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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 16.11.2004 – 6 K 86/03

    Die Tätigkeit eines sog. klinischen Monitors, der als Bindeglied zwischen der Pharmaindustrie, die neue Medikamente entwickelt, und den Prüfärzten, die die Medikamente an den Kliniken testen, tätig ist, und der die Prüfärzte zu überwachen und dafür zu sorgen hat, dass bei den Tests einheitliche Standards eingehalten werden, ist nicht als wissenschaftlich, sondern als gewerblich zu beurteilen.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    wegen Gewerbesteuermessbetrag 2000

    hat der 6. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht … des Richters am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … ohne mündliche Verhandlung am 16. November 2004

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    I.

    Streitig ist die Frage, ob eine Tätigkeit als „Klinischer Monitor” zur Gewerbesteuerpflicht führt.

    Der Kläger (Kl) hat das Lehramtsstudium Chemie/Biologie absolviert. Anschließend war er als Produktmanager und als Trainer für Klinik- und Pharmareferenten tätig. In den Jahren 1991 bis 1998 arbeitete er als Berater für die Betreuung von klinischen Prüfungen. Seit dem 1.7.2000 übt er die Tätigkeit als „Klinischer Monitor” selbständig aus. Nach dem Vortrag des Kl ist ein klinischer Monitor für die Organisation und die Durchführung klinischer Studien verantwortlich. Derartige Studien würden von pharmazeutischen Unternehmen veranlasst. Hierfür werde ein Mindestmaß an medizinischem Wissen benötigt. Der Monitor betreue die Studien an mehreren Prüfzentren vor Ort. Er weise die Ärzte ein, wie sie die Dokumentationen vorzunehmen und die Berichtsformulare auszufüllen hätten und überwache die Eintragungen.

    Der Kl legte für den Zeitraum 1.7.2000 bis 31.12.2000 eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung vor, in der er einen Überschuss von 47.421,42 DM ermittelte. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) kürzte die Betriebsausgaben und errechnete einen Überschuss von 50.240,67 DM. Das FA ordnete den Gewinn des Kl den gewerblichen Einkünften zu und erließ unter dem Datum des 20.6.2002 einen Gewerbesteuer-Messbescheid 2000, in dem ein Gewerbesteuermessbetrag von 22 DM ausgewiesen ist. Hiergegen wandte sich der Kl mit Einspruch, mit dem er vortrug, seine Einkünfte seien solche aus selbständiger Arbeit. Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 4.12.2002). Das FA hielt daran fest, dass die Tätigkeit als klinischer Monitor zu gewerblichen Einkünften führe.

    Zur Begründung der anschließend erhobenen Klage wird ergänzend vorgetragen: Der Kl sei unterstützend tätig, soweit neue Substanzen an Kliniken zur Untersuchung ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit eingesetzt würden. Zu seinen Aufgaben gehöre die Entwicklung von Testverfahren, die Erarbeitung von Richtlinien und Prüfungsvorschriften für Arzneimittel sowie die Beurteilung von Daten zur Zulassung von Medikamenten, ebenso die Entwicklung von Konzepten zur klinischen Erprobung von Medikamenten.

    Der Kl beantragt,

    den Gewerbesteuer-Messbescheid 2000 vom 20.6.2002 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 4.12.2002 aufzuheben.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Am 28.6.2004 hat in der Streitsache ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

    Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

    Gründe

    II.

    Die Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht einen Gewerbesteuer-Messbescheid erlassen.

    1. Nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Eine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führt demgegenüber nicht zur Gewerbesteuerpflicht. Eine freiberufliche Tätigkeit ist eine selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit oder die Tätigkeit eines Angehörigen der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten sog. Katalogberufe oder eines ähnlichen Berufes.

    2. Im Streitfall ist die Tätigkeit des Kl als klinischer Monitor als gewerblich zu beurteilen. Siekann nicht als freiberuflich qualifiziert werden.

    a) Insbesondere ist der Kl nicht wissenschaftlich tätig. Voraussetzung für eine wissenschaftliche Tätigkeit ist, dass eine hochstehende, besonders qualifizierte Beschäftigung ausgeübt wird, die der Forschertätigkeit vergleichbar ist (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 29.4.1993 IV R 61/92, BFH/NV 1994, 89). Es muss versucht werden, eine schwierige Aufgabe nach wissenschaftlichen Grundsätzen, d.h. nach streng sachlichen und objektiven Grundsätzen zu lösen. Zur Wissenschaft gehört nicht nur die schöpferische oder forschende Arbeit (reine Wissenschaft), sondern auch die Anwendung des aus der Forschung hervorgegangenen Wissens auf konkrete Vorgänge (angewandte Wissenschaft – s. BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 89). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Kl ist nicht selbst Forscher, ebenso wenig wendet er die aus der Forschung gewonnenen Erkenntnisse an. Vielmehr ist er eher als „Organisator” tätig, nämlich als Bindeglied zwischen der Pharmaindustrie, die neue Medikamente entwickelt, und den Prüfärzten, die die Medikamente an den Kliniken testen. Er hat die Prüfärzte zu überwachen und dafür zu sorgen, dass bei den Tests einheitliche Standards eingehalten werden. Der Umstand, dass ein klinischer Monitor für seine Tätigkeit über einen gewissen medizinisch-pharmazeutischen Bildungsstand verfügen muss, um sich mit den Auftraggebern und den Prüfärzten fachkundig auseinandersetzen zu können, führt noch nicht dazu, dass die Tätigkeit deshalb als wissenschaftlich anzusehen wäre.

    b) Der in der Aufzählung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht enthaltene Beruf des klinischen Monitors ist auch nicht als ein den Katalogberufen „ähnlicher” Beruf anzusehen. Ein „ähnlicher” Beruf muss einem Katalogberuf in wesentlichen Punkten vergleichbar sein, was Ausbildung und berufliche Tätigkeit anbelangt (s. BFH-Beschluss vom 16.9.1999 XI B 63/98, BFH/NV 2000, 424, zum selbständigen Krankenhausberater). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der allenfalls in Betracht kommenden Katalogberufe „Arzt” und „Handelschemiker” (s. BFH-Urteil vom 14.11.1972 VIII R 18/67) nicht erfüllt.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenEStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 15 Abs. 2, GewStG § 2 Abs. 1