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  • 03.06.2014 · IWW-Abrufnummer 141601

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.09.2013 – 11 K 3968/11 F

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.
    Tatbestand

    Streitig ist, ob die Beigeladene, Frau Dr. N, im Streitjahr 2007 Mitunternehmerin der Gemeinschaftspraxis Dr. L, Dr. G und andere GbR (im Folgenden als GbR bezeichnet) gewesen ist.

    Die Kläger sind .......ärzte. Sie betrieben bis ......1998 gemeinschaftlich eine Arztpraxis. Zum .......1998 nahmen sie die .....ärztin Frau Dr. N durch den "Vertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis" vom ........1998 in die Gemeinschaft auf. Der Vertrag vom ...........1998 sieht vor, dass die Gesellschafter die Geschäftsführung gemeinschaftlich ausüben. Entscheidungen sind mehrheitlich zu treffen. Für alle künftig aus der Gemeinschaftspraxis entstehenden Verbindlichkeiten gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung, den Kassen und den Patienten haften die Vertragspartner als Gesamtschuldner. Die Partner sind jedoch im Verhältnis zueinander nach dem Grad des jeweiligen Verschuldens zum Ausgleich verpflichtet. Desweiteren ist für jeden Vertragspartner eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, die zu Lasten des jeweiligen Vertragspartners geht. Über die Angemessenheit entscheidet die Gesellschafterversammlung (vgl. § 9 des Vertrages vom .......1998). Nach § 11 des Vertrages führen die Kläger bis zum 31.03.2001 die Buchwerte ihrer Praxis im Sonderbetriebsvermögen fort. Neue Investitionen tätigen die Kläger bis zum 31.03.2001 im eigenen Namen. Die Beigeladene ist bis zum 31.03.2001 zu Null an den materiellen Werten der Gemeinschaft beteiligt und kann mit Wirkung zum 31.03.2001 ein Drittel der Praxis erwerben. Hinsichtlich der Gewinnabrede vereinbaren die Parteien, dass die Beigeladene bis zum 31.03.2001 jährlich 37 % vom eigenen Honorarumsatz für die ersten 200.000 DM und 42 % vom eigenen Honorarumsatz für die darüber liegende Summe erhält, sofern ein entsprechender Gewinn erzielt wird. Der Honorarumsatz der Beigeladenen wird per EDV festgehalten. Sie kann monatliche Vorauszahlungen auf den Gewinn verlangen. Nach Ausübung der Option zur finanziellen Beteiligung soll sie einen Gewinn- oder Verlustanteil entsprechend ihrer Beteiligung erhalten (vgl. § 12 des Vertrages vom ...........1998). Das Risiko nicht gezahlter Honorare (z.B. bei der Privatliquidation) trägt der Partner, dem das Honorar zusteht. Bis zum 31.03.2001 werden nach § 14 des Vertrages vom ..........1998 alle Reparaturen und Wartungen der gemeinsam genutzten Gegenstände auf Kosten der Kläger durchgeführt. Die Verfügungsmacht über die Konten und die Barkasse liegen bis zum 31.03.2001 bei den Klägern bzw. ihren Ehefrauen (§ 17 des Vertrages vom .........1998). Die aus der gemeinsamen privaten und kassenärztlichen Tätigkeit entstehenden Honorare fließen auf die Konten der Gemeinschaftspraxis oder in die Barkasse (§ 18 des Vertrages vom ........1998). Im Vertrag ist weder für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters noch für den Fall der Auflösung der Gesellschaft bestimmt, was der ausscheidende Gesellschafter bzw. die einzelnen Gesellschafter erhalten soll(en). Wegen weiterer Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf den Vertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis vom ...........1998 verwiesen (s. S. 33 der GA).

    Die Beigeladene machte zum 31.03.2001 keinen Gebrauch von der eingeräumten Option. Die Gemeinschaftspraxis wurde mit den Vereinbarungen, wie sie bis zum 31.03.2001 gegolten hatten, unverändert weitergeführt. Im Jahr 2011 veräußerte der Kläger Dr. L seinen Gesellschaftsanteil an Herrn P. Die Beigeladene erwarb unmittelbar im Anschluss daran von Herrn P und dem Kläger Dr. G jeweils einen 2,5%igen Gesellschaftsanteil.

    Die GbR firmiert seit dem Gesellschafterwechsel im Jahr 2011 unter Gemeinschaftspraxis Dr. G, P, Dr. N, Dr. B, Fachärzte für ............heilkunde.

    Im Streitjahr 2007 gab die GbR eine Feststellungserklärung ab, in der sie - wie in den Vorjahren - die Kläger und die Beigeladene als Beteiligte und Mitunternehmer aufführte und Gewinne aus selbstständiger Tätigkeit erklärte. Der Beklagte veranlagte die GbR erklärungsgemäß.

    Im Jahr 2009 führte die Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine Betriebsprüfung bei der GbR durch. Im Rahmen der Prüfung wurde festgestellt, dass die GbR außer den Forderungen aus Leistungen über kein Gesamthandsvermögen verfügte. Praxiseinrichtung, Bankguthaben und Darlehensverbindlichkeiten seien alleine den Klägern zugerechnet worden. Die Betriebskosten und Finanzierungskosten der Praxis seien von den Klägern im Innenverhältnis alleine getragen worden. Die Beigeladene habe nur ihre eigenen Sonderbetriebsausgaben aufgewendet. Ihr "Gewinnanteil" sei vierteljährlich ermittelt worden. Auf den "Gewinnanteil" habe die Beigeladene monatlich einen Abschlag erhalten. Nach Eingang der Abrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) für das Quartal habe sie den Restbetrag für das Quartal ausgezahlt bekommen. Der Betriebsprüfungsbericht enthält beispielhaft eine Berechnung des Gewinnanteils, auf die Berechnung wird voll inhaltlich verwiesen (s. S. 49 der GA).

    Aufgrund dieser Feststellungen gingen die Betriebsprüfung und der Beklagte davon aus, dass die Beigeladene steuerlich nicht als Mitunternehmerin der GbR anzusehen sei. Die Einkünfte der GbR seien somit nicht einheitlich und gesondert für die Kläger und die Beigeladene festzustellen. Die Einkünfte der Beigeladenen seien im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung als Einkünfte aus Einzelunternehmen anzusetzen, während die Einkünfte der Kläger als Einkünfte einer zweigliedrigen Dres. L und G GbR einheitlich und gesondert festzustellen seien. Dies habe zur Folge, dass die zweigliedrige GbR, soweit sie Honorarumsätze vereinnahmte, die nicht lediglich auf leitender und eigenverantwortlicher Tätigkeit der Kläger beruhten, gewerbliche Einkünfte erziele. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gelte der Betrieb dieser Mitunternehmerschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (Abfärbewirkung).

    Entsprechend dieser Würdigung erließ der Beklagte am 9.8.2010 einen negativen Feststellungsbescheid für das Jahr 2007, indem er die Durchführung einer einheitlichen und gesonderten Feststellung für die dreigliedrige GbR ablehnte.

    Die Kläger legten mit Schreiben vom 8.9.2010 Einsprüche ein und beantragten die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung für die dreigliedrige GbR.

    Zur Begründung trugen die Kläger vor, die Beigeladene sei steuerlich als Mitunternehmerin anzusehen, da sie Mitunternehmerrisiko getragen und Mitunternehmerinitiative entfaltet habe. Das Mitunternehmerrisiko ergebe sich aus ihrer persönlichen (Außen-) Haftung. Sie habe im Außenverhältnis für sämtliche Pflichtverletzungen ihrer Mitgesellschafter direkt und unmittelbar gesamtschuldnerisch einzustehen. Der im Innenverhältnis bestehende Freistellungsanspruch sei unschädlich (BFH VIII R 74/03 und IV B 143/05), ebenso der Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung. Die Beigeladene sei auch im Falle einer Auseinandersetzung an den stillen Reserven im Patientenstamm, welcher zum Gesamthandsvermögen der GbR gehöre, beteiligt. Darüber hinaus würden die Zahlungen an die Beigeladene unstreitig einen Gewinnanteil darstellen. Die Kläger reichten im Einspruchsverfahren verschiedene Abrechnungen der KV ein. Aus ihnen gehe hervor, dass die budgetierten Leistungen nicht für jeden der drei Berufsträger separat ermittelt und vergütet würden, sondern dass das Budget für alle drei Berufsträger zusammengefasst abgerechnet werde. Mithin habe die Beigeladene das Risiko getragen, dass sie bei überproportionaler Tätigkeit ihrer Mitgesellschafter und eigener Regeltätigkeit einen niedrigeren Gewinnanteil erhalte. Genauso habe die Möglichkeit bestanden, dass die Beigeladene bei überproportionaler oder Regeltätigkeit einen höheren Gewinnanteil erziele, wenn ihre Mitgesellschafter zugleich unterproportional tätig seien. Hieran werde deutlich, dass die Beigeladene ein erhebliches Risiko getragen habe.

    Die Beigeladene habe auch über eine ausreichende Mitunternehmerinitiative verfügt. Der Gesellschaftsvertrag habe eine gemeinsame Geschäftsführung vorgesehen. Zur Annahme der Mitunternehmerinitiative würde bereits die Einräumung von Kontrollrechten im Sinne des § 716 BGB genügen. Eine Minderwertigkeit der Stimme der Beigeladenen, wie sie der Beklagte annehme, sei nicht nachvollziehbar. Es sei auch unmaßgeblich, dass die Beigeladene keine Kontovollmacht habe.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 13.10.2011 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

    Zur Begründung führte der Beklagte aus, Mitunternehmer sei nur, wer aufgrund eines zivilrechtlichen oder wirtschaftlich damit vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses zusammen mit anderen Personen Mitunternehmerinitiative entfalten könne und Mitunternehmerrisiko tragen. Beide Merkmale müssten vorliegen, könnten im Einzelfall aber mehr oder weniger ausgeprägt sein. Ein geringeres mitunternehmerisches Risiko könne deshalb durch eine starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt. Das Mitunternehmerrisiko sei bei der Beigeladenen zwar vorhanden, aber allenfalls schwach ausgeprägt. Sie erhalte weder eine Gewinnbeteiligung noch sei sie an den stillen Reserven der Praxis beteiligt. Nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages erhalte sie eine reine Umsatzbeteiligung, die abhängig von der Höhe der von ihr selbst erzielten Honorarumsätze sei. Über diese Vergütung hinaus habe sie keine Gewinnchance innerhalb der Praxis. Auch wenn die Regelung im Gesellschaftsvertrag die Vergütung der Beigeladenen begrenze, "soweit ein entsprechender Gewinn entsteht", ändere ihre Begrenzung nichts am Charakter einer Umsatzbeteiligung. Zudem komme dieser Begrenzung in Anbetracht der Art des Betriebes und der dauerhaften guten Gewinnsituation (zwischen 1,2 und 1,7 Millionen €) keine Bedeutung zu. Auch der von den Klägern vorgetragene Umstand, dass es bei einer überproportionalen Tätigkeit der Kläger aufgrund der Budgetierung zu einer niedrigeren Vergütung der Beigeladenen kommen könne und sie daher ein entsprechendes Risiko trage, führe zu keiner anderen Würdigung. Eine etwaige Budgetierung habe lediglich Auswirkung auf den Umsatz, von dem die Beigeladene ihre Umsatzbeteiligung erhalte. Es sei nicht ersichtlich, dass die Vergütung der Beigeladenen maßgeblich von der Tätigkeit der beiden anderen .......ärzten abhänge. Auch wenn theoretisch bei einer nicht ausgeglichenen Ausschöpfung der Kontingente durch einen Arzt eine Verschiebung auf einen anderen Arzt möglich sei, so stelle dies lediglich eine Berechnungsgröße der zustehenden Umsatzbeteiligung dar. Ein steuerrechtliches Mitunternehmerrisiko ergebe sich daraus nicht. Die Beigeladene sei überdies nicht an den stillen Reserven der Praxis beteiligt. Dies ergebe sich aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags und aus dem Umstand, dass die Praxis über kein Gesamthandsvermögen verfüge, da Neuinvestitionen allein durch die Kläger in deren Sonderbetriebsvermögen erfolgen würden.

    Das Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen sei daher allein auf die Außenhaftung beschränkt. Dieses allgemeine Risiko werde aber dadurch abgeschwächt, dass nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages im Innenverhältnis jeder nur im Umfang seines eigenen Verschuldens belastet werde und dieses Risiko zudem noch durch den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gemindert werde. Diese Umstände würden zwar das Mitunternehmerrisiko nicht beseitigen, dieses aber erheblich einschränken. Dies gelte insbesondere auch in Anbetracht der andauernd guten Gewinnsituation der Praxis und dem Umstand, dass alle Neuinvestitionen von den Klägern allein getragen würden und ein etwaiges Risiko auch insoweit nicht bei der Beigeladenen liege.

    Das schwache Mitunternehmerrisiko werde nicht durch eine stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert. Die Beigeladene sei nach dem Gesellschaftsvertrag nur zusammen mit den beiden Klägern zur Geschäftsführung befugt. Entscheidungen seien mehrheitlich zu treffen. Im Hinblick darauf, dass die beiden Kläger alle Investitionen und Betriebskosten alleine zu tragen hätten, hätten sie gleichgerichtete Interessen und würden diese bei Gesellschafterbeschlüssen auch entsprechend durchsetzen. Zudem stünden der Beigeladenen auch keine Verfügungsmacht über die Konten und die Barkasse zu.

    Die Kläger haben am 15.11.2011 Klage erhoben.

    Zur Begründung tragen die Kläger ergänzend vor, ein Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen ergebe sich aus der Teilhabe der Beigeladenen am laufenden Ergebnis und an den stillen Reserven. Aus § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages gehe hervor, dass die Beigeladene quotal an ihren Umsätzen beteiligt sei. Die Höhe der Umsätze werde jedoch nicht durch sie alleine vorgegeben, sondern durch die Gesamtleistungen aller drei Gesellschafter, weil durch die arztrechtlichen Vorgaben kein unbeschränkter Umsatz mit Kassenpatienten möglich sei. Kassenrechtlich sei ein über alle drei Gesellschafter gerechneter Gesamtumsatz zu erzielen, dessen Aufteilung sich maßgeblich daran orientiere, wie die einzelnen Gesellschafter arbeiteten. Schöpfe einer der drei Gesellschafter sein "Kontingent" an Kassenpatienten nicht aus, stehe dieses den anderen Gesellschaftern zur Verfügung. Dies bedeute, dass die anderen Gesellschafter in Summe mit ihren Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit einen höheren Umsatz erzielen könnten als dies einem Einzelkämpfer möglich sei. Dies zeige, dass selbst bei der Betrachtungsweise des Beklagten ein Mitunternehmerrisiko von der Beigeladenen getragen worden sei, denn es bestehe die Möglichkeit, dass sie über Gebühr viele Kassenpatienten behandele, jedoch keine entsprechende Vergütung wie durch eine vergleichbare Behandlung von Privatpatienten erhalte.

    Die Beigeladene sei an keiner "Firma" beteiligt. Vorliegend handele es sich um eine GbR, die aus Freiberuflern bestehe. Gesellschaftsrechtlich sei es problemlos möglich, dass ein GbR-Gesellschafter einen Anteil von 0 % halte. Der Beklagte verwechselte die Gewinnverteilungsabrede mit der Beteiligung an der Gesellschaft. Die Gewinnverteilungsabrede spiele nur eine Rolle für den laufenden Gewinn. Im Liquidationsfall gelte, wenn nichts anderes geregelt sei, eine Verteilung des Liquidationserlöses nach Köpfen.

    Abgesehen davon sei in § 12 des Gesellschaftsvertrages nicht geregelt, wie die Verteilung des restlichen Gewinns - also nach Abzug der umsatzbezogenen Vergütung der Beigeladenen - vorgenommen werden solle. Enthalte ein Gesellschaftsvertrag hierzu keine Vereinbarung, sei die gesetzliche Regelung des § 722 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) maßgeblich. Diese Vorschrift sehe eine Gewinnverteilung nach Köpfen vor. Den Gesellschaftern sei es allerdings unbenommen, anderes zu beschließen. Die notwendige Mitwirkung an einer Beschlussfassung über die Gewinn- und Verlustbeteiligung der Gesellschafter sei ein weiteres Kriterium, das für das Mitunternehmerrisiko spreche.

    Die Beteiligung an den stillen Reserven ergebe sich daraus, dass § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nach seinem Wortlaut nicht unter der Bedingung stehe, dass die "zu Null-Beteiligung" erst mit Ausübung der Option in § 11 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags entfallen solle. Darüber hinaus sei die Beigeladene an den immateriellen Werten der Gesellschaft beteiligt. Hierzu treffe der Gesellschaftsvertrag keine Regelung. Auch § 11 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags, der i.V.m. § 11 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags Vorgaben zur Höhe eines Abfindungsanspruchs mache, sehe keine Vorgaben für die Berechnung des Abfindungsanspruchs auf Basis eines Buchwerts vor. Dementsprechend sei auf die gesetzliche Regelung des § 738 BGB zurückzugreifen. Es sei der wahre Wert des Anteils zu Grunde zu legen. Zum wahren Wert des Anteils würden auch immaterielle Wirtschaftsgüter wie der Praxiswert bzw. der Patientenstamm rechnen. Die Gesellschafter seien überdies im Gesellschaftsvertrag davon ausgegangen, dass ein solcher Wert vorhanden sei, ansonsten hätte es nicht der Konkurrenzklausel in § 22 des Gesellschaftsvertrags bedurft. Überdies sei zu berücksichtigen, dass das Wettbewerbsverbot, welches § 22 des Gesellschaftsvertrages vorsehe, zivilrechtlich nur dann gültig sei, wenn eine Beteiligung an den stillen Reserven bestehe.

    Die Kläger beantragen,

    unter Aufhebung des negativen Feststellungsbescheides für 2007 vom 09.08.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.10.2011 die Besteuerungsgrundlagen der Mitunternehmerschaft Dr. L, Dr. G und andere GbR gesondert und einheitlich dergestalt festzustellen, dass dem Kläger Dr. L 586.063,29 €, dem Kläger Dr. G 592.396,84 € und der Beigeladenen 84.853,45 € als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zugerechnet werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung führt der Beklagte ergänzend aus, in § 12 des Gesellschaftsvertrages sei ausdrücklich geregelt, dass die Beigeladene eine Vergütung nach den von ihr erzielten Umsätzen erhalte. Dies sei auch so gehandhabt worden. Ein Restgewinn, der nach Kopfteilen zu verteilen sei, verbleibe nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen nicht. Die Beigeladene sei auch nicht an den stillen Reserven beteiligt. Sie sei zu Null an der GbR beteiligt und die Kläger jeweils zu 50 %. Damit bestehe eine eindeutige Verteilungsabrede zwischen den Beteiligten, die dazu führe, dass es entgegen der Ausführungen der Kläger eben nicht zu der Regelung nach § 722 BGB (Verteilung nach Köpfen) komme. Eine andere Regelung hätten die Beteiligten, wie sich eindeutig aus ihrem weiteren Verhalten ergebe, auch nicht bezüglich der immateriellen Werte der Praxis getroffen. Im Jahr 2011 habe die Beigeladene eine Beteiligung an der GbR erworben. Im Übertragungsvertrag sei geregelt worden, dass Gegenstand der Veräußerung jeweils ein Anteil an den materiellen und immateriellen Werten der Gesellschaft sei. Daneben sei ein neuer Berufsausübungsgemeinschaftsvertrag abgeschlossen worden. In diesem Vertrag sei ausdrücklich geregelt, dass die Beigeladene nunmehr zu 5 % an den materiellen und immateriellen Werten der Gesellschaft beteiligt sei. Diese Werte und Regelungen ergäben nur dann einen Sinn, wenn die Beteiligten selber davon ausgegangen seien, dass eine Beteiligung von der Beigeladenen sowohl an den materiellen als auch an den immateriellen Werten der Gesellschaft bisher nicht bestanden habe.

    Das Gericht hat die Steuerakten und die Betriebsprüfungshandakte zum Verfahren hinzugezogen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Die Aufhebung des Feststellungsbescheides für 2007 vom 09.08.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.10.2011 erfolgte zu Recht und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO). Eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit konnte für die GbR bestehend aus den Klägern und der Beigeladenen nicht erfolgen, da die Beigeladene zwar zivilrechtliche Gesellschafterin nicht aber steuerrechtliche Mitunternehmerin der GbR ist.

    I. Gemäß § 179 i.V.m. § 180 Abs.1 Nr. 2 Buchst. a Abgabenordnung (AO) werden einkommen- und körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Bei einer selbstständig oder gewerblich tätigen GbR ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn mehrere Personen den Betrieb als Unternehmer (Mitunternehmer) führen (§§ 18 Abs. 4 S. 2, 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz - EStG).

    Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Beigeladene ist im Streitjahr nicht als Mitunternehmerin der GbR anzusehen. Ihre Einkünfte sind somit nicht zusammen mit den Einkünften der Kläger einheitlich und gesondert festzustellen.

    1. Als Mitunternehmer ist ein Gesellschafter einer GbR nur dann anzusehen, wenn er die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos erfüllt. Beide Merkmale können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein. Ein geringeres mitunternehmerisches Risiko kann durch eine besonders starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt. Beide Merkmale müssen jedoch vorliegen. Ob dies zutrifft, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 2006 VIII R 74/03, BFHE 213, 358, BStBl II 2006, 595). Die Kriterien für die Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft (vgl. BFH-Urteil vom 08.04.2008 VIII R 73/05, BFHE 221, 238, BStBl II 2008, 681 m.w.N.).

    Mitunternehmerrisiko bedeutet Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens. Das volle Mitunternehmerrisiko von Gesellschaftern einer GbR ist im Regelfall dadurch gekennzeichnet, dass das Unternehmen im Innenverhältnis (d.h. mit schuldrechtlicher Wirkung) auf gemeinsame Rechnung und Gefahr der einzelnen Gesellschafter geführt wird. Der Gesellschafter muss daher nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg beteiligt sein; darüber hinaus müssen die Regelungen des Gesellschaftsvertrags die Gewähr dafür bieten, dass er (grundsätzlich) im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil Anspruch auf den Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Zuwachses an dem - nach den üblichen Methoden des Geschäftsverkehrs ermittelten - Firmenwert hat (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2003 VIII R 6/93, DStRE 2004, 933 m.w.N.).

    Im vorliegenden Fall ist die Beigeladene nicht am laufenden Gewinn der GbR beteiligt. Nach der "Gewinnabrede" im Gesellschaftsvertrag vom ..............1998 und der in der mündlichen Verhandlung geschilderten, internen Abrede wird der Beigeladenen lediglich eine Umsatzbeteiligung gewährt. Sie erhält 37 % bzw. 42 % ihres eigenen Honorarumsatzes als Einnahmen, sofern ein entsprechender Gewinn erzielt wird. Die maximal zu erzielenden Einnahmen der Beigeladenen richten sich nach der Höhe ihrer eigenen Honorarumsätze. Eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens erfolgt dadurch gerade nicht. Ihre Einnahmen bleiben auch in wirtschaftlich erfolgreichen Jahren auf den Anteil ihrer Honorarumsätze begrenzt. Sie nimmt damit nicht an den Gewinnchancen der GbR teil. Der tatsächlich erzielte Gewinn der GbR hat auf ihre Einnahmen nur dann Auswirkung, wenn er geringer als der ihr zustehende Umsatzanteil ist. In diesem Fall sind ihre Einnahmen auf den Gewinn begrenzt. Die Beigeladene nimmt dadurch (begrenzt) am Misserfolg, nicht aber am Erfolg und den Gewinnchancen der GbR teil.

    Eine Teilhabe am Erfolg der freiberuflichen GbR wird auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung erläuterte, interne Abrede erzielt. Denn die Abrede betrifft die Ermittlung der Honorarumsätze der Beigeladenen, die Ausgangsgröße für ihre Umsatzbeteiligung ist. Nach der internen Abrede richten sich die der Beigeladenen zuzurechnenden Umsätze mit Kassenpatienten (zum Teil) nicht nach der kassenrechtlich am Ende des Jahres festgestellten Abrechnungsquote, sondern nach der höheren, budgetierten Abrechnungsquote. Dies wirkt zugunsten der Beigeladenen, da ihr ein höherer Kassenumsatz zugestanden wird, als sie ihn als allein praktizierende Ärztin erzielt hätte. Die Beigeladene ist damit zu einem Teil an den Umsätzen der Kläger beteiligt. Eine Beteiligung an den Gewinnchancen der GbR wird dadurch aber nicht vermittelt. Die Einnahmen der Beigeladenen spiegeln auch unter Berücksichtigung dieser Berechnungsmethode nicht den wirtschaftlichen Erfolg der GbR wieder.

    Die fehlende Gewinnbeteiligung der Beigeladenen zeigt sich auch eindeutig an der Gewinnverteilung zwischen den Klägern. Der Gewinnanteil der Kläger bemisst sich - nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung - nicht nach dem Verhältnis der von ihnen erzielten Umsätze. Die Kläger sind vielmehr am Restgewinn der GbR zu jeweils 50% beteiligt. Die Gewinnchancen stehen dadurch alleine den Klägern zu.

    Nach Ansicht des Senates lässt bereits die fehlende Beteiligung der Beigeladenen am laufenden Gewinn der GbR das Mitunternehmerrisiko und damit im Ergebnis die Mitunternehmerschaft entfallen. Eine mitunternehmerische Beteiligung setzt die Teilhabe am Erfolg des Unternehmens bzw. den Gewinnchancen des Unternehmens zwingend voraus (vgl. BFH-Urteil vom 01.07.2010 IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056 Rz. 36).

    2. Aber auch für den Fall, dass die fehlende Gewinnbeteiligung das Mitunternehmerrisiko nicht von vorne herein ausschließt, kann die Beigeladene nach Ansicht des Senates nicht als Mitunternehmerin angesehen werden. Ihr Mitunternehmerrisiko ist in signifikantem Umfang beschränkt und kann nicht durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert werden.

    a) Die Beschränkung des Mitunternehmerrisikos ergibt sich zum einen aus der fehlenden Gewinnbeteiligung. Zum anderen bietet der Gesellschaftsvertrag keine hinreichende Gewähr dafür, dass die Beigeladene an den stillen Reserven der Wirtschaftsgüter beteiligt war. Eine Beteiligung an den stillen Reserven der materiellen Wirtschaftsgüter schließt der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich aus. Der Ausschluss gilt auch für die Zeit nach dem 31.03.2001. Denn der Gesellschaftsvertrag ist von den Beteiligten insgesamt fortgeführt worden. Dementsprechend sind die Neuinvestitionen nach dem 31.03.2001 weiterhin ausschließlich von den Klägern gezahlt worden, mit der Folge, dass kein Gesamthandsvermögen gebildet wurde. Eine Gewähr, dass die Beigeladene an den stillen Reserven der immateriellen Werte beteiligt war, bietet der Gesellschaftsvertrag ebenfalls nicht. Er enthält keine Regelung über die Beteiligung an den immateriellen Werten. Auch eine Ableitung eines Anspruchs aus § 738 BGB erscheint in diesem Zusammenhang fraglich, da diese Vorschrift voraussetzt, dass der Gesellschafter einen Anteil am Gesellschaftsvermögen hat. Dies ist dem Gesellschaftsvertrag gerade nicht eindeutig zu entnehmen. Auch die vertraglichen Regelungen im Jahr 2011 weisen nicht darauf hin. Die Beigeladene hat nach den vertraglichen Regelungen erst im Jahr 2011 einen Anteil von 5 % an den materiellen und immateriellen Werten der GbR erworben.

    Darüber hinaus ist das wirtschaftliche Risiko der Beigeladenen, in Folge der vereinbarten Außenhaftung am Misserfolg der GbR beteiligt zu werden, unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als gering anzusehen. Aufgrund der hohen jährlichen Gewinne der GbR in Millionenhöhe brauchte sie mit einer Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der GbR nicht zu rechnen. Die Haftung für Behandlungsfehler wurde durch die Freistellung im Innenverhältnis und den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherungen mit einer Deckungssumme von 2 Mio. DM wesentlich verringert (vgl. FG Baden-Württemberg - Urteil vom 16.06.2005 3 K 101/01, EFG 2005, 1539).

    b) Das signifikant beschränkte Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen wurde nicht durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert. Eine ausgeprägte Initiativbefugnis setzt voraus, dass dem Gesellschafter - sei es als Geschäftsführer, sei es als Prokurist oder leitender Angestellter - Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch ein Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbstständigen Ausübung übertragen werden (vgl. BFH-Urteile vom 07.11.2006 VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 und vom 09.12.2002 VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601, 604, m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages üben die Gesellschafter die Geschäftsführung gemeinschaftlich aus. Geschäftsführungsentscheidungen konnte die Beigeladene nicht selbst treffen, sie waren mehrheitlich zu treffen.

    II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    III. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

    RechtsgebieteAO, EStG, BGBVorschriften§ 179 AO; § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO; § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG; § 18 Abs. 4 S. 2 ; EStG; § 738 BGB

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