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  • · Gewerbesteuer

    Beteiligung an Laborgemeinschaften als Steuerfalle

    Bild: © alphaspirit ‒ stock.adobe.com

    von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

    | Viele Arztpraxen beteiligen sich an Laborgemeinschaften. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer der Gründe kann z. B. die Kostenoptimierung sein. Aus steuerlicher Sicht ist jedoch Vorsicht geboten. Schnell kann sich die Beteiligung an der Laborgemeinschaft zu einer Steuerfalle entwickeln. Vor allem im Rahmen einer Betriebsprüfung kommt es bei der Beteiligung an Laborgemeinschaften häufig zu Feststellungen und infolgedessen zu hohen Steuernachzahlungen. PFB beleuchtet daher die steuerlichen Rahmenbedingungen und deckt das Fehlerpotenzial auf. |

    1. Laborgemeinschaft ist nicht gleich Laborgemeinschaft

    Eine Laborgemeinschaft ist eine Gemeinschaftseinrichtung von Vertragsärzten, welche dem Zweck dient, laboratoriumsmedizinische Analysen in derselben gemeinschaftlich genutzten Einrichtung zu erbringen (§ 1a Nr. 14a BMV-Ä). Meistens ist die Gemeinschaft Eigentümerin der für das Labor erforderlichen Räume. Sie stellt auch das Hilfspersonal ein und beschafft die notwendigen Apparate und Einrichtungen. Die Gesellschafter (Mitglieder) haben hingegen zur Finanzierung der Laborgemeinschaft regelmäßig gleiche Investitionseinlagen zu erbringen und sind am Gesellschaftsvermögen in gleicher Höhe beteiligt. Zudem werden manchmal für einzelne Untersuchungen bzw. zu erbringende Leistungen Umlagen von dem die Untersuchung/Leistung beauftragenden Arzt gefordert.

     

    Für die steuerlich korrekte Behandlung der Beteiligung an der Laborgemeinschaft kommt es darauf an, ob die Laborgemeinschaft ihre Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht ausübt. Beide Varianten kommen in der Praxis vor und die Rechtsfolgen, welche das BMF (12.2.09, IV C 6 ‒ S 2246/08/10001) vorsieht, sind komplett unterschiedlich.

    2. Laborgemeinschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht

    Arbeitet die Laborgemeinschaft lediglich kostendeckend, weil nur die anfallenden Ausgaben auf die Gesellschafter umgelegt werden, dann besteht keine Gewinnerzielungsabsicht. Konsequenterweise werden keine steuerlich relevanten Einkünfte auf Ebene der Laborgemeinschaft erzielt und es besteht auch keine Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

     

    Dennoch hat der von der Laborgemeinschaft getragene Aufwand steuerliche Relevanz, weil dieser bei den beteiligten Ärzten gemessen am Umfang der jeweiligen Beteiligung in den Praxen als Betriebsausgabe abzugsfähig ist (keine negativen Beteiligungseinkünfte i. S. d. § 180 Abs. 1 AO!). Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass die Höhe der sich ergebenden Betriebsausgaben der Laborgemeinschaft sowie der Anteil eines jeden Gesellschafters daran gesondert und einheitlich festgestellt werden, um diesen Betrag im Rahmen der Gewinnermittlung der beteiligten Arztpraxen geltend machen zu können (§ 180 Abs. 2 AO i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO).

     

    2.1 Steuerfalle 1: Gesondert Betriebsausgaben geltend gemacht

    Wie ausgeführt benötigt eine ohne Gewinnerzielungsabsicht arbeitende Laborgemeinschaft Geld, um die Aufwendungen zu finanzieren. Dieses Geld wird durch Umlagen von den Ärzten gefordert. Denkbar sind zunächst Umlagen, welche alle Gesellschafter treffen ‒ z. B. für die Anschaffung von Inventar und Geräten. Manchmal werden aber auch Umlagen direkt von einem Gesellschafter gefordert, um einzelne ihn betreffende Kosten abzurechnen (z. B. für Sonderkosten infolge einer Untersuchung).

     

    Diese von den beteiligten Ärzten zu leistenden Umlagen sind innerhalb der Arztpraxen jedoch nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Das liegt daran, dass die Aufwendungen bereits auf Ebene der Laborgemeinschaft gesondert und einheitlich festgestellt werden und sie sich über die Feststellung direkt auf Ebene der beteiligten Arztpraxis auswirken. Werden die Umlagen ‒ was im Rahmen einer Betriebsprüfung häufig festgestellt wird ‒ irrtümlich gesondert als Betriebsausgabe auf Ebene der beteiligten Arztpraxis erfasst, wirkt sich die Zahlung doppelt steuermindernd aus. Korrekt ist es daher, die Zahlung auf Ebene der beteiligten Arztpraxis erfolgsneutral als Entnahme zu behandeln und auf Ebene der Laborgemeinschaft eine erfolgsneutrale Einlage auszuweisen.

     

    • Beispiel

    Dr. Zunder ist an einer ohne Gewinnerzielungsabsicht arbeitenden Laborgemeinschaft beteiligt. Er beauftragt diese mit einer Gewebeanalyse. Im Gegenzug für entstehende Sonderkosten fordert die Laborgemeinschaft von Dr. Zunder eine Umlage über 50 EUR.

     

    Lösung: Die Zahlung der 50 EUR ist bei Dr. Zunder nicht als Betriebsausgabe, sondern als erfolgsneutrale Entnahme zu erfassen. Am Jahresende werden auf Ebene der Laborgemeinschaft die anteilig auf Dr. Zunder entfallenden Betriebsausgaben ermittelt und festgestellt. Darin sind auch die geleisteten 50 EUR enthalten. Dieser Betrag ist in der Praxis von Dr. Zunder über die gesonderte Feststellung als Betriebsausgabe (kein negativer Beteiligungsertrag!) zu berücksichtigen.

     

    Beachten Sie | Werden Umlagen zur Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens erhoben, z. B. für ein Untersuchungsgerät, ergibt sich ein zeitlich verzögerter Betriebsausgabenabzug. Während die beteiligte Arztpraxis die Umlage in einem Jahr zahlt, werden auf Ebene der Laborgemeinschaft die daraus resultierenden anteiligen Betriebsausgaben über mehrere Jahre verteilt festgestellt. Grund dafür ist die Abschreibung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Diese verhindert, dass sich die Umlage sofort und in voller Höhe in den festzustellenden Betriebsausgaben niederschlägt.

     

    2.2 Steuerfalle 2: Abrechnungen der Laborgemeinschaft gegenüber der KV

    Die Laborgemeinschaft kann gemäß § 25 Abs. 3 BMV-Ä Abrechnungen unmittelbar mit der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung vornehmen. Dabei hat sie ihre Betriebsstättennummer, die Betriebsstättennummer der Arztpraxis und die Arztnummer des beteiligten (auftraggebenden) Arztes anzugeben. Der Honorarbescheid ergeht dann gegenüber der Laborgemeinschaft. Diese erhält auch das entsprechende Honorar.

     

    Diese Zahlungen an die Laborgemeinschaft sind als Zahlungen im abgekürzten Zahlungsweg anzusehen und damit dem beteiligten (auftraggebenden) Arzt zuzurechnen. Denn dieser rechnet lediglich durch die Laborgemeinschaft gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung ab. Die Laborgemeinschaft führt also die Abrechnung im Namen des beteiligten Arztes durch und etwaige Honorare sind beim beteiligten Arzt als Betriebseinnahme zu erfassen. Weil für die Laborgemeinschaft lediglich die anteiligen Betriebsausgaben gesondert und einheitlich festgestellt werden, hat hierin keine Berücksichtigung der Honorare zu erfolgen. Auch eine Verrechnung ist unzulässig. Das für die Laborgemeinschaft zuständige FA kann die auf den auftraggebenden Arzt entfallenden Honorare vielmehr nur nachrichtlich dem für die Veranlagung des betroffenen Arztes zuständigen FÄ mitteilen. Denn der beteiligte Arzt muss die über die Laborgemeinschaft abgerechneten Honorare selbst in seiner eigenen Gewinnermittlung deklarieren. Über die nachrichtliche Mitteilung an das für die Besteuerung des Arztes zuständige FA kann dieses überprüfen, ob der Arzt die Honorare auch erklärt hat. Ist das nicht der Fall, drohen oft hohe Steuernachzahlungen.

     

    • Beispiel

    Dr. Zunder ist an einer ohne Gewinnerzielungsabsicht arbeitenden Laborgemeinschaft beteiligt. Für eine von Dr. Zunder in Auftrag gegebene Leistung rechnet die Laborgemeinschaft im Namen des Dr. Zunder 150 EUR gegenüber der KV ab. Die Zahlung wird anschließend an Dr. Zunder weitergeleitet.

     

    Lösung: Auch wenn die Abrechnung über die Laborgemeinschaft erfolgt, hat Dr. Zunder das Honorar von 150 EUR in seiner Gewinnermittlung zu deklarieren.

     

    2.3 Steuerfalle 3: Zurechnung der Wirtschaftsgüter der Laborgemeinschaft

    Weil eine Laborgemeinschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht keine Mitunternehmerschaft darstellt, ergeben sich Probleme bei der Zurechnung der Wirtschaftsgüter. Die Wirtschaftsgüter der Laborgemeinschaft sind nämlich nicht der Laborgemeinschaft, sondern den beteiligten Arztpraxen ‒ mit sämtlichen Folgen ‒ anteilig und unmittelbar zuzurechnen. In der Praxis unterbleibt diese Zuordnung regelmäßig. Denn Abschreibungen usw. werden bereits auf Ebene der Laborgemeinschaft innerhalb der anteiligen Kosten berücksichtigt (gesonderte Feststellung). Diese fehlende Zuordnung wird auch im Rahmen von Betriebsprüfungen regelmäßig nicht aufgegriffen, weil sich im Saldo oft keine steuerliche Änderung ergeben würde.

     

    Allerdings ist zu beachten, dass sich bei einem Ausscheiden einzelner Mitglieder aus der Laborgemeinschaft gegen eine Abstandszahlung oder bei einer Auflösung der Gemeinschaft eine Steuerfalle ergeben kann. Denn es liegt keine steuerbegünstigte Realteilung vor. Voraussetzung dafür wäre nämlich, dass es sich bei der Laborgemeinschaft um eine Mitunternehmerschaft handelt. Vielmehr findet bei einer Auflösung der Laborgemeinschaft unter Aufteilung der Wirtschaftsgüter (ggf. verbunden mit einem Spitzenausgleich) ein Tausch der anteiligen Wirtschaftsgüter statt. Und dieser führt zu einer Realisierung der darin enthaltenen anteiligen stillen Reserven.

     

    • Beispiel

    Die Ärzte A und B betreiben als GbR (50/50) eine Laborgemeinschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht. Es sind zwei Anlagegüter vorhanden. Gerät 1 mit einem Buchwert von 30.000 EUR (gemeiner Wert 60.000 EUR) und Gerät 2 mit einem Buchwert von 20.000 EUR (gemeiner Wert 40.000 EUR). Die Ärzte haben sich 2024 voneinander getrennt. A hat das Gerät 1 im Wert von 60.000 EUR übernommen und B das Gerät 2 im Wert von 40.000 EUR. Im Gegenzug musste A an B einen Spitzenausgleich von 10.000 EUR zahlen.

     

    Lösung: Die Wirtschaftsgüter gehörten vor der Trennung zu 50 % A bzw. B (Buchwert jeweils Gerät 1 15.000 EUR und Gerät 2 10.000 EUR). Eine steuerneutrale Realteilung liegt nicht vor, sondern ein Tausch von Wirtschaftsgütern mit Spitzenausgleich und Gewinnrealisierung. B hat dem A das hälftige Gerät 1 (sein Buchwert = 15.000 EUR) überlassen. Im Gegenzug erhält B das hälftige Eigentum am Gerät 2 (Wert = 20.000 EUR) sowie 10.000 EUR. Damit realisiert B einen Veräußerungsgewinn von 15.000 EUR. A hat hingegen dem B das hälftige Gerät 2 (sein Buchwert = 10.000 EUR) überlassen. Im Gegenzug erhält A das hälftige Eigentum am Gerät 1 (Wert = 30.000 EUR), muss aber auch 10.000 EUR an B bezahlen. Damit realisiert A einen Veräußerungsgewinn über 10.000 EUR. Am Ende der Auseinandersetzung verfügt A über das Gerät 1 (Wert 60.000 EUR und Buchwert neu 45.000 EUR). B verfügt hingegen über das Gerät 2 (Wert 40.000 EUR und Buchwert neu 30.000 EUR) sowie 10.000 EUR Bargeld/Bankbestand.

     

    3. Laborgemeinschaft mit Gewinnerzielungsabsicht

    Übt die Laborgemeinschaft ihre Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht aus, handelt es sich um eine Mitunternehmerschaft (§ 18 Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Anders als bisher werden nun nicht die Betriebsausgaben gesondert und einheitlich für die Gesellschafter festgestellt, sondern der erzielte Gewinn der Laborgemeinschaft (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Dieser Gewinn verteilt sich sodann auf die einzelnen Gesellschafter und unterliegt bei diesen der Besteuerung. Daraus folgt auch, dass die Wirtschaftsgüter der Laborgemeinschaft der Mitunternehmerschaft zuzurechnen sind. Eine steuerneutrale Realteilung der Laborgemeinschaft ist damit möglich. Zudem stellt sich auch nicht das Problem des irrtümlich vorgenommenen doppelten Betriebsausgabenabzugs, wenn die Gesellschafter Zahlungen an die Laborgemeinschaft leisten müssen. Denn diese sind auf Ebene der beteiligten Arztpraxis als Betriebsausgabe abzugsfähig und stellen eine Betriebseinnahme der Laborgemeinschaft dar.

     

    • Beispiel

    Dr. Zunder ist an einer Laborgemeinschaft beteiligt, bei welcher eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Für eine Untersuchung entrichtet er an die Laborgemeinschaft 75 EUR.

     

    Lösung: Die Zahlung der 75 EUR ist bei Dr. Zunder als Betriebsausgabe zu erfassen und auf Ebene der Laborgemeinschaft liegt eine Betriebseinnahme vor. Nach Ablauf des Jahres wird auf Ebene der Laborgemeinschaft der Gewinn ermittelt und im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung auf die Gesellschafter verteilt. Dieser Gewinn enthält auch die Zahlung von Dr. Zunder von 75 EUR und muss von den Gesellschaftern versteuert werden.

     

    Auch bei Laborgemeinschaften mit Gewinnerzielungsabsicht gibt es eine Steuerfalle, und zwar, wenn die Laborgemeinschaft gewerbliche Einkünfte erzielt. Grundsätzlich erzielen Laborgemeinschaften zwar freiberufliche Einkünfte i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Voraussetzung ist allerdings, dass an der Laborgemeinschaft nur Ärzte beteiligt sind und jeder dieser Ärzte ‒ ggf. unter Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte ‒ aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird („Stempeltheorie“, vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). Ob diese Voraussetzungen erfüllt werden, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln. Ist an der Laborgemeinschaft z. B. eine berufsfremde Person beteiligt oder wird einer der beteiligten Ärzte nicht für die Laborgemeinschaft tätig, dann werden die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt und es liegen gewerbliche Einkünfte vor.

     

    PRAXISTIPP | Vom BFH wurde jüngst entschieden, dass es für freiberufliche Einkünfte ausreichend ist, wenn jeder Gesellschafter im äußerst geringfügigen Umfang freiberuflich tätig wird (BFH 4.2.2, VIII R 4/22). Im Streitfall handelt es sich um eine aus Zahnärzten bestehende Partnerschaftsgesellschaft, bei welcher einer der Zahnarzt-Gesellschafter lediglich einen Umsatz von rund 0,028 % des Gesamtumsatzes durch eigene Tätigkeiten erzielte.

     

    Soweit an einer solchen gewerblich tätigen Laborgemeinschaft Einzelpraxen beteiligt sind, ergeben sich keine gravierenden Auswirkungen. Der beteiligte Arzt erzielt dann zwar gewerbliche Einkünfte aus der Beteiligung an der Laborgemeinschaft. Die weiteren Einkünfte aus der Einzelpraxis bleiben jedoch freiberuflich. Anders sieht es aus, wenn sich eine Gemeinschaftspraxis an einer gewerblich tätigen Laborgemeinschaft beteiligt. Schuld daran ist die in § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG verankerte Abfärbe- bzw. Infektionstheorie. Denn die Beteiligung einer freiberuflich tätigen Gemeinschaftspraxis an einer gewerblichen Laborgemeinschaft führt dazu, dass die Gemeinschaftspraxis ebenfalls gewerbliche Einkünfte erzielt. Geringfügigkeits- oder Bagatellgrenzen (wie vom BFH bei § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG entwickelt) existieren nicht (BFH 6.6.19, IV R 30/16).

     

    • Beispiel

    Eine freiberuflich tätige Gemeinschaftspraxis beteiligt sich an einer gewerblich tätigen Laborgemeinschaft (GbR). Es werden durch die Beteiligung jährlich geringe gewerbliche Beteiligungseinkünfte erzielt.

     

    Lösung: Grundsätzlich würde die Gemeinschaftspraxis freiberufliche Einkünfte erzielen. Aufgrund der gewerblichen Beteiligungserträge erfolgt jedoch nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG eine gewerbliche Infizierung, sodass es sich insgesamt um gewerbliche Einkünfte handelt.

     

    Beachten Sie | Soll die gewerbliche Infektion umgangen werden, bietet sich ein Ausweg: Es beteiligt sich nicht die Gemeinschaftspraxis an der gewerblich tätigen Laborgemeinschaft, sondern die Ärzte der Gemeinschaftspraxis gehen die Beteiligung ein. Zwar befinden sich die Beteiligungen dann im Sonderbetriebsvermögen der Ärzte auf Ebene der Gemeinschaftspraxis. Eine Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG ist jedoch nicht durch ausschließlich im Sonderbereich erwirtschaftete gewerbliche Gewinne möglich (BFH 28.6.06, XI R 31/05).

    4. Änderung der Gewinnermittlungsart

    Grundsätzlich steht es allen Freiberuflern offen, ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) zu ermitteln. Eine Pflicht zur Aufstellung einer Bilanz gibt es nicht, sodass auch eine große Gemeinschaftspraxis mit mehreren Millionen EUR Umsatz und Gewinn den Gewinn durch EÜR ermitteln kann. Werden die Einkünfte jedoch durch die Infektion in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, greift § 141 AO. Danach besteht die Pflicht zur Gewinnermittlung durch Bilanzierung (§ 4 Abs. 1 EStG) überzugehen, wenn das nun gewerbliche Unternehmen einen Gesamtumsatz i. S. d. § 19 Abs. 2 S. 1 UStG von mehr als 800.000 EUR im Kalenderjahr oder einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 80.000 EUR im Wirtschaftsjahr erzielt hat.

     

    Diese Grenzen werden in der Praxis schnell überschritten, sodass die Art der Gewinnermittlung zu ändern ist. Das führt in der Praxis einerseits oft zu höheren Steuerberatungs- und Buchführungskosten und andererseits zu einer frühzeitigeren Versteuerung der Erlöse. Denn während Honorare bisher im Jahr des Zuflusses der Besteuerung unterlagen (EÜR), ist bei Bilanzierung der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Zugehörigkeit maßgebend. Werden Patienten im Jahr 2025 behandelt und fließen die Einnahmen der Gemeinschaftspraxis erst im Jahr 2026 zu, dann sind diese bei Gewinnermittlung durch Bilanzierung 2025 zu versteuern.

     

    Beachten Sie | Durch den Wechsel von der Gewinnermittlungsart ist auch ein Übergangsgewinn zu ermitteln. Dieser Übergangsgewinn muss aber nicht sofort, sondern kann über drei Jahre verteilt versteuert werden (H 4.6 EStH).

    5. Gewerbesteuerpflicht

    Gewerbliche Einkünfte unterliegen gemäß § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, aus welchem Grund es sich um gewerbliche Einkünfte handelt. Umstritten ist jedoch, ob auch eine gewerbliche Infizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG durch den Bezug von gewerblichen Beteiligungseinkünften dazu führt, dass die als insgesamt gewerblich infizierten Einkünfte der Gesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen. Denn der BFH hat in bereits vier Verfahren geurteilt, dass § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG verfassungskonform dahin gehend auszulegen ist, dass ein gewerbliches Unternehmen i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG nicht als ein nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegendes Unternehmen gilt (BFH 30.11.23, IV R 10/21; 5.9.23, IV R 24/20; 15.6.23, IV R 6/20 und 6.6.19, IV R 30/16). Nach Auffassung des BFH werden gewerbliche Einkünfte erzielt ‒ jedoch fällt keine Gewerbesteuer an.

     

    Die Finanzverwaltung sieht das anders. Mit gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 1.10.20 (BStBl I 20, 1032) wurde im Einvernehmen mit dem BMF verfügt, dass das erste Urteil des BFH (6.6.19, IV R 30/16) im Hinblick auf die gewerbesteuerlichen Auswirkungen über den Einzelfall hinaus nicht anzuwenden ist. Denn Gegenstand des Verfahrens war ein Feststellungsbescheid und kein Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag. Auch die weiteren Urteile wurden mit einem Nichtanwendungserlass versehen. Damit bleibt betroffenen Gemeinschaftspraxen derzeit nur das Einspruchs- und (regelmäßig erfolgreiche) Klageverfahren, um gegen belastende Gewerbesteuermessbetragsbescheide vorzugehen.

     

    Beachten Sie | Die Finanzverwaltung hält vermutlich deshalb an ihrer Rechtsauffassung fest, weil zu der Thematik noch ein Verfahren beim 8. Senat des BFH anhängig war. Dieses wurde jedoch jüngst mit Urteil vom 4.2.25 (VIII R 1/22) entschieden. Auch dieser Senat sah keine Gewerbesteuerpflicht bei einer gewerblichen Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG. Es ist daher davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung den Ländererlass in absehbarer Zeit aufheben und die Rechtsprechung des BFH anerkennen wird.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2025 | Seite 191 | ID 50381790