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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer-Vorauszahlung

    Zuordnung von Betriebseinnahmen/-ausgaben bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen

    von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation) Daniel Denker, Oldenburg, und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

    | Die Zuordnung von Betriebseinnahmen und -ausgaben bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung erfolgt nicht nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, sondern nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip i. S.d. § 11 EStG. In einem aktuellen Fall hat der BFH (16.2.22, X R 2/21) entschieden, welche Voraussetzungen bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen innerhalb der „kurzen Zeit“ um den Jahreswechsel vorliegen müssen, damit das Zufluss-Abfluss-Prinzip durchbrochen wird. PFB zeigt Ihnen, wie Sie derartige Fälle rechtssicher lösen. |

    1. Zufluss-Abfluss-Prinzip

    Anders als bei buchführungspflichtigen Unternehmen gilt für die Zuordnung von Betriebseinnahmen und -ausgaben bei der Einnahmen-Überschussrechnung das Zufluss-Abfluss-Prinzip nach § 11 EStG. Danach sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Der Zufluss von Einnahmen erfolgt erst mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein in Geld oder Geldeswert bestehendes Wirtschaftsgut. Verfügungsmacht wird in der Regel erlangt im Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen. Sie muss nicht endgültig erlangt sein. Auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit zum Kalenderjahr von Betriebseinnahmen und -ausgaben kommt es bei der Einnahmen-Überschussrechnung also grundsätzlich nicht an.

    2. Ausnahmen bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen

    § 11 Abs. 1 S. 2 EStG sieht eine Ausnahme vom reinen Zufluss-Abfluss-Prinzip vor. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Dies gilt auch für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben.

     

    Damit die Ausnahme greift, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

    • Es handelt sich um eine regelmäßig wiederkehrende Leistung.
    • Das Zahlungsjahr entspricht nicht dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit.
    • Die Zahlung erfolgt innerhalb der „kurzen Zeit“ vor Beginn bzw. nach Beendigung des Kalenderjahres.
    • Die Fälligkeit liegt innerhalb der „kurzen Zeit“ vor Beginn bzw. nach Beendigung des Kalenderjahres.

     

    Sind sämtliche Voraussetzungen erfüllt, gilt nicht das Zufluss-Abfluss-Prinzip, sondern eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Im aktuellen BFH-Verfahren wurde gestritten, ob die vierte Voraussetzung, Fälligkeit innerhalb der „kurzen Zeit“, tatsächlich vorliegen muss (Ansicht der Finanzverwaltung, H 11 „Allgemeines“ 2. Spiegelstrich EStH).

     

    2.1 Regelmäßig wiederkehrende Leistungen

    Damit die Ausnahme des § 11 Abs. 1 S. 2 bzw. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG Anwendung findet, muss es sich also um regelmäßig wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben handeln. Das bedeutet, dass eine Wiederkehr erforderlich ist, ein Dauerschuldverhältnis. Zu den regelmäßig wiederkehrenden Leistungen gehören klassischerweise Zinsen, Löhne, Gehälter, Mieten, Telefonrechnungen, Versicherungen, Zahlungen der KV/KZV sowie USt-Vorauszahlungen (H 11 USt-Vorauszahlungen/-erstattungen EStH).

     

    2.2 Kurze Zeit

    Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr geleistet. Die „kurze Zeit“ ist dabei gesetzlich nicht geregelt, sondern wurde durch die Rechtsprechung festgelegt. Die kurze Zeit beträgt zehn Tage und damit geht der kurze Zeitraum vom 22.12. bis 10.1. (H 11 „Allgemeines“ 2. Spiegelstrich EStH). Es handelt sich insoweit um keine gesetzliche Frist. Damit kommt keine Erweiterung auf den nächsten Werktag in Betracht, wenn der 10.1. beispielsweise auf einen Sonntag oder Feiertag fallen sollte. So hat der BFH bereits entschieden, dass bei einer nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobenen Fälligkeit eine regelmäßig wiederkehrende Steuerzahlung nur dann im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abziehbar ist, wenn sie innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums geleistet wurde (BFH VIII R 34/12, 11.11.14, BStBl II 15, 285 und BFH 27.6.18, X R 44/16, BStBl II 18, 781).

     

    Bei USt-Vorauszahlungen bestimmt sich die Fälligkeit nach § 18 Abs. 1 S. 4 UStG (zehnter Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums). § 108 Abs. 3 AO, wonach sich die gesetzliche Fälligkeit auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf ein Datum nach dem 10.1. verschiebt, bleibt bei der Anwendung der Zehn-Tage-Regelung unberücksichtigt.

     

    • Beispiel

    Rechtsanwalt Rüdiger hat seine USt-Voranmeldungen monatlich zu übermitteln. Für den Voranmeldungszeitraum Dezember 01 ergibt sich eine Zahllast von 1.000 EUR. Die USt-Voranmeldung wurde von Rüdiger am 9.1.02 (= Freitag) übermittelt. Die Zahlung an das FA erfolgte ebenfalls am 9.1.02.

     

    Lösung: Verfahrensrechtlich ist die Umsatzsteuer für Dezember zwar erst am 12.1.02 fällig (§ 108 Abs. 3 AO). Da aber auf die Fälligkeit des § 18 Abs. 1 S. 4 UStG (zehnter Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums) abzustellen ist und die Zahlung bis zum 10.1.02 tatsächlich erfolgt ist, wird die Zahlung dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit (= 01) zugeordnet.

     

    2.3 Zahlung und Fälligkeit

    Nach Auffassung der Finanzverwaltung, der bisherigen Rechtsprechung und der herrschenden Literaturmeinung muss neben der Zahlung auch die Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit liegen. Fällt die Fälligkeit nicht in den kurzen Zeitraum, ist die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 S. 2 bzw. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG nicht erfüllt.

     

    • Beispiel: USt-Vorauszahlungen bei EÜR
    für den Monat
    Fälligkeit
    Zahlung
    BA in
    Anmerkung

    Juni 03

    10.7.03

    6.1.04

    04

    Zahlung innerhalb der kurzen Zeit (6.1.04), Fälligkeit (10.7.03) jedoch außerhalb

    November 03

    10.12.03

    6.1.04

    04

    Zahlung innerhalb der kurzen Zeit (6.1.04), Fälligkeit (10.12.03) jedoch außerhalb

    Dezember 03

    10.1.04

    6.1.04

    03

    Zahlung (6.1.04) und Fälligkeit (10.1.04) innerhalb der kurzen Zeit

     

    3. Anmerkungen zum Streitfall (BFH 16.2.22, R 2/21)

    Streitig war, ob USt-Vorauszahlungen für die Monate Mai bis Juli 2017 noch für 2017 (Streitjahr) als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind, obwohl sie erst am 9.1.18 bezahlt wurden. Der Steuerpflichtige führte einen Gewerbebetrieb mit Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung. Der Steuerpflichtige war der Ansicht, dass es auf die Fälligkeit nicht ankäme. Das FA, das FG München und der BFH sehen die Fälligkeit aber als notwendiges Kriterium. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben setzen voraus, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind.

     

    Damit ergab sich folgendes Ergebnis: Das Zahlungsjahr (2018) entspricht nicht dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit (2017). Die Zahlung wurde zwar innerhalb der kurzen Zeit (9.1.18) geleistet, die Fälligkeiten lagen aber weit außerhalb der kurzen Zeit (weit vor 2018). Daher waren die Zahlungen bei den Betriebsausgaben im Jahr 2018 zu berücksichtigen.

     

    In den zurückliegenden Entscheidungen des BFH (z. B. BFH 27.6.18, X R 44/16, BStBl II  18, 781) wurde die Frage der Fälligkeit offengelassen, da es darauf im entschiedenen Einzelfall nicht ankam. Nun hat der BFH mit seinem Urteil nochmals ausdrücklich klargestellt, dass auch die Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit liegen muss. Das FG Düsseldorf (9.12.19, 3 K 2040/18 E) hatte zuletzt eine abweichende Auffassung vertreten. Danach soll das Erfordernis der Fälligkeit innerhalb des Zehn-Tage-Zeitraums (wie nunmehr vom BFH vertreten) mit dem Gesetzeswortlaut unvereinbar sein. Gegen die Entscheidung des FG Düsseldorf ist die Revision anhängig (BFH VIII R 1/20). Für die Praxis ist nun aber klar, dass die Fälligkeit innerhalb des kurzen Zeitraums eine notwendige Voraussetzung darstellt.

    4. Zuordnung bei Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats

    In der Praxis kommt es regelmäßig vor, dass dem FA hinsichtlich der Umsatzsteuer ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt wird. Es stellt sich die Frage, wie solche Fälle unter Berücksichtigung des § 11 EStG zu behandeln sind.

     

    Bei Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats ist der Abfluss i. S. d. § 11 Abs. 2 S. 1 EStG im Zeitpunkt der Fälligkeit der USt-Vorauszahlung anzunehmen, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist (vgl. auch § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO). Eine tatsächlich spätere Abbuchung vom Konto ist unbeachtlich. Zuletzt hatte das FinMin Schleswig-Holstein (14.2.22, VI 306, S 2226 ‒ 039) hierzu Stellung bezogen.

     

    • Beispiel

    Rechtsanwalt Rüdiger hat seine USt-Voranmeldungen monatlich zu übermitteln. Rüdiger hat dem FA ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt. Die USt-Voranmeldung Dezember 2021 wird rechtzeitig am 9.1.22 eingereicht. Es ergibt sich eine Zahllast von 1.000 EUR. Die Abbuchung erfolgt am 14.1.02. Das von der Abbuchung betroffene Konto weist im Zeitpunkt der Fälligkeit eine ausreichende Deckung aus.

     

    Lösung: Die USt-Zahlung für Dezember 2021 ist dem Jahr 2021 zuzurechnen. Durch die erteilte Einzugsermächtigung gilt die Zahlung als am Fälligkeitstag geleistet. Die spätere Abbuchung durch das FA ist unerheblich.

     
    • Beispiel: USt-Vorauszahlungen bei EÜR (Lastschrifteinzug, Überweisung)
    UStVA (Fälligkeit)
    Übermittlung am
    Zahlung per
    am
    Besonderheit
    BA in
    Anmerkung

    Dezember 01

    (10.1.02)

    10.1.02

    Lastschrift-einzug

    11.1.02

    keine

    01

    Wegen Lastschrifteinzugs ist Abfluss im Zeitpunkt der Fälligkeit anzunehmen.

    11.1.02

    Lastschrift-einzug

    12.1.02

    10.1.02 ist ein SAM, SON, Feiertag

    02

    Die UStVA ist nicht innerhalb des Zehn-Tage-Zeitraums beim FA eingegangen.

     

    Die verschobene Fälligkeit nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächstliegenden Werktag ist daher unbeachtlich.

    10.1.02

    Überweisung

    11.1.02

    keine

    02

    Kein Abfluss innerhalb der kurzen Zeit

    10.1.02

    Überweisung

    10.1.02

     

    Zugang beim FA:

    12.1.02

    01

    Abfluss innerhalb der kurzen Zeit (Problem: Fälle weder maschinell noch personell ohne Nachfrage erkennbar beim FA)

     

    5. Dauerfristverlängerung

    Der BFH (21.6.22, VIII R 25/20) hat jüngst zur freiwilligen Zahlung einer USt-Vorauszahlung des Vorjahres vor Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 EStG entschieden. Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des für § 11 Abs. 2 S. 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (Anschluss an BFH 16.2.22, X R 2/21). Ein weiteres Verfahren beim BFH (VIII R 1/20) ist zwar noch anhängig, jedoch hat der BFH mit seinen aktuellen Entscheidungen bereits eindeutig klargestellt, dass die Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit liegen muss. Das ist konsequenterweise auch bei einer Dauerfristverlängerung zu beachten.

     

    • Beispiel

    Die aufgrund gewährter Dauerfristverlängerung (erst) am 10.2.02 fällige USt-Vorauszahlung für Dezember 01 wird bereits am 6.1.02 gezahlt.

     

    Lösung: Trotz der Zahlung innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums erfolgt die Berücksichtigung erst im Jahr der Zahlung 02, da die USt-Vorauszahlung aufgrund gewährter Dauerfristverlängerung erst am 10.2.02 fällig ist. Damit liegt die Fälligkeit außerhalb der kurzen Zeit und § 11 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 2 EStG ist nicht anwendbar.

     

    FAZIT | Der BFH hat nun seine bisherige Auffassung bestätigt und die aufgekommene Rechtsunsicherheit in der Praxis hat sich damit erledigt. Die Auffassung der Finanzverwaltung steht somit im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung. Sowohl die Zahlung als auch die Fälligkeit muss bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen innerhalb der kurzen Zeit liegen. Liegt die Fälligkeit außerhalb des kurzen Zeitraums, greift lediglich das Zufluss-Abfluss-Prinzip.

     

    Da es sich um eine sehr praxisrelevante Frage handelt und nahezu jeden Unternehmer betrifft, hat die BFH-Entscheidung eine hohe Relevanz. Sofern zum Jahreswechsel noch Betriebseinnahmen oder -ausgaben in das eine oder andere Jahr „geschoben“ werden sollen, um von Progressionsvorteilen profitieren zu können, sind die o. g. Grundsätze sowie die Rechtsprechung stets im Blick zu behalten. Durch geschickte Verlagerung von Betriebseinnahmen und -ausgaben in das Vorjahr oder folgende Jahr kann insbesondere bei Einnahmen-Überschussrechnern gestaltet und Steuerbelastungen reduziert werden. Gerade bei Einnahmen-Überschussrechnern kann insoweit relativ einfach die Gesamtsteuerbelastung optimiert werden. Die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen sind dabei jedoch stets gesondert zu prüfen, insbesondere hinsichtlich der Voraussetzungen, dass sowohl Zahlung als auch Fälligkeit innerhalb des kurzen Zeitraums liegen müssen.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2022 | Seite 326 | ID 48413600

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