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Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften ist zu Buchwerten möglich
Bei der unentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften können die Buchwerte fortgeführt werden, da § 6 Abs. 5 S. 1 EStG entsprechend angewendet werden kann. (FG Niedersachsen 31.5.12, 1 K 271/10; Rev. BFH IV R 28/12). |
Entnahme aus der einen Personengesellschaft
Werden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft unentgeltlich in das Betriebsvermögen einer anderen Personengesellschaft übertragen, an der die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft ebenfalls beteiligt sind, so geht dieser Übertragung eine Entnahme (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG) voraus. Die Entnahme ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S.1 EStG mit dem Teilwert des entnommenen Wirtschaftsguts anzusetzen. Dadurch kann ein steuerpflichtiger Gewinn entstehen, wenn nicht der Buchwert anzusetzen ist.
Abweichende Beurteilung des I. und des IV. Senates
Für den Buchwert spricht eine entsprechende (nicht eine direkte) Anwendung von § 6 Abs. 5 S. 1 EStG. Hierzu hat der 4. Senat des BFH (15.4.10, IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 10, 971) ausgeführt, zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz sei § 6 Abs. 5 EStG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf Übertragungen zwischen Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften zu erstrecken. Zwar vertritt der 1. Senat des BFH (25.11.09, I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 10, 471) die Auffassung, eine Buchwertübertragung könne bei der vorliegenden Gestaltung nicht auf eine Auslegung, sondern nur auf eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG gestützt werden. Ein Analogieschluss sei aber mangels planwidriger Unvollständigkeit des Gesetzes nicht möglich, denn ausweislich des Gesetzgebungsverfahrens (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, 7. Ausschuss, BT-Drs. 14/7343, S. 3) sei ein Antrag auf Aufnahme der Übertragung zwischen Schwestergesellschaften in den Katalog des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG abgelehnt worden (so auch z.B. Ehmke in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 6 EStG Rn. 1347).
FG Niedersachsen folgt dem IV. Senat
Dem folgt das FG Niedersachsen jedoch nicht, denn aus dem Gesetzestext ergibt sich jedenfalls nicht, dass gerade eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Insbesondere ist in § 5 Abs. 6 EStG keine Regelung aufgenommen, die einen Buchwerttransfer zwischen Schwestergesellschaften ausdrücklich ausschließt (vgl. Wittwer, DStR 10, 1072). Warum der Vorschlag im Gesetzestext, auch eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften zuzulassen, keinen Eingang in den Gesetzestext gefunden hat, wurde nicht begründet (vgl. Kanzler, FR 2010, 761). Wenn sich dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG aber eine gesetzgeberische Absicht dahingehend, dass bei Übertragungen zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften nicht möglich sein soll, nicht entnehmen lässt, steht dieser einer verfassungskonformen Auslegung auch nicht entgegen (vgl. Kanzler, FR 2010, 761 und Wittwer, DStR 2010, 1072). Die vom 4. Senat des BFH (15.4.10, IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971) vorgenommene Auslegung des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG ist dann nicht zu beanstanden. Lässt eine Norm mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führen, so ist die Norm verfassungsmäßig und muss verfassungskonform ausgelegt werden (vgl. BVerfG 9.8.78, 2 BvR 831/76, BVerfGE 49, 148, 157 und BFH 27.6.96, IV R 4/84, BFHE 181, 31).
Keine direkte Anwendung von § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG
Ley (Der Wirtschaftstransfer zwischen Schwesterpersonengesellschaften - eine abgekürzte Aus- und Einbringung, DStR 11, 1208) geht von einem zweistufigen Vorgang aus, bei dem zunächst eine Ausbringung aus dem Gesamthandsvermögen der Ursprungsgesellschaft in das jeweilige Vermögen der Mitunternehmer und anschließend eine Einbringung in das Gesamthandsvermögen der übernehmenden Gesellschaft erfolgt, wobei jeder Vorgang isoliert nach § 6 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG zu Buchwerten erfolgen könne. Dem mochte sich das FG Niedersachsen nicht anschließen.