Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Praxisnachfolge

    Fallstricke und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Veräußerung einer Einzelpraxis

    von StB Dr. Marisa Baltromejus, Tübingen

    | Irgendwann stellt sich die Frage der Praxisnachfolge. Sie ist eine der größten unternehmerischen Herausforderungen der Arztlaufbahn - sowohl für den Abgebenden als auch für den Erwerber. Die Anzahl und die Qualität der steuerlichen Klippen bei der Abgabe bzw. Übernahme einer Arztpraxis sind nicht zu unterschätzen. Der Beitrag hat zum Ziel, ausgewählte Fallstricke und Gestaltungsmöglichkeiten einer Praxisnachfolge für beide Seiten, den abgebenden Arzt und den Praxisnachfolger, genauer zu beleuchten. |

    1. Steuerliche Folgen für den Praxisabgeber

    Die laufenden Einkünfte eines Arztes in einer Einzelpraxis zählen i. d. R. zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit nach § 18 EStG. Wenn ein Arzt seine Praxis verkauft und einen Gewinn erzielt, wird dieser Gewinn in besonderer Weise steuerlich privilegiert (§ 18 Abs. 3 S. 2 EStG i. V. m. § 16 EStG).

     

    1.1 Gewinnermittlung bei Veräußerung

    Der steuerliche Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis den Buchwert des zu übertragenden Betriebsvermögens (z. B. medizinische Geräte, Praxismobiliar oder EDV-Einrichtung) und die Veräußerungskosten (z. B. steuerliche und rechtliche Beratung, Wertgutachten) übersteigt.

     

    Zur Ermittlung des laufenden Gewinns ist bei Ärzten die Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG üblich. Um den laufenden, steuerlich nicht begünstigten Gewinn vom steuerlich begünstigten Veräußerungsgewinn unterscheiden zu können, muss der Arzt zum Veräußerungszeitpunkt eine Bilanz (§ 4 Abs. 1 EStG) aufstellen (§ 16 Abs. 2 S. 2 EStG). Es entsteht ein Überleitungsgewinn, der sich hauptsächlich aus den (noch nicht ertragswirksam gewordenen) Vorräten (z. B. Praxismaterial) und Forderungen (z. B. Forderungen gegenüber Privatpatienten oder noch nicht zugeflossene Honorarzahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung) sowie den (noch nicht aufwandswirksam gewordenen) Verbindlichkeiten (z. B. noch nicht abgeflossene Lohnsteuer) zusammensetzt.

     

    PRAXISHINWEIS | Forderungen, Verbindlichkeiten und Banksalden werden bei einer Praxisabgabe i. d. R. nicht mit übertragen. Daher entspricht der Wert des übertragenden Betriebsvermögens dem Buchwert des materiellen Praxisvermögens im Zeitpunkt der Übertragung gemäß Anlagespiegel.

     

    1.2 Tarifbegünstigung

    Der Veräußerungsgewinn gehört zu den außerordentlichen Einkünften des Praxisabgebers und enthält die oft über einen längeren Zeitraum entstandenen stillen Reserven. Zum Ausgleich für deren geballte Besteuerung gibt es eine Tarifbegünstigung.

     

    Praxisabgeber, die bei Praxisabgabe ihr 55. Lebensjahr vollendet haben oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig sind, können die Besteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz bis zu einem Höchstbetrag von 5 Mio. EUR beantragen (§ 34 Abs. 3 EStG). Dafür ist zunächst die auf das zu versteuernde Einkommen entfallende tarifliche Einkommensteuer zu ermitteln. Diese wird ins Verhältnis zum zu versteuernden Einkommen gesetzt. Daraus resultiert der durchschnittliche Steuersatz. Auf den begünstigten Veräußerungsgewinn werden 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes angewendet. Liegt der so ermittelte ermäßigte durchschnittliche Steuersatz unter 14 %, ist der Gewinn mindestens mit 14 % zu versteuern.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Praxisveräußerung ist i. d. R. für den abgebenden Arzt zum Ende des Jahres nachteilig. Der Veräußerungsgewinn wird mit den laufenden Einkünften aus der Praxis versteuert. Der durchschnittliche Einkommensteuersatz ist umso höher, je höher die gesamten Einkünfte bzw. das zu versteuernde Einkommen sind. Vorteilhafter ist die Veräußerung am Anfang des Folgejahres, da die im Vorjahr entstandenen laufenden Einkünfte aus der Praxis bei der Ermittlung des durchschnittlichen Steuersatzes nicht berücksichtigt werden.

     

    Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, kann der Praxisabgeber zusätzlich einen Freibetrag in Höhe von 45.000 EUR beantragen (§ 16 Abs. 4 EStG). Der Freibetrag wird personenbezogen gewährt und steht dem abgebenden Arzt nur einmal im Leben zu. Übersteigt der Veräußerungsgewinn vor Freibetrag den Grenzbetrag in Höhe von 136.000 EUR, wird der Freibetrag um den übersteigenden Betrag gekürzt. Folglich entfällt der Freibetrag, wenn der Veräußerungsgewinn höher als 181.000 EUR ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Praxisabgeber muss zum Zeitpunkt der Veräußerung das 55. Lebensjahr vollendet haben. Veräußerungszeitpunkt ist nicht das Datum des Kaufvertrags, sondern das Datum des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen (Übergang von Nutzen und Lasten).

     

    Unabhängig vom Lebensalter und von der Frage, ob der Steuerpflichtige im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist, kommt für den steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns die Fünftel-Regelung in Frage (§ 34 Abs. 1 EStG). Der Veräußerungsgewinn wird rechnerisch auf fünf Jahre verteilt, sodass nur 1/5 des Veräußerungsgewinns progressionssteigernd berücksichtigt wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Liegen die Voraussetzungen vor, kann der Steuerpflichtige zwischen dem ermäßigten Steuersatz und der Fünftel-Regelung wählen. Das Finanzamt gewährt nur eine der beiden Vergünstigungen. Der ermäßigte Steuersatz führt oft zu einer niedrigeren Steuerlast als die Fünftel-Regelung. Lediglich bei einem sehr niedrigen laufenden Gewinn und/oder einem geringen Veräußerungsgewinn kann die Fünftel-Regelung vorteilhafter sein.

     

    1.3 Sofortversteuerung oder nachträglicher Versteuerung

    Wird der Kaufpreis als wiederkehrende Leistungen (z. B. Leibrenten sowie über die Dauer von zehn Jahren hinaus vereinbarte Veräußerungszeitrenten) ausgestaltet, dann kann der Praxisabgeber zwischen der Sofortversteuerung und der nachträglichen Versteuerung (Zuflussversteuerung) wählen (R 16 Abs. 11 EStR).

     

    PRAXISHINWEIS | Durch die nachträgliche Versteuerung kann die Steuerbelastung auf mehrere Veranlagungszeiträume verteilt werden. Der Praxisabgeber sollte aber beachten, dass Tarifbegünstigung und Freibetrag nur bei Sofortversteuerung und nicht bei nachträglicher Versteuerung gewährt werden.

     

    2. Steuerliche Folgen für den Praxisnachfolger

    Während der Praxisveräußerer bestrebt ist, möglichst wenig zu versteuern, ist es im Interesse des Erwerbers, möglichst viele Aufwendungen steuerlich geltend zu machen.

     

    2.1 Vorweggenommene Betriebsausgaben

    Bereits vor dem Kauf der Praxis entstehen Kosten, die steuerlich bedeutsam sind. Da sie nicht mit einer derzeit noch ausgeübten Angestelltentätigkeit zusammenhängen, gehören sie nicht zu den Werbungskosten. Stattdessen handelt es sich um vorweggenommene Betriebsausgaben, die einer späteren selbstständigen Tätigkeit zuzuordnen sind. Diese müssen im Jahr der Zahlung (§ 11 EStG) in der Steuererklärung angesetzt werden (Anlage S für „selbstständige Tätigkeit“).

     

    Zu den vorweggenommenen Betriebsausgaben gehören z. B.:

    • Kosten der Praxissuche (Makler, Telefon, Porto, Parkgebühren usw.)
    • Fachliteratur
    • Fortbildungen (z. B. Seminare zur Praxisübernahme)
    • Treffen mit Kollegen oder Mentoren (z. B. zum Sammeln von Erfahrungen und Tipps zur Praxisübernahme)
    • Beratungen zur Praxisübernahme (z. B. bei der KV)
    • Anschaffungen für die spätere Praxis (z. B. Mobiliar oder Dekoration)

     

    PRAXISHINWEIS | Der erwerbende Arzt sollte einen Kalender führen, in dem sämtliche Termine und damit zusammenhängende Kosten, Anzahl der gefahrenen Kilometer sowie Abwesenheitszeiten aufgezeichnet sind und die dazu gehörenden Belege aufbewahren.

     

    2.2 Abschreibungen aus dem erworbenen Praxisvermögen

    Steuerlich ist der Kaufpreis für die Arztpraxis nicht in einer Summe relevant. Vielmehr ist er für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen der Abschreibungen auf das erworbene materielle Praxisvermögen und auf die immateriellen Wirtschaftsgüter, also den erworbenen ideellen Praxiswert, aufzuteilen.

     

    Oft wird das materielle Praxisvermögen in einer Inventarliste als Anlage zum Praxisübernahmevertrag spezifiziert. Es beinhaltet z. B. die Praxiseinrichtung. Der Wert der materiellen Wirtschaftsgüter kann mit dem Zeitwert bei Übergabe geschätzt werden. Die steuerlichen Buchwerte des Veräußerers sind für die Bestimmung des Wertes für den Erwerber ohne Bedeutung. Das Inventar wird über die voraussichtliche restliche Nutzungsdauer abgeschrieben.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Inventarliste sollte möglichst frühzeitig vor Abschluss des Kaufvertrags gemeinsam mit dem abgebenden Arzt erstellt werden, um spätere Streitigkeiten über den Umfang des übergehenden Inventars zu vermeiden.

     

    Der ideelle Praxiswert ist die Differenz zwischen dem Kaufpreis und den Werten der materiellen Wirtschaftsgüter. Er verkörpert z. B. die Chancen und Risiken der Praxis in Form von Patientenstamm, Bekanntheitsgrad, Knowhow der Mitarbeiter, örtliche Lage oder Organisationsstrukturen der Praxis. Der erworbene ideelle Praxiswert kann bei einer Einzelpraxis über eine Nutzungsdauer von drei bis fünf Jahren steuerlich abgeschrieben werden.

     

    2.3 Die Zulassung als abschreibbares Wirtschaftsgut

    Nach Auffassung des BFH (9.8.11, VIII R 13/08) ist der „wirtschaftliche Vorteil einer Vertragsarztzulassung“ kein gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut. Der Vertragsarztsitz ist nur ein Einzelbestandteil des Wirtschaftsguts „Praxiswert“ (Goodwill), der Ausdruck für die Gewinnchancen durch den Betrieb des eingeführten und fortlebenden Unternehmens im Ganzen aufgrund besonderer, dem Unternehmen eigener Vorteile ist. Der Vorteil aus der Vertragsarztzulassung lässt sich, sofern sich der Kaufpreis der Praxis nach dem Verkehrswert richtet, nicht von dem Praxiswert abspalten.

     

    PRAXISHINWEIS | In Sonderfällen ist die Vertragsarztzulassung aber doch ein selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut, das nicht abgeschrieben werden darf - und zwar dann, wenn die Zulassung selbst Gegenstand eines gesonderten Veräußerungsvorgangs ist. Zum Beispiel dann, wenn ein Arzt einem ausscheidenden Arzt eine Zahlung für den Vorschlag gegenüber den Zulassungsinstanzen als favorisierten Nachfolger zur Erlangung der Vertragsarztzulassung leistet. Der Erwerber hat die Praxis danach aber tatsächlich nicht übernommen, sondern hat - nach Erhalt der Zulassung - den Vertragsarztsitz an einen anderen Ort verlegt.

     

    Jüngst hatte das FG Bremen (24.8.16, 1 K 67/16; Rev. BFH VIII R 24/16) die Frage des Zulassungskaufs bei Eintritt in eine Gemeinschaftspraxis zu entscheiden. Es folgte dabei der Linie des BFH. Die erworbenen Vertragsarztzulassungen sind ein zu aktivierendes immaterielles Wirtschaftsgut, für das aber keine Abschreibung gem. § 7 Abs. 1 EStG beansprucht werden kann, da das erworbene Wirtschaftsgut nicht abnutzbar ist.

     

    2.4 Zinsaufwendungen

    Der Übernehmer der Praxis sollte sich gut überlegen, wie er den Kauf der Praxis finanziert. In Frage kommt die Finanzierung mit eigenen Mitteln oder die Aufnahme eines betrieblich bedingten Darlehens. Wird der Praxiskauf mit einem Darlehen finanziert, sind die zu zahlenden Zinsaufwendungen grundsätzlich als laufende Betriebsausgaben der übernommenen Praxis abzugsfähig.

     

    Der Abzug von Schuldzinsen ist beschränkt, wenn „Überentnahmen“ vorliegen (§ 4 Abs. 4a EStG). Dies ist der Fall, wenn die Entnahmen eines Jahres höher sind als die Summe aus Jahresgewinn, Einlagen und Vorjahressaldo. Überentnahmen sind grundsätzlich in Höhe von 6 % steuerpflichtig, wobei ein Betrag von pauschal 2.050 EUR und niedrigere tatsächlich gezahlte Zinsen außer Ansatz bleiben. Von dieser Beschränkung ausgenommen sind Zinsen zur Finanzierung von Anlagegegenständen.

     

    PRAXISHINWEIS | Möglicherweise empfiehlt sich eine getrennte Finanzierung von Praxiskaufpreis und anderen Aufwendungen, wie z. B. Aufwendungen für die Renovierung der Praxisräume.

     

    In Darlehensverträgen kann ein Disagio vereinbart werden. Als Disagio bezeichnet man den Unterschiedsbetrag zwischen dem Auszahlungsbetrag und dem Rückzahlungsbetrag des Darlehens. Dabei ist der Auszahlungsbetrag regelmäßig geringer als der Rückzahlungsbetrag. Ein Disagio stellt aus wirtschaftlicher Sicht einen vorausbezahlten Zins und/oder ein Bearbeitungsentgelt dar. Bei einer Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG kann das Disagio im Zeitpunkt der Darlehensauszahlung sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden (Marktüblichkeit beachten).

     

    PRAXISHINWEIS | Fallen bei Übernahme der Praxis höhere Aufwendungen (etwa für die Renovierung) an, denen keine ausreichenden Einnahmen gegenüberstehen, hat ein Disagio mit Blick auf die Steuerprogression keinen Sinn.

     

    Der Tilgungsanteil ist steuerlich nicht abzugsfähig, wenngleich er die Liquidität über die Laufzeit des Darlehens belastet.

     

    2.5 Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG)

    Ärzte dürfen unter bestimmten Voraussetzungen einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 bis 4 EStG zur Reduzierung ihrer Steuerlast bilden. Zur Inanspruchnahme darf der nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Gewinn eines Arztes aber nicht mehr als 100.000 EUR betragen. Wird die Praxis nicht zu Beginn des Kalenderjahres, sondern z. B. erst zum 1.4 eines Kalenderjahres erworben, erfolgt keine zeitanteilige Berechnung der Gewinngrenze. Gerade bei unterjährigen Betriebserwerben besteht daher die Möglichkeit, das Betriebsgrößenmerkmal einzuhalten.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG die Grenze von 100.000 EUR übersteigt, aber das Betriebsvermögen geringer als 235.000 EUR ist, dann kann es sich empfehlen, zur freiwilligen Bilanzierung überzugehen.

     

    Eine begünstigte Arztpraxis darf für eine beabsichtigte Anschaffung eines - auch gebrauchten - beweglichen Anlagegutes (z. B. teuere Röntgengeräte oder Ähnliches) bis zu maximal 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten (brutto, wenn der Arzt steuerfreie Umsätze ausführt, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen) als Investitionsabzugsbetrag gewinnmindernd geltend machen. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich innerhalb des Investitionszeitraums anzuschaffen oder herzustellen. Der Investitionszeitraum umfasst die dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahre. Die Summe aller Abzugsbeträge im Wirtschaftsjahr des Abzugs sowie in den drei vorangegangenen Jahren dürfen 200.000 EUR nicht überschreiten.

     

    Bis 2015 waren die Regelungen zu § 7g EStG wirtschaftsgutbezogen ausgestaltet, d. h., die Investitionsplanungen mussten für jedes einzelne Wirtschaftsgut konkretisiert werden. Ab 2016 kann der Steuerpflichtige nunmehr ohne weitere Angaben Investitionsabzugsbeträge für begünstigte künftige Investitionen bis zum Höchstbetrag von unverändert 200.000 EUR gewinnmindernd abziehen. Ferner wird vorausgesetzt, dass das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich (fast) ausschließlich betrieblich genutzt wird.

    3. Praxisveräußerung und Umsatzsteuer

    Beim Praxisverkauf fallen viele Lieferungen und Leistungen an, die eine Vielzahl steuerbarer Umsätze bilden, die steuerpflichtig oder steuerfrei sind. Da die heilberuflichen Leistungen umsatzsteuerfrei sind, gehen Ärzte meist davon aus, dass dies auch für den Verkauf ihrer Praxis gilt. Doch Vorsicht!

     

    Die Veräußerung einer kompletten Arztpraxis (mit Einrichtung, allen medizinischen Geräten, Patientenstamm und Praxiswert) fällt nicht unter die Umsatzsteuer. Es handelt sich um eine „Geschäftsveräußerung im Ganzen“ (§ 1 Abs. 1a UStG). Dies gilt unabhängig davon, ob in der ärztlichen Praxis umsatzsteuerpflichtige Umsätze (z. B. Schönheitsoperationen oder ein Praxislabor) vorlagen. Ziel dieser Regelung ist es, Übertragungen eines Betriebs zu vereinfachen und die Mittel des Erwerbers zu schonen.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Umsatzsteuer darf weder im Kaufvertrag vereinbart noch in einer Rechnung über den Praxisverkauf ausgewiesen werden. Sollte die Umsatzsteuer unberechtigt ausgewiesen werden, ist sie an das Finanzamt abzuführen. Dies erhöht den Kaufpreis unnötig.

     

    Veräußert der Arzt nur einen Teil seiner Praxis (z. B. Verkauf des kassenärztlichen Praxisteils mit der Absicht lediglich die Privatpraxis fortzuführen), dann ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob eine umsatzsteuerbefreite (Teil-)Geschäftsveräußerung vorliegt (Voraussetzung hierfür ist, dass ein gesondert geführter Teil der Praxis übertragen wird).

     

    4. Zusammenfassung

    Wie aufgezeigt sind sowohl auf Seiten des abgebenden Arztes als auch auf Seiten des erwerbenden Arztes im Vorfeld der Praxisübergabe einige steuerliche Punkte bedeutsam. Wer sich vor der Unterzeichnung des Praxiskaufvertrages darüber keine Gedanken macht, dem drohen teils erhebliche finanzielle Mehrbelastungen. So sollte insbesondere der Tag des Praxisübergangs gut überlegt werden. Auch weitere Aspekte wie Freibeträge oder der ermäßigte Steuersatz ab dem 55. Lebensjahr sollten rechtzeitig mit einem Steuerberater besprochen werden.

     

    Damit überhaupt von einer Veräußerung gesprochen werden kann, müssen alle wesentlichen Grundlagen der Praxis (z. B. Patientenstamm) entgeltlich in einem einheitlichen Vorgang übertragen werden. Weiter muss der abgebende Arzt seine bisherige Berufstätigkeit in dem bisher örtlich begrenzten Wirkungskreis für eine gewisse Dauer einstellen. Zu beachten sind die von der Rechtsprechung festgelegten Bagatellgrenzen. Arbeitet der abgebende Arzt nach der Veräußerung in seiner alten Praxis als freier Mitarbeiter (z. B. als Urlaubsvertretung) oder als angestellter Arzt ist dies hingegen steuerlich unschädlich, da die Berufstätigkeit des abgebenden Arztes nunmehr für Rechnung des Erwerbers ausgeübt wird und dieser über Praxiswert und Patientenstamm allein verfügt und diesen für sich nutzt.

     

    Auch auf Seiten des Erwerbers der Praxis ergeben sich zahlreiche steuerliche Folgen aus der Praxisübernahme, die bereits bei der Planung der Übernahme beachtet werden sollten. Neben steuerlichen Verpflichtungen, wie z. B. Abführung der Lohnsteuer, sollte neben den laufenden Praxisausgaben auf die Finanzierung des Kaufpreises und auf die aus der Übernahme entstehenden Abschreibungsmöglichkeiten geachtet werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Musterfall - Die Besteuerung des Verkaufs einer heilberuflichen Einzelpraxis (Stockhausen, PFB 14, 237)
    • Sind die Aufwendungen für eine Vertragsarzt-Zulassung ein abschreibbares Wirtschaftsgut? (Christmann/Derlath, PFB 15, 155)
    • Umsatzsteuer - Die Veräußerung von Teilen einer Praxis aus umsatzsteuerlicher Sicht (Stockhausen, PFB 16, 263)
    • Praxisverkauf - Wenn Freiberufler nach dem Praxisverkauf weiterarbeiten wollen (Karch/Michels, PFB 13, 124)
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 59 | ID 44443496

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents