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  • 30.05.2011 | Verfahrensrecht

    Kein Erlass der Umsatzsteuer aus Gründen des Vertrauensschutzes bei Schönheitsoperationen

    von StB Dipl.-Volksw. Jürgen Derlath, Münster

    Ein plastischer Chirurg, der auf die Steuerfreiheit von Schönheitsoperationen gemäß § 4 Nr. 14 UStG vertraut hat, kann keine abweichende Steuerfestsetzung oder einen Erlass aus Billigkeitsgründen beanspruchen, wenn nach der nunmehr gefestigten Rechtsprechung von einer teilweisen Steuerpflicht der Umsätze von Schönheitschirurgen auszugehen ist (BFH 7.10.10, V R 17/09).

     

    Sachverhalt

    Bis zu einer EuGH-Entscheidung aus dem Jahr 2000 ging man auch angesichts der Formulierung in § 4 Nr. 14 UStG davon aus, dass ein Arzt mit solchen Umsätzen steuerfrei bleibt, die einen engen Berufsbezug aufwiesen bzw. nur von einem Arzt durchgeführt werden konnten. Ein medizinisch-therapeutisches Ziel der Maßnahme wurde noch nicht gefordert (EuGH 14.9.00, C-384/98). Die Finanzverwaltung griff das Urteil auf und forderte auch bei Prüfungen von Zeiträumen vor dem Urteil ein medizinisch-therapeutisches Ziel der Behandlungsmaßnahme. Vertrauensschutzgesichtspunkte wegen der bisherigen Nichtbeanstandung ließ sie nicht gelten. 2007 gab ihr der BFH schon einmal recht (BFH 26.9.07, V B 8/06).  

     

    Anmerkungen

    Vor diesem Hintergrund ist auch die aktuelle Entscheidung zu sehen, in der der BFH erneut die Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben prüft:  

     

    • Treu und Glauben setzt ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Verwaltung und Steuerpflichtigem voraus (§§ 33 ff. AO; BFH, BStBl II 91, 610), z.B. durch eine verbindliche Zusage oder Auskunft des FA. Daran fehlt es im Streitfall.
    • Auch hat sich nicht die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert, die bei der bisherigen Festsetzung durch die Finanzbehörde angewandt worden ist (§ 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO).
    • Bei einer durch die Rechtsprechung noch nicht geklärten Rechtslage liegt kein Vertrauenstatbestand vor. Ein Vertrauenstatbestand ergibt sich daher nicht bereits aus einem Verwaltungsunterlassen.
    • Auch dass mehrere Außenprüfungen die Steuerfreiheit nicht beanstandeten begründet keinen Vertrauenstatbestand. Dem steht der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung entgegen.
    • Und schließlich kommt eine abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen auch nicht deswegen in Betracht, dass einzelne Oberfinanzdirektionen entsprechende Billigkeitsregelungen ohne ausreichende Vertrauensgrundlage getroffen haben. Art. 3 GG vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2011 | Seite 151 | ID 145506

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