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  • · Fachbeitrag · Privatimmobilie

    Fotovoltaikanlage oder Blockheizkraftwerk ohne Steuerbelastung betreiben

    von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

    | Viele Freiberufler haben kleine Fotovoltaikanlagen (PV-Anlagen) auf ihren Einfamilienhäusern installiert. Einige besitzen auch ein kleines Blockheizkraftwerk (BHKW). Durch eine neue Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung werden auf Antrag die Gewinne aus den Anlagen nicht besteuert. Auch nicht für vergangene Jahre ‒ soweit verfahrensrechtlich möglich. Der Beitrag informiert, was das in der Praxis bedeutet. |

    1. Antrag auf fehlende Gewinnerzielungsabsicht

    Strittig ist bei PV-Anlagen und BHKW oft die Gewinnerzielungsabsicht bzw. die damit verbundene Ergebnisprognose eines Totalgewinns. Um diesem Streit vorzubeugen, gestattet die Finanzverwaltung neuerdings eine pauschale Unterstellung. Auf schriftlichem Antrag ist ohne weitere Prüfung in allen offenen Jahren zu unterstellen, dass die Anlagen nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden (BMF 2.6.21, IV C 6 ‒ S 2240/19/10006 :006). Damit ergibt sich eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei ‒ selbst wenn nachweislich Gewinne erzielt werden. Eine eigene Prüfungsbefugnis hat das FA nicht.

     

    1.1 Antragsvoraussetzungen

    Antragsvoraussetzungen für die „Liebhaberei auf Antrag“:

     

    • Schriftlicher Antrag beim FA
    • Betrieb einer PV-Anlage bis 10 kW oder eines BHKW bis 2,5 kW
    • Inbetriebnahme der Anlage nach dem 31.12.03
    • Installation auf einem zu eigenen Wohnzwecken oder unentgeltlich überlassenen Ein- oder Zweifamilienhaus (inkl. dessen Außenanlagen); nicht zulässig: bei Anlagen auf Vermietungsobjekt oder Praxisgebäude

     

    PRAXISTIPP | Unschädlich ist ein häusliches Arbeitszimmer und die gelegentliche Vermietung eines Gästezimmers (Einnahmen p.a. max. 520 EUR).

     

    1.2 Vor- und Rückwirkung der Antragstellung

    Nach Antragstellung gilt der bisherige Gewerbebetrieb als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei. Sowohl für Folge- als auch für bereits vergangene Jahre. Damit sind weder Gewinne noch Verluste zu versteuern. Für Jahre mit bereits erfolgter Steuerfestsetzung gilt dies jedoch nur, sofern das Jahr verfahrensrechtlich noch „offen“ ist ‒ also entweder für das Jahr noch kein Steuerbescheid erteilt wurde, ein Steuerbescheid mit Einspruch angefochten wurde oder ein Steuerbescheid noch geändert werden kann (z. B. über § 164 Abs. 2 AO oder § 165 Abs. 1 S. 1 AO). Nur wenn Gewinne oder Verluste in einem verfahrensrechtlich nicht änderbaren Steuerbescheid berücksichtigt wurden, bleiben diese auch weiterhin erhalten.

     

    1.3 Ausnahme bei Nutzungsänderungen und Erweiterungen

    Der Antrag gilt nur nicht für Jahre, in denen die Antragsvoraussetzungen nicht erfüllt sind ‒ beispielsweise weil das Objekt mit der Anlage in einem Jahr vermietet und erst im Anschluss eigengenutzt wird bzw. das Objekt in künftigen Jahren nach vorheriger Eigennutzung vermietet wird ‒ ebenfalls, wenn künftig eine Erweiterung der Anlage erfolgt und diese die Grenze von 2,5 bzw. 10 kW überschreitet. In diesen Fällen ist der Steuerpflichtige verpflichtet, den Wegfall der Voraussetzungen für die Vereinfachungsregelung schriftlich dem FA mitzuteilen. Für entsprechende Jahre sind Gewinne und Verluste weiterhin zu versteuern.

     

    1.4 Keine Versteuerung stiller Reserven erforderlich

    Die Wahl der Vereinfachungsregelung hat zur Folge, dass die Anlage von Beginn an ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde. Damit existiert ertragsteuerlich kein Gewerbebetrieb und es müssen keine stillen Reserven versteuert werden. Dementsprechend ist bei Ausübung des Wahlrechts auch kein Betriebsaufgabegewinn bzw. -verlust zu erfassen. Ebenso wenig müssen eventuell vorhandene stille Reserven ermittelt und nach § 180 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 8 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO gesondert festgestellt werden.

    2. Wann ist der Antrag sinnvoll?

    Die Antragstellung empfiehlt sich, wenn die jeweilige Anlage tatsächlich Gewinne erwirtschaftet. Dann werden die darauf entfallenden Steuern eingespart und die Rentabilität steigt. Ebenfalls ergibt ein Antrag Sinn, wenn Verluste vergangener Jahre aufgrund von Sonderabschreibungen in Steuerbescheiden berücksichtigt wurden und diese verfahrensrechtlich nicht mehr geändert werden können. Die Verluste bleiben erhalten, künftige Gewinne entfallen. Von einem Antrag sollte (zunächst) abgesehen werden, wenn es sich um neuere Anlagen handelt und diese in den ersten Jahren Verluste erwirtschaften (z. B. durch Sonderabschreibungen). Hier sollten die Verluste geltend gemacht werden. Erkennt das FA diese unanfechtbar an, sollte ab Erreichen der Gewinnzone eine Antragstellung erfolgen. Zudem kann der Antrag genutzt werden, um die Steuererklärungspflichten zu minimieren:

     

    • Einkommensteuererklärung: Keine Eintragung auf der Anlage G erforderlich, die Anlage EÜR entfällt ebenfalls.

     

    • Feststellungserklärung bei PV-Anlagen GbR: Ist nicht mehr abzugeben, da keine steuerpflichtigen Einkünfte vorliegen.

     

    • Gewerbesteuererklärung: Ist seit 2019 bei PV-Anlagen mit max. 10 kW nicht abzugeben (Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 32 GewStG).

     

    • Umsatzsteuererklärung: Eine Abgabe (auch von Voranmeldungen) ist nicht erforderlich, wenn die Kleinunternehmerregelung angewandt wird (§ 19 Abs. 1 UStG ‒ Jahresumsatzgrenze 22.000 EUR). Vorsicht: Dies kann in den ersten fünf Jahren zu negativen Folgen führen (kein Vorsteuerabzug bzw. Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG).
    Quelle: Ausgabe 10 / 2021 | Seite 260 | ID 47484566

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