· Nachricht · Betriebsausgabenabzug
Zur Kostenaufteilung für Räume, die teilweise zu Wohnzwecken und teilweise betrieblich genutzt werden
| Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des großen Senats BFH (21.9.09, GrS 1/06, BStBl II 10, 672) kommt eine Aufteilung nur dann in Betracht, wenn ein geeigneter Schätzungsmaßstab vorliegt. Greifen die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge dagegen so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, dann kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht (FG Münster 26.4.13, 14 K 3871/11 G,F). |
Der Kläger, ein Handelsvertreter für Finanzdienstleistungen wollte rund 50 % der Kosten für seine Privatwohnung (Wohnzimmer, Esszimmer, Küche, Diele und Bad) als Betriebsausgaben geltend machen, weil dort tagsüber seine Mitarbeiterinnen arbeiten würden. Er selbst sei in dieser Zeit bei Kunden außer Haus. Im Laufe des Verfahrens stellte sich dann heraus, dass eine Mitarbeiterin seine Lebensgefährtin war, dass eine andere Mitarbeiterin heimarbeitsberechtigt war und der Kläger gar nicht mehr genau wusste, welche Mitarbeiterin er wann beschäftigt hatte. Davon dass auch er selbst Heimarbeitszeiten hatte, erfuhr das Gericht in Zeugenvernehmungen der Mitarbeiterinnen.
Das FG setzte sich sehr ausführlich mit dem Fall auseinander und prüfte sowohl die Voraussetzungen für den Betriebsausgabeabzug für eine häusliche Betriebsstätte als auch die Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Dabei setzte es sich auch mit der Aufteilbarkeit gemischt veranlasster Kosten auseinander:
- Der Große Senat des BFH hat (in Bezug auf Reisekosten) entschieden, dass die Vorschrift des § 12 Nr. 1 S. 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegenstehe. § 12 Nr. 1 S. 2 EStG normiere danach kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Bestünden keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil von Aufwendungen beruflich veranlasst sei, bereite seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen. Würden jedoch die - für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden - beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander greifen, dass eine Trennung nicht möglich sei, fehle es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so komme ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht.
- Welche Konsequenzen sich aus dem Beschluss des Großen Senats im Hinblick auf die Abziehbarkeit der Kosten für häusliche Arbeitszimmer bzw. der Kosten für sonstige in die häusliche Sphäre eingegliederte, auch betrieblich genutzte Räume ergeben, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wird an dem Aufteilungs- und Abzugsverbot weitgehend festgehalten, wenngleich mit unterschiedlichen Begründungen. Während einige Finanzgerichte eine Aufteilung der Raumkosten bei gemischter Nutzung generell ablehnen mit dem Argument, dass Wohnraumkosten nach dem subjektiven Nettoprinzip schon über die steuerliche Freistellung des Existenzminimums steuerlich berücksichtigt würden und ansonsten eine steuerliche Doppelberücksichtigung eintreten könnte (so z.B. FG Baden-Württemberg 2.2.11, 7 K 2005/08, EFG 11, 1055, rkr.; widersprechend FG Köln 19.5.11, 10 K 4126/09, EFG 11, 1410, Rev. BFH X R 32/11), lassen andere Finanzgerichte die Abzugsfähigkeit zumindest daran scheitern, dass bei einer gemischten Nutzung einer Fläche kein geeigneter Aufteilungsmaßstab zur Verfügung stehe (so z.B. FG Hamburg 8.6.11, 6 K 121/10, EFG 11, 2131, rkr).
In diesem Fall scheiterte die vom Kläger begehrte Berücksichtigung anteiliger Raumkosten als Betriebsausgaben - und zwar im Hinblick auf alle Räumlichkeiten (Wohnzimmer, Esszimmer, Küche, Flur, Bad) und im Hinblick auf den gesamten Streitzeitraum - (zudem) daran, dass die Räumlichkeiten nicht nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wurden:
- Dabei konnte es dahinstehen, ob die Kosten für Räume, die zur häuslichen Sphäre gehören und sowohl privat als auch betrieblich/beruflich genutzt werden, auch nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH noch generell dem Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG unterliegen. Denn nach den Grundsätzen der vorgenannten Entscheidung kommt eine Aufteilung ohnehin nur dann in Betracht, wenn ein geeigneter Schätzungsmaßstab vorliegt. Greifen die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge dagegen so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, dann kommt ein Abzug der Aufwendungen auch nach der Rechtsprechung des Großen Senats insgesamt nicht in Betracht.
- In Bezug auf den Streitfall ist zunächst festzuhalten, dass keiner der Räume nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird. Dies gilt auch für das Wohnzimmer. Zwar mag der Bereich, auf dem die Schreibtischecke steht, überwiegend von den Arbeitnehmerinnen genutzt werden. Jedoch wird daran, dass sich in dem Raum auch eine Couchgarnitur und ein Fernseher befindet, deutlich, dass der restliche Teil des Raumes auch dem privaten Wohnbedürfnis des Klägers wie z.B. der Entspannung dient bzw. auch für private Zwecke wie z.B. dem Empfang von Gästen bereit gehalten wird. Eine Aufteilung allein nach Quadratmetern ist daher nur insoweit möglich, wie es darum geht, die ausschließlich privat genutzten Wohnflächen (Schlafzimmer) von den gemischt genutzten Wohnflächen abzugrenzen. Bereits dies ist - jedenfalls bislang - allerdings nicht möglich, da der Kläger keine Angaben zu der Größe der einzelnen Räume gemacht hat.
- Hinsichtlich der gemischt genutzten Wohnflächen wäre sodann im zweiten Schritt eine Aufteilung nach zeitlichen Komponenten vorzunehmen, wobei grundsätzlich jeder Raum einzeln zu betrachten ist. Es fehlt jedoch sowohl in Bezug auf Küche, Flur und Badezimmer als auch in Bezug auf das Wohn- und Esszimmer an hinreichenden Anhaltspunkten, die eine Aufteilung nach zeitlichen Komponenten zulassen würden. Ein klar erkennbarer, nachvollziehbarer Maßstab ist auch nach Vernehmung der Arbeitnehmerinnen als Zeuginnen nicht erkennbar. Weder hat der Kläger Aufzeichnungen über die Nutzung geführt noch war er in der Lage, im Nachhinein verlässliche Angaben zu den Verhältnissen des Streitjahres zu machen. Vielmehr ist sein Vortrag in hohem Maße ungenau und darüber hinaus - zumindest in einigen Punkten - sogar falsch.