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  • · Nachricht · Einnahmen-Überschussrechnung

    Zufluss von Betriebseinnahmen beim nicht beherrschenden GmbH-Gesellschafter

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    | Honorare, die ein Architekt seiner eigenen GmbH in Rechnung stellt, fließen ihm bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit zu, wenn er die GmbH beherrscht, also zu mehr als 50 % an ihr beteiligt ist. Das FG Rheinland-Pfalz (11.5.22, 2 K 1811/17, Rev. BFH VIII R 16/23) hat dies auch im Fall eines nicht beherrschenden Gesellschafters bejaht, weil der Mehrheits- und der Minderheitsgesellschafter bei der Rechnungstellung zusammengewirkt haben, so dass gleichgerichtete Interessen unterstellt werden können. |

    Sachverhalt

    Fälle, in denen Honorare um den Jahreswechsel in Rechnung gestellt werden, sind in der Praxis häufig anzutreffen. Oft wird bewusst gestaltet, damit der Auftraggeber den Betriebsausgabenauszug noch im Vorjahr geltend machen kann, während der Auftragnehmer, also der Leistende, den jeweiligen Betrag erst im neuen Jahr versteuern soll. Wahrscheinlich war dies auch die Intention in dem Fall, der dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz zugrunde lag.

     

    • Sachverhalt

    A, der Kläger, erzielte in den Streitjahren mit dem Betrieb eines Ingenieurbüros Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Die Gewinnermittlung erfolgte durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. A war zudem neben B Gesellschafter einer Architekten- und Ingenieurgesellschaft mbH. A hielt 49 % der Geschäftsanteile, B 51 %. Jeweils kurz vor Jahresende stellten A und B der GmbH Rechnungen über erbrachte Leistungen (mit Umsatzsteuer-Ausweis), die von der GmbH jeweils erst im Folgejahr beglichen wurden. Die GmbH war rund um den jeweiligen Jahreswechsel nur eingeschränkt liquide, die tatsächlichen Zahlungen an die Gesellschafter erfolgten daher immer erst, nachdem die GmbH die Leistungen ihrerseits an die Kunden weiterberechnet und vereinnahmt hatte.

     

    Die GmbH verbuchte die Leistungen der Gesellschafter bereits im Jahr der jeweiligen Rechnungsstellung als Aufwand erfasst und wies in den Bilanzen entsprechende Verbindlichkeiten aus. A berücksichtigte die Erträge dagegen jeweils erst im Zeitpunkt der Zahlung. Das FA und auch das FG waren der Ansicht, dass die in Rechnung gestellten Beträge bei A nicht etwa im Jahr der Zahlung, sondern bereits mit Fälligkeit im Jahr der Rechnungsstellung gewinnerhöhend zu erfassen seien. Der Zufluss sei in Höhe des Bruttobetrags der Forderung zu fingieren.

     

    Entscheidung

    Dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter fließt eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen „seine“ Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Denn ein alleiniger bzw. beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet.

     

    Im Streitfall hielt der Kläger zwar lediglich 49 % der Gesellschaftsanteile an der GmbH und war damit unstreitig nicht beherrschender Gesellschafter kraft Stimmrechtsmehrheit. Jedoch lagen nach Auffassung des Gerichts gleichgerichtete Interessen des Klägers und des Mitgesellschafters B vor, die eine Behandlung des Klägers als einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt rechtfertigen. Denn auch B hat in den Streitjahren kurz vor Jahresende Rechnungen über erbrachte Leistungen an die GmbH gestellt. Bei beiden Gesellschaftern besteht damit ein übereinstimmendes Interesse an der Bestimmung des Auszahlungszeitpunkts der in Rechnung gestellten Beträge, wobei der Kläger im Zusammenwirken mit dem Mitgesellschafter B die Auszahlung - jedenfalls bei entsprechender Liquidität der Gesellschaft - auch jederzeit hätte herbeiführen können.

     

    Der Zufluss bereits mit Fälligkeit (Jahr der Rechnungsstellung) ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Zahlungsunfähigkeit der GmbH zu verneinen. Grundsätzlich gilt: Ein Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter ist trotz Fälligkeit der Forderung nicht anzunehmen, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig ist. Und dem Kläger ist durchaus zuzugeben, dass die GmbH im Zeitpunkt der Fälligkeit bei Rechnungsstellung im Dezember des jeweiligen Jahres nicht über ausreichend liquide Mittel verfügte, um die Ansprüche des Klägers zu erfüllen. Es handelte sich insoweit jedoch lediglich um vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft. Denn nach Zahlung der von der GmbH zeitnah (gebündelt) an die Auftraggeber weiterberechneten Leistungen verfügte die Gesellschaft jeweils über die erforderlichen Mittel, um die Ansprüche des Klägers durch Zahlung zu befriedigen. Dass dies im Streitfall jeweils erst im Folgejahr der Fall war, führt nicht zu Annahme einer generellen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, die eine Ausnahme von der Zuflussfiktion rechtfertigen würde.

     

    Es ist nicht zu beanstanden, dass das FA von einem Zufluss beim Kläger in Höhe der Brutto-Rechnungsbeträge ausgegangen ist. Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG handelt es sich bei Umsatzsteuerbeträgen, die der Unternehmer einem Dritten in Rechnung stellt und von diesem erhält, um in die Gewinnermittlung einzubeziehende Betriebseinnahmen. Entsprechend wird die vom Kläger in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer von der Zuflussfiktion erfasst.

    Relevanz für die Praxis

    Bemerkenswert ist, dass das FG gleichgerichtete Interessen von Mehrheits- und Minderheitsgesellschafter bloß aufgrund der gleichzeitigen Rechnungstellung angenommen hat. Diese Begründung könnte für sich genommen wenig tragfähig sein. Vielmehr müsste m.E. schon geprüft werden, ob die Gesellschafter dauerhaft gleichgerichtete Interessen verfolgt haben, also auch im täglichen Geschäftsleben. Bemerkenswert ist zudem, dass der Aspekt der mangelnden Liquidität zum Jahreswechsel mit dem Hinweis abgetan wurde, dies sei ja nur immer kurzzeitig der Fall gewesen. Auch eine kurzfristige Zahlungsunfähigkeit bleibt eine Zahlungsunfähigkeit. Auch hier ist die Begründung des FG ‒ für sich genommen ‒ m.E. nur bedingt nachvollziehbar. Daher wird es spannend sein, wie der BFH den Fall betrachten wird.

     

    Beachten Sie | Die Revision ist übrigens offenbar erst über den Umweg der Nichtzulassungsbeschwerde erreicht worden. Natürlich kann daraus nicht gefolgert werden, dass der BFH das Urteil der Vorinstanz „kippen“ wird, doch immerhin lässt es erahnen, dass der BFH der Problematik einen gewissen Stellenwert beimisst.

     

    Um die Frage des Zeitpunkts der Versteuerung geht es auch in einer anderen Revisionsentscheidung des BFH (V R 12/22), hier allerdings im Bereich der Umsatzsteuer. Hier hatte das FA einem Ist-Versteuerer (selbstständiger Designer) die Umsätze des Vorjahres erhöht, weil die Wertstellung noch im Vorjahr gelegen hatte. Das FG Berlin-Brandenburg (17.5.22, 5 K 5133/21) hatte diesbezüglich entschieden, dass es für die Versteuerung auf den Buchungstag und nicht auf den Wertstellungstag bei der Bank ankommt. Der BFH kam in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass bei Überweisungen eine Vereinnahmung des Entgelts i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG auch dann erst im Zeitpunkts der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers vorliegt, wenn die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird.

     

    Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten entsteht die Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Bei Überweisungen auf ein Bankkonto des leistenden Unternehmers vereinnahmt dieser das Entgelt oder Teilentgelt nicht im Zeitpunkt der Gutschrift (Datum der Wertstellung) auf dem Konto, sondern im Zeitpunkt der Buchung auf dem Konto des Empfängers, da vor diesem Zeitpunkt rein buchungstechnisch das Geld auf dem Konto noch nicht ersichtlich zugeflossen und zumindest faktisch damit nicht verfügbar ist. Aus § 675t Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich nichts anderes. Danach ist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zwar verpflichtet, diesem den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen, nachdem der Betrag auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangen ist. Doch die Vorschrift regelt schon ihrem Wortlaut nach lediglich eine Verpflichtung der Bank, die indes an der tatsächlichen Verfügungsmacht für den Zahlungsempfänger nichts zu ändern vermag. Wenn beispielsweise die Bank im Einzelfall der Verpflichtung nicht nachkommt und erst 14 Tage später eine Gutschrift veranlasst, kann die bloße Verpflichtung der Bank zu einer unverzüglichen Gutschrift nichts an der fehlenden tatsächlichen Verfügungsmacht ändern. Dann aber kann auch nichts Anderes gelten, wenn die Bank - wie hier - zwei bis drei Tage benötigt, um die Buchung abzuwickeln. In jedem Fall steht dem Steuerpflichtigen das Geld erst bei Ausführung der Buchung auf seinem Konto zur Verfügung. Dies bedeutet, dass der Kläger erst am 2.1.20 und damit nicht mehr im Streitzeitraum über den gutgeschriebenen Betrag verfügen konnte.

    Quelle: ID 49771493

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