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    5. IWW-Kongress „Praxis Ärzteberatung“: Aktuelles in der Ärzteberatung rund um die „BAG“ - Streiflichter

    von Dipl. Volkswirt Katja Nies, Sachverständigensozietät Dr. D.Nies und K.Nies

    | Ein „Rund-um-Sorglos-Paket“ für ihre Mandanten konnte den knapp 300 Teilnehmern des diesjährigen 5.IWW-Kongress „Praxis-Ärzteberatung“ selbstverständlich nicht an die Hand gegeben werden - wie aber auch schon in den Vorjahren wiesen die hochkarätigen Referenten nicht nur auf alte und neue Problemfelder hin, sondern gaben auch dezidierte Tipps und Handlungsempfehlungen. Im Mittelpunkt standen die „BAG´s“ (Berufsausübungsgemeinschaften) in ihren verschiedenen Ausprägungen und den damit verbundenen Chancen und Risiken. |

     

    Bei aller „Euphorie“ über die mittlerweile vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten zwischen Ärzten wird oft übersehen, dass die „Scheidungsraten“ mit allen ihren negativen Konsequenzen bei den BAG´s bedauerlicherweise ähnlich hoch liegen wie bei den privaten Ehen. Die Gründe für das Scheitern von Kooperationen können in den Personen selbst begründet liegen (z.B. großer Altersunterschied, unterschiedliche Auffassung der Berufsausübung, Neid und Komplexe) oder aber zu den klassischen Streitfällen gehören, die normalerweise im Vorfeld bei einer geschickten Vertragsgestaltung, vermieden bzw. minimiert werden können, wie z.B.: Patientenverteilung, Gewinn- und Kostenverteilung, Urlaub, Investitionen, Einstellung von Personal.

    Ausscheiden eines Arztes - Tipps für eine vorausschauende Vertragsgestaltung

    Neben einer möglicht genauen Ausarbeitung der eben angesprochenen Punkte beinhaltet eine vorausschauende Vertragsgestaltung auch Regelungen für das Ausscheiden eines oder mehrer Ärzte. Ein Ausscheiden kann entweder durch eine Kündigung (eigene Austrittskündigung, aber auch Hinauskündigung bzw. Ausschluss) oder durch den Eintritt bestimmter Bedingungen erfolgen (z.B. Tod, Berufsunfähigkeit, Gesellschafterinsolvenz…).

     

    Insolvenz: Es ist zu empfehlen, insbesondere die Konsequenzen aus einer möglichen Insolvenz eines der BAG- Mitglieder vertraglich zu regeln. Wird dieses unterlassen, kommt automatisch § 728 Abs. 2 BGB zum Zuge: “Die Gesellschaft wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst“; d.h. die Fortsetzung wäre nur mit der ausdrücklichen Genehmigung des Insolvenzverwalters möglich.

     

    Vertragsarztzulassung: Von großem Interesse im Zusammenhang mit dem potentiellen Ausscheiden eines Partners ist auch die Frage, inwieweit es möglich ist, eine Vertragsarztzulassung rechtssicher an eine Praxis zu binden. Obwohl die Vertragsarztzulassung ein höchstpersönliches öffentliches Recht darstellt, sind vertragliche Vereinbarungen zur Nachbesetzung nicht generell unzulässig - es bleibt jedoch eine Wertung im Einzelfall maßgeblich! (siehe hierzu: BGH, Urt. v. 22.07.2002 - II ZR 90/01; II ZR 265/00 oder auch „Wetrecht/Treptow“, MedR 2009, 701 ff.

     

    Steuerklausel: Unabhängig davon, ob bei der Auseinandersetzung der BAG eine Realteilung oder eine Abfindung z.B. in „Sachwertenr“ erfolgt, sollte im Hinblick auf eine mögliche dreijährige „Sperrfrist“ (falls bei der Übertragung der Wirtschaftsgüter die stillen Reserven nicht aufgedeckt werden) eine „Steuerklausel“ in den BAG-Vertrag aufgenommen werden. Hier sollte festgehalten werden, dass der Vertragspartner, der gegen die Fristen gleich aus welchem Grund verstößt, die steuerlichen Folgen zu verantworten und den / dem anderen Vertragspartner den durch den Verstoß entstandenen Vermögensschaden (incl. eventuell anfallender Zinsen) vollumfänglich zu ersetzen hat.

    Höhe des RLV-Zuschlages für BAG´s ab Juli 2011 (III.Quartal)

    Es wurde noch einmal deutlich vor Augen geführt, dass zwischen drei Fällen zu unterscheiden ist:

     

    • Fach- und schwerpunktgleiche BAG mit einem Praxisstandort: es bleibt wie bisher beim 10 %igen Zuschlag zum RLV.
    • Überörtliche fach- und schwerpunktgleiche BAG: der bisherige 10 %-ige Zuschlag wird nur gewährt, wenn der „Kooperationsgrad“ mindestens 10% erreicht.
    • Fach- und schwerpunktübergreifende BAG: hier ist nicht mehr die Anzahl der Fachgruppen, sondern einzig der „Kooperationsgrad“ für die Höhe des RLV-Zuschlags entscheidend (die Höhe des Zuschlags kann zwischen 0 % bis 40 % variieren).

    Berechnung des Kooperationsgrades

    (Summe der Arztfälle im Vorjahresquartal geteilt durch die Summe der Behandlungsfälle im Vorjahresquartal) - 1) x 100.

     

    Behandlungsfälle: umfasst die Behandlung desselben Versicherten durch dieselbe Arztpraxis (BAG) in einem Kalendervierteljahr zulasten derselben Krankenkasse.

     

    Arztfälle: Die Inanspruchnahme mehrerer Ärzte einer BAG durch einen Patienten löst mehrere Arztfälle aus - es bleibt aber bei einem Behandlungsfall.

     

    • Beispielrechnung:

    Fachgleiche üBAG Dr.A und Dr. B / Quartal III/2010:

     
     Praxis Dr. A
     üBAG Dr. A / Dr. B
    Praxis Dr. B

    Behandlungsfälle

     

     3.000

     

     Arztfälle

     1.800

     

     1.500

     Koop.-Grad III / 2010

     

     (3.300:3.000)-1) x 100 = 10 %

     

     

     

    Das bedeutet, dass diese üBAG im Quartal III/2011 auch weiterhin ihren 10%-igen Zuschlag zum RLV erhalten würde.

     

     

    • Grundmodelle einer üBAG (überörtlichen BAG)

    „Minimal-üBAG“
    „Verschmelzungs-üBAG

    Gewinn

    Profitcenter

    Gemeinsamer „Gewinntopf“

    Vermögen

    Sonderbetriebsvermögen

    Gesamthandsvermögen

    Organisation Weitgehende Selbstbestimmung der einzelnen Standorte

    Zentrale Verwaltung

     

     

    Quelle: Sozietät Laufenberg Dr. Michels, Köln

     

    Viele Vorteile, die eine üBAG bietet und die beim letztjährigen IWW-Kongress ausführlich dargelegt wurden, können bereits mit einer pragmatisch gründ- und auflösbaren „Minimal-üBAG“ erreicht werden. Je weiter von dieser „Grundlösung“ abgewichen wird, desto größer wird der Beratungsbedarf.

     

    Anders als bei den Teilberufsausübungsgemeinschaften gibt es weder im Berufsrecht noch im Vertragsarztrecht Einschränkungen, die den Zusammenschluss von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen zu einer üBAG reglementieren. Es können dementsprechend Ärzte aus dem primärärztlichen Bereich mit Ärzten aus den Bereichen der Laboratoriumsmedizin, Pathologie, Radiologie oder Nuklearmedizin eine üBAG gründen. Hier muss aber zwingend das Strafrecht mit ins Kalkül gezogen werden, denn „Vorteilsgewährungen“ zur Lenkung von Patientenströmen sind nicht statthaft. Es ist davon auszugehen, das in Zukunft alle Kooperationsmodelle im Hinblick auf die §§ 263, 266 StGB einer näheren Überprüfung unterzogen werden.

    „Due diligence“ der Arztpraxis

    Je vielfältiger auf der einen Seite die sich bietenden Kooperationsmöglichkeiten sind, und je größer und komplizierter auf der anderen Seite die einzelnen Zusammenschlüsse werden, desto dringlicher werden dezidierte Prüfungen und Bewertungen, sobald z.B. Anteile verkauft werden sollen oder eine weitere Einzelpraxis integriert werden soll. Die Chancen und Risiken müssen aufgedeckt und klar benannt werden. Dies betrifft u.a. die Bereiche (jeweils mit einem exemplarischen Beispiel): Gesellschaftsrecht (Haftung für Verbindlichkeiten?), Vertragsarztrecht (Arztstelle nachbesetzbar?), Berufsrecht (unzulässige Kooperationsverträge?), Arbeitsrecht (Beschäftigung von Familienangehörigen?), Mietrecht (Laufzeit des Mietvertrages, Verlängerungsoptionen?), Steuerrecht (steuerliche Haftung) usw.

     

    Die meisten dieser Fragen und Problemfelder werden explizit in den Bewertungsgutachten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen aufgeführt, denn ohne eine Berücksichtigung bzw. ohne eine „due diligence“ wäre eine seriöse Bewertung einer Arztpraxis gar nicht möglich.

    BMF-Schreiben über die Anwendung des UmwStG

    Voraussichtlich im September soll das lang erwartete BMF-Schreiben vorliegen. Bis dahin herrscht weiterhin Rechtsunsicherheit, ob z.B. bei einer Übertragung von Wirtschaftsgütern statt auf die neue BAG in das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters oder einer Gesellschaftergruppe eine der Voraussetzungen für die Anwendung des § 24 UmwStG erfüllt ist („Einbringung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen“).

    Versorgungsgesetz (mit der Neuregelung der Bedarfsplanung)

    Hierbei soll zwischen drei Versorgungsformen unterschieden werden:

     

    • einer primärztlichen Versorgung mit Haus-, Kinder- und Frauenärzten
    • einer allgemeinen fachärztlichen Versorgung
    • und einer spezialisierten fachärztlichen Versorgung.

     

    Mit Sorgfalt muss beobachtet werden, ob das Instrument des „Abkaufs“ (juristisch: Entschädigung) von Arztpraxen in überversorgten Gebieten zum Einsatz kommen wird. Dies hätte erheblichen Einfluss auf die am Markt zu erzielenden Verkaufspreise der jeweiligen Praxen (denn entschädigt würde zum „Verkehrswert“, der den „strategischen“ Wert der „Zulassung“ in einem gesperrten Gebiet nicht beinhaltet).

     

    Mediator: Sollte es trotz sorgfältiger Planungen und wohlüberlegter Vertragsgestaltungen in einer BAG zu Spannungen und Kommunikationsproblemen kommen, die über das übliche Maß hinausgehen, sollte vor einer Eskalation und dem Auseinanderbrechen der BAG u.U. die professionelle Hilfe eines Mediators in Erwägung gezogen werden.

     

    Hinweis | Die Referenten in diesem Jahr waren: Dr. Matthias Dann, Thomas Karch, Thomas Ketteler-Eising, Dr. Lars Lindenau, Dr. Rolf Michels, Dr. Karl-Heinz Möller, Peter Peikert, Prof. Dr. Martin Rehborn, Carsten Reiter, Dr. Wieland Schinnenburg

    Quelle: ID 42503341

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