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  • 18.04.2013

    Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 26.07.2011 – 2 K 123/10

    Der nachträgliche Wechsel der Gewinnermittlungsart ist nicht möglich. Der Kläger hatte sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Jahr 2005 wirksam und damit bindend ausgeübt, so dass eine Teilwertabschreibung der GmbH-Beteiligung ausschied.


    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob nachträglich ein Wechsel der Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG für das Kalenderjahr 2005 bzw. eine Abschreibung der Beteiligung auch bei einer Einnahmen-Überschussrechnung möglich war.

    Die Kläger werden gemäß § 26 EStG zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Die ESt-Erklärung 2005 wurde am 8. Juni 2006 beim Finanzamt eingereicht. Beigefügt war eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Einzelunternehmen des Klägers. Die Gewinnermittlung wurde am 19. Mai 2006 aufgestellt und der steuerliche Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG mit 545,97 EUR ausgewiesen. Am 28. Juni 2006 wurde eine berichtigte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vom 27. Juni 2006 mit einem steuerlichen Verlust von 77.452,30 EUR vorgelegt. Mit Vertrag vom 10. Dezember 2002 erwarb der Kläger die Gesellschaftsanteile an der ... GmbH (GmbH) zum 1. Januar 2003. Der Kaufpreis habe 77.999,27 EUR betragen. Bei der Beteiligung habe es sich um notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehandelt, da wesentliche Betriebsgrundlagen des Einzelunternehmens (Werkstatt und Maschinen) an die Gesellschaft zur Nutzung überlassen worden seien. Der Wert der Beteiligung betrage zum 31. Dezember 2005 1,00 EUR. Die GmbH habe in den Jahren 2003 bis 2005 Verluste in Höhe von 184.676,55 EUR erwirtschaftet. Eine wesentliche Änderung der Ertragslage sei zukünftig nicht zu erwarten. Gemäß Handelsregisterauszug des Amtsgerichts ..., eingetragen am 9. August 2006, wurde die GmbH mit Vertrag vom 10. Juli 2006 auf ihren Alleingesellschafter, den Kläger, durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes unter Auflösung ohne Abwicklung verschmolzen. Die Verschmelzung wurde mit der gleichzeitig erfolgten Eintragung in das Handelsregister wirksam. Der Kläger hat die GmbH mit seinem Einzelunternehmen unter der Firma ... e.K. verschmolzen und zum 1. Januar 2006 eine entsprechende Eröffnungsbilanz, auf die Bezug genommen wird, aufgestellt. Der Übernahmeverlust wurde mit 131.863,69 EUR ausgewiesen.

    Das Finanzamt berücksichtigte zunächst den geltend gemachten Verlust im ESt-Bescheid für 2005 vom 7. August 2006 und änderte den ESt-Bescheid für 2004 gemäß § 10d Abs. Satz 2 EStG und berücksichtigte mit Bescheid vom 28. August 2006 einen Verlustrücktrag aus 2005 in Höhe von 23.732 EUR.

    Für die Kalenderjahre 2005 bis 2007 wurde für das Einzelunternehmen des Klägers eine Betriebsprüfung durchgeführt. Gemäß Betriebsprüfungsbericht vom 16. Dezember 2009 wurde zum 1. Januar 2006 von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen. Die Betriebsprüfung lehnte die Anerkennung der Teilwertabschreibung ab, da eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG unter anderem für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens möglich sei, die nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen seien. Der Kläger habe für das Jahr 2005 eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG erstellt, für die eine Teilwertabschreibung nicht möglich sei (Bundesfinanzhof -BFH- vom 21. Juni 2006, XI R 49/05).

    Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde ein Wechsel der Gewinnermittlungsart beantragt und mit Schreiben vom 16. November 2009 eine Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2005 sowie eine Bilanz zum 31. Dezember 2005 eingereicht. Der Jahresfehlbetrag wurde mit 77.693,91 EUR ausgewiesen.

    Die Betriebsprüfung versagte die nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart, da, nachdem bereits eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG beim Finanzamt eingereicht wurde, der Wechsel zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG nur bis zur formalen Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) möglich sei (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005, XI R 4/04).

    Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und setzte die ESt 2005 mit Bescheid vom 7. Januar 2010 auf 7.998,00 EUR fest. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit 546,00 EUR berücksichtigt. Ebenfalls mit Bescheid vom 7. Januar 2010 wurde die ESt 2004 gemäß § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG geändert, der Verlustrücktrag aus 2005 von 23.732,00 EUR storniert und die ESt 2004 auf 9.410,00 EUR festgesetzt.

    Mit fristgerecht erhobenen Einsprüchen trug der Kläger vor, dass der geänderten Gewinnermittlungsart zu folgen sei. Der BFH habe zuletzt mit Urteil vom 19. März 2009 (IV R 57/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2009, 1298) zu den Möglichkeiten des Wechsels der Gewinnermittlungsart Stellung bezogen. Danach habe der nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige, der freiwillig Bücher führe, ein Wahlrecht zwischen den Gewinnermittlungsarten gemäß § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG. Das Wahlrecht könne bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. -feststellung in Anspruch genommen werden. Im Betriebsprüfungsbericht werde auf das BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 (XI R 4/04) hingewiesen. Auch in diesem Verfahren sei entschieden worden, dass ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger ein - prinzipiell unbefristetes - Wahlrecht habe, das zwar formal allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. -feststellung begrenzt sei, das aber der Sache nach bereits durch die Einrichtung bzw. Nichteinrichtung einer entsprechenden Buchführung ausgeübt werde. Danach sei ein Wechsel der Gewinnermittlungsart im Streitfall nicht ausgeschlossen. Der Kläger sei aufgrund seiner Tätigkeit und aufgrund der erzielten Gewinne in den Vorjahren nicht buchführungspflichtig gewesen. Gleichwohl habe er eine Buchführung erstellt. Formal sei die Eröffnungsbilanz nicht erstellt worden. Aus der Buchhaltung könne sie aber abgeleitet werden, da die entsprechenden Eröffnungsbilanzbuchungen mit der Buchführung Januar 2005 erstellt worden seien. Da eine kaufmännische Buchführung eingerichtet sei, lägen auch die formalen Voraussetzungen der Einrichtung einer entsprechenden Buchführung und der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz vor. Die Buchhaltung werde monatlich erstellt. Die Primanoten für Januar bis Dezember 2005 wurden vorgelegt. Des Weiteren könne ein Nachweis durch die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen erfolgen.

    Es sei nicht richtig, dass die Eröffnungsbilanz erst vier Jahre später erstellt worden sei. Die Eröffnungsbilanz sei im Rahmen der Buchhaltung Januar 2005 in der Weise erstellt worden, dass entsprechende Eröffnungsbilanzbuchungen erfolgt seien. Richtig sei, dass die Eröffnungsbilanz papiermäßig erst im Jahr 2009 ausgedruckt und dem Finanzamt eingereicht worden sei. Dies sei erfolgt, da erst im Jahr 2009 im Rahmen der Betriebsprüfung beschlossen worden sei, einen Wechsel der Gewinnermittlungsart vorzunehmen. Das Ausdrucken der Eröffnungsbilanz im Kalenderjahr 2009 könne aber kein Entscheidungskriterium sein, um den Wechsel der Gewinnermittlungsart zu verneinen, da die entsprechenden Eröffnungsbilanzbuchungen vollständig in der Buchführung dokumentiert und auch vom Prüfer zur Kenntnis genommen worden seien.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2010 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt habe zu Recht die Inanspruchnahme einer Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG versagt, da bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG keine Teilwertabschreibung in Betracht komme (BFH vom 21. Juni 2006) und ein Wechsel zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG im Streitjahr 2005 nicht zulässig sei. Der ESt-Bescheid 2004 sei zu Recht gemäß § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG geändert worden, da keine nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte aus dem Kalenderjahr 2005 vorlägen.

    Gemäß § 4 Abs. 1 EStG sei Gewinn der um Entnahmen und Einlagen korrigierte Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Gemäß § 4 Abs. 3 EStG könne der Steuerpflichtige, der nicht verpflichtet sei, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, und der auch keine Bücher führe und keine Abschlüsse mache, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Dabei seien der Bestandsvergleich und die Einnahmen-Überschuss-Rechnung zwar unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden. Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform habe vielmehr Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln sei, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen habe.

    Nach dieser Rechtslage habe der Kläger als nichtbuchführungspflichtiger Steuerpflichtige grundsätzlich das Wahlrecht, durch die Einrichtung einer entsprechenden Buchführung die Voraussetzung für eine Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG zu schaffen. In diesem Fall lägen die Voraussetzungen für die „Regel-Gewinnermittlungsart” vor, so dass kein Bedarf für eine vereinfachte Gewinnermittlung bestehe. Ein nichtbuchführungspflichtiger Steuerpflichtiger habe erst dann sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstelle, zeitnah eine ordnungsgemäße kaufmännische Buchführung einrichte und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss mache. Sei die Eröffnungsbilanz nicht zeitnah, sondern erst nach Ablauf eines Streitjahres erstellt, sei für dieses Jahr der Wechsel zum Bestandsvergleich ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005, XI R 4/04, BFHE 211, 262).

    Habe sich ein Steuerpflichtiger, wie im Streitfall der Kläger, zunächst für die Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG entschieden, so könne er allein durch eine nachträglich erstellte Buchführung seine zunächst getroffene Wahl nicht mehr ändern. Der Kläger habe sein Wahlrecht durch die Erstellung einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG vom 19. Mai 2006 für den Zeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 sowie einer berichtigten Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG vom 28. Juni 2006 ausgeübt. Durch das Einreichen dieser Einnahmen-Überschuss-Rechnungen habe der Kläger gegenüber dem Finanzamt erklärt, dass er auf die Erstellung eines Abschlusses verzichtet habe. Auch nach dem BFH-Urteil vom 19. März 2009 (IV R 57/07, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2009, 659) würden allein die technischen Voraussetzungen einer EDV-Buchführung keine kaufmännische Buchführung begründen. Der Kläger könne nicht mehr wirksam von der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen. Die Eröffnungsbilanz sei ausweislich der Akten am 16. November 2009, also ca. vier Jahre nach Ende des Veranlagungszeitraums 2005, erstellt bzw. dem Finanzamt eingereicht worden. Ein Übergangsgewinn sei nicht ermittelt worden. Damit sei der Wechsel zur Gewinnermittlung des Einzelunternehmens durch Bestandsvergleich in jedem Fall ausgeschlossen. Hinweise auf eine zeitnah erstellte Buchführung, die den gesetzlichen Erfordernissen im Rahmen des Bestandsvergleichs entsprechen könnte, bestünden nicht. Die vom Kläger vorgetragenen Argumente, dass die Buchhaltungsunterlagen vom Kläger monatlich zur Verfügung gestellt und auf dieser Grundlage monatliche betriebswirtschaftliche Auswertungen erstellt worden seien sowie im Rahmen der Buchhaltung für den Monat Januar 2005 die entsprechenden Eröffnungsbilanzbuchungen vorgenommen worden seien, würden unter Berücksichtigung der oben dargestellten Gründe nicht zu einer Änderung der Rechtsauffassung des Finanzamts führen.

    Damit habe § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wonach der Teilwert von Beteiligungen bei dauernder Wertminderung entsprechend abgeschrieben werden könne, im Streitjahr 2005 keine Anwendung finden können. Im Übrigen werde auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

    Mit fristgerecht erhobener Klage wurde ergänzend vorgetragen, dass keine nachträgliche Buchführung erstellt worden sei. Der Kläger habe eine kaufmännische Buchhaltung eingerichtet gehabt. Es könne nicht zu Lasten des Klägers ausgelegt werden, dass jeder Steuerpflichtige, der seinen Gewinn nicht gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittle, dem Finanzamt vorsorglich zu Beginn des Kalenderjahres eine Eröffnungsbilanz einreichen müsse, um gegebenenfalls einen Wechsel der Gewinnermittlungsart zu erreichen. Entscheidend sei, dass eine Eröffnungsbilanz aufgestellt worden sei. Dass ein Übergangsgewinn nicht ermittelt worden sei, sei ebenfalls kein Kriterium, um einen Wechsel der Gewinnermittlungsart auszuschließen.

    Der BFH habe mit Urteil vom 19. März 2009 entschieden, dass nichtbuchführungspflichtigen Steuerpflichtigen das Wahlrecht der Gewinnermittlungsart unbefristet zustehe: „Ein nichtbuchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich erst dann wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufgestellt, eine kaufmännische Buchführung eingerichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss gemacht hat.” Der BFH lässt nunmehr abweichend von früheren Entscheidungen (BFH vom 1. Oktober 1996, VIII R 40/94 und vom 9. Februar 1999, VIII R 49/97) die Ausübung des Wahlrechts zwischen den Gewinnermittlungsarten nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung zu. Des Weiteren habe der Vorsitzende des erkennenden Senats in seiner Kommentierung (Der Betrieb -DB- 2009, 1386) herausgestellt, dass „künftig die Errichtung einer Eröffnungsbilanz und die Einrichtung einer kaufmännischen Buchführung zwar erforderlich seien, wenn der Steuerpflichtige in den Betriebsvermögensvergleich wählen wolle, er lege sich mit diesen Maßnahmen jedoch nicht endgültig fest, sondern erst mit einem tatsächlich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG erstellten Jahresabschluss.” In der Kommentierung (Herrmann/Heuer/Raupach, HHR § 4 EStG, Rz. 550 neu) werde ebenfalls darauf hingewiesen, dass, da das Gesetz keine Frist für die Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts vorsehe, das Wahlrecht formal durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung und materiell-rechtlich durch die Tatsachenvoraussetzungen des Abs. 3 begrenzt sei. Dieser Auffassung habe sich in der Zwischenzeit auch die Finanzverwaltung angeschlossen (OFD Niedersachsen vom 17. Februar 2010): „Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung findet nur Anwendung, wenn diese Gewinnermittlungsart bewusst gewählt wird und die Minimalanforderung an eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erfüllt sind.” Bei Vorliegen der Voraussetzungen steht das Wahlrecht zwischen beiden Gewinnermittlungsarten nichtbuchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zu. Formal wird das Wahlrecht allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Festsetzung begrenzt. … Ebenso scheidet die Wahl der Gewinnermittlung nach Bestandsvergleich aus, wenn der Steuerpflichtige nicht zeitnah zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und eine kaufmännische Buchführung eingerichtet hat.”

    Des Weiteren sei bei dem Rechtsstreit „die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit” zu beachten. Die Entscheidung des Finanzamts im Rahmen der Betriebsprüfung führe im Ergebnis dazu, dass der Steuerpflichtige wirtschaftliche Verluste, die dem betrieblichen Bereich zuzuordnen seien, steuerlich nicht geltend machen könne. Die GmbH sei auf das Einzelunternehmen verschmolzen worden, so dass die Gesellschaftsanteile an der ehemaligen ... GmbH untergegangen seien, ohne dass eine steuerliche Berücksichtigung erfolgen könne.

    In der mündlichen Verhandlung wurde weiter vorgetragen, dass auch bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung bei einem Totalverlust der Beteiligung eine Berücksichtigung des Verlustes möglich sei (BFH-Urteil vom 2. September 1971 IV 342/65, BStBl II 1972, 334).

    Die Kläger beantragen,

    die ESt-Bescheide 2004 und 2005, jeweils vom 7. Januar 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2010 aufzuheben.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung wird auf das Schreiben des Finanzamts vom 15. März 2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2010 Bezug genommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (2 K 123/10; 2 K 124/10) sowie der Steuerakten (je 1 Band ESt-, Bilanz-, Gewerbesteuer-, Betriebsprüfungs- und Rechtsbehelfsakte) Bezug genommen. Diese waren beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und verletzen die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Eine Aufhebung der geänderten Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005, jeweils vom 7. Januar 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2010 kommt daher nicht in Betracht. Die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb waren für das Streitjahr 2005 durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln (I.), so dass das Finanzamt zu Recht eine Teilwertabschreibung der Beteiligung an der GmbH abgelehnt hat (II.). Der Verlust der Beteiligung durch die Verschmelzung bleibt außer Ansatz (III).

    I. Gewinnermittlungsart

    1. Gemäß § 4 Abs. 1 EStG ist Gewinn der um Entnahmen und Einlagen korrigierte Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Gemäß § 4 Abs. 3 EStG kann der Steuerpflichtige, der nicht verpflichtet ist, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, und der auch keine Bücher führt und keine Abschlüsse macht, als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.

    Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Gewinnermittlungsarten in einem Über- und Unterordnungsverhältnis zueinander stünden. Vielmehr sind Bestandsvergleich und Einnahmen-Überschuss-Rechnung zwei unterschiedliche, aber grundsätzlich gleichwertige Gewinnermittlungsmethoden (Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach -HHR-, § 4 EStG Rz 504; Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz D 3). Die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als Grundform hat vielmehr nur Bedeutung für die Frage, nach welcher Methode der Gewinn zu ermitteln ist, wenn der Steuerpflichtige keine (wirksame) Wahl für die eine oder andere Gewinnermittlungsart getroffen hat (vgl. Wied in Blümich, § 4 EStG Rz 133). In einem solchen Fall bleibt es bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 57/07, BStBl II 2009, 659 m.w.N.).

    Der BFH hat in seiner neueren Rechtsprechung hervorgehoben, dass das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zusteht (BFH-Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 4/04, BStBl II 2006, 509). Formal wird das Wahlrecht hiernach allein durch die Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. Feststellung begrenzt. Dies entspricht im Ergebnis auch der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung (z.B. Bergkemper in HHR, § 4 EStG Rz 552; Wied in Blümich, § 4 EStG Rz 134 ff.; Frotscher in Frotscher, EStG, 6. Aufl., § 4 Rz 19; Korn in Korn, § 4 EStG Rz 500). Der BFH ist diesen Auffassungen beigetreten (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 2009 X R 46/08, BFH/NV 2010, 186; vom 19. März 2009 IV R 57/07, BStBl II 2009, 659 m.w.N.). Das Gesetz bestimmt an keiner Stelle eine Frist für die Ausübung des Wahlrechts (Bergkemper in HHR, § 4 EStG Rz 549, 552). Auch der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG spricht für diese Rechtsansicht. Denn danach entfällt für nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige das Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erst mit der Erstellung des Abschlusses, nicht hingegen bereits mit der Einrichtung der Buchführung (BFH-Urteile vom 21. Juli 2009 X R 46/08, BFH/NV 2010, 186 und vom 19. März 2009 IV R 57/07, BStBl II 2009, 659 m.w.N.).

    Den Abschluss erstellt der Steuerpflichtige jedoch erst nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums. Daraus folgt, dass die Wahl zwischen den Gewinnermittlungsarten auch erst durch den Abschluss und folglich nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres ausgeübt wird (Änderung der Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 57/07, BStBl II 2009, 659 m.w.N.; Kanzler in HHR, § 4 Rz. 550).

    Dem mit der Einnahmen-Überschuss-Rechnung verfolgten Vereinfachungszweck wird diese Auffassung ebenfalls gerecht. Denn der Steuerpflichtige kann durch die Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung auf die Erstellung des Abschlusses verzichten, selbst wenn er zuvor schon eine Buchführung eingerichtet hat (Bergkemper in HHR, § 4 EStG Rz 552). Für das Finanzamt ist insoweit nur von Bedeutung, dass es nach der Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung durch den Steuerpflichtigen diese auch erhält (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 57/07, BStBl II 2009, 659). Es kommt hinzu, dass die Verwendung der elektronischen Datenverarbeitung eine Angleichung der Buchführung bei den beiden Gewinnermittlungsarten bewirkt hat. Vielfach kann durch entsprechende Schlüsselung bei Abschluss der Buchführung sowohl ein Bestandsvergleich als auch eine Überschussrechnung entwickelt werden.

    Ein Buchführungsprogramm, welches die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz zulässt bzw. diese automatisch erstellt, ist jedenfalls keine zulässige Ausübung des Wahlrechts hin zu der Ermittlung des Gewinnes durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, wenn der Steuerpflichtige auf Grund der laufenden Buchführung tatsächlich nur eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellt (FG Münster, Urteil vom 29. März 2004 1 K 5817/00 E, EFG 2004, 1111 – nachfolgend BFH-Beschluss vom 8. September 2005 IV B 107/04, BFH/NV 2006, 276). Denn eine derartige Buchführung ist hinsichtlich der Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts neutral (BFH-Urteil vom 2. März 2006 IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457).

    Maßgeblich ist daher die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung (BFH-Urteile vom 2. März 2006,BFH/NV 2006, 1457 und vom 9. November 2000 IV R 18/00, BStBl II 2001, 102). Die Wahl kann nachträglich nicht mehr geändert werden; auf die Kenntnis der steuerlichen Folgen kommt es nicht an (BFH-Urteile vom 2. März 2006,BFH/NV 2006, 1457; vom 29. August 1985 IV R 111/83, BFH/NV 1986, 158; vom 19. Oktober 2005 XI R 4/04, BStBl II 2006, 509; BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2003 IV B 68/02, BFH/NV 2004, 633; Kanzler in HHR, § 4 Rz. 549).

    2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart für 2005 wirksam und damit bindend zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung ausgeübt.

    Unstreitig hat der Kläger für 2005 eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellt und auf Grund dieser Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG seine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingereicht. Spätestens mit diesem eindeutigen Verhalten hat er sein Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ausgeübt und auch nach Außen hin dokumentiert (vgl. BFH-Urteile vom 24. September 2008 X R 58/06, BStBl II 2009, 368 und vom 2. März 2006 IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457).

    Auch fehlt es an einer zeitnah aufgestellten Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2005. Die im Rechtsbehelfsverfahren vorgelegte Primanota „Eröffnungsbilanzbuchungen”, aus der sich die für eine Bilanzierung erforderlichen Zahlen entnehmen ließen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn es handelt sich dabei nicht um eine formelle Eröffnungsbilanz (siehe so bei Kontenübersichten im Verhältnis zur Schlussbilanz BFH-Urteil vom 2. März 2006 IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457).

    Der Kläger kann damit für den Gewinnermittlungszeitraum 2005 nicht nachträglich zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen. Das von ihm tatsächlich ausgeübte Wahlrecht bindet ihn für diesen Zeitraum. Folglich wurde der ESt-Bescheid für 2004 zu Recht gemäß § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG geändert, da keine nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte aus dem Kalenderjahr 2005 vorlagen.

    II. Teilwertabschreibung

    Eine Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG kommt bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 21. Juni 2006, XI R 49/05, BStBl II 2006, 712 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 9. Februar 2006 IV B 60/04, Juris). § 6 Abs. 1 Satz 1 EStG regelt ausdrücklich, dass diese Regelung nur für die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter gilt, die nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG als Betriebsvermögen anzusetzen sind. Diese Beschränkung ist sachgerecht, da die Einnahmeüberschussrechnung in erster Linie eine auf dem Zahlungsprinzip beruhende vereinfachte Form der Gewinnermittlung darstellt und weitere über die Anwendung der §§ 7 ff. EStG hinausgehende Differenzierungen vermieden werden sollen, zumal das Gesamtergebnis („Totalgewinngleichheit”) nicht tangiert wird und eine „gleichheitswidrige” Benachteiligung nicht gegeben ist.

    III. Verlust der Beteiligung

    Der Untergang der Beteiligung im Rahmen der Verschmelzung führte zu keinem endgültigen Verlust der Beteiligung, da an deren Stelle die einzelnen Wirtschaftsgüter der GmbH dem Einzelunternehmen des Klägers zugerechnet wurden. Das BFH-Urteil vom 2. September 1971 (IV 342/65, BStBl II 1972, 334) betrifft, da es sich um die Berücksichtigung eines endgültigen Darlehensverlustes bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung handelte, keinen vergleichbaren Fall.

    1. Die Beteiligung ist durch die Verschmelzung untergegangen. Dies wird durch das Umwandlungsteuergesetz, im Streitfall in der Fassung vom 15. Oktober 2002 (Bundesgesetzblatt -BGBl- 2002, 4133), geregelt. Wird die übertragende Körperschaft handelsrechtlich aufgelöst und ihr Vermögen ohne Abwicklung auf einen anderen Rechtsträger übertragen, geht die Vorschrift des § 2 Umwandlungssteuergesetz -UmwStG- davon aus, dass das Vermögen der übertragenden Körperschaft mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf den Übernehmer übergegangen ist und die übertragende Körperschaft nicht mehr besteht. § 2 Abs. 1 UmwStG stellt für den steuerlichen Übertragungsstichtag auf den Stichtag der Bilanz ab, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 24. April 2008 IV R 69/05, BFH/NV 2008, 1550). Nach der vorliegenden Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 wurden die Werte der Schlussbilanz der GmbH zum 31. Dezember 2005 zu Grunde gelegt. Danach würde das Vermögen steuerlich als am 31. Dezember 2005 (24 Uhr) übergegangen gelten.

    Infolge des Vermögensübergangs ergibt sich gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind, und dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft. Der Buchwert ist der Wert, mit dem die Anteile nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung in einer für den steuerlichen Übertragungsstichtag aufzustellenden Steuerbilanz anzusetzen sind oder anzusetzen wären, § 4 Abs. 4 Satz 2 UmwStG. Wird das Vermögen der übertragenden Körperschaft Betriebsvermögen einer natürlichen Person, so sind die §§ 4 bis 7 UmwStG entsprechend anzuwenden, § 9 Abs. 1 UmwStG.

    2. Nach § 4 Abs. 6 UmwStG bleibt jedoch ein Übernahmeverlust in der für das Streitjahr geltenden Fassung außer Ansatz.

    Gegen die Regelung und ihre Anwendung im Wortsinne bestehen aus Sicht des Gerichts keine Bedenken; insbesondere vermag das Gericht einen Verstoß gegen das sog. objektive Nettoprinzip nicht zu erkennen. § 4 UmwStG regelt die Auswirkungen der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in ein Personenunternehmen auf den Gewinn des übernehmenden Rechtsträgers. Die Übernahmebesteuerung hat in der Vergangenheit mehrere Änderungen erfahren. Mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz ab 2001 waren Übernahmeverluste nicht mehr nutzbar (§ 4 Abs. 6 UmwStG n. F.: „Ein Übernahmeverlust bleibt außer Ansatz.”) und Übernahmegewinne gemäß § 4 Abs. 7 UmwStG entsprechend den Regeln des § 3 Nr. 40 EStG n. F. zur Hälfte steuerfrei.

    Hinsichtlich der Entscheidung des Gesetzgebers, mit § 4 Abs. 6 UmwStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung die Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes auszuschließen, ist zu berücksichtigen, dass im Bereich des Steuerrechts der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum hat. Allerdings gebietet bereits der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG-, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen auszurichten. Daraus zieht etwa das Einkommensteuerrecht die Konsequenz, dass bei gewerblichen Einkünften nur der Gewinn, das heißt der Zuwachs des Betriebsvermögens im Laufe des Wirtschaftsjahres, der Besteuerung unterliegt und grundsätzlich alle betrieblich veranlassten Aufwendungen als Betriebsausgaben absetzbar sind (sog. objektives Nettoprinzip; Niederlegung in § 4 Abs. 1 und 4 EStG). Ob dieses Prinzip verfassungsrechtlich vorgeschrieben ist, hat das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- bisher offen gelassen. Selbst wenn das der Fall wäre, könnte es der Gesetzgeber beim Vorliegen gewichtiger, diese Verschiedenbehandlung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz sachlich ausreichend rechtfertigende Gründe durchbrechen. Dabei erlaubt ihm seine weite Beurteilungs- und Gestaltungsfreiheit auch, sich bei der Ausgestaltung seiner Normen generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen zu bedienen. Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an eine hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen (Beschluss des BVerfG vom 23. Januar 1990 1 BvL 4-7/87, BVerfGE 81, 228, BStBl II 1990, 483; Urteil des BVerfG vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1-2/07, 1-2/08, BVerfGE 122, 210, DB 2008, 2803).

    Zulässige gesetzliche „Typisierung” im o. a. Sinne eines Ausnahmegrundes bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (etwa Urteil des BVerfG vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1-2/07, 1-2/08, BVerfGE 122, 210, DB 2008, 2803). Daraus folgt für die Umwandlungsbesteuerung, dass der Gesetzgeber im Grundsatz relativ frei bestimmen kann, wie er den Vermögensübergang bei der Umwandlung im Einzelnen besteuern will. Er kann in seine Entscheidung auch wirtschaftspolitische oder fiskalische Gesichtspunkte einfließen lassen. Seine Lösung ist jedoch nur dann systemgerecht, wenn sie sich bruchlos in das System des allgemeinen Steuerrechts einfügt. Das UmwStG muss die Normalversteuerung der Gewinnausschüttungen und stillen Reserven berücksichtigen, wie sie im Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz angelegt ist. Daher war auch die Umstellung der Dividendenbesteuerung vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren im Bereich des UmwStG zu beachten (Thiel in FR 2000, 493).

    Nach vorstehenden Grundsätzen hat sich der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 4 Abs. 6 UmwStG, die die Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes nicht mehr zulässt und damit dem sog. step-up-Modell den Boden entzogen hat (s. auch Korn/Stahl, KÖSDI 2000, 12606), im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit bewegt; unter zulässiger Berücksichtigung von Vereinfachungs- und Typisierungserfordernissen hat er dem objektiven Nettoprinzip Rechnung getragen (FG Düsseldorf, Urteil vom 30. Juni 2010 15 K 2593,09 F, EFG 2010, 1556 - Revision eingelegt Az.: VIII R 35/10).

    Der BFH hat die Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung eines Übernahmeverlusts zu alten Gesetzesfassungen bestätigt (u. a. mit Urteilen vom 19. Oktober 1998 VIII R 58/95, BFHE 187, 269, BStBl II 1999, 298; vom 22. Februar 2005 VIII R 89/00, BFHE 209, 224, BStBl II 2005, 624 zum UmwStG 1977). Das (dortige) Verbot des Verlustabzugs hänge erkennbar damit zusammen, dass gemäß § 3 UmwStG 1977 in die steuerliche Schlussbilanz der übertragenden GmbH die selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter (z.B. der Geschäftswert) keinen Eingang fänden und damit das Übernahmeergebnis nicht erhöhten, also insbesondere einen Übernahmeverlust nicht neutralisierten. Zum anderen sei in die verfassungsrechtliche Beurteilung einzustellen, dass es den Betroffenen regelmäßig freigestanden habe, die Kapitalgesellschaft zu liquidieren und hierdurch die Besteuerung nach § 17 Abs. 4 EStG auszulösen (BFH-Urteil vom 22. Februar 2005 VIII R 89/00, BFHE 209, 224, BStBl II 2005, 624).

    Generell darf der Gesetzgeber generalisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen, wenn er die Grenzen verhältnismäßiger Belastung der Betroffenen dadurch wahrt, dass er dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet, zwischen verschiedenen Begünstigungs- oder Belastungsalternativen zu wählen (Beschluss des BVerfG vom 26. Oktober 2004 2 BvR 246/98, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2005, 56; zur verfassungsrechtlichen Relevanz gestaltungsabhängiger Belastungsalternativen vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 2002 XI R 48/99, BStBl II 2002, 875).

    3. Unter Anwendung dieser Grundsätze wirkt sich der Untergang der Beteiligung steuerlich nicht aus. Die Verschmelzung führte zu einem Übernahmeverlust, da der Buchwert der übergegangenen Wirtschaftsgüter/des Eigenkapitals der GmbH bereits -131.862,69 EUR betrug und sich durch den Buchwert bzw. Anschaffungskosten der Anteile an der GmbH noch erhöhte. Der Übernahmeverlust betrug nach Darstellung des Klägers in der Eröffnungsbilanz nach Verschmelzung bei einem Buchwert der Anteile an der GmbH von 1,00 EUR 131.863,69 EUR. Bei einem Ansatz der Anschaffungskosten für diese Anteile von 77.999,27 EUR würde der Übernahmeverlust 209.861,96 EUR betragen. Eine Wertermittlung der GmbH-Anteile kann dahinstehen, weil zum einen der Übernahmeverlust gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG außer Ansatz bleibt und zum anderen eine Teilwertabschreibung bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht zulässig ist (siehe II.). Eine steuerliche Auswirkung liegt für das Streitjahr 2005 nicht vor.

    Die Klage war daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

    VorschriftenUmwStG § 4, EStG §§ 4 Abs. 1 u. Abs. 3