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  • 19.02.2016 · IWW-Abrufnummer 146412

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 12.11.2015 – 4 K 129/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG Nürnberg, 12.11.2015 - 4 K 129/14

    In dem Rechtsstreit
    XXX
    gegen
    XXX
    wegen Einkommensteuer 2007 bis 2011
    hat der 4. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ,
    die Richterin am Finanzgericht und
    den Richter am Finanzgericht sowie
    die ehrenamtliche Richterin und
    den ehrenamtlichen Richter
    aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12. November 2015
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 16.01.2014 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer auf 6.342 € festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    2.

    Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5 zu tragen.

    Tatbestand

    Streitig ist der unbeschränkte Abzug der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

    Die Kläger wurden als Ehegatten gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt, §§ 26, 26b EStG (Einkommensteuergesetz). In den Streitjahren 2007 bis 2011 erzielte der Kläger aus seiner Tätigkeit als Lehrer an einer Berufsschule Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin erzielte ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Beteiligungseinkünfte und Kapitaleinkünfte erklärt.

    I.

    In der Einkommensteuererklärung 2007 vom 12.11.2008 machte der Kläger Aufwendungen für ein Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € geltend. Das Finanzamt lehnte im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 12.12.2008 den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten ab, da nach der damals gültigen Rechtslage die Kosten nicht mehr berücksichtigt werden konnten, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellte. Der Bescheid erging insoweit endgültig.

    Mit Schreiben vom 23.12.2008 legte der steuerliche Berater der Kläger dagegen Einspruch ein. Zur Begründung führte dieser zum einen an, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (weitere) Kapitalertragsteuer in Höhe von 725 € anzurechnen sei. Zum anderen bat er bei der Berechnung der Vorsorgeaufwendungen § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG zu berücksichtigen. Mit Änderungsbescheid vom 14.01.2009 erhöhte das Finanzamt den anzurechnenden Zinsabschlag um 725 €. Der Erläuterungstext zur Festsetzung enthält folgenden Hinweis: "Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag vom 23.12.2008."

    Aufgrund Mitteilungen über Beteiligungseinkünfte wurde der Einkommensteuerbescheid für 2007 mehrfach nach § 175 Abgabenordnung (AO) geändert. Im Änderungsbescheid vom 05.02.2009 wurde eine Einkommensteuer in Höhe von 7.534 € festgesetzt. In der nach § 175 AO geänderten Festsetzung vom 04.02.2010 wurde hinsichtlich der Anwendung der Neuregelung zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007, § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) erstmals ein Vorläufigkeitsvermerk aufgenommen, soweit die Änderung reichte; die Einkommensteuer wurde auf 7.888 € erhöht.

    Mit Schreiben vom 22.12.2010 beantragte der steuerliche Berater der Kläger bezugnehmendauf den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 04.02.2010 (dort: Vorläufigkeitsvermerk zu der Anwendung der Neuregelung der Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer) die Anerkennung der Arbeitszimmerkosten in Höhe von 3.744,57 € aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das Finanzamt erkannte im Änderungsbescheid für 2007 vom 14.06.2011 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € an, setzte wegen der Änderungsbeschränkung nach §§ 351, 177 AO die Einkommensteuer jedoch nur auf 7.534 € herab. Mit Schreiben vom 27.06.2011, eingegangen beim Finanzamt am gleichen Tag, legten die Kläger vertreten durch ihren Steuerberater Einspruch gegen den Änderungsbescheid 2007 vom 14.06.2011 ein. Sie beantragten unter Verweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.06.2008, VIII R 52/07, den unbegrenzten Abzug der Aufwendungen für ein externes Arbeitszimmer. Das Büro befinde sich in einer anderen Etage als die selbstgenutzte Wohnung. Das externe Büro sei selbständig abschließbar. Im gleichen Haus befinde sich im Obergeschoss noch eine separate Wohnung, die an fremde Dritte vermietet sei.

    Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos; mit Einspruchsentscheidung vom 09.01.2014 wurde der Einspruch unter Verweis auf die Änderungssperre gemäß § 351 AO als unzulässig verworfen. Mit Bescheid vom 16.01.2014 wurde die Einkommensteuerfestsetzung 2007 erneut geändert.

    II.

    Für die Streitjahre 2008 bis 2011 erklärte der Kläger Aufwendungen für ein außerhäusliches Arbeitszimmer als Werbungkosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wie folgt:
    Jahr Aufwendungen in €
    2008 3.978
    2009 3.036
    2010 4.157
    2011 2.547

    Mit Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 23.12.2009, für 2009 vom 24.06.2011, für 2010 vom 18.11.2011 und für 2011 vom 25.02.2013 wurden die Kläger zur Einkommensteuer veranlagt.

    Im Einkommensteuerbescheid für 2008 - ebenso wie im Änderungsbescheid für 2008 vom 13.01.2011 - lehnte das Finanzamt unter Verweis auf die nach der damals gültigen Rechtslage nicht mehr abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bildet, den Abzug der Aufwendungen ab. Der dagegen eingelegte Einspruch war zum Teil erfolgreich; mit Einspruchsentscheidung vom 09.01.2014 erkannte das Finanzamt Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € an.

    Für die Streitjahre 2009, 2010 und 2011 wurden die abziehbaren Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Klägers jeweils nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG auf 1.250 € begrenzt, da das Finanzamt nicht von einem außerhäuslichen Arbeitszimmer ausging. Die Einspruchsverfahren verliefen erfolglos; mit Einspruchsentscheidungen vom 09.01.2014, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird, wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt führte im Wesentlichen aus, dass sich das Arbeitszimmer des Klägers im Kellergeschoss des von den Klägern selbst bewohnten Zweifamilienhauses befinde und als Zubehörraum zur häuslichen Sphäre gehöre. Es liege daher kein außerhäusliches Arbeitszimmer vor. Mit Bescheiden jeweils vom 16.01.2014 wurden die Einkommensteuerfestsetzungen 2009 und 2010 erneut geändert.

    III.

    Mit der dagegen erhobenen Klage beantragt der Klägervertreter,

    die geänderten Einkommensteuerbescheide 2007, 2008, 2009, 2010, 2011 vom 14.06.2011, 13.01.2011, 24.06.2011, 05.12.2011, 25.02.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 09.01.2014 und der Änderungsbescheide vom 16.01.2014 (2007, 2009, 2010) dahin zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit die Kosten für das außerhäusliche Arbeitszimmer mit insgesamt 3.745 € (2007), 3.978 € (2008), 3.036 € (2009), 4.157 € (2010) und 2.547 € (2011) berücksichtigt werden.

    Weiterhin beantragt der Klägervertreter,

    im Fall des Unterliegens die Revision wegen Divergenz zuzulassen.

    Zur Begründung trägt der Klägervertreter im Wesentlichen Folgendes vor:

    Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 12.12.2008 habe sich nicht mit Änderungsbescheid vom 14.01.2009 erledigt, da § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG lediglich bei der Berechnung der Vorsorgeaufwendungen des Klägers, nicht jedoch der Klägerin, berücksichtigt worden sei. Das Einspruchsverfahren sei deshalb noch nicht erledigt gewesen, weshalb das Einspruchsbegehren mit Schreiben vom 22.12.2010 habe erweitert werden können. Auf die Frage, ob tatsächlich eine Beschwer vorliege, komme es nicht an. Die Kläger hätten jedenfalls durch den Einspruch geltend gemacht, dass sie beschwert seien.

    Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Klägers seien in den Streitjahren 2007 bis 2011 als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in voller Höhe abziehbar, da es sich um ein außerhäusliches Arbeitszimmer handele. Die Klägerin sei alleinige Eigentümerin des Zweifamilienhauses in der Str. 1 in A-Stadt, das aus einem Kellergeschoss, Erdgeschoss und Obergeschoss bestehe. Die Wohnung der Kläger befinde sich im Erdgeschoss sowie in Teilen des Obergeschosses; das restliche Obergeschoss sei an fremde Dritte vermietet. Das Arbeitszimmer befinde sich im Kellergeschoss und sei nur über das Treppenhaus erreichbar. Einen direkten Zugang über die Wohnung im Erdgeschoss gebe es nicht. Um in sein Arbeitszimmer zu gelangen, müsse der Kläger den der Allgemeinheit zugänglichen Flur durchqueren. Im Keller werde ein Raum vom Mieter genutzt; der Waschraum werde von den Klägern als auch vom Mieter gemeinsam genutzt. Da der Kläger Verkehrsflächen nutzen müsse, die dem fremden Mieter zugänglich seien, fehle es an einer inneren Verbindung zwischen Wohnung und beruflich genutztem Büro. Bei dieser Gestaltung sei nicht davon auszugehen, dass das Arbeitszimmer in die häusliche Privatsphäre eingebunden sei (unter Verweis auf das Urteil des FG Nürnberg vom 09.10.2012, 1 K 164/11 sowie das Urteil des BFH vom 15.01.2013, VIII R 7/10). Der Bundesfinanzhof habe in dieser Entscheidung ausgeführt, dass ein häusliches Arbeitszimmer vorliege, wenn sich die zu Wohnzwecken und die zu betrieblichen Zwecken genutzten Räume in einem ausschließlich vom Steuerpflichtigen genutzten Zweifamilienhaus befänden und auf dem Weg dazwischen keine der Allgemeinheit zugänglichen Verkehrsflächen betreten werden müssten. Im Umkehrschluss sei davon auszugehen, dass ein außerhäusliches Arbeitszimmer vorliege, wenn in einem Zweifamilienhaus auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitszimmer eine der Allgemeinheit zugängliche Verkehrsfläche betreten werden müsse. So verhalte es sich im Streitfall. Es komme nach der Rechtsprechung letztendlich darauf an, ob es eine innere Verbindung der Wohnung zum Arbeitszimmer gebe, so dass davon auszugehen sei, dass das Arbeitszimmer in die häusliche Sphäre eingebunden sei. Im Streitfall liege das Arbeitszimmer auf einer anderen Etage als die Wohnung der Kläger.

    Das Finanzamt beantragt

    die Klage abzuweisen und trägt dazu im Wesentlichen vor:

    Mit Bescheid vom 14.01.2009 sei dem Einspruch der Kläger vom 23.12.2008 gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 in vollem Umfang abgeholfen worden. Eine Einspruchsentscheidung sei nicht erforderlich gewesen. Um dem Rechtschutzbedürfnis Genüge zu tun, sei ein (erneuter) Einspruch gegen den Abhilfebescheid statthaft gewesen, der vom Steuerberater jedoch nicht eingelegt worden sei. Die anrechenbaren Kapitalertragsteuern seien gewährt worden. Auch die Günstigerprüfung nach § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG sei durchgeführt und für rechtmäßig befunden worden. Das Begehren, bei der Berechnung der Vorsorgeaufwendungen § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG zu berücksichtigen, sei als Überprüfungsverlangen zu werten, dem mit Neuberechnung im Abhilfebescheid in vollem Umfang nachgekommen worden sei. Da dieser Punkt des Einspruchs nicht näher konkretisiert bzw. begründet worden sei, habe das Finanzamt von einer Erledigung ausgehen können. Dies sei dem Steuerpflichtigen auch im Erläuterungstext des Änderungsbescheids vom 14.01.2009 mitgeteilt worden. Vom Steuerpflichtigen seien trotz mehrfacher Änderungsbescheide keine weiteren Einwände hinsichtlich der Vorsorgeberechnung gekommen. Bei Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bestehe für das Finanzamt keine Verpflichtung, mögliche Anfechtungspunkte selbst zu ermitteln. Das Einspruchsverfahren könne hierdurch nicht offen gehalten werden, um später neue Einspruchsbegründungen geltend zu machen. Der Einwand, dass keine vollständige Abhilfe erfolgt sei, sei erstmals im Zusammenhang mit dem erneuten Einspruch hinsichtlich der Berücksichtigung von Arbeitszimmerkosten vorgetragen worden. Eine erneute Überprüfung nach Aktenlage habe keine fehlerhafte Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen ergeben; objektiv gesehen entspreche der Abhilfebescheid dem Antragsverlangen der Kläger im ursprünglichen Einspruch.

    Die Aufwendungen des Klägers für sein Arbeitszimmer seien in den Streitjahren jeweils nur in der nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG auf 1.250 € begrenzten Höhe steuerlich abzugsfähig, denn es handele sich um ein häusliches Arbeitszimmer. In die häusliche Sphäre eingebunden sei ein Arbeitszimmer regelmäßig dann, wenn es sich in einem Raum befinde, der zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehöre. Die Einbindung in die häusliche Sphäre liege nicht nur bei den eigentlichen Wohnräumen, sondern auch bei den Zubehörräumen der Wohnung (Abstell-, Keller-, und Speicherräume) vor. Es seien keine Hinweise vorhanden, dass es sich bei den Kellerräumen des Hauses nicht um Zubehörräume der Wohnung handeln könnte. Eine Wohnung habe nicht zwingend nur einen Zubehörraum im Keller. Alle Abstell- und Kellerräume, die den Klägern zur Nutzung zur Verfügung stünden, gehörten zu ihrer häuslichen Sphäre. Die häusliche Sphäre werde im Streitfall auch nicht dadurch durchbrochen, dass der Zubehörraum nur über einen von Dritten zugänglichen Bereich (Treppenhaus) erreichbar sei.

    IV.

    Nach der von den Klägern eingereichten Grundrisszeichnung befindet sich das Arbeitszimmer (Kellerraum 2) im Kellergeschoss des Zweifamilienhauses. Es ist von der eigengenutzten Wohnung im Erdgeschoss entweder durch das Treppenhaus zugänglich, welches auch von den Mietern genutzt wird, oder über den unmittelbar angrenzenden Kellerraum 1 (nur von den Klägern genutzt) von außen. Der Kellerraum 1 ist nur vom Arbeitszimmer aus bzw. von außen erreichbar. An das Arbeitszimmer grenzen der Kellerraum 3 (von den Klägern genutzt) und der Wasch- und Trockenraum an (von den Klägern und den Mietern genutzt). Die weiteren Kellerräume 4 und 5 werden vom Mieter bzw. von den Klägern genutzt. Das laut Grundrisszeichnung eingeplante Bad mit WC wurde nicht verwirklicht; der Kellerraum 5 wurde um diese Fläche erweitert.

    Die von den Klägern im Obergeschoss genutzten Räume (im Grundrissplan mit "Kind 2" und "Kind 3" bezeichnet) sind nur über eine Wendeltreppe aus der Wohnung im Erdgeschoss zu erreichen. Die vermietete Wohnung im Oberschoss (ca. 80 qm) ist nur über das Treppenhaus zu erreichen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist teilweise begründet.

    I. Im angefochtenen Änderungsbescheid für 2007 vom 16.01.2014 ist eine um 12 € erhöhte Vorsorgepauschale zu berücksichtigen. Mangels Erledigung des Einspruchs vom 23.12.2008 liegt für das Streitjahr 2007 keine unanfechtbare Einkommensteuerfestsetzung vor; die steuerlichen Auswirkungen der als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € sind nicht gemäß § 351 Abs. 1 AO zu beschränken. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

    Der angefochtene Änderungsbescheid für 2008 vom 13.01.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2014 sowie die angefochtenen Änderungsbescheide für 2009 und 2010 jeweils vom 16.01.2014 und der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 25.02.2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2014, sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO). Zutreffend hat das Finanzamt die Aufwendungen des Klägers für sein Arbeitszimmer gemäß § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG nur in Höhe von 1.250 € als Werbungskosten zum Abzug zugelassen. Bei dem Raum im Kellergeschoss handelt es sich nach Abwägung der Umstände des Einzelfalls um ein häusliches Arbeitszimmer, da dieses in die Privatsphäre der Kläger eingebunden ist.

    1. Nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird nach Satz 3 Halbsatz 1 der Vorschrift die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt.

    § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2007 ist auf die Streitjahre nicht anwendbar, da die Vorschrift vom Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvL 13/09) rückwirkend für verfassungswidrig erklärt wurde und die Streitjahre 2007 bis 2011 noch nicht bestandkräftig veranlagt wurden. Auf die Streitjahre ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG demnach in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 anwendbar.

    In den Streitjahren stand dem Kläger als Berufsschullehrer kein anderer Arbeitsplatz im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zur Verfügung.

    2. Der vom Kläger als häusliches Büro genutzte Raum im Keller des Zweifamilienhauses stellt nach Abwägung der Umstände des Einzelfalls weder eine Betriebsstätte noch ein außerhäusliches, sondern ein häusliches Arbeitszimmer dar.

    a) Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erfasst die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. (vgl. BFH-Urteile vom 19.09.2002 VI R 70/01, BStBl II 2003, 139, und vom 16.10.2002 XI R 89/00, BStBl II 2003, 185). Es muss sich aber nicht zwingend um Arbeiten büromäßiger Art handeln; ein häusliches Arbeitszimmer kann auch bei geistiger, künstlerischer oder schriftstellerischer Betätigung gegeben sein.

    Nicht unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG fallen Räume, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen (z. B. Betriebsräume, Lagerräume, Ausstellungsräume), selbst wenn diese ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und so in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind (vgl. BFH-Urteile vom 28.08.2003 IV R 53/01, BStBl II 2004, 55, und vom 26.03.2009 VI R 15/07, BStBl II 2009, 598).

    b) Nach diesen Grundsätzen stellt der vom Kläger genutzte Raum ein Arbeitszimmer dar.

    Der Kläger nutzt den Raum vorwiegend für gedankliche, schriftliche, verwaltungstechnische und organisatorische Arbeiten als Berufsschullehrer, mithin zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Raum seiner Ausstattung und Funktion nach einem Arbeitszimmer entspricht. Der Senat folgt dieser Auffassung.

    c) Das Arbeitszimmer des Klägers gehört zum privat genutzten Wohnhaus der Kläger und ist nach Abwägung der Umstände des Einzelfalls in die häusliche Sphäre eingebunden. Von einem außerhäuslichen Arbeitszimmer kann wegen der inneren Verbindung des Raums mit dem Wohnbereich nicht ausgegangen werden.

    aa) In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein Arbeitszimmer regelmäßig dann, wenn es sich in einem Raum befindet, der zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2002 VI R 164/00, BStBl II 2003, 350). Dies betrifft nicht nur die eigentlichen Wohnräume, sondern auch die Zubehörräume zur Wohnung wie Abstell-, Keller- und Speicherräume (vgl. BFH-Urteile vom 20.06.2012 IX R 56/10, BFH/NV 2012, 1776 und vom 18.08.2005 VI R 39/04, BStBl II 2006, 428). In diesem Sinne bestimmt sich die "Häuslichkeit" beruflich genutzter Räumlichkeiten danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zugehörig darstellen. Das ist dann der Fall, wenn die Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind, wie dies bei einem Arbeitszimmer im Keller des vom Steuerpflichtigen und seiner Familie bewohnten Einfamilienhauses (vgl. BFH-Urteil vom 19.09.2002 VI R 70/01, BStBl II 2003, 139) oder in einem zur Wohnung gehörenden Hobbyraum im Keller eines Mehrfamilienhauses (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2003 VI R 130/01, BStBl II 2004, 74) der Fall ist. Eine unmittelbare Verbindung zur Wohnung ist nicht erforderlich; auch Kellerräume im selben Haus stehen als Zubehörräume zu der Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sich als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 30.01.2014 VI B 125/13, BFH/NV 2014, 668 und BFH-Urteil vom 11.11.2014 VIII R 3/12, BStBl II 2015, 382).

    bb) Hiervon ausgehend kann das im Kellerraum 2 befindliche Arbeitszimmer des Klägers als Zubehörraum zur Wohnung im Erdgeschoss nicht der außerhäuslichen Sphäre zugerechnet werden.

    Die konkreten baulichen Gegebenheiten sind im Streitfall zu allererst dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Anwesen der Kläger um ein im Alleineigentum der Klägerin stehendes Zweifamilienhaus handelt, in dem sich zwei getrennte Wohnungen sowie im Untergeschoss jeweils dazugehörige Kellerräume befinden. Der vom Kläger als Arbeitszimmer genutzte Kellerraum 2 befindet sich im Untergeschoss. Die weiteren im Untergeschoss liegenden Kellerräume werden zum Teil von den Klägern und dem Mieter gemeinsam genutzt (Wasch- und Trockenraum) bzw. von den Klägern (Räume 1, 3 und 5) und dem Mieter (Raum 4) alleine.

    Das Arbeitszimmer ist zum einen durch einen gemeinsamen Flur im Zweifamilienhaus zu erreichen. Darüber hinaus gibt es einen weiteren direkten Zugang über den Kellerraum 1 (nur von den Klägern genutzt), welcher aus dem Privatbereich der Kläger in den Büroraum führt und von fremden Dritten oder den Mietern nicht betreten werden kann. Er führt über die Terrasse der Kläger direkt in den Keller. Der Klägervertreter hat diesen Zugang in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt.

    Zwar liegen Arbeitszimmer und Wohnung der Kläger auf unterschiedlichen Etagen (Untergeschoss- und Erdgeschoss) des Zweifamilienhauses, allerdings erstreckt sich die häusliche Sphäre der Kläger auch auf den im selben Haus befindlichen Büroraum. Es handelt sich insoweit um einen Zubehörraum zu der darüber liegenden Wohnung der Kläger, der ohne weiteres zur häuslichen Sphäre der Kläger gehört (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.2003 VI R 130/01, BStBl II 2004, 74).

    cc) Eine Unterbrechung der häuslichen Sphäre ist im Streitfall nicht alleine durch das vom Mieter ebenfalls zu betretende gemeinsame Treppenhaus gegeben. Zwar kann es nach der Rechtsprechung bei wertender Betrachtung im Einzelfall an einem inneren Zusammenhang fehlen, wenn der Steuerpflichtige, um von seinem Wohnbereich in die Büroräume zu gelangen, zunächst das Haus/Wohnung verlassen und eine auch von anderen Personen (z.B. dem Mieter) genutzte und insoweit auch der Allgemeinheit zugänglich gemachte Verkehrsfläche durchqueren muss (vgl. BFH-Urteil vom 20.06.2012 IX R 56/10, BFH/NV 2012, 1776). Allerdings gibt es im vorliegenden Streitfall darüber hinaus einen weiteren direkten Zugang, welcher aus dem Privatbereich der Kläger in den Büroraum führt, ohne dass der Kläger insoweit der Allgemeinheit oder dem Mieter zugänglich gemachte Verkehrsflächen durchqueren muss. Bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls (weiterer direkter Zugang) ist das Arbeitszimmer des Klägers in die häusliche Sphäre eingebunden. Es besteht ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Bereichen, der durch das gemeinsame Treppenhaus allenfalls gelockert, jedoch nicht durchbrochen wird, da es darüber hinaus einen weiteren direkten Zugang aus dem Privatbereich der Kläger in den Büroraum gibt.

    3. Die Aufwendungen des Klägers für sein häusliches Arbeitszimmer sind in den Streitjahren gemäß § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG nur in Höhe von 1.250 € als Werbungskosten abzugsfähig, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Kläger ist als Lehrer an einer Berufsschule tätig.

    4. Für das Streitjahr 2007 sind die steuerlichen Auswirkungen der als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € nicht gemäß § 351 Abs. 1 AO zu beschränken, da mit Bescheid vom 14.01.2009 dem Einspruch des Klägers vom 23.12.2008 nicht vollumfänglich abgeholfen wurde und insoweit keine unanfechtbare Einkommensteuerfestsetzung gegeben ist.

    a) Ein außergerichtliches Vorverfahren muss nicht zwangsläufig mit einer Einspruchsentscheidung beendet werden. Nach § 367 Abs. 2 Satz 3 AO bedarf es einer Einspruchsentscheidung nur insoweit, als die Finanzbehörde einem Einspruch nicht abhilft. Eine Erledigung des Einspruchsverfahrens tritt indessen nur dann ein, wenn die Behörde dem Antrag des Einspruchsführers durch Änderung des Bescheids (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO) in vollem Umfang entspricht. Erlässt das Finanzamt einen Abhilfebescheid, der dem bei Einlegung des Einspruchs gestellten Antrag nicht voll entspricht, so bleibt das Einspruchsverfahren auch dann anhängig, wenn das Finanzamt davon ausgeht, dass der Steuerpflichtige keinen weitergehenden Antrag mehr verfolgt. Fügt das Finanzamt in diesem Falle dem Abhilfebescheid eine Erledigungserklärung bei, so erledigt sich die Hauptsache regelmäßig auch nicht dadurch, dass der Steuerpflichtige der Erledigungserklärung nicht widerspricht (vgl. BFH-Urteil vom 04.11.1981 II R 119/79, BStBl II 1982, 270). Ob eine Abhilfe vorliegt, beurteilt sich ausschließlich nach objektiven Kriterien; auf die subjektiven Vorstellungen des Finanzamtes kommt es nicht an.

    b) Der Einspruch der Kläger vom 23.12.2008 hat vorliegend nicht dadurch seine Erledigung gefunden, dass das Finanzamt dem Einspruchsantrag voll entsprach (vgl. § 367 Abs. 2 Satz 3 AO). Durch den Abhilfebescheid vom 14.01.2009 ist vielmehr nur eine teilweise Erledigung des Einspruches eingetreten, und zwar nur hinsichtlich der Anrechnung weiterer Kapitalertragsteuer in Höhe von 725 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Kläger hatten zwar keinen genau bezifferten Einspruchsantrag hinsichtlich der Vorsorgepauschale nach § 10c EStG gestellt. Ihr Schreiben vom 23.12.2008 ließ aber erkennen, dass sie im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs davon ausgingen, dass die Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 2 EStG zu berechnen sei und dass dies für die Kläger günstiger sei. Dies macht der ausdrückliche Verweis auf § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG deutlich. Zwar führt § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG zu einer Begrenzung der Vorsorgepauschale, so dass die Bitte der Kläger, § 10c Abs. 2 Satz 4 EStG bei der Berechnung der Vorsorgepauschale zu berücksichtigen, diese nicht beschwert. Allerdings bringen die Kläger mit dem Verweis auf diese Vorschrift zum Ausdruck, dass die Vorsorgepauschale insgesamt nach § 10c Abs. 2 EStG zu berechnen sei, weil dies günstiger sei.

    c) Die Berechnung der Vorsorgepauschale nach § 10c Abs. 4 EStG führt unter Einbeziehung des von der Klägerin im Streitjahr 2007 erzielten Arbeitslohns von 396 € zu einer Vorsorgepauschale von insgesamt 3.012 € für beide Kläger. Im Bescheid vom 14.01.2009 wurde jedoch nur eine Vorsorgepauschale von 3.000 € berücksichtigt. Die um 12 € höhere Vorsorgepauschale hätte im Bescheid vom 14.01.2009 zu einer um 8 € niedrigeren Steuerfestsetzung geführt. Dem Einspruchsantrag wurde somit nicht voll entsprochen. Das Einspruchsverfahren blieb deshalb auch nach dem Bescheid vom 14.01.2009 noch anhängig, selbst wenn das Finanzamt davon ausging, der Einspruch vom 23.12.2008 habe sich erledigt; nach objektiven Kriterien hatte sich der Einspruch nicht erledigt. Auch mit den weiteren Änderungsbescheiden für 2007 vom 05.02.2009, 04.02.2010, 14.06.2011 und 16.01.2014 wurde dem Einspruchsantrag nicht abgeholfen.

    II. Die Einkommensteuer der Kläger wird demnach gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO für das Streitjahr 2007 wie folgt festgesetzt:
    2007 in €
    zu versteuerndes Einkommen lt. letztem Änderungsbescheid (16.01.2014) 43.639
    Erhöhung Vorsorgepauschale -12
    zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil 43.627
    Einkommensteuer, Splittingtabelle 1.740
    ausländische Steuern -6
    § 35 EStG -54
    AV-Zulage +504
    Kindergeld/§ 32d EStG +4.158
    Steuer lt. Urteil 6.342

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    IV. Die Revision war nicht zuzulassen; es liegt keiner der Revisionszulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 FGO vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die Frage der Einbindung des Arbeitszimmers in die häusliche Sphäre eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls erfordert. Der Senat folgt dabei der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

    Vorschriften§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 EStG § 10c Abs. 2 S. 4 EStG

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