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  • · Fachbeitrag · Interview

    Datenzugriff und Datenauswertung: Möglichkeiten und Grenzen des FA bei der Betriebsprüfung

    | Wurden Unterlagen mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, hat der Betriebsprüfer nach § 147 Abs. 6 AO das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen. Über die Möglichkeiten und Grenzen des Datenzugriffs und der Datenauswertung sprach Mandat im Blickpunkt mit dem Betriebsprüfer Bernhard Köstler, der interessante Informationen preis gibt. |

     

    Redaktion: Ist ein Unternehmen, bei dem in Kürze eine Betriebsprüfung stattfindet, zur Vorab-Vorlage einer Daten-CD mit den Buchhaltungsunterlagen verpflichtet?

     

    Bernhard Köstler: Nein.Der Prüfer hat kein Recht, die Vorab-Vorlage zu verlangen. Denn der digitale Datenzugriff ist nur im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung zulässig. Und die Außenprüfung beginnt nun mal frühestens mit dem in der Prüfungsanordnung bestimmten Prüfungsbeginn. Selbstverständlich kann die Daten-CD aber auch freiwillig vorgelegt werden.

     

    Redaktion: Darf das FA auf freiwillig geführte Unterlagen einen Datenzugriff verlangen?

     

    B. Köstler:Diese Frage ist nicht in einem Satz zu beantworten. Das BMF 1 hat hierzu die Ansicht vertreten, dass der Datenzugriff zuzulassen ist, soweit die Aufzeichnungen in digitaler Form geführt werden. Dieser Meinung hat der BFH 2 allerdings eine Absage erteilt. Nach dem Urteil des VIII. Senats aus dem Jahr 2009 unterliegen dem Datenzugriff grundsätzlich alle Unterlagen und Daten, die zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von Bedeutung sind. Führt der Steuerpflichtige Aufzeichnungen, zu denen er gesetzlich nicht verpflichtet ist, sind die Aufzeichnungen zumindest dann nicht nach § 146 Abs. 6 AO für die Besteuerung von Bedeutung, wenn sie der Besteuerung nicht zugrunde zu legen sind. Demzufolge hatte das FA im Urteilsfall keine Zugriffsbefugnis auf die vom Einnahmen-Überschuss-Rechner freiwillig erstellte Bestandsbuchhaltung. Derzeit kann ich Ihre Frage also nicht einfach mit „ja“ oder „nein“ beantworten. Vielleicht wird sich Ihre Frage aber bald eindeutig klären lassen.

     

    Redaktion: Woran denken Sie?

     

    B. Köstler:An ein aktuelles Urteil des FG Hessen 3 . In dem Streitfall ermittelte ein Apotheker die Tageseinnahmen durch Tagesendsummenbons. Darüber hinaus führte er freiwillig eine von seiner PC-Kasse erstellte Datei mit Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe. Diese freiwillig erstellte Datei muss er dem Betriebsprüfer nicht aushändigen, entschied das FG. Da gegen dieses Urteil die Revision anhängig ist, wird der BFH also bald Gelegenheit haben, für Klarheit zu sorgen.

     

    Redaktion: Hat das FA das Recht des Datenzugriffs auf ein der EDV-Buchhaltung vorgelagertes Warenwirtschaftssystem?

     

    B. Köstler: Diese Frage wurde jüngst vom FG Sachsen-Anhalt 4 beantwortet. Auch hier ging es um einen Apotheker, der ein elektronisches Warenwirtschaftssystem (u.a. mit einer Verkaufsdatei) geführt hatte. Das FG urteilte, dass der Prüfer berechtigt ist, die Verkaufsdatei des Warenwirtschaftssystems in elektronischer Form anzufordern. Zwar umfasst der Datenzugriff nur die steuerlich relevanten Daten. Sofern die Daten des Warenwirtschaftssystems jedoch Verkaufsdaten betreffen, sind sie steuerlich relevante Daten der Finanzbuchhaltung, für die eine Aufzeichnungspflicht besteht und die demzufolge dem Datenzugriff unterliegen.

     

    Redaktion: Darf das FA die Buchführung als nicht ordnungsgemäß einstufen, weil ein Buchhaltungsprogramm aufgrund seines Alters nicht mit der Prüfsoftware WinIDEA kompatibel ist oder nur auf Disketten gespeichert ist?

     

    B. Köstler: Nein, das FA darf die Buchführung in diesen Fällen nicht einfach als nicht ordnungsgemäß einstufen. Das hat das FG Münster 5 entschieden.

     

    Redaktion: Darf das FA Zuschätzungen vornehmen, nur weil der Zeitreihenvergleich Ungereimtheiten in der Buchführung aufgedeckt hat?

     

    B. Köstler: Das FG Köln 6 ist der Ansicht, dass die Beweiskraft einer formell ordnungsgemäßen Buchführung durch einen Zeitreihenvergleich nicht verworfen werden kann. Nach einem aktuellen BFH-Beschluss 7 bedarf jedoch die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Zeitreihenvergleich eine geeignete Schätzungsmethode der Besteuerungsgrundlagen darstellt, der höchstrichterlichen Klärung. Die weitere Entwicklung bleibt hier abzuwarten.

     

    Redaktion: Wie bewerten Sie den Entwurf des BMF8 zum Datenzugriff?

     

    B. Köstler: Ein großer Wurf sieht sicherlich anders aus. Die Verbände sparen ja nicht gerade mit Kritik. Eine Stellungnahme möchte ich jedoch erst abgeben, wenn das endgültige BMF-Schreiben veröffentlicht ist.

     

    Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Köstler. 

     

    Weiterführende Hinweise

    • 1: BMF, Referat IV A 4 „Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung“ (Stand 22.1.09)
    • 8: BMF-Schreiben (Entwurf) zu den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“
    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 131 | ID 40271930

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