23.08.2012
Finanzgericht Köln: Urteil vom 20.04.2012 – 4 K 3627/09
1. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung kann sich ein Stpfl. in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer RL, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen.
2. Leistungen, die eng mit der Fürsorge und sozialen Sicherheit oder der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden, können gem. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h steuerfrei sein, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen (privaten) Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit im wesentlichen sozialen Charakter anerkannt worden sind, erbracht werden.
3. Ein Stpfl. kann die Eigenschaft einer Einrichtung mit sozialem Charakter nicht schon dadurch erlangen, dass er sich auf diese Bestimmung beruft. Es ist Sache der nationalen Behörden, nach dem Gemeinschaftsrecht zu bestimmen, welche Einrichtungen als solche mit sozialem Charakter i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der RL 77/388/EWG anzuerkennen sind. So kann für die Anerkennung gewürdigt werden, dass der Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund vertragl. Vereinbarungen mit Trägern der Sozialversicherung erbracht hat. Erbringt der Stpfl. seine Leistungen an zwischengeschaltete Vereine lässt sich aus der Tatsache, dass er diese Leistungen nach Absprache mit einem zuständigen Jugendamt erbracht hat, keine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ableiten.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtliche Richterin … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 20.04.2012 für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Klägerin war in den Streitjahren als sozialpädagogische Familienhelferin unternehmerisch tätig. Im Veranlagungszeitraum 2003 übte sie diese Tätigkeit als freie Mitarbeiterin und im Veranlagungszeitraum 2006 sowohl als freie Mitarbeiterin als auch als Beteiligte der „A GbR” aus.
Die aus der Tätigkeit als freie Mitarbeiterin erzielten Einnahmen beliefen sich in 2003 auf 16.672,35 EUR und in 2006 auf 14.526,00 EUR. Diese Einnahmen wurden an die Klägerin in 2003 durch ihre Auftraggeber „B GbR” und „C e. V.” gezahlt. In 2006 erhielt die Klägerin die Zahlungen durch die Auftraggeber „D” und „E”. Für die Auftraggeber, welche direkt mit dem Jugendamt abrechneten, war die Klägerin in beiden Streitjahren als Subunternehmerin tätig. Die entsprechenden Verträge der Klägerin wurden mit diesen Auftraggebern abgeschlossen und die Klägerin wurde somit auch durch sie vergütet.
Die Umsätze wurden durch die Klägerin gemäß § 4 Nr. 23 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei belassen.
Eine bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung führte zu dem Ergebnis, dass die bisher steuerfrei belassenen Umsätze nunmehr der Umsatzsteuer unterworfen wurden. Zur Begründung wurde auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 08.11.2007 (V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634) verwiesen, wonach es für die Steuerbefreiung nicht ausreiche, wenn ein Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig geworden sei.
Mit Bescheiden vom 15.07.2008 wurden für 2003 Umsätze i. H. v. 14.372,41 EUR und für 2006 Umsätze i. H. v. 12.552,41 EUR der Besteuerung unterworfen. Die Vorsteuern wurden anhand der in der Einnahme-Überschussrechnungen aufgeführten Betriebsausgaben mit jeweils 300,00 EUR pro Streitjahr geschätzt.
Für die Jahre 2001, 2002, 2004, 2005 erfüllte die Klägerin die Voraussetzungen des § 19 UStG, so dass trotz der, nach Ansicht des Finanzamts – FA – bestehenden, Steuerpflicht für die Umsätze keine Umsatzsteuer festgesetzt wurde.
Gegen die Umsatzsteuerbescheide legte die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage ein.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, ihre Tätigkeit sei nach § 4 Nr. 23 UStG, hilfsweise nach Art. 13 Teil A Abs. 1 g der Richtlinie 77/388/EWG, steuerfrei.
Die Klägerin macht geltend, mit dem Urteil vom 08.11.2007 (V R 2/06) widerspreche der BFH in maßgeblichen Punkten früheren von ihm gefällten Urteilen, gewichte Argumente und Sachverhalte anders und setze sich über geltende europäische Rechtsprechung, gesprochen durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), in diversen Punkten hinweg. In den BFH-Urteilen vom 22.04.2004 (V R 1/98) und vom 18.08.2005 (V R 71/03) und dem EuGH-Urteil vom 26.05.2005, auf das sich das BFH-Urteil vom 08.11.2007 (V R 2/06) unmittelbar beziehe, sei die vertragliche Verbundenheit zum Sozialversicherungsträger lediglich als Nebenkriterium für die Bejahung eines Unternehmers als „Einrichtung mit sozialem Charakter” i. S. d. Art. 13 Teil A Abs. 1 g und h der Richtlinie 77/388/EWG benannt. Die in dem durch den Beklagten angeführten BFH-Urteil vom 08.11.2007 als maßgebliches Kriterium zur Bejahung der Umsatzsteuerfreiheit der erbrachten Leistung dargestellte Unmittelbarkeit der Vertragsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialversicherung (Jugendamt) und dem Unternehmer erscheine aus Sicht der Klägerin unzutreffend.
1. So führe der BFH in seinem Urteil vom 22.04.2004 (V R 1/98) aus, dass die Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung mit sozialem Charakter daraus abgeleitet werden könne, dass die Kosten für die von ihm erbrachten Leistungen von den Sozialversicherungsträgern übernehmbar seien.
In dem EuGH-Urteil vom 10.09.2002, das dem vorstehenden Urteil des BFH zugrunde liege, führe der EuGH ebenfalls aus, dass maßgeblich für die Beurteilung als „Einrichtung mit sozialem Charakter” i. S. d. Art. 13 Teil A Abs. 1 g und h der Richtlinie 77/388/EWG sei, dass die Kosten der erbrachten Leistungen zum großen Teil von durch Gesetz eingerichteten Krankenkassen oder von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen würden, zu denen die privaten Wirtschaftsteilnehmer vertragliche Beziehungen unterhielten. Daneben sei bei der Gesamtwürdigung der Klassifizierung als Einrichtung mit sozialem Charakter zu beachten, dass Gemeinschaften mit den gleichen Tätigkeiten wegen des mit diesen Tätigkeiten verbundenen Gemeinwohlinteresses bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung kämen. In Anlehnung an vorstehende Ausführungen stelle der BFH in seinem Urteil vom 18.08.2005 (V R 71/03) fest, dass diesem vorstehenden Umstand der Erstattungsfähigkeit der Kosten rechtserhebliche Bedeutung zukomme. Das im Urteil des BFH vom 08.11.2007 als maßgeblich aufgeführtes Kriterium der direkten vertraglichen Verbundenheit sei somit mehrfach durch europäische und deutsche Rechtsprechung als subsidiär und beiläufig dargestellt worden. Da grundsätzlich das Datum einer Entscheidung, wie hier im Falle des letzten BFH-Urteils, keine Aussage über die Richtigkeit habe, sei weiterhin der alten und korrespondierenden Rechtsprechung des EuGH und BFH zu folgen. Diesen Punkt beschließend, bleibe festzuhalten, dass nicht die Zahlungswege entscheidend seien, sondern lediglich, dass die ursprüngliche Herkunft des Geldes beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe liege.
2. Im Nachgang zum vorstehenden Urteil führe der EuGH in einem weiteren Urteil vom 26.05.2005 neben der Aufrechterhaltung der in seinem Urteil vom 10.09.2002 getroffenen Beurteilungskriterien für eine „Einrichtung mit sozialem Charakter” aus, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer verbiete, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Dienstleistungen umsatzsteuerlich unterschiedlich zu behandeln. Diese Ausführungen habe der BFH in seinem Urteil vom 18.08.2005 (V R 71/03) ohne Einschränkung bestätigt. Auf Grund dieser Einheitlichkeit und Übereinstimmung der beiden Gerichte habe die vertretene Meinung als allgemeingültig geltender Rechtsstand angesehen werden können. Prinzipiell hätte an dieser Stelle keine Notwendigkeit zur erneuten Regelung eines vergleichbaren Falles bestanden. Somit könne das Urteil des 5. Senats des BFH vom 08.11.2007 (V R 2/06) lediglich als Ausreißer einer gesicherten und einheitlichen Rechtsprechung in Deutschland und Europa gewertet werden. Darüber hinaus werde dieser Aspekt im letztgenannten Urteil gänzlich außer Acht gelassen.
Des Weiteren stellten die Ausführungen des BFH im Urteil vom 08.11.2007 (V R 2/06) einen erheblichen Verstoß gegen den im Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verankerten Gleichheitsgrundsatz dar. Sowohl die Einrichtungen, die im direkten Kontakt mit dem Jugendamt stünden, als auch die selbständigen Mitarbeiter der „anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter” stünden in einem Konkurrenzverhältnis und seien als Betreuungseinrichtungen für Jugendliche gleichen beruflichen Ursprungs. Sie seien somit wesentlich Gleiches. Eine unterschiedliche Behandlung dieser wesensgleichen Berufe würde eine Ungleichbehandlung zur Folge haben.
3. Als Reaktion auf die obigen EuGH-Urteile sowie insbesondere auf das BFH-Urteil vom 18.08.2005 habe der Gesetzgeber in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung des § 4 Nr. 25 UStG, unter Umsetzung der Befreiungen gemäß Art. 13 A Abs. 1 g und h der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht, die Steuerbefreiung von Leistungen der Jugendhilfe gemäß § 2 Abs. 2 SGB VIII auf Personen erstreckt, die von einem Träger der freien Jugendhilfe bezahlt bzw. vergütet würden, diese unter die Gruppe der „Anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter” subsumiert und damit eine bis zum 31.12.2007 bestehende Gesetzeslücke geschlossen.
Aus einer derartigen Gesetzesänderung folge, dass nicht von jetzt auf gleich eine Totalumkehrung von rechtlichen Würdigungen erfolgen könne. Der Exekutive und der Judikative würden in der Gesetzeslage bis 2007 Ermessensspielräume eröffnet, die allerdings durch die Kodifikation ab 2008 auf null reduziert worden seien. Eine rechtliche Behandlung einer Subunternehmerin müsse vor dem 31.12.2007 genau die gleiche sein, wie ab dem 01.01.2008, weil sich an der faktischen Grundlage des Sachverhaltes nichts geändert habe. Bleibe ein Sachverhalt gleich, müsse auch seine rechtliche Würdigung eine gewisse Konstanz aufweisen. Ferner obliege der Legislative ein eingeschränktes Ermessen in Bezug auf die Weite der Umsetzung von Richtlinien. Die Tatsache, dass der deutsche Gesetzgeber diese strikt auf europäischem Willen basierende Variante gewählt habe, zeige die rechtliche Würdigung, die eindeutig die des EuGH und des BFH in seinen ursprünglichen Urteilen wiederspiegele. Somit wäre eine andere Auslegung ein Widerspruch gegen die Würdigung der Legislative.
4. Über vorstehende Ausführungen hinaus stelle sich klägerischerseits, neben der Frage nach dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 GG, die Frage nach einem Verstoß gegen eine weitere Vorschrift des Grundgesetzes. Die Handhabung der Subunternehmer im Allgemeinen sei bis zum 01.01.2008 uneinheitlich. Wenn die Finanzminister des Bundes und der Länder als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 18.08.2005 (V R 71/03) die Anwendbarkeit des Art. 13 Teil A Abs. 1 g der Richtlinie 77/388/EWG auf alle nach dem SGB VIII erbrachten Leistungen beschlossen hätten (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern – LfSt Bayern – vom 07.05.2007, UR 07, 666), habe auch ein Subunternehmer von der Umsatzsteuerfreiheit seiner Tätigkeit ausgehen können. So habe die Weisung des LfSt Bayern die Steuerfreiheit für alle Leistungen des SGB VIII angeordnet, die gegenüber dem Träger der betreffenden Sozialleistung abgerechnet würden. Diese Formulierung beschränke den begünstigten Kreis nicht eindeutig nur auf die unmittelbar mit den Sozialleistungsträgern Abrechnenden. Demnach komme nach Art. 20 GG, als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips, der Vertrauensschutz in diesem vorliegenden Fall zum Tragen.
Die Klägerin beantragt,
„die Einspruchsentscheidung des Beklagten in Sachen Umsatzsteuer 2003 und 2006 vom 29.10.2009 abzuändern und durch Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2006, jeweils datierend vom 15.07.2008, der Umsatzsteuerfreiheit der durch die Klägerin ausgeführten Tätigkeiten nach § 4 Nr. 23 UStG, ersatzweise nach Art. 13 Teil A Abs. 1 g der Richtlinie 77/388/EWG Rechnung zu tragen;”
hilfsweise, die Revision zulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an der im Umsatzsteuersonderprüfungsbericht vertretenen Rechtsansicht fest.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Die Betreuungsleistungen der Klägerin waren weder nach § 4 Nr. 23 UStG noch nach § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit.
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen sind nach § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen durch Personen und Einrichtungen, wenn sie überwiegend Jugendliche für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke oder für Zwecke der Säuglingspflege bei sich aufnehmen, soweit die Leistungen an die Jugendlichen oder an die bei ihrer Erziehung, Ausbildung, Fortbildung oder Pflege tätigen Personen ausgeführt werden.
§ 4 Nr. 25 UStG befreit die folgenden Leistungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der förderungswürdigen Träger der freien Jugendhilfe von der Umsatzsteuer
die Durchführung von Lehrgängen, Freizeiten, Zeltlagern, Fahrten und Treffen sowie von Veranstaltungen, die dem Sport oder der Erholung dienen, soweit diese Leistungen Jugendlichen oder Mitarbeitern in der Jugendhilfe unmittelbar zugute kommen,
in Verbindung mit den unter Buchstabe a bezeichneten Leistungen, die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die den Jugendlichen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei diesen Leistungen tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden,
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen im Rahmen der Jugendhilfe, wenn die Darbietungen von den Jugendlichen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.
Im Streitfall sind beide genannten Befreiungsvorschriften nicht auf die Betreuungsleistungen der Klägerin anwendbar, weil sich diese Leistungen unter keine der beiden genannten Befreiungsvorschriften subsumieren lassen.
2. Aber auch Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG ist im Streitfall nicht auf die Betreuungsleistungen der Klägerin anwendbar.
a) Nach dieser Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
g) die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen;
h) die eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen;
Diese Befreiungen waren im Streitjahr, wie der BFH auch im Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 ausgeführt hat, nicht hinreichend in innerstaatliches Recht umgesetzt worden.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann sich ein Einzelner in Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 10.09.2002 Rs. C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2002, 513, BFH/NV Beilage 2003, 30). Er kann sich auf diese Bestimmungen auch berufen, soweit sie so geartet sind, dass sie Rechte festlegen, die der Einzelne dem Staat gegenüber geltend machen kann. Ein Mitgliedstaat kann einem Steuerpflichtigen, der beweisen kann, dass er steuerrechtlich unter einen Befreiungstatbestand der Richtlinie fällt, nicht entgegenhalten, dass er die Vorschriften, die die Anwendung eben dieser Steuerbefreiung erleichtern sollen, nicht erlassen hat (vgl. EuGH-Urteil, vom 10.09.2002 Rs. C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513 Randnr. 52, BFH/NV Beilage 2003, 30).
Die Steuerbefreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG ist an zwei Voraussetzungen geknüpft (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634):
Zum einen muss es sich um Leistungen handeln, die eng mit der Fürsorge und sozialen Sicherheit (Buchst. g) oder der Kinder- und Jugendbetreuung (Buchst. h) verbunden sind. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG zählen die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. EuGH-Urteil, vom 10.09.2002 Rs. C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513 Randnr. 52, BFH/NV Beilage 2003, 30).
Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin, denn ihre Leistungen sind eng mit der Sozialfürsorge bzw. der Kinder- und Jugendbetreuung verbunden. Sie hat an gemeinnützige Vereine, der ihrerseits im Auftrag des Jugendamtes im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 27 bis 41 SGB VIII tätig werden und die Entgelte für diese Leistungen vom Jugendamt erhalten, die entsprechenden Leistungen in Abstimmung mit dem Jugendamt erbracht.
Die genannten Leistungen sind jedoch nur steuerfrei, wenn sie von „Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen (privaten) Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit im wesentlichen sozialen Charakter anerkannt worden sind”, erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil vom 26.05.2005 Rs. C-498/03, Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., BFH/NV Beilage 2005, 310, UR 2005, 453; BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06 BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634).
b) Im Streitfall fehlt es an der nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h der Richtlinie 77/388/EWG erforderlichen „Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter”.
Der Einzelne kann die Eigenschaft einer Einrichtung mit sozialem Charakter nicht schon dadurch erlangen, dass er sich auf diese Bestimmung beruft. Vielmehr ist es Sache der nationalen Behörden, nach dem Gemeinschaftsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte, insbesondere unter Berücksichtigung der Praxis der zuständigen Verwaltung in ähnlichen Fällen zu bestimmen, welche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG anzuerkennen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 26.05.2005 Rs. C-498/03, Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., BFH/NV Beilage 2005, 310, UR 2005, 453 Randnrn. 53 ff., m.w.N.; BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634). Zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG hat der BFH in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH bereits entschieden, dass die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter auch aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden kann. So kann für die Anerkennung auch gewürdigt werden, dass der Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Trägern der Sozialversicherung erbracht hat (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634). Von diesen Grundsätzen ist auch für andere mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit zusammenhängende Leistungen –wie im Streitfall– auszugehen.
Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor; denn die Klägerin wurde nicht selbst auf vertraglicher Grundlage mit dem örtlichen Träger der sozialen Sicherheit, dem Jugendamt, sondern nur aufgrund ihrer Verträge mit den Vereinen tätig. Dass die Klägerin bei Durchführung ihrer Aufträge ihre Leistungen an die Vereine möglicherweise nach Absprache mit dem Jugendamt erbracht hat, ändert daran nichts. Eine Anerkennung der Klägerin durch den Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter lässt sich daraus nicht ableiten. Dementsprechend erhielt die Klägerin das Entgelt für ihre Leistungen auch nicht unmittelbar vom Jugendamt, sondern von den Vereinen.
Die Anerkennung lässt sich nicht schon daraus ableiten, dass die Einrichtungen (hier die Vereine), an die die Klägerin als deren Subunterunternehmer ihre Leistungen erbracht hat, vom Mitgliedstaat ausdrücklich oder zumindest aufgrund unmittelbarer vertraglicher Beziehungen zu dem örtlichen Träger der Sozialversicherung anerkannt worden sind. Die Anerkennung des betreffenden Mitgliedstaates als eine „Einrichtung mit vergleichbarer Zielrichtung” setzt zumindest eine unmittelbare vertragliche –Inhalt, Umfang sowie Verantwortung für die vertragsgemäße Durchführung konkretisierende– Beziehung zwischen diesem bzw. seinen Untergliederungen und dem Unternehmer voraus. Dass die Klägerin für die Vereine mit dem Jugendamt ihre Tätigkeit abgestimmt hat, genügt nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin gebietet auch der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer nicht, dass rechtlich unterschiedlich ausgestaltete Beziehungen umsatzsteuerrechtlich gleich behandelt werden müssen.
Nach Ansicht des Senats ist der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt mit jenem vergleichbar, welcher dem bereits mehrfach zitierten BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06 BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 zugrunde lag. Der Senat hält es deswegen für zutreffend die von dem BFH in jenem Verfahren erarbeiteten Grundsätze auch im Streitfall anzuwenden. An der im Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06 BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 geäußerten Rechtsauffassung hält der BFH bis heute fest (vgl. z. B. BFH Urteil vom 30.07.2008 – V R 66/06, BFHE 223, 381, BStBl II 2010, 507).
3. Die von der Klägerin gegen diese Beurteilung vorgetragenen Einwendungen haben demgegenüber keinen Erfolg.
a) Das gilt zunächst für die Berufung der Klägerin auf das BFH Urteil vom 22.04.2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849.
Der BFH hatte die Sache vorab dem EuGH vorgelegt. Dieser hatte durch Urteil vom 10.09.2002 Rs. C-141/00 (Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513 Randnr. 52, BFH/NV Beilage 2003, 30) u. a. entschieden, es sei Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung sei.
Darauf entschied der BFH die Klägerin könne sich für die Steuerbefreiung ihrer Leistungen durch Grundpflege und durch hauswirtschaftliche Versorgung unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Ihre Umsätze seien steuerfrei, wenn die Klägerin, eine GmbH, als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen sei. Die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter könne auch aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden. Maßgebend sei insoweit, dass es sich ihrer Art nach um Leistungen handele, für die die Kosten von den Sozialversicherungsträgern übernehmbar gewesen seien. Es könne für die Anerkennung außerdem gewürdigt werden, dass die Klägerin mit Sozialversicherungsträgern vertraglich verbunden gewesen sei und für sie Leistungen erbracht habe.
Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Inhalts dieses BFH-Urteils nicht im Widerspruch zu dem späteren Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634. Es trifft zwar zu, dass in diesem Urteil nicht im Sinne einer Negativabgrenzung entscheidungserheblich darauf abgestellt wurde, ob unmittelbare vertragliche Beziehungen zu einem Sozialversicherungsträger bestanden, wie in dem späteren Urteil vom 08.11.2007. Dies war aber auch nicht erforderlich, da entsprechende unmittelbare vertragliche Beziehungen offenbar bestanden.
b) Auch das BFH Urteil vom 18.08.2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 spricht nicht gegen die Beurteilung des Senats. Es steht ebenfalls nicht zu dem BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06 BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 in Widerspruch.
Die Klägerin jenes Verfahrens war im Streitjahr 2000 als Legasthenie-Therapeutin tätig. Sie war vom Jugendamt der Stadt im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gemäß § 35a Abs. 2 Nr. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) i.V.m. §§ 39 und 40 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) mit der ambulanten Legasthenie-Therapie beauftragt.
Der BFH entschied in dem Urteil vom 18.08.2005, Umsätze aus Legasthenie-Behandlungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erbracht und gegenüber dem Träger für die betreffende Sozialleistung abgerechnet würden, seien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei. Er bejahte, dass die Klägerin eine Einrichtung sei, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sei. Er führte unter Hinweis auf das bereits genannte Urteil vom 22.04.2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849 aus, zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG habe der erkennende Senat bereits entschieden, dass die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter auch aus der Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden könne. Maßgebend sei insoweit, dass es sich ihrer Art nach um Leistungen handele, für die die Kosten von den Sozialversicherungsträgern übernehmbar seien. Von diesen Grundsätzen sei auch für andere mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit zusammenhängende Leistungen –wie im Streitfall– auszugehen. Das FG habe hierzu festgestellt, dass die Klägerin aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit dem Jugendamt die Leistungen erbringe und die Kosten mit dem Jugendamt, dem für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Leistungsträger für die betreffende Sozialleistung (§ 12 und § 27 SGB I), abgerechnet habe. Das genüge.
Dieses Urteil steht nicht nur nicht mit dem BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 in Widerspruch. Wie jenes Urteil stellt es vielmehr auf unmittelbare vertragliche Beziehungen mit dem Sozialversicherungsträger ab.
c) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf den Erlass des Bayerischen Landesamts für Steuern (LfSt Bayern) vom 07.05.2007, UR 07, 666 und führt aus, nach diesem Erlass hätten die Finanzminister des Bundes und der Länder als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 18.08.2005 (V R 71/03) die Anwendbarkeit des Art. 13 Teil A Abs. 1 g der Richtlinie 77/388/EWG auf alle nach dem SGB VIII erbrachten Leistungen ausgedehnt. Deshalb hätten auch Subunternehmer von der Umsatzsteuerfreiheit ihrer Tätigkeit ausgehen dürfen. So habe die Weisung des LfSt Bayern die Steuerfreiheit für alle Leistungen des SGB VIII angeordnet, die gegenüber dem Träger der betreffenden Sozialleistung abgerechnet würden. Diese Formulierung beschränke den begünstigten Kreis nicht eindeutig nur auf die unmittelbar mit den Sozialleistungsträgern Abrechnenden.
Mit diesem Argument hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren aus zwei Gründen keinen Erfolg.
Zum einen knüpft der Erlass an das BFH Urteil vom 18.08.2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 an. In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt bestanden aber – wie unter 3.b) ausgeführt – unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen der Klägerin jenes Verfahrens und dem Sozialversicherungsträger. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass das LfSt Bayern auf dieses Erfordernis der Unmittelbarkeit für eine Umsatzsteuerbefreiung verzichten wollte.
Zum zweiten könnte sich die Klägerin, selbst wenn der Erlass des LfSt Bayern in ihrem Sinne auszulegen sein sollte, auf diesen Erlass nicht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens berufen. Denn über eine durch einen Erlass eingetretene Selbstbindung der Verwaltung könnte nur im Rahmen eines Billigkeitsverfahrens gem. § 163 AO, bei dem die Finanzbehörde befugt ist nach ihrem Ermessen zu handeln, entschieden werden (vgl. Tipke/Kruse AO/FGO § 163 AO Rz. 10 m. w. N.).
d) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf das EuGH Urteil vom 10.09.2002 – C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513 Randnr. 52, BFH/NV Beilage 2003, 30.
In jenem Urteil entschied der EuGH u. a., dass Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung, die körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftigen Personen von einem ambulanten Pflegedienst erbracht werden, eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Sechsten Richtlinie 77/388 darstellen. Es sei Sache des nationalen Gerichts, anhand aller maßgeblichen Umstände zu bestimmen, ob der Steuerpflichtige eine als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung im Sinne des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe g der Sechsten Richtlinie 77/388 sei. Demgemäß obliege es, wenn ein Einzelner die Eigenschaft als Einrichtung mit sozialem Charakter beanspruche, den nationalen Gerichten, zu prüfen, ob die zuständigen Behörden diese Grenzen bei der Anwendung der Gemeinschaftsgrundsätze, insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, beachtet hätten. Im Ausgangsverfahren könne das vorlegende Gericht somit das Bestehen spezifischer Vorschriften berücksichtigen, gleich ob es sich dabei um nationale oder regionale, um Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, um Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handele, sowie den Umstand, dass Gemeinschaften mit den gleichen Tätigkeiten wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens wegen des mit diesen Tätigkeiten verbundenen Gemeinwohlinteresses bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiung kämen, und den Umstand, dass die Kosten der von der Klägerin des Ausgangsverfahrens erbrachten Leistungen möglicherweise zum großen Teil von durch Gesetz errichteten Krankenkassen oder von Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen würden, zu denen die privaten Wirtschaftsteilnehmer, wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens, vertragliche Beziehungen unterhielten.
Das BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06 BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 steht nicht in Widerspruch zu dem Urteil des EuGH vom 10.09.2002. Vielmehr werden die durch dieses Urteil gesetzten Grenzen beachtet.
Denn der BFH würdigt für die Frage, ob ein Steuerpflichtiger als Einrichtung mit sozialem Charakter anzuerkennen ist, dass der Leistende seine Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Trägern der Sozialversicherung erbracht hat. Er stellt hierbei allerdings darauf ab, dass unmittelbare vertragliche Beziehungen mit dem Sozialversicherungsträger bestehen. Hierdurch wird das den nationalen Gerichten und Behörden vom EuGH eingeräumte Ermessen nicht überschritten. Es liegt entgegen der Rechtsansicht der Klägerin kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität vor. Denn das vom BFH aufgestellte Unterscheidungskriterium, das darin liegt, ob unmittelbare Beziehungen zum Sozialversicherungsträger – hier zum Jugendamt bestehen – ist sachgerecht. Denn nur bei einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung besteht eine vollständige Überprüfungsmöglichkeit durch den Sozialversicherungsträger – hier das Jugendamt.
e) Auch das EuGH-Urteil vom 26.05.2005 – C-498/03, Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., BFH/NV Beilage 2005, 310, UR 2005, 453, BFH/NV Beilage 2005, 310 spricht nicht für die Rechtsauffassung der Klägerin.
Der EuGH entschied in jenem Urteil u. a., das nationale Gericht habe unter Berücksichtigung insbesondere der Grundsätze der Gleichbehandlung und der steuerlichen Neutralität sowie des Inhalts der fraglichen Dienstleistungen und der Bedingungen ihrer Erbringung zu prüfen, ob die Anerkennung einer privaten Einrichtung mit Gewinnerzielungsabsicht als Einrichtung mit sozialem Charakter für die Zwecke der Steuerbefreiungen des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben g und h der Sechsten Richtlinie 77/388 das den Mitgliedstaaten in diesen Bestimmungen für eine solche Anerkennung eingeräumte Ermessen überschreitet.
Dieses Urteil des EuGH entspricht bezüglich der Frage, welche Anforderungen für die Anerkennung einer Einrichtung als Einrichtung mit sozialem Charakter zu stellen sind, dem bereits zitierten Urteil des EuGH vom 10.09.2002 – C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513 Randnr. 52, BFH/NV Beilage 2003, 30, BFH/NV Beilage 2003, 30.
Das BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06 BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 steht daher aus den bereits genannten Gründen auch zu diesem Urteil nicht in Widerspruch.
f) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin auf die in Art. 8 Nr. 4 des Jahressteuergesetzes 2008 (BTDrucks 16/6981 vom 07.11.2007 und BRDrucks 747/07) zum 01.01.2008 durchgeführte Änderung des § 4 Nr. 25 UStG 1999.
Diese Gesetzesänderung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Voraussetzung der Steuerbefreiung ist die Anerkennung als Einrichtung durch den Mitgliedstaat im entscheidungserheblichen Zeitraum. Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn in den Streitjahren die sozialrechtlichen Regelungen (vgl. § 2, § 3 und § 75 f. SGB VIII) die Beauftragung der Klägerin durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und damit eine unmittelbare rechtliche Beziehung zu diesen nicht zuließen. Dass der Gesetzgeber ab 01.01.2008 nunmehr die Steuerbefreiung ausdrücklich auch auf Personen erstreckt, deren Leistungen von den in § 4 Nr. 25 Buchst. a UStG n.F. bezeichneten Einrichtungen vergütet werden, rechtfertigt für zurückliegende Zeiträume keine andere Beurteilung (vgl. BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegen nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Der Senat ist bei seiner Entscheidung dem BFH-Urteil vom 08.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 gefolgt. Entgegenstehende Urteile des EuGH oder des BFH liegen, wie oben dargelegt, nicht vor.