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  • · Fachbeitrag · Handwerkerleistungen

    Steuerermäßigung nach § 35a EStG: 
Auch Herstellungskosten können begünstigt sein

    von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    | Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. empfiehlt, Handwerkerkosten auch bei Neubaumaßnahmen im bestehenden Haushalt steuerlich geltend zu machen (Mitteilung vom 17.10.13). Eine Empfehlung, der angesichts der jüngsten BFH-Rechtsprechung durchaus beizupflichten ist. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass weiterhin Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen. Der Beitrag bringt Sie auf den aktuellen Stand. |

    1. Problemstellung

    Die Steuerermäßigung von max. 1.200 EUR für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen setzt nach § 35a Abs. 3 EStG voraus, dass es sich um Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Vorschrift für alle handwerklichen Tätigkeiten gelten - und zwar unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt. Hierzu sollen auch Aufwendungen für Arbeiten auf dem Grundstück (z.B. Garten- und Wegebauarbeiten) gehören (BT-Drs. 16/643, 10).

     

    Da der Begriff „Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ gesetzlich nicht näher definiert ist, greifen Finanzverwaltung und Teile der Kommentierung auf die Grundsätze zurück, die für die Abgrenzung von Erhaltungs- und Herstellungsaufwand gelten.

     

    Nach Ansicht des BMF (15.2.10, IV C 4 - S 2296 b/07/0003, Tz. 20) sind handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme nicht begünstigt. Als Neubaumaßnahmen gelten dabei alle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit einer Nutz- oder Wohnflächenschaffung bzw. -erweiterung anfallen. Demzufolge würde eine Steuerermäßigung z.B. ausscheiden, wenn durch die Handwerkerleistungen etwas Neues (wie z.B. der Ausbau eines Daches oder der Anbau einer Garage) geschaffen wird.

    2. Weite Gesetzesauslegung durch den BFH

    Der BFH hat sich dieser engen Sichtweise jedoch nicht angeschlossen, weil sie seiner Auffassung nach zu kurz greift (BFH 13.7.11, VI R 61/10). Da der Wortlaut der Regelung ausdrücklich Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten einbezieht - als Renovierung jedoch auch eine zur wesentlichen Verbesserung (und damit zu Herstellungskosten) führende Maßnahme verstanden werden kann - begünstigt § 35a Abs. 3 EStG generell Instandsetzungsmaßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung des vertraglichen oder ordnungsgemäßen Zustands sowie Modernisierungsmaßnahmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufwendungen für die einzelne Maßnahme einkommensteuerlich Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand darstellen.

     

    Die sachliche Begrenzung der begünstigten Maßnahmen ist aus dem Tatbestandsmerkmal „im Haushalt“ zu bestimmen, d.h. Handwerkerleistungen sind nur begünstigt, wenn sie im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts erbracht werden. Handelt es sich demgegenüber um Maßnahmen, die die Errichtung eines Haushalts, also einen Neubau, betreffen, werden sie von der Steuerermäßigung nicht erfasst.

     

    MERKE | Diese Sichtweise hat zur Konsequenz, dass die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen auch für Erd- und Pflanzarbeiten im Garten eines selbstbewohnten Hauses zu gewähren ist. Denn zum vorhandenen Haushalt gehört auch der stets schon vorhandene Grund und Boden. Ob der Steuerpflichtige seinen Garten neu anlegt (= Herstellungskosten) oder umgestaltet (= Erhaltungsaufwand), ist insoweit nicht entscheidungserheblich.

     

    3. Aktuelle FG-Rechtsprechung im Überblick

    Ein Blick in die Rechtsprechung der Finanzgerichte zeigt, dass sich bereits mehrere Gerichtsentscheidungen mit dieser Problematik befasst haben.

     

    3.1 Nur funktionserhaltene Baumaßnahmen

    So hat das FG Schleswig-Holstein (2.2.11, 2 K 56/10) - vor Ergehen der Entscheidung des BFH (a.a.O.) - entschieden, dass handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG begründen können. Das FG kommt zu dem Ergebnis, dass nur funktionserhaltende, nicht aber funktionsändernde Baumaßnahmen von der Rechtsnorm erfasst werden.

     

    Beachten Sie | Diese Rechtsauffassung greift unter Berücksichtigung der BFH-Begründung zu kurz, gleichwohl hat diese Entscheidung Bestand, da durch die Neubaumaßnahme erstmals ein Haushalt entstanden ist, was auch nach Ansicht des BFH den Rahmen der Steuerermäßigungsregelung überschreitet.

     

    3.2 Anbau eines Wintergartens

    Baut der Steuerpflichtige einen Wintergarten an, ist dies nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz (18.10.12, 4 K 1933/12) ebenfalls keine begünstigte Maßnahme. Denn auch nach der weiten Gesetzesauslegung des BFH könnten Aufwendungen für die Herstellung von etwas gänzlich Neuem nicht mehr in die Begünstigung einbezogen werden. Dies gelte, soweit es nicht nur zu einer Substanzvermehrung, sondern auch zu einer Wohnflächenerweiterung gekommen ist. Insoweit liege eine nicht begünstigte Neubaumaßnahme vor.

     

    PRAXISHINWEISA | Ob dies vor dem Hintergrund der Auslegung des BFH Bestand hat, ist m.E. zweifelhaft (siehe auch Krüger, in Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, 
§ 35a, Rz. 11). Denn der BFH hat ausdrücklich herausgestellt, dass er Maßnahmen eines Handwerkers in einem bereits vorhandenen Haushalt stets als nach 
§ 35a EStG begünstigt ansieht. Hierunter muss dann m.E. auch die Errichtung eines Anbaus oder die Wohnflächenerweiterung durch einen Dachausbau fallen.

     

     

    3.3 Erschließungsleistungen außerhalb des Grundstücks

    Das FG Berlin-Brandenburg (15.8.12, 7 K 7310/10) hat entschieden, dass der Anschluss an zentrale Ver- und Entsorgungsanlagen auch insoweit eine begünstigte Modernisierungsmaßnahme ist, als sich die Arbeiten auf öffentlichem Straßenland vor dem Grundstück erstrecken (a.A. insoweit FG Köln 26.1.11, 4 K 1483/10). Das FG sieht in einem solchen Fall die erforderliche räumliche Verbindung zum Haushalt noch dadurch als gegeben an, dass es sich um eine einheitliche, die Grundstücksgrenze überschreitende Anlage handelt, die exklusiv dem Grundstück des Steuerpflichtigen dient und in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Grundstück steht.

     

    Beachten Sie | Gegen diese FG-Entscheidung hat die Finanzverwaltung Revision eingelegt, die unter dem Az. VI R 56/12 beim BFH anhängig ist.

     

    3.4 Einbau eines Kachelofens und eines Edelstahlschornsteins

    Schließlich ist auch auf ein Urteil des FG Sachsen (23.3.12, 3 K 1388/10) hinzuweisen, wonach die Steuerermäßigung bei einem nachträglichen Einbau eines Kachelofens sowie eines Edelstahlschornsteins in ein mit einer Gas-Zentralheizung ausgestattetes Einfamilienhaus begünstigt sein kann.

     

    Nach Ansicht des FA wäre eine Steuerermäßigung nur möglich gewesen, wenn der Ofen und der Kamin einen alten Ofen mit Kamin ersetzt hätten. Das FG Sachsen urteilte jedoch, dass es nicht darauf ankommt, ob die Maßnahme der Erhaltung eines vorhandenen Gegenstands dient oder ob ein neuer Gegenstand hergestellt wird. Vorliegend würde es sich um eine Modernisierung i.S. des § 35a Abs. 3 EStG handeln.

     

    MERKE | Eine Steuerermäßigung scheidet jedoch aus, sofern es sich um eine öffentlich geförderte Maßnahme handelt, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden (§ 35a Abs. 3 S. 2 EStG).

     

    4. Fazit

    Die Frage der Begünstigung von Handwerkerleistungen, die auf Herstellungsmaßnahmen beruhen, hat durch die weite Gesetzesauslegung des BFH eine steuerzahlerfreundliche Note bekommen. Da das Urteil im Bundessteuer­blatt veröffentlicht wurde, ist es von den Finanzbehörden auch anzuwenden, sodass die wesentlich restriktivere Auslegung der Vorschrift in der bisherigen Form keinen Bestand mehr haben kann.

     

    Die vorstehend angeführte FG-Rechtsprechung zeigt jedoch die im Einzelfall noch bestehende Auslegungsproblematik. Vor dem Hintergrund der Aussage des BFH, dass Maßnahmen eines Handwerkers im vorhandenen Haushalt stets nach § 35a EStG begünstigt sind, dürften auch Handwerkerleistungen, die auf Ausbauten, Anbauten und Erweiterungen beruhen, zur Inanspruchnahme der Steuerermäßigung berechtigen.

     

    Steuerpflichtige sollten daher gegen ablehnende Bescheide der Finanzverwaltung unter Hinweis auf die BFH-Entscheidung vom 13.7.11 Einspruch einlegen und ggf. auch den Klageweg beschreiten.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 9 | ID 42386380

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