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  • · Fachbeitrag · Löhne und Gehälter

    Praxisfolgen bei Verwendung falscher ELStAM

    von Dipl.-Finw. (FH) Bärbel Küch, Burscheid

    | Verwendet der Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung unzutreffende Elek­tronische LohnSteuerAbzugsMerkmale (ELStAM), kann dies mitunter weitreichende Folgen haben. Inwieweit sich das FA bei zu niedrig einbehaltener Lohnsteuer an den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer halten kann, beleuchtet der Beitrag. |

    1. Vorbemerkungen

    Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer entsprechend den ELStAM einzubehalten und abzuführen. Zu den ELStAM zählen insbesondere die Lohnsteuerklasse, die Zahl der Kinderfreibeträge und etwaige Frei- oder Hinzurechnungsbeträge. Für den Arbeitgeber sind die ELStAM verbindlich. Änderungen bei den Lohnsteuerabzugsmerkmalen können nur durch die Melde­behörden (z.B. bei einer Heirat) oder durch das FA herbeigeführt werden.

     

    Beachten Sie | Das FA ist für alle Änderungen zuständig, die nicht durch die Meldebehörden ausgelöst werden können.

     

    MERKE | Bei einer Heirat erfolgt durch die Meldebehörde eine Datenweitergabe an die Finanzverwaltung, wobei die Steuerklassenkombination 4/4 unterstellt wird. Soll beim Lohnsteuerabzug eine andere Kombination zugrunde gelegt werden, muss der Arbeitnehmer dies beim FA beantragen.

     

    Ergibt sich bei einem Arbeitnehmer eine für ihn ungünstigere Steuerklasse oder eine geringere Zahl der Kinderfreibeträge, ist er nach § 39 Abs. 5 EStG verpflichtet, dies dem FA mitzuteilen. Eine Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn die Abweichung einen Sachverhalt betrifft, der zu einer Änderung der Daten führt, die von den Meldebehörden zu übermitteln sind.

     

    Kommt der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nicht nach, erfolgen die Änderungen grundsätzlich von Amts wegen. Unterbleibt eine Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale, hat das FA die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.

    2. Arbeitgeber als Haftungsschuldner

    Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer. Im Rahmen des § 42d EStG kommt indes die Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Haftungsschuldner in Betracht. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind insoweit Gesamtschuldner 
i.S. des § 44 AO.

     

    Die Haftung des Arbeitgebers ist auf die in § 42d Abs. 1 EStG abschließend aufgeführten Tatbestände beschränkt. Nach § 42d Abs. 2 EStG ist eine Haftung

    z.B. ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer seiner in § 39 Abs. 5 EStG genannten Verpflichtung, die Lohnsteuerabzugsmerkmale zu seinen Ungunsten ändern zu lassen, nicht nachgekommen ist.

    3. Inanspruchnahme des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers?

    Ob zu wenig einbehaltene Lohnsteuer beim Arbeitnehmer als Steuerschuldner oder beim Arbeitgeber als Haftungsschuldner geltend gemacht wird, entscheidet das FA nach pflichtgemäßem Ermessen. Hierbei ist eine zweistufige Prüfung vorzunehmen (Entschließungs- und Auswahlermessen).

     

    3.1 Entschließungsermessen

    Im Rahmen des Entschließungsermessens hat das FA zu prüfen, ob der Arbeitgeber überhaupt in Anspruch genommen werden kann. Hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nach den für ihn verbindlichen ELStAM einbehalten und abgeführt, ist der Haftungstatbestand regelmäßig nicht erfüllt. Die Inanspruchnahme des Arbeitgebers wäre in diesem Fall ermessensfehlerhaft.

     

    3.2 Auswahlermessen

    Im zweiten Schritt ist das Auswahlermessen auszuüben, d.h., das FA muss entscheiden, an welchen Gesamtschuldner es sich halten will. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Aus der ständigen Rechtsprechung kann abgeleitet werden, dass die Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Haftungsschuldner ausscheidet, wenn die Lohnsteuer beim Arbeitnehmer ebenso schnell und einfach erhoben werden kann, weil er zur Einkommensteuer zu veranlagen ist (BFH 19.7.95, VI B 28/95). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer bereits aus dem Betrieb ausgeschieden ist und seine Inanspruchnahme durch das FA möglich ist (BFH 14.4.67, VI R 23/66).

     

    Demgegenüber ist die Inanspruchnahme des Arbeitgebers aber grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie der Vereinfachung dient, weil ähnliche Berechnungsfehler bei mehr als 40 Arbeitnehmern gemacht worden sind (BFH 24.1.92, VI R 177/88).

    4. Was passiert, wenn der Arbeitnehmer verstirbt?

    Gemäß § 1922 BGB treten die Erben in die Rechtsposition des Erblassers. Folglich muss das FA etwaige Steuerrückstände des Erblassers gegenüber den Erben geltend machen. Kommt der Arbeitgeber als Haftungsschuldner in Betracht, muss das FA nach pflichtgemäßem Ermessen prüfen, ob die Lohnsteuer beim Erben als Gesamtrechtsnachfolger oder beim Arbeitgeber als Haftungsschuldner geltend zu machen ist. Die oben beschriebenen Grundsätze gelten entsprechend.

     

    FAZIT | Wird im Lohnabzugsverfahren zu wenig Lohnsteuer einbehalten, muss der Arbeitnehmer damit rechnen, dass er vom FA in Anspruch genommen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn es der Arbeitnehmer versäumt hat, beim FA die Änderung der Lohnsteuerklasse bzw. Kinderfreibeträge zu seinen Ungunsten zu veranlassen. Die Inanspruchnahme des Arbeitgebers kommt nur dann in Betracht, wenn einer der in § 42d EStG genannten Haftungstatbestände erfüllt ist.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 7 | ID 42358185

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