der fälligen Zahlung eines Pflichtteils beim Pflichtteilsberechtigten einen „Zwangskredit“ zu nehmen. Abziehbar seien lediglich Kosten (auch Prozesskosten), die einem Erben entstünden, um den Erwerb an sich zu ziehen und zu sichern. Soweit der Erbe Zinsen an einen Pflichtteilsberechtigten leisten müsse, stünden diese Zahlungen nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs, sondern unmittelbar im Zusammenhang mit der Nichterlangung des Erwerbs.

     

    An einen Pflichtteilsberechtigten zu zahlende Zinsen seien keine Kosten i.S. von § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG, da sie ein Entgelt für den entgangenen Zinsvorteil des Pflichtteilsberechtigten für die Zeit darstellen würden, bis ihm das erstrittene Vermögen zugänglich gemacht worden sei. Vor Auszahlung an den Pflichtteilsberechtigten hätte der Erbe diesen Zinsvorteil inne und sei damit in Höhe der Zinsen für den herauszugebenden Betrag ungerechtfertigt bereichert. Die Zahlung an den Pflichtteilsberechtigten gleiche lediglich diese Bereicherung aus. Das Finanzgericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat zugunsten des Klägers entschieden.

     

    Anmerkungen

    Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses entstehen, sind als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar. Hiernach zählen nach aktueller Rechtsprechung des FG Rheinland-Pfalz auch die Prozesszinsen, die ein Erbe an den Pflichtteilsberechtigten zahlen muss, zu den gerichtlichen Nachlassregulierungskosten.

     

    PRAXISHINWEIS | Nach Ansicht der Finanzrichter ist der Begriff „Kosten der Regelung des Nachlasses“ weit auszulegen. Er umfasst auch die Aufwendungen für die gerichtliche Nachlassregulierung.

     

    Diese Kosten sind dem Erben im unmittelbaren Zusammenhang mit dem vor dem Zivilgericht geführten Prozess über die Höhe des Zahlungsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten entstanden, weil der Erbe nach Gerichtsurteil den Pflichtteilsbetrag, zu dessen Zahlung er verurteilt wurde, verzinsen musste. Von daher sind die Prozesszinsen bei der Nachlassregulierung angefallen, da der Erbe seinen Erwerb dadurch sichern wollte, indem er den letztlich vom Zivilgericht nicht im gleichen Umfang geteilten Rechtsstandpunkt vertrat, der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch sei überhöht gewesen.

     

    Am Charakter der Nachlassregelungskosten vermag die Rechtsnatur der Prozesszinsen nach Auffassung des Finanzgerichts nichts zu ändern. Schulden und Lasten sind zwar soweit sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Erbschaftsbesteuerung unterliegen, nicht als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar, Prozesszinsen könnten aber nicht dem erbschaftsteuerbefreiten Bereich in Form des Ausgleichs einer nach dem Erbfall eingetretenen ungerechtfertigten Bereicherung nach Vorgaben des Zivilrechts zugeordnet werden.

     

    Praxishinweis

    Die Prozesszinsen stellen nach dem aktuellen Urteil demnach gerade kein Entgelt für die ungerechtfertigte Bereicherung des Zahlungspflichtigen dar. Vielmehr kommt den Prozesszinsen als Verzugszinsen die Aufgabe zu, einen gesetzlich festgelegten Mindestschaden beim Gläubiger auszugleichen, sodass dem Schuldner der Beweis abgeschnitten wird, dass kein oder ein geringerer Schaden entstanden ist. In welchem Umfang der Schuldner durch die verspätete Zahlung ungerechtfertigt bereichert ist, ist für die Frage der Höhe der Prozesszinsen demgemäß ohne Bedeutung.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 262 | ID 42240216

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