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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung

    von RiFG Dr. Axel Leonard, Wallenhorst

    Kaum eine Frage wird derzeit im Umsatzsteuerrecht so intensiv und kontrovers diskutiert wie die zinswirksame Rückwirkung von Rechnungsberichtigungen. Jüngst war diese - höchstrichterlich noch nicht entschiedene - Problematik Gegenstand eines Verfahrens zum einstweiligen Rechtsschutz beim FG Niedersachsen. Das Gericht entschied im Gegensatz zur Finanzverwaltung, dass eine rückwirkende Rechnungsberichtigung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist (FG Niedersachsen 30.9.13, 5 V 217/13, Beschwerde wurde nicht zugelassen).

     

    Sachverhalt

    Die Antragstellerin betreibt einen Großhandel mit Textilien. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Antragsgegner fest, dass ein Vorsteuerabzug aus erteilten Gutschriften an die Handelsvertreter nicht möglich ist, da die Gutschriften weder die Steuernummer noch die USt-Identifikationsnummer des jeweiligen Gutschriftempfängers enthielten. Daraufhin berichtigte die Antragstellerin die Provisionsabrechnungen gegenüber ihren Handelsvertretern noch während der Außenprüfung mit Datum vom 2.5.13. Das Finanzamt kürzte dennoch die Vorsteuern in den Streitjahren mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der durchgeführten Rechnungsberichtigung (2013) vorlägen. Gegen die aufgrund der Außenprüfung geänderten Umsatzsteuerbescheide 2008 bis 2011 legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung unter Bezugnahme auf ein Urteil des EuGH (5.7.10, C-368/09 - Pannon Gép, DStR 10, 1475).

     

    Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde abgelehnt unter Hinweis auf 15.2 Abs. 5 UStAE. Danach kann der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigungen erst zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, in dem die Berichtigung erfolgte und diese dem Rechnungsempfänger übermittelt wurde. Da die Berichtigung der Gutschriften erst in 2013 erfolgt sei, seien die Vorsteuern aus den berichtigten Abrechnungen auch erst in 2013 und nicht bereits in den Streitjahren zu berücksichtigen.

     

    Anmerkungen

    Der Senat hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide. Er befürwortet eine rückwirkende Rechnungsberichtigung mit der Begründung, dass die streitbefangenen Abrechnungen die Mindestanforderungen an eine Rechnung enthielten und die Berichtigung noch während der Außenprüfung erfolgt sei. Der BFH hat in zwei Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz bereits durchblicken lassen, dass eine rückwirkende Rechnungsberichtigung in Betracht kommen könnte, sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer) an eine Rechnung erfüllt (BFH 20.7.12, V B 82/11, BStBl II 12, 809 und BFH 10.1.13, XI B 33/12, BFH/NV 13, 783).

     

    Mit der Entscheidung „Petroma Transports“ (EuGH 8.5.13, C-271/12) stellte der EuGH klar, dass er in der Rechtssache „Pannon-Gép“ die rückwirkende Berichtigung anerkennen wollte. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Rechnungsberichtigung vor Erlass der Entscheidung der Steuerbehörde ergeht. Eine Berichtigung oder Ergänzung von Rechnungsangaben nach diesem Zeitpunkt reicht dagegen nicht aus. Demnach können Rechnungen rückwirkend (ex tunc) berichtigt werden,

    • sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, 
gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer) an eine Rechnung erfüllt und
    • solange noch keine abschließende Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde über den Vorsteuerabzug vorliegt.

     

    Beide Voraussetzungen waren im Streitfall des FG Niedersachsen erfüllt!

     

    Praxishinweise

    Die Finanzverwaltung hält auch nach den Entscheidungen „Pannon Gép“ und „Petroma Transports“ daran fest, dass eine Rechnungsberichtigung erst im Zeitpunkt der Berichtigung (ex nunc) erfolgen könne. Als Begründung wird angeführt, dass die EuGH-Entscheidungen nicht zum deutschen Recht ergangen und daher für die Finanzverwaltung nicht bindend seien. Zur Problematik der rückwirkenden Rechnungsberichtigung war bislang beim BFH das Verfahren XI R 41/10 anhängig. Unter Hinweis auf dieses Verfahren hat die Finanzverwaltung entsprechende Verfahren nach § 363 AO ruhend gestellt (OFD Magdeburg 3.11.11, S 7300-123-St 244). Dies ist nicht mehr möglich, nachdem der BFH jüngst entschieden hat, dass im Streitfall überhaupt keine Rechnungsberichtigung vorlag (BFH 19.6.13, XI R 41/10).

     

    Stellt sich bei Abschlussarbeiten oder aus Anlass einer Außenprüfung heraus, dass eine zum Vorsteuerabzug verwendete Rechnung fehlerhaft ist, muss sofort reagiert werden. Möglichst noch vor Abschluss der Außenprüfung und jedenfalls vor Erlass der ablehnenden Verwaltungsentscheidung über den Vorsteuerabzug müssen die berichtigten Abrechnungen der Finanzbehörde vorliegen. Es reicht nicht aus, die berichtigten Rechnungen erst im Einspruchs- oder Klageverfahren vorzulegen.

     

    Unproblematisch ist dies, wenn im Gutschriftwege abgerechnet wird, weil der Vorsteuerabzugsberechtigte hier selbst berichtigte Abrechnungen erstellen kann. Bei fehlerhaften Rechnungen ist der Rechnungsaussteller aufzufordern, die fehlerhafte Rechnung schnellstmöglich zu ergänzen. Dies kann auf zweierlei Weise erfolgen: durch ein zusätzliches Dokument, das mit der fehlerhaften Rechnung fest verbunden wird oder durch eine Ergänzung der fehlerhaften Angaben auf der ursprünglichen Rechnung.

     

    PRAXISHINWEIS | Es ist davon abzuraten, die ursprüngliche Rechnung zu stornieren und eine neue - fehlerfreie - Rechnung zu erteilen. Die Ausstellung einer solchen neuen Rechnung dürfte nämlich zum Verlust des ursprünglichen Vorsteuerabzugs führen, weil die ursprüngliche Rechnung mit der Stornierung ihre Existenz verlieren dürfte.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 320 | ID 42393025

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