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  • 01.03.2005 | Bundesfinanzhof

    BFH erkennt Zweistufenmodell an

    von RA StB Bernd Schult, Berlin
    Der BFH hat mit Urteil vom 16.9.04 (IV R 11/03,Abruf-Nr. 042798) klare Abgrenzungskriterien dafür festgelegt, wann das so genannte Zweistufenmodell steuerlich anzuerkennen ist. Bis zum Jahr 2001 war es in der Praxis üblich, zur Gründung einer Sozietät/Gemeinschaftspraxis oder der gestreckten Übertragung einer Einzelpraxis im Zweistufenmodell vorzugehen. Danach erwarb der künftige Sozietätspartner bzw. Unternehmensnachfolger in der ersten Stufe einen kleinen Anteil an der Einzelpraxis. Der dabei entstehende Veräußerungsgewinn unterlag dem normalen Steuersatz. In der zweiten Stufe erwarb der neue Sozietätspartner später einen größeren Anteil, um seine Beteiligung auf das letztlich gewollte Maß aufzustocken. Der steuerliche Clou an dem Modell bestand darin, dass die zweite Veräußerung steuerlich begünstigt erfolgte (§§ 16, 34 EStG). Die Finanzverwaltung sah in diesem Modell einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO) und erkannte dem Steuerpflichtigen die steuerliche Begünstigung der zweiten Veräußerung ab.

     

    Sachverhalt

    In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte ein Rechtsanwalt, der eine Einzelkanzlei betrieb, eine seit dem 1.1.96 als freie Mitarbeiterin bei ihm tätige Rechtsanwältin zum 1.1.97 mit 5 v.H. an der Kanzlei beteiligt. Im Jahr 1998 veräußerte der Rechtsanwalt weitere 35 v.H. an die Rechtsanwältin. Das Konzept der zweistufigen Veräußerung hatten der Rechtsanwalt und seine Kollegin einschließlich der Konditionen bereits bei Abschluss der ersten Stufe abgestimmt, aber noch nicht verbindlich vereinbart. Über die zweite Stufe sollte erst nach Ablauf des Probejahres eine verbindliche Vereinbarung folgen. Die Rechtsanwältin hatte bereits im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss über die erste Stufe einen Darlehensvertrag über die Finanzierung beider Stufen mit einer Bank vereinbart.  

     

    Anmerkung

    Nach Auffassung des BFH ist das Zweistufenmodell steuerlich anzuerkennen, wenn erstens zwischen den beiden Veräußerungen ein zeitlicher Abstand von mindestens einem Jahr liegt und zweitens sich keiner der Beteiligten bereits bei Eingehen der ersten Stufe zur Durchführung der zweiten Stufe verpflichtet. Mit diesen Abgrenzungskriterien hat der BFH in den Altfällen, denen die Finanzverwaltung Gestaltungsmissbrauch vorhält, für Rechtssicherheit gesorgt. Allerdings hat sich der BFH dabei ein Hintertürchen für anders lautende Entscheidungen offen gelassen, indem er ausführt, dass es sich bei Vorliegen der beiden genannten Voraussetzungen regelmäßig nicht um einen Gestaltungsmissbrauch handelt. Damit hält sich der BFH die Möglichkeit offen, im Einzelfall trotz Vorliegens der beiden Voraussetzungen einen steuerschädlichen Gestaltungsmissbrauch zu bejahen. Wann ein steuerschädlicher Ausnahmefall vorliegen könnte, wird nicht ansatzweise angesprochen. Die Einschränkung des BFH dürfte daher als reine Vorsorgemaßnahme für Extremfälle zu verstehen sein. Für die Vergangenheit sollte der Streitfall Zweistufenmodell endgültig erledigt sein. Bescheide, denen die Auffassung der Finanzverwaltung, es läge ein Gestaltungsmissbrauch vor, zu Grunde liegt, sollten mit dem Einspruch unter Hinweis auf das BFH-Urteil angegriffen werden. Ist ein Einspruch nicht mehr möglich, sollte die Möglichkeit eines Änderungsantrags geprüft werden. 

     

    Für die Zukunft könnten aus dem Urteil möglicherweise Überlegungen zur so genannten Gesamtplanrechtsprechung des BFH gezogen werden. Nach der Gesamtplanrechtsprechung wird ein aus mehreren Teilschritten bestehender Vorgang steuerlich einheitlich als Gesamtvorgang beurteilt, wenn die einzelnen Teilschritte auf einem Gesamtplan beruhen und ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Teilschritten besteht. Der BFH hat sich damit neben § 42 AO eine zweite Waffe zur Verwerfung missliebiger Gestaltungen geschmiedet. In dem Urteil hat der BFH die Frage, ob im Zweistufenmodell ein steuerschädlicher Gesamtplan vorliegt, allerdings nicht ausdrücklich angesprochen. Schlussfolgerungen, dass das Abwarten einer Schamfrist von einem Jahr jegliche Gesamtplanvorwürfe beseitigt, dürften damit verfrüht sein. 

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