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Sonderausgabenabzug für ein Studium als Rentner?
| Wer im Rentenalter ein Studium aufnimmt, tut dies üblicherweise nicht, um eine neue Einkünftequelle zu erschließen. Vielmehr dient das Studium privaten Neigungen. Eindeutig ist, dass mangels Absicht zur Einkünfteerzielung kein Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben in Betracht kommt, selbst wenn es sich um ein Zweitstudium handelt. Aber sind die Aufwendungen wenigstens als Sonderausgaben, das heißt als Ausbildungskosten, nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG absetzbar? |
Ein FG-Urteil aus 2017 als Richtschnur?
2017 hatte das FG Schleswig-Holstein (16.5.17, 4 K 41/16) entschieden, dass Aufwendungen für ein Studium nach Eintritt in den Ruhestand weder als ‒ vorweggenommene ‒ Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten noch als Sonderausgaben steuerlich absetzbar sind. Denn dies sei nur dann der Fall, wenn im konkreten Einzelfall ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang besteht. Es ging in diesem Fall um einen Arzt, der nach Eintritt in den Ruhestand ein Universitätsstudium der Theaterwissenschaften begonnen hatte. Das FG erkannte hier die Kosten aber weder als vorweggenommene Betriebsausgaben oder Werbungskosten noch als Sonderausgaben an, denn es fehlte ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang mit einer künftigen Erwerbssphäre abzulehnen. Dabei stellte das Gericht u. a. auf die erheblichen privaten Interessen des Klägers und dessen Neigung zum Fach der Theaterwissenschaften ab, ebenso auf die nur vagen Aussagen zur angestrebten Tätigkeit, auf die seit Jahren bestehende Affinität des Arztes und seiner Ehefrau zum Studienort und dessen kulturellem (Theater-)Angebot, auf die nicht unerhebliche Dauer des Studiums, die ihm frühestens mit 75 Jahren eine erste berufliche Tätigkeit erlauben würde und auf die gute wirtschaftliche Situation, aufgrund derer eher von einer privaten Veranlassung auszugehen sei.
Das BVerfG zu den Kosten einer Erstausbildung
Ob das Urteil des FG Schleswig-Holstein heute noch Bestand hätte, ist anzuzweifeln ‒ vor allem, wenn man den Beschluss des BVerfG (19.11.19, 2 BvL 22-27/14) zum Abzug von Kosten einer Erstausbildung liest, der zeitlich nach dem FG-Urteil ergangen ist. Danach sollen die Kosten eines Erststudiums den Sonderausgaben und nicht den Werbungskosten zugeordnet werden. Der Sonderausgabenabzug von Kosten eines Erststudiums ist nämlich ‒ anstelle des Werbungskostenabzugs ‒ gerade deshalb eröffnet, weil der Gesetzgeber diese Aufwendungen als wesentlich privat (mit-)veranlasst qualifiziert. Das heißt: Der Gesetzgeber ordnet Kosten eines Erststudiums typisierend den Sonderausgaben zu, gerade weil der erwerbsbezogene Veranlassungszusammenhang nicht hinreichend deutlich ist. Dasselbe müsste dann auch für die Studienkosten des Rentners gelten.
PRAXISTIPP | Eine Ausnahme besteht bei der Weiterbildung von praktisch nicht mehr tätigen Ärzten auf den Gebieten der Notfallmedizin, der Strahlenmedizin und der Katastrophenmedizin. Derartige Aufwendungen werden zumindest als Sonderausgaben anerkannt. Werden (voraussichtlich) Einnahmen erzielt, kommt auch eine Berücksichtigung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten in Betracht (BMF 9.2.83, IV B 4-S 2246-5/83, DStR 83, 200). |