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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 25.07.2000 – 13 K 5864/92

    1. Maßgeblich für die bewertungsrechtliche Erfassung von Rückstellungen ist die wirtschaftliche Belastung des Betriebs durch die Verbindlichkeit. Gemäß § 103 BewG sind Rückstellungen für Schulden und Lasten, die sich vorläufig der Höhe nach noch nicht genau bestimmen lassen, auch im Rahmen des Betriebsvermögens als Betriebsschulden abziehbar.

    2. Die Höhe der Betriebsschulden ist ggfls. nach § 162 AO zu schätzen. Bewertungsrechtlich sind dabei die zum Betrieb gehörenden Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen.

    3. Rückstellungen für Rekultivierung und Mehrtransportkosten sind dabei mindestens zum Nennwert anzusetzen und nicht abzuzinsen.

    4. Eine Kürzung der Rekultivierungsrückstellung wegen anzunehmender Wertsteigerungen der Grundstücke ist unzulässig.


    Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten bei der Einheitsbewertung des gewerblichen Betriebs der Klägerin über die Höhe der Rückstellungen für Rekultivierung und Mehrtransportkosten zum 1.1.1987; insoweit hat der Beklagte – gestützt auf einen gemeinsamen Ländererlass vom 21.4.1986 (BStBl I 1986, 260) – nach einer Betriebsprüfung aus zwei Gründen Kürzungen vorgenommen:

    Zum einen meint er, es sei eine Abzinsung auf den Rückstellungsbetrag vorzunehmen, soweit die Rekultivierung erst nach mehr als vier Jahren zu Aufwendungen führe. Zum anderen sei auf Grund der Rekultivierung der abgeräumten (devastierten) eigenen Grundstücke der Klägerin eine Wertsteigerung eingetreten, die bei der Ermittlung des Rückstellungsbetrags ebenfalls zu Abzügen führen müsse.

    I.

    Die Klägerin nutzt für den Tagebau überwiegend eigene größere Geländeflächen. Die zuständige Landesbehörde hat die Abbaugenehmigung entsprechend dem Bundesberggesetz mit der Auflage verbunden, devastierte Flächen wieder nutzbar zu machen. Hierfür hat die Klägerin in ihrer Vermögensaufstellung zum 1.1.1987, ausgehend von der Steuerbilanz zum 31.12.1986, Rückstellungen für Rekultivierung und für Mehrtransportkosten zur Wiederverfüllung gebildet. Auf Grund einer Betriebsprüfung erließ der Beklagte am 24.9.1991 den hier angefochtenen, geänderten Einheitswertbescheid auf den 1.1.1987.

    Darin setzte er die Schuldposten aufgrund der Rückstellungen für Rekultivierung und für Mehrtransportkosten zur Wiederverfüllung teilweise mit abgezinsten Beträgen an und nahm zudem Kürzungen der Rückstellungen wegen zu erwartender Wertsteigerungen der rekultivierten Grundstücke vor.

    Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 15.1.1991 zu Tz. 130 und 131/Seite 145 bis 155 sowie die Anlagen 30 und 31 a bis c Bezug genommen.

    Ausgehend von der Rückstellung für Rekultivierung in Höhe von … DM und der Rückstellung für Mehrtransportkosten von … DM minderte der Beklagte diese Schuldposten um folgende Beträge (in DM):

    Rückstellung für Rekultivierung
    Ausgangswert lt. Betriebsprüfung
    Minderung wegen Wertsteigerung bei eigenen Grundstücken um
    Minderung wegen Abzinsung
    Ansatz des Beklagten gemäß der Vermögensaufstellung des Prüfers zum 1.1.1987
    Rückstellung für Mehrtransportkosten
    Ausgangswert gemäß Betriebsprüfung
    Minderung wegen Abzinsung
    Ansatz des Beklagten gemäß der Vermögensaufstellung des Prüfers zum 1.1.1987
    Erhöhung des steuerpflichtigen Vermögens somit um insgesamt


    Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen über die geschätzten Ausgangsdaten zu den Rekultivierungsrückstellungen in den Vermögensaufstellungen des Prüfers, soweit dies die Berechnungen der Abzinsungen und die Ermittlung der zu erwartenden Wertsteigerungen nach Rekultivierung betrifft.

    Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, eine Abzinsung der Rekultivierungsrückstellung als Sachleistungsverpflichtung sei bewertungsrechtlich nicht zulässig, weil dies nicht mit § 12 und § 109 Bewertungsgesetz (BewG) in der zum 1.1.1987 geltenden Fassung im Einklang stehe. Außerdem vertritt die Klägerin die Ansicht, die Kürzung der Rekultivierungsrückstellungen um die Wertsteigerungen bei eigenen Grundstücken sei unzutreffend, weil die Wertsteigerung nicht eintrete; die Grundstücke seien vor und nach der Auskohlung in demselben Zustand.

    Die Mehrtransportkosten sind auch nach Auffassung des Beklagten Teil der von der Klägerin zu erfüllenden Verpflichtung, Restlöcher bestimmter Tagebaue mit Abraummassen zu verfüllen. Die dafür gebildeten Rückstellungen für die Tagebaue fallen damit unter den Begriff der Rückstellungen für Auffüll- und Rekultivierungsverpflichtungen bei Tagebauen. Der Ländererlaß vom 21.4.1986 ist nach Auffassung des Beklagten auch hinsichtlich der Abzinsung der Rückstellungen für Mehrtransportkosten anzuwenden.

    II.

    Auf Grund der Ergebnisse der Betriebsprüfung erließ der Beklagte einen geänderten Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1.1.1987 vom 24.9.1991; dieser Bescheid erging während des Einspruchsverfahrens gegen den Erstbescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1987. In dem Einspruchsverfahren waren zunächst noch andere Rückstellungen im Streit; insofern besteht zwischen den Beteiligten aber jetzt keine Meinungsverschiedenheit mehr.

    Durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 3.12.1992 wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen; auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird wegen der Einzelheiten der Rechtsausführungen des Beklagten Bezug genommen.

    Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Beteiligten ihre Auseinandersetzung über die Abzinsung der Rückstellungen für Rekultivierungsverpflichtungen einschließlich der Mehrtransportkosten und über die Wertsteigerung eigener Grundstücke durch Rekultivierungsmaßnahmen fortsetzen und vertiefen. Während der Beklagte an dem Ländererlass vom 21.4.1986 (BStBl I 1986, 260) festhält, macht die Klägerin geltend, dieser stehe nicht mit §§ 12 und 109 BewG im Einklang.

    Für die Abzinsung einer Sachleistungsverpflichtung, wie z. B. der Verpflichtung zur Rekultivierung einer devastierten Fläche, gebe es im Bewertungsgesetz keine Rechtsgrundlage. Der Beklagte sei zwar der Ansicht, das Gebot der Abzinsung einer Sachleistungsverpflichtung ergebe sich aus § 109 Abs. 1 BewG a. F. in Verbindung mit § 10 BewG, aus den §§ 21 Abs. 2, 27 BewG sowie aus § 12 Abs. 3 BewG. Diese Auffassung sei jedoch rechtlich unzutreffend.

    Aus § 109 Abs. 1 BewG a. F. in Verbindung mit § 10 BewG könne eine Verpflichtung zur Abzinsung nicht hergeleitet werden. Hiernach seien die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit dem Teilwert zu bewerten. Teilwert sei gemäß § 10 S. 2 BewG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Für die Teilwertbetrachtung der hier in Frage kommenden Rückstellungen gelte folgendes:

    Die Rekultivierungsrückstellungen seien in der Handelsbilanz und Steuerbilanz der Klägerin mit den Preisen des Bewertungsstichtages bewertet worden, obgleich sicher sei, dass bei Erfüllung der Verpflichtungen infolge der inzwischen dann eingetretenen Preissteigerungen ein höherer Aufwand entstehen werde. Außerdem werde sich der Aufwand zusätzlich erhöhen, weil im Rahmen des gestiegenen und weiter steigenden Umweltbewusstseins zukünftig eine qualitativ höhere und aufwendigere Rekultivierung vorzunehmen sei.

    Die Rückstellung umfasse des weiteren nicht den Endbetrag der Gesamtverpflichtung, der in Erfüllung der Verpflichtung zu verausgaben sein werde. Es handele sich vielmehr um eine Ansammlungsrückstellung eigener Art. Denn nach Maßgabe der bergbaulich in Anspruch genommenen Flächen und entnommenen Massen wachse die Rückstellung an und werde gemindert durch erfolgte Rekultivierungsarbeiten. Die Verpflichtung werde also während der Abbauzeit auch bereits erfüllt, so dass erst nach eingestelltem Abbaubetrieb das Mengengerüst der Endverpflichtung feststehe. Dieses werde also erst durch Ansammlung während der Nutzungsdauer eines Tagebaus erreicht. Anders als bei einer gegebenen Endverpflichtung in Geld entspräche die angesammelte und abgezinste Rückstellung nie dem Teilwert zum Bewertungsstichtag.

    Der Beklagte unterstelle weiter, die Rückstellung zum Bewertungsstichtag umfasse alle Aufwendungen, die zur Rekultivierung des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Tagebaus erforderlich seien. Würde jedoch der Tagebau zum Bewertungsstichtag vorzeitig schließen, müsste die Rückstellung vollkommen neu ermittelt werden, da bei Schließung aller Tagebaue wegen fehlender Massen keine Rekultivierung nach Maßgabe der bisherigen Verpflichtung mehr vorgenommen werden könnte. Die Rückstellungsbildung könnte sich zwangsläufigerweise nur noch auf die besonders aufwendige und unter heutigen Bedingungen höhere Aufwendung für Restseegestaltung bzw. die ebenfalls aufwendige Wiederverfüllung mit Fremdmassen ausrichten. Bei einer unterstellten fiktiven Schließung der Tagebaue müsste dieser Aufwand bei der Ermittlung der Rückstellung neu berechnet und in vollem Umfang erfasst werden.

    Der fiktive Erwerber im Sinne des § 10 Satz 2 BewG würde alle diese Risiken berücksichtigen und die Verpflichtungen zur Wiedernutzbarmachung der devastierten Flächen mindestens mit dem Nennwert, voraussichtlich sogar mit einem höheren Wert ansetzen, um den Einfluß der dargelegten, im Bilanzansatz noch nicht erfaßten wertmindernden Faktoren zu berücksichtigen.

    Des weiteren verbiete sich eine Abzinsung auch auf der Grundlage des § 109 Abs. 1 BewG. Diese Vorschrift gelte zwar auch für Sachleistungsverpflichtungen. Eine Abzinsung sei hiernach aber schon deshalb ausgeschlossen, weil die Unverzinslichkeit einer Sachleistungsverpflichtung ohne Berücksichtigung zukünftiger Preis- und Qualitätssteigerungen, der keine Gegenleistung gegenüberstehe, unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen lediglich die Rentabilität des Unternehmens berühre. Die Berücksichtigung einer erhöhten Rentabilität des Unternehmens sei aber als geschäftswertbildender Faktor bei der Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter entsprechend dem auch bei der Bewertung des Betriebsvermögens geltenden Grundsatz der Einzelbewertung wegen des Saldierungsverbots nicht möglich.

    Die Vorschriften der §§ 21 Abs. 2, 27 BewG begründeten im vorliegenden Fall ebenfalls keine Verpflichtung zur Abzinsung der Sachleistungsverpflichtung. Diese Bestimmungen legten lediglich fest, dass bewertungsrechtlich die Verhältnisse zu Beginn eines Kalenderjahres und nicht auf einen Tag im Laufe eines Kalenderjahres zugrunde zu legen seien. Mit dieser formalen Festlegung erschöpfe sich der Inhalt dieser Vorschriften. Zur Bewertung des Vermögens enthielten diese Bestimmungen keine Aussage. Deshalb könne hieraus auch keine Verpflichtung hergeleitet werden, das Vermögen in bestimmter Weise zu bewerten.

    § 12 Abs. 3 BewG sei ebenfalls keine Rechtsgrundlage für die Abzinsung einer Sachleistungsverpflichtung.

    § 12 BewG behandele die Bewertung von Kapitalforderungen und Schulden. Als Schulden seien Kapitalschulden gemeint. Nur Kapitalschulden hätten einen Nennwert.

    Sachleistungsverpflichtungen seien keine Kapitalschulden. Deshalb sei § 12 BewG auf Sachleistungsansprüche und entsprechende Verbindlichkeiten nicht anwendbar. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Sachleistungsverpflichtungen sei als Analogie zu Lasten des Steuerpflichtigen unzulässig.

    Aber selbst wenn § 12 BewG grundsätzlich auf Sachleistungsverpflichtungen analog angewendet würde, wäre keine Abzinsung vorzunehmen. Die Abzinsung sei in Abs. 3 dieser Bestimmung geregelt. Voraussetzungen für die Abzinsung seien die Befristung, d. h. ein genauer Fälligkeitszeitpunkt, und die Unverzinslichkeit als besonderer Umstand im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 BewG. Ein genauer Fälligkeitszeitpunkt liege bei einer Rekultivierungsverbindlichkeit nicht vor. Die Unverzinslichkeit der Rekultivierungsverbindlichkeiten, bei der keine zukünftigen Preis- und Qualitätssteigerungen zum Stichtag berücksichtigt würden, sei auch kein besonderer Umstand im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 BewG.

    Auch die Rückstellung für Mehrtransportkosten beinhalte als Teil der Rückstellung für Wiedernutzbarmachung keine Endverpflichtung, sondern sei ebenfalls eine Ansammlungsrückstellung. Die vorstehenden Ausführungen gälten deshalb auch für diese Rückstellung. Die insgesamt anfallenden Kosten seien bisher nur prozentual nach Maßgabe der bis dahin geförderten Kohle und damit nicht in voller Höhe erfasst. So müssten z. B. bei einer Stillegungsbetrachtung die notwendigen

    Die Klägerin beantragt,

    den geänderten Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1.1.1987 vom 24.9.1991 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3.12.1992 zu ändern, indem ein um 505.499.571 DM niedrigeres Vermögen angesetzt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen

    Der Beklagte trägt dazu folgendes vor:

    - Zur Bildung von Rückstellungen für Rekultivierungsverpflichtungen und Mehrtransportkosten

    Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zur Rekultivierung eine wirtschaftliche Belastung darstellten. Die Belastung umfasse den Rekultivierungsaufwand für die am Stichtag insgesamt zerstörten und noch nicht rekultivierten Flächen des Tagebaus. Insoweit bestehe für die Klägerin eine steuerlich relevante Verpflichtung.

    Die Rekultivierungsrückstellungen stellten Sachleistungsverpflichtungen dar, die nach § 109 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Satz 2 BewG mit dem Teilwert zu bewerten seien. Der Teilwert enthalte alle Kosten, die erforderlich seien, um die am Stichtag devastierten Flächen vollständig zu rekultivieren. Bereits fertig rekultivierte Flächen seien zutreffend aus der Belastungsberechnung ausgeschieden worden. Daraus folge, dass eine Ansammlung der Kosten oder ein ratierlicher Aufbau der Rückstellungen nicht unterstellt werden könne.

    Dies sei der entscheidende Unterschied zu den Ausführungen der Klägerin, die von einer „Ansammlungsrückstellung eigener Art” spreche und die Endverpflichtung erst dann als erfüllt ansehe, wenn der Abbaubetrieb insgesamt eingestellt worden sei. Diese Auslegung werde einer steuerlich zutreffenden Beurteilung der Rekultivierungsschuld, wie sie bei der Klägerin am Stichtag abgezogen werde, nicht gerecht. Denn an diesem Tag werde für die insgesamt zerstörte Fläche auch die gesamte Belastung, d. h. der Erfüllungsbetrag, als Schuld ausgewiesen. Sie werde nicht auf den Zeitraum der Inanspruchnahme der Flächen durch den Bergbautreibenden angesammelt, d. h. die Schuld entstehe nicht ratierlich ab dem Zeitpunkt der Zerstörung der Oberfläche bis zur Beendigung der Wiederverfüllung mit Abraum. In den überwiegenden Fällen der Tagebaue der Klägerin werde die Rekultivierung daher erst zehn oder mehr Jahre nach der Devastierung begonnen bzw. abgeschlossen.

    Die Klägerin bilde die Rückstellungen für Rekultivierungen ab dem Zeitpunkt des Abräumens der Deckschicht, d. h. des Mutterbodens, und bewerte die Schuld am Bilanzstichtag mit dem voraussichtlichen vollen Aufwand der erst in Jahren anstehenden Wiederherstellung des ursprünglichen oder vergleichbaren Zustandes als Acker oder Wald.

    Im Gegensatz zu einer Ansammlungsrückstellung, welche die Kosten für eine Verpflichtung über eine Zeit bis zur Endverpflichtung ansammele, seien die Rückstellungen der Klägerin am jeweiligen Stichtag bereits in vollem Umfang für die zerstörte Fläche geltend gemacht worden. Würde der Tagebau in diesem Zeitpunkt schließen, wäre der gesamte zu erwartende Aufwand bereits passiviert. Neue Rekultivierungskosten fielen nicht mehr an, weil auch in diesem Fall kein weiterer Boden mehr zerstört werde. Bezogen auf den jeweiligen Quadratmeter bedeute dies, dass für diese Fläche lediglich ein einheitlicher Betrag zu einem einheitlichen Zeitpunkt für Zwecke der Rekultivierung zurückgestellt werde. Eine Ansammlung verschiedener Teilkosten der Rekultivierung erfolge für diesen bestimmten Quadratmeter nicht. Im Falle der Rekultivierung werde die Rückstellung vollständig und einheitlich aufgelöst.

    Diesem Rekultivierungssachverhalt entspreche bei der Klägerin die am Stichtag zerstörte Fläche. Dass am nächsten Stichtag die Schuld wegen neuer devastierter Flächen erhöht und um inzwischen erfolgte Rekultivierungen früherer Flächen gemindert werde, sei kein ausreichender Grund dafür, bei diesem Sachverhalt die Gesamtbelastung einer Ansammlung oder Ratierlichkeit gleichzustellen. Schließlich handele es sich dabei um Rückstellungen für jeweils andere, in den Werten des Vorjahres nicht berücksichtigte Flächen.

    Mehrtransportkosten seien Teil der von der Klägerin zu erfüllenden Verpflichtung, Restlöcher bestimmter Tagebaue mit Abraummassen anderer Tagebaue zu verfüllen. Abraummassen seien verbracht worden vom Tagebau B nach Tagebau F, vom Tagebau H nach Tagebau G und vom Tagebau H nach Tagebau B. Die Verfüllungsverpflichtung werde durch den jeweiligen Kohlenabbau verursacht. Daher bilde auch die entnommene Kohlenmenge die Grundlage für die Rückstellungsbildung bzw. den Grad der wirtschaftlichen Belastung.

    Die Ausführungen der Klägerin zur Ermittlung der Rückstellung für Mehrtransportkosten seien irreführend, zumindest was den Begriff der Ansammlung angehe. Die Verfüllungsverpflichtung werde durch den Abbau verursacht. Dieser gebe den Grad der wirtschaftlichen Verursachung an. Eine Ansammlung finde nicht statt, sondern der Grad entspreche am Stichtag der jeweiligen 100 %igen Belastung durch Mehrtransportkosten abzüglich der bereits verauslagten Wiederauffüllungskosten bis zum Stichtag.

    Der Abbau bestimme den Grad der wirtschaftlichen Belastung durch eine Erfüllungsverpflichtung. Am Stichtag sei also auch nur soviel und nicht mehr an Verpflichtung vorhanden. Am nächsten Bewertungsstichtag sei der Abbau gestiegen und damit auch gleichzeitig eine höhere Belastung vorhandenen, jedoch abzüglich bereits inzwischen angefallener und geleisteter Mehrtransportkosten. Es handele sich somit nicht um einen identischen Rückstellungsgegenstand, sondern um einen neuen bisher nie dagewesenen Anlass, bewertungsrechtlich Rückstellungen zu bilden. Der am Stichtag jeweils durch Zu- und Abgänge aktualisierte Gesamtbelastungswert spreche auch hier eher für eine Endverpflichtung als für eine natürliche Ansammlung.

    - Zur Abzinsung bei der Bewertung der Rückstellung

    Einer Abzinsung stehe grundsätzlich nicht entgegen, dass der BFH in mehreren Urteilen zu Auffüll- und Rekultivierungsrückstellungen ertragsteuerlich eine Abzinsung abgelehnt habe (BStBl II 1971, 85; II 1975, 480). Der BFH gehe in diesen Fällen von einer Bewertung der Verpflichtung auf der Basis des Preisniveaus am Bilanzierungsstichtag aus und kompensiere die eventuell sofort vorzunehmende Minderung der Rückstellung auf Grund der Abzinsung mit den nach dem Bilanzstichtag zu erwartenden Preissteigerungen, die in keinem Fall als rückstellungsfähig angesehen würden. Eine Abzinsung setze mindestens voraus, dass der Betrag der letztlich zu erfüllenden Verbindlichkeit wenigstens annähernd geschätzt werden könne.

    Der Bewertungssenat des BFH habe sich der ertragssteuerlichen Beurteilung angeschlossen und in seinem Urteil vom 20.10.1970 (BStBl II 1971, 82) bei der Bewertung einer Rückstellung für eine Wiederauffüllungsverpflichtung eine Abzinsung des Rückstellungsbetrages nicht in Betracht gezogen. Andererseits sei aber für die Bewertung einer Entfernungsverpflichtung von Versorgungsleistungen die Abzinsung verlangt worden (BStBl II 1976, 110).

    Da nach Auffassung des BFH bei einem Substanzabbauunternehmen die Höhe der Rekultivierungsverpflichtung unmittelbar mit den geförderten Mengen zum Bilanzstichtag zusammenhänge, lasse sich allerdings im Streitfall schwerlich von einer Endverpflichtung im klassischen Sinne sprechen, solange die Klägerin die … im jeweiligen Abbaufeld fördere. Denn die Rückstellung für Rekultivierung unterliege im Rhythmus des fortschreitenden Tagebaues durch Zugänge um neu devastierte Flächen und um Abgänge rekultivierter Flächen in den einzelnen Jahren einer permanenten Veränderung. Das gleiche gelte für die Rückstellung für Mehrtransportkosten, die von der geförderten Menge abhängig sei.

    Soweit die Klägerin im vorliegenden Fall jedoch eine Abzinsung bereits deshalb für rechtswidrig halte, weil es an einer den bisherigen Grundsätzen entsprechenden Endverpflichtung fehle, stehe dem zunächst der Wortlaut des Gesetzes sowie das in den §§ 21 Abs. 2 und 27 BewG verankerte Stichtagsprinzip entgegen.

    Auch Gürsching/Stenger, BewG, Anm. 169 zu § 103 (Stand Mai 1992) bejahten die Abzinsung. Gerade im Bereich des Braunkohletagebaus lägen zwischen dem Beginn der Devastierung durch Abtragen der Ackerkrume und dem Ende der Auskohlung als zweifelsfrei spätestem Termin einer feststehenden Endverpflichtung derart große Zeiträume, dass eine uneingeschränkte Übernahme der Rekultivierungsrückstellungen aus der Steuerbilanz den Grundsatz der stichtagsbezogenen Wertbestimmung im Rahmen des Bewertungsgesetzes durchbräche.

    Die Rückstellung in ihrer Bewertung entspreche dem jeweiligen Grad der in Zukunft zu erwartenden Belastung und komme damit einer in der Höhe feststehenden Endverpflichtung gleich. Das Mengengerüst der Rekultivierungsrückstellung ergebe sich bei der hier vorliegenden Wertermittlung eben nicht erst aus der Summe der Ansammlungsbeträge, sondern könne am Bewertungsstichtag auf Grund des greifbaren Abbaufortschritts und des bekannten Umfangs der Verpflichtung (gemäß Landesabgrabungsgesetz vom 21.11.1972, Gesetz- und Verordnungsblatt NW 1972, 732) eindeutig und – nach den Wertverhältnissen am Bewertungsstichtag – abschließend ermittelt werden. Dies gelte auch für die Rückstellung für Mehrtransportkosten.

    Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich bei der hier zu beurteilenden Rückstellung für Rekultivierung selbst durch die Ansammlung aller ertragsteuerlich anzusetzender Werte keine betragsmäßig feststehende Endverpflichtung ergeben könne, da bei Abschluß der … aufgrund des laufenden Tagebaufortschrittes die zu Beginn des Abbaus devastierten Flächen bereits wieder rekultiviert seien und damit keine Rückstellung mehr rechtfertigen könnten. Ungewisse Entwicklungen, wie z. B. pauschal zu erwartende Veränderungen im Umweltbewußtsein und eine damit verbundene eventuelle Erhöhung des Rekultivierungsaufwands seien dabei bereits nach den allgemeinen Regelungen für Rückstellungen (§ 103 BewG, § 6 EStG) als nicht hinreichend konkretisiert außer Betracht zu lassen.

    Ein potentieller Erwerber werde eine in ferner Zukunft liegende Ausgabe aufgrund des Zinsvorteils niedriger bewerten als eine kurz bevorstehende. Der so gefundene Wert könne als zutreffende Interpretation des gesetzlich normierten Teilwertes angesehen werden und rechtfertige damit eine Abzinsung. Maßgeblich sei dabei allein der bewertungsrechtlich zutreffend ermittelte Gegenwartswert der Rückstellung zum Stichtag.

    Die Klägerin gehe davon aus, dass erst § 12 BewG die Frage der Abzinsung regele. Dies treffe aber nicht zu. § 12 BewG regele nur das „Wie”, die Methode der Abzinsung, nicht das „Ob”, den Grund der Abzinsung, und das auch nur für „Kapitalforderungen und Schulden”, nicht hingegen für andere Arten von Wirtschaftsgütern.

    Hier seien zum 1.1.1987 Rückstellungswerte als Schuldposten geltend gemacht worden, deren Erfüllung weit nach dem Stichtag erfolge. Dafür sei am Feststellungszeitpunkt der Gegenwartswert nach § 21 Abs. 2 BewG zu ermitteln. Dieser sei auch bei einer Sachleistungsverpflichtung nicht unberührt davon, ob die Erfüllung am Stichtag oder später zu erbringen sei (siehe auch BFH vom 19.7.1983, BStBl II 1984, 56). Der Aufwand für die Sachleistung sei deshalb entsprechend der Dauer bis zur Fälligkeit abzuzinsen.

    In dem Urteil vom 26.9.1975 (BStBl II 1976, 110) habe der BFH die Abzinsung einer Sachschuld ausdrücklich bejaht. In jedem Fall müsse die Abzinsung an Hand einer nachvollziehbaren Vorgehensweise die tatsächlich geringere wirtschaftliche Belastung bei erst in Zukunft anstehenden Aufwendungen wiedergeben. § 12 BewG biete insoweit eine allgemein im Bewertungsrecht anerkannte Methode zur Wertfindung.

    - Zur Berücksichtigung von Wertsteigerungen

    Die Berücksichtigung von Wertsteigerung eigener Grundstücke durch Rekultivierungsmaßnahmen sei berechtigt.

    Zur Beurteilung der tatsächlichen Wertsteigerung der rekultivierten Grundstücke vergleiche die Klägerin die jeweiligen Grundstückswerte vor der Devastierung und nach der Rekultivierung. Die Heranziehung der Einheitswerte sei nicht geeignet, als Vergleichsmaßstab zu dienen, da im vorliegenden Fall die Teilwerte als echte wirtschaftliche Veränderung heranzuziehen seien.

    Aber auch beim Vergleich dieser Werte müsse als Bezugsgröße für die Wertsteigerung der Teilwert, der durch den Tagebau und dessen Betrieb devastierten Flächen herangezogen werden, da erst diese Devastierung die Rückstellungen erforderlich machten. Maßgeblich für die Ermittlung der Rückstellung seien die Kosten, die nach der … und Nutzung als Betriebsfläche entstünden, um die Flächen wieder in einen anderweitig nutzbaren Zustand zu versetzen. Entsprechend müssten diese Kosten um die sich bei Durchführung der Maßnahme – also bei Rekultivierung devastierter Flächen – zwangsläufig ergebenden Wertsteigerungen gemindert werden. Zweifelsfrei sei auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Betriebsflächen notwendig seien und einen bestimmten Verkehrswert hätten, von einer erheblichen Wertminderung gegenüber dem ursprünglichen Zustand auszugehen.

    Das BFH-Urteil vom 26.10.1970 (BStBl II 1971, 82) könne nicht als Begründung für den Ansatz der Rekultivierungsrückstellung in der Vermögensaufstellung herangezogen werden, weil der Sachverhalt nicht vergleichbar sei. Die Rekultivierungsaufwendungen führten nämlich unmittelbar zur Wertsteigerung des Wirtschaftsguts Grundstücke. Dies sei bei Einnahmen im Rahmen des Auffüllungsvorgangs durch Kippgebühren nicht der Fall.

    Im Gegensatz zur Behauptung der Klägerin, es sei ungewiss, ob und in welcher Höhe Wertsteigerungen einträten, könne auf Grund der bisherigen Erfahrungen nicht zweifelhaft sein, dass Wertsteigerungen durch die Rekultivierungsmaßnahmen einträten. Dem Einwand bezüglich der Höhe der Wertsteigerung sei durch die vorsichtige Schätzung des Verkehrswerts in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden.

    Die Klägerin habe in den Handels- und Steuerbilanzen bis 1965 aus Anlass der Devastierung durch die Bewertung als Ödland Teilwertabschreibungen auf die Grundstücke vorgenommen. In Höhe der Teilwertabschreibung sei eine Kürzung der Rekultivierung vorgenommen worden, weil eine doppelte Aufwandserfassung nicht zulässig sei. Nach der Rekultivierung seien hinsichtlich der durch die Rekultivierungsmaßnahmen eingetretenen Wertsteigerungen Zubuchungen bei diesen Grundstücken vorgenommen worden. Soweit die bis 1965 abgeschriebenen Grundstücke erst jetzt rekultiviert würden, werde bezüglich der Zuschreibungen noch in gleicher Weise verfahren.

    Ab 1966 habe die Klägerin die Bilanzierungsmethode geändert. Die Grundstücke würden auch nach der Devastierung weiterhin mit den Anschaffungskosten ausgewiesen, weil nach Ansicht der Klägerin die Zerstörung der Grundstücke nicht endgültig sei, sondern lediglich für einen überschaubaren Zeitraum erfolge. Die Rekultivierungsrückstellungen würden seitdem in voller Höhe ausgewiesen. Auch diese Bilanzierungsmethode ändere nichts daran, dass es vor der Rekultivierung der Grundstücke zu erheblichen Wertminderungen gekommen sei. Letztere seien in der Zeit nach der Auskohlung bis zum Beginn der Rekultivierung am größten, weil der Grund und Boden in diesem Zeitraum geringere wirtschaftliche Bedeutung habe. Ohne Rekultivierung würde nur Ödland zurückbleiben. Für Zwecke der Einheitsbewertung und Vermögensteuer werde im Übrigen bei Devastierung eine erhebliche Wertminderung durch die Ödlandbewertung vorgenommen. Da im vorliegenden Fall gerade die einheitswertrechtlichen Konsequenzen einer gerichtlichen Überprüfung unterlägen, seien diese Wertdifferenzen auch für die Berechnung einer rückstellungsmindernden Wertsteigerung nach Rekultivierung von Bedeutung.

    Bei der Überprüfung, ob es durch Rekultivierung zu einer Wertsteigerung bei eigenen Grundstücken komme, sei Ausgangspunkt der Wert der devastierten Grundstücke und nicht der Wert des noch nicht zerstörten Grundbesitzes. Es sei also der Wert zwischen den beiden Zustandsstufen (devastiert und rekultiviert) zu vergleichen. Bewertungsrechtlich werde diesem Sachverhalt durch eine stichtagsbezogene Bewertung der in Ausbeutung oder Nutzung befindlichen Grundstücke als wertgemindertes Ödland Rechnung getragen.

    Würde keine Rekultivierung der devastierten Flächen durchgeführt, bliebe wertloses Ödland zurück. Erst durch die Rekultivierung würden die Grundstücke wieder nutzbar gemacht und stiegen damit im Wert gegenüber den devastierten Grundstücken. Dass diese Grundstücke in der Bilanz wegen der nur vorübergehenden Wertminderung weiterhin mit den Anschaffungskosten ausgewiesen werden könnten, ändere nichts an der durch die Rekultivierung tatsächlich erfolgten Wertsteigerung. Diese Vermögensmehrwerte seien vorhanden und könnten bei eigenen Grundstücken nicht zu Schuldposten für das steuerliche (hier: bewertungsrechtliche) Betriebsvermögen werden. Es müsse deshalb bei der Kürzung der Rekultivierungsrückstellungen in der Vermögensaufstellung um die Wertsteigerungen bei eigenen devastierten und rekultivierten Grundstücken verbleiben.

    Zur Wertsteigerung der eigenen Grundstücke durch Rekultivierungsmaßnahmen sei zudem auszuführen, dass hinsichtlich der Einheitswerte der Tagebauflächen für die verschiedenen Zustandsstufen von der Devastierung bis zum Beginn der Rekultivierung lediglich ein Einheitswert festgestellt werde. Die Bewertung des Tagebaugeländes erfolge nicht mit einem reinen Ödlandwert, sondern mit einem Durchschnittswert für die Betriebsfläche Ödland. Die Wertsteigerung, die im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens zu berücksichtigen sei, ergebe sich nicht aus den unterschiedlichen Marktverhältnissen, sondern ausschließlich aus den Wertverbesserungen durch die vorgenommenen bzw. vorzunehmenden Rekultivierungsmaßnahmen.

    Die Beurteilung einer Wertsteigerung sei entgegen der Auffassung der Klägerin keine rechtliche, sondern eine tatsächliche Frage. Die entsprechenden Überlegungen des Beklagten hierzu ließen sich daher unmittelbar aus dem Stichtagsprinzip des Bewertungsrechtes ableiten. Darüber hinaus könne kein Zweifel bestehen, dass die zunächst devastierten, dann rekultivierten Flächen durch diese Rekultivierung eine erhebliche Wertsteigerung erführen. Objektiv wären die devastierten Flächen – außer für Zwecke der Klägerin – wertlos. Demgegenüber stünden nach der Rekultivierung wieder veräußerbare Nutzflächen bereit, denen ein Marktwert nicht abgesprochen werden könne.

    Zusammenfassend und abschließend trägt der Beklagte vor, er lege Wert auf die Feststellung, dass er sich hinsichtlich der vertretenen Rechtsauffassung im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und den vorgesetzten Dienstbehörden befinde. Der Erlass des Finanzministeriums NRW vom 30.7.1982 (DB 1982, 1702) sei, soweit er die Abzinsung von Rückstellungen für Rekultivierungsverpflichtungen betreffe, geändert worden; mit dem gleichlautendem Ländererlass vom 21.4.1986 (a.a.O.) wiesen die Länderfinanzminister die nachgeordneten Finanzbehörden übereinstimmend an, Aufwendungen für Auffüll- und Rekultivierungsmaßnahmen abzuzinsen, soweit sie nicht innerhalb von vier Jahren nach dem Bewertungsstichtag geleistet würden.

    Gründe

    Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens insoweit rechtswidrig in ihren Rechten verletzt, als der Beklagte darin zu niedrige Rückstellungen für Rekultivierungsverpflichtungen und Mehrtransportkosten angesetzt hat.

    I.

    Der Einheitswert des Betriebsvermögens wird nach § 98 a BewG 1974 in der Weise ermittelt, dass die Summe der Werte, die für die zu dem gewerblichen Betrieb gehörenden Wirtschaftsgüter (Rohbetriebsvermögen) ermittelt sind, um die Summe der Schulden des Betriebs und der sonstigen nach dem BewG zulässigen Abzüge gekürzt wird. Schulden werden nach § 103 Abs. 1 BewG insoweit abgezogen, als sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Voraussetzung für den Abzug ist, dass eine rechtliche Verpflichtung am maßgebenden Stichtag bestanden hat. Sie muss entstanden, darf aber noch nicht erloschen sein und muss eine wirtschaftliche Belastung für den Verpflichteten darstellen (BFH, Urteil vom 25.11.1983 III R 25/82, BStBl II 1984, 51).

    Daraus ergibt sich, dass Verbindlichkeiten in Form von Rückstellungen auch anzunehmen sind, wenn die Schulden am Stichtag rechtlich bereits bestehen, in der Höhe jedoch noch nicht hinreichend konkretisierbar sind. Maßgeblich für die bewertungsrechtliche Erfassung ist die wirtschaftliche Belastung des Betriebs durch die Verbindlichkeit. Rückstellungen werden ertragsteuerlich u. a. gebildet für Schulden und Lasten, die sich vorläufig der Höhe nach noch nicht genau bestimmen lassen. Gemäß § 103 BewG sind derartige Rückstellungen der Einheitsbewertung auch im Rahmen des Betriebsvermögens als Betriebsschulden abziehbar (Abschn. 28 Abs. 3 VStR 1986).

    Die Höhe dieser Schulden ist gegebenenfalls nach § 162 AO zu schätzen, wobei der in der Steuerbilanz ausgewiesene Rückstellungsbetrag ein Anhaltspunkt sein kann. Dabei sind nach § 109 Abs. 1 BewG bewertungsrechtlich die zum Betrieb gehörenden Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen.

    Teilwert im Sinne des § 10 Satz 2 BewG ist der Betrag, den ein Erwerber des gesamten Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde.

    II.

    Bei der Bewertung der Rückstellungen für Rekultivierung und Mehrtransportkosten würde ein gedachter Erwerber aber keine Abzinsung auf den geschätzten Wert vornehmen. Schon um die nach dem Stichtag eintretenden Preissteigerungen bei der Bemessung des Kaufpreises zu berücksichtigen, wird der fiktive Erwerber des Unternehmens die Rekultivierungsverpflichtungen mindestens zum Nennwert ansetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Rückstellungen zum Bewertungsstichtag nicht den Endbetrag der Gesamtverpflichtung umfaßt, der in Erfüllung der Verpflichtung zu verausgaben sein wird. Denn nach Maßgabe der bergbaulich in Anspruch genommenen Flächen und entnommenen Massen findet eine Ansammlung statt.

    Erst nach eingestelltem Abbaubetrieb steht die Endverpflichtung fest, die durch Ansammlung während der Nutzungsdauer eines Tagebaus erreicht wird, so daß die Endverpflichtung den auf den Bewertungsstichtag geschätzten Teilwert übersteigt. Daher steht ein künftiger Rekultivierungsbetrag noch nicht fest und kann demzufolge auch nicht abgezinst werden, um die spätere tatsächliche Erfüllung hinreichend zu berücksichtigen.

    Zudem wäre eine Abzinsungsverpflichtung ohne bewertungsrechtliche Rechtsgrundlage. Zwar gilt für bilanzsteuerliche Zwecke seit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. e) EStG ein Abzinsungsgebot bei Rückstellungen für Verbindlichkeiten. Die Finanzverwaltung selbst vertritt aber die Auffassung (BMF-Schreiben vom 9.12.1999, DB 2000, 115), dass bereits mit dem Beginn des Tagebaus begonnen wird, die Verpflichtung zur Wiedernutzbarmachung zu erfüllen, so dass die Rückstellungen darum noch nicht einmal nach der neuen bilanzsteuerlichen Rechtslage abzuzinsen sind.

    Soweit der gleichlautende Ländererlaß vom 21.4.1986 demgegenüber verlangt, dass Aufwendungen, die erst in einem späteren Zeitraum als innerhalb von vier Jahren geleistet werden, abzuzinsen seien, liegt dem der unzutreffende Gedanke zugrunde, eine erst in späterer Zukunft zu erfüllende Verbindlichkeit bedeute eine geringere wirtschaftliche Last. Dies wäre aber allenfalls so zu sehen, wenn durch die Verbindlichkeit zugleich ein Vorteil für das Unternehmen einträte, beispielsweise durch ein Darlehen, das genutzt werden könnte.

    Bei der Rekultivierungsverpflichtung handelt es sich jedoch um eine einseitige Sachleistungsverbindlichkeit. Dabei handelt es sich um bereits verursachte Aufwendungen, die erst später zu Ausgaben führen, wobei zum Bewertungsstichtag noch unsicher ist, in welcher Höhe diese Ausgaben später anfallen werden. Der Betrag der letztlich zu erfüllenden Verbindlichkeit kann hier aber nicht annähernd genau geschätzt werden, so dass es keinen Sinn macht, einen zwangsläufig ungenauen Betrag durch Abzinsung präzisieren zu wollen.

    Eine Verpflichtung zur Abzinsung hätte zudem denknotwendig zur Voraussetzung, dass der Gegenwartswert mittels der Zinseszinsrechnung von einem gegebenen Endkapital ausginge, in dem folglich ein Zinsanteil enthalten wäre. Bei der Rekultivierungsverbindlichkeit ist dies aber nicht der Fall. Denn hieraus können keine künftigen internen Erfolgsbeiträge entstehen.

    Aus § 12 Abs. 3 BewG ergibt sich, dass eine Abzinsung nur bei Kapitalschulden zulässig ist, die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden. Diese Bestimmbarkeit des Zeitpunktes ermöglicht es überhaupt erst, eine Zinseszinsrechnung vorzunehmen. Eine solche zeitliche Bestimmbarkeit ist aber bei einer Rekultivierungsverpflichtung nicht gegeben. Entsprechendes gilt für die Mehrtransportkosten. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass eine Abzinsung bei einer Rückstellung für eine zeitlich (terminlich) nicht feststehende Verbindlichkeit nicht zulässig ist. Denn § 12 Abs. 3 BewG kann nicht erweiternd über seinen Wortlaut hinaus mit einen Inhalt versehen werden, den der seinerzeitige Gesetzgeber offenbar nicht wollte.

    III.

    Auch die Kürzung der Rekultivierungsrückstellung wegen anzunehmender Wertsteigerungen der Grundstücke der Klägerin ist unzutreffend.

    Zunächst einmal steht es bewertungsrechtlich nicht fest, ob es künftig zu Wertsteigerungen der Grundstücke kommen wird. Dagegen spricht, dass ein künftiger Erwerber rekultivierten Bodens eher einen geringeren Preis dafür zu zahlen bereit wäre, als ihn das Grundstück vor der Devastierung hatte. Auch ergibt sich für die stichtagsbezogenen Annahmen bei der Vermögensbewertung, dass künftige Entwicklungen regelmäßig unbeachtlich sind.

    Bei einem Vergleich der Einheitswerte kommt zudem eine Kürzung der Rückstellung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Einheitswerte der Grundstücke noch den Zustand vor der Devastierung berücksichtigen. Gegenüber dem ursprünglichen Zustand der Grundstücke tritt durch die Rekultivierung aber erkennbar keine Wertsteigerung ein; ein zunächst landwirtschaftlich genutztes Grundstück wird hier nämlich nach der Devastierung – die hier jedoch zu keiner Änderung des Einheitswerts geführt hat – und der anschließenden Rekultivierung wieder das, was es war, nämlich ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück.

    Die Bewertung des Tagebaugeländes liegt im Übrigen im Durchschnitt nicht höher als der durchschnittliche Einheitswert für landwirtschaftliche Flächen. Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die Rekultivierung zu einer Wertsteigerung gegenüber einer devastierten Fläche führt. Im Streitfall ist aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, die Tagebauflächen seien durchschnittlich mit … DM pro Hektar bewertet, während der Einheitswert landwirtschaftlicher Grundstücke durchschnittlich bei … DM pro Hektar liege. Mithin sind unstreitig keine Werterhöhungen bei den Einheitswerten der Grundstücke festzustellen.

    Demzufolge lässt sich auch hieraus eine Minderung des im Schätzungswege ermittelten Rückstellungsbetrages nicht herleiten.

    Die Klage hat daher Erfolg, wobei die weiteren Berechnungen dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO übertragen werden.

    Der Beklagte trägt als unterliegender Beteiligter gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens, wobei sich insoweit die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis aus §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO, 708 Nr. 10 und 711 ZPO ergibt.

    Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen worden, weil im Hinblick auf den gemeinsamen Ländererlaß ein Interesse der gesamten rekultivierungspflichtigen Wirtschaft an einer höchstrichterlichen Entscheidung besteht, wenngleich die bewertungsrechtlichen Fragen nach Auslaufen der Vermögensteuer ihre frühere Bedeutung verloren haben.

    VorschriftenBewG § 10 S 2, BewG § 12 Abs 3, BewG § 98 a, BewG § 103 Abs 1, AO 1977 § 162