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  • 14.03.2013 · IWW-Abrufnummer 131470

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 13.09.2012 – 10 K 3185/11

    Der Einlagewert eines Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens, der im Jahr der Einlage bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht gewinnmindernd geltend gemacht wurde und aufgrund Bestandskraft der Veranlagung auch nicht mehr geltend gemacht werden kann, mindert den Gewinn aus der späteren Veräußerung des Wirtschaftsguts nicht (gegen BFH-Urteil v. 30.06.2005 - IV R 20/04, BStBl. II 2005, 758).


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat Richter am Finanzgericht … als Einzelrichter des 10. Senats nach § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13. September 2012 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei den Einkünften des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit Einlagen gewinnmindernd zu berücksichtigen sind.
    Die Kläger sind u.a. in den Streitjahren zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus Dienstleistungen im Zusammenhang mit Computern. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG.
    Der Kläger war bis Ende 1997 Angestellter einer Firma, die das Geschäft mit Computern und Software betrieb. Er war dort für Programmierarbeiten zuständig.
    Als der Arbeitgeber die Betriebsstätte in L schloss, nahm der Kläger Komponenten für mehrere 10.000 EUR mit Einverständnis des Arbeitgebers mit und lagerte diese im Keller seines privaten Wohnhauses ein.
    Der Kläger eröffnete einen eigenen Betrieb, der zunächst ausschließlich Programmierarbeiten im Wesentlichen an den Computern bei den Kunden des früheren Arbeitgebers vorsah. Eine Veräußerung der Komponenten war nach dem Sachvortrag des Klägers zunächst nicht vorgesehen.
    Erst Ende des letzten/Anfang diesen Jahrtausends fing der Kläger an, im Zusammenhang mit seiner Programmiertätigkeit die Komponenten zu verkaufen. Dies geschah nach Auskunft des Klägers deshalb, weil die Komponenten mittlerweile am Markt nicht mehr erhältlich waren, die Computeranlagen aber ansonsten noch zufriedenstellend liefen. Gewinnmäßig behandelte der Kläger die Sache so, dass er bei Verkauf einer Komponente 90 % des Verkaufserlöses als Einlage gewinnmindernd abzog. Bis zum Verkauf der einzelnen Komponente behandelte er diese als Privatvermögen.
    Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2007 erkannte der Prüfer die Einlagen nicht an. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 2.8 des Prüfungsberichts vom 5. November 2009 Bezug genommen.
    Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 jeweils vom 10. Mai 2010.
    Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 15. September 2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
    Nach den allgemeinen Regeln zur Beweislast treffe den Steuerpflichtigen die Beweislast, soweit er steuermindernde Vorgänge vortrage. Voraussetzung für die Berücksichtigung der geltend gemachten Einlagewerte im Rahmen der selbständigen Tätigkeit sei, dass die Wirtschaftsgüter sich im Privatvermögen befanden und nicht innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft oder hergestellt wurden. Hierfür trage der Kläger die objektive Beweislast. Es bestünden Zweifel am Vortrag des Klägers, die Wirtschaftsgüter anlässlich seines Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis unentgeltlich als vom Arbeitgeber nicht mehr benötigter Warenbestand mitnehmen zu dürfen und dies aus Sammlergründen getan zu haben. Es seien auch keine lohnsteuerlichen Konsequenzen aus der Mitnahme durch den Kläger gezogen worden. Allein im Prüfungszeitraum habe er geltend gemacht, Waren mit einem Einlagewert von rund 38.000 EUR ins Betriebsvermögen eingelegt zu haben. Dass dies nur ein Teil des Warenbestandes war, zeige das Angebot des Klägers im Internet.
    Mit der Klage trägt der Kläger vor:
    Er habe zum Zeitpunkt seiner Unternehmensgründung Ingenieurdienstleistungen angeboten und durchgeführt. Hierzu gehörten Beratungsleistungen und Programmierungen für Kunden. Für diese Tätigkeiten habe er keine Komponenten benötigt. Eine betriebliche Nutzung und somit Betriebsvermögen sei deshalb ausgeschlossen gewesen. Die Komponenten seien notwendiges Privatvermögen. Eine Einlage könne erst im Zeitpunkt der Verwendung, also Verkauf, erfolgen.
    Die Kläger beantragen,
    die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einlagen der Computerkomponenten (2006 11.169 EUR und 2007 7.407 EUR) gewinnmindernd berücksichtigt werden;
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen;
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Der Senat hat nach vorherigem Hinweis an die Beteiligten den Rechtsstreit gemäß § 6 FGO auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
    Entscheidungsgründe
    Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
    Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –. Der Beklagte hat zu Recht nicht gewinnmindernd, Einlagen des Klägers in 2006 und 2007 berücksichtigt.
    Das Gericht hat zwar erhebliche Bedenken gegen die Auffassung des Beklagten, dass die Einlagewerte mit 0 EUR anzusetzen seien. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – sind Einlagen mit dem Teilwert für den Zeitpunkt der Zuführung anzusetzen. Nach Halbsatz 2 der vorgenannten Vorschrift sind jedoch höchstens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft oder hergestellt worden ist (Buchstabe a). Anschaffung im Sinne dieser Vorschrift bedeutet entgeltlicher Erwerb eines Wirtschaftsguts. Geht man davon aus, dass der Kläger die Komponenten unentgeltlich von seinem Arbeitgeber mitgenommen hat, liegt keine Anschaffung im Sinne der vorgenannten Vorschrift vor. Selbst wenn man darin eine Entlohnung für vorangegangene Tätigkeiten des Klägers als Arbeitnehmer sieht und von einer Entgeltlichkeit ausgeht (die nur damals nicht lohnsteuerlich berücksichtigt worden ist), läge die Anschaffung mehr als drei Jahre vor der Einlage.
    Wenn der Kläger die Komponenten am Markt veräußern kann, kann man nicht davon ausgehen, dass diese wertlos waren. Das Gericht hat deshalb überlegt, ob man nicht die Rohgewinnaufschlagsätze, die sich aus den Richtsatzwerten der Finanzverwaltung ergeben, zugrundelegen müsste. Der Rohgewinnaufschlagsatz beträgt z.B. nach der Richtsatzsammlung 1999 bei Computer einschließlich Zubehör 12 bis 56 % und für das Jahr 2006 22 bis 122 %. Der vom Kläger angenommene Aufschlagsatz von ca. 11 % erscheint dem Gericht viel zu niedrig. Es spricht mehr dafür, einen Aufschlagsatz um die 50 % anzunehmen.
    Das Gericht braucht letztendlich diese Frage aber nicht zu entscheiden, da es den Ansatz von Einlagewerten in den Streitjahren für unzulässig hält.
    Bei der Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG ist die Einlage von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens bereits im Zeitpunkt der Einlage gewinnmindernd zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Gerichts ist im Streitfall die Einlage der Komponenten spätestens Ende des letzten/Anfang diesen Jahrtausends erfolgt. Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausgehen sollte, dass er zunächst einmal die Komponenten im Privatvermögen gehalten hat, erfolgte die Einlage spätestens in dem Zeitpunkt, als der Kläger anfing, die Komponenten zu veräußern. Das Gericht geht eigentlich davon aus, dass die Komponenten bereits bei Mitnahme aus dem Warenlager des früheren Arbeitgebers und der Eröffnung eines eigenen Betriebs in den Computerbranche zum Betriebsvermögen des Klägers gehören. Bei dem Umfang der mitgenommenen Ware kann man nicht davon ausgehen, dass es sich um Sammlerstücke handelt, die man aus privater Neigung mitgenommen hat. Vielmehr spricht alles dafür, dass von Anfang an ein Einsatz zu gegebener Zeit im Betrieb des Klägers vorgesehen war.
    Der Kläger kann den Gewinnermittlungsfehler nach Auffassung des Gerichts nicht in späteren Jahren korrigieren. Zwar hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 30. Juni 2005 IV R 20/04 (BStBl II 2005, 758 Rn. 22) entschieden, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Umlaufvermögen, die im Jahr der Zahlung nicht geltend gemacht worden sind und infolge der Bestandskraft der entsprechenden Veranlagung auch in diesem Jahr nicht mehr geltend gemacht werden können, einen später anfallenden Gewinn aus der Veräußerung des Wirtschaftsgutes mindern. Dies ergebe sich aus der Notwendigkeit der Angleichung der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG an die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, die dadurch begründet sei, dass der Erlös aus der Veräußerung eines solchen Gegenstandes nur dann in voller Höhe als Betriebseinnahme angesetzt werden könne, wenn vorher die Kosten der Anschaffung des Gegenstands in voller Höhe Betriebsausgaben waren.
    Das Gericht kann dieser Auffassung nicht folgen. Durch diese Auffassung würde die Bestandskraft von Bescheiden durchbrochen. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Der Gesetzgeber hat vielmehr durch die unterschiedlichen Gewinnermittlungsmethoden in Kauf genommen, dass es zu unterschiedlichen Gewinnen und damit auch zu unterschiedlichen Totalgewinnen kommt. Die Bestandskraft dient sowohl zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen der Rechtssicherheit und damit einem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz. Das Gericht sieht keine Möglichkeit und auch keine Notwendigkeit, hiervon ohne gesetzliche Regelung abzuweichen.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.
    Das Gericht lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zu.

    VorschriftenEStG § 6 Abs 1 Nr 5, EStG § 4 Abs 3

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