Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Ertragsteuerliche Folgen einer Ehescheidung

    von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    | Die Trennung und nachfolgende Scheidung von Ehegatten bringt nicht nur einschneidende Veränderungen im Privatbereich, sondern löst auch einkommensteuerliche Folgen aus, die in bestimmtem Umfang jedoch gestaltbar sind. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die getrennt lebenden bzw. geschiedenen Eheleute in der Regel im Interessenwiderstreit befinden, sodass sich aus dieser gegensätzlichen Interessenlage zusätzliche Probleme ergeben können. Nachfolgend werden typische Einkommensteuerfolgen dargestellt sowie bestehende Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt. |

    1. Veranlagungsform

    Eine Trennung der Eheleute wirkt sich in erster Linie auf die Veranlagungsform und damit auf den Steuertarif aus. Da die Eheleute im Trennungsjahr noch die Voraussetzungen für die Ehegattenveranlagung erfüllen (vgl. § 26 Abs. 1 EStG), steht ihnen für dieses Jahr noch das Wahlrecht zwischen Zusammenveranlagung und getrennter Veranlagung (bis einschließlich VZ 2012) bzw. Einzelveranlagung (ab VZ 2013) zu. Obwohl die Zusammenveranlagung wegen des dann zu gewährenden Splittingtarifs in der Regel günstiger sein wird, kommt es nicht selten vor, dass einer der Eheleute die getrennte Veranlagung/Einzelveranlagung wählt. Das FA ist dann grundsätzlich verpflichtet, die getrennte Veranlagung/Einzelveranlagung durchzuführen (§ 26 Abs. 2 S. 1 EStG).

     

    Der Antrag auf getrennte Veranlagung/Einzelveranlagung löst jedoch nicht in jedem Fall die Rechtsfolgen des § 26 Abs. 2 S. 1 EStG aus. Der BFH (30.11.90, III R 195/86) hat hierzu entschieden, dass ein einseitiger Antrag eines Ehegatten auf getrennte Veranlagung (entsprechendes dürfte ab 2013 bei Wahl der Einzelveranlagung gelten) unwirksam ist, wenn er wirtschaftlich oder steuerlich ins Leere geht, d.h. wenn dieser Ehegatte keine eigenen Einkünfte bezieht oder wenn diese so gering sind, dass sie weder einem Steuerabzug unterlegen haben noch zur Einkommensteuerveranlagung führen würden. Dies gilt selbst dann, wenn dem anderen Ehegatten eine Steuerstraftat zur Last gelegt wird (BFH 10.1.92, III R 103/87). Der Einkünfte erzielende Ehegatte kann in derartigen Fällen also die Durchführung einer Zusammenveranlagung auch ohne zivilrechtliches Klageverfahren erreichen.

     

    PRAXISHINWEIS | Schwieriger gestaltet sich die Situation, wenn auch der andere Ehegatte über eigene Einkünfte verfügt. Der die Zusammenveranlagung beantragende Ehegatte hat jedoch die Möglichkeit, die Zustimmung beim großen Familiengericht gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu erzwingen (BFH 7.2.05, III B 101/04). Hat der die getrennte Veranlagung beantragende Ehegatte kein schutzwürdiges Interesse an ihrer Durchführung, ergibt sich für den anderen Ehegatten ein Rechtsanspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung aus dem Wesen der Ehe. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall, dass der die Zusammenveranlagung beantragende Ehegatte die wirtschaftlichen Nachteile ausgleicht.

     

    2. Unterhaltszahlungen

    Unterhaltszahlungen sind die zivilrechtliche Folge der auseinandergehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, die der Ehegatte, der nicht in der Lage ist, selbst für seinen Unterhalt aufzukommen, gegenüber dem anderen Ehegatten einfordern kann (§ 1569 BGB). Ertragsteuerlich bestehen relativ weitreichende Abzugsmöglichkeiten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Realsplitting) sowie eingeschränkte Abzugsmöglichkeiten nach § 33a Abs. 1 EStG, sodass der Abzug als außergewöhnliche Belastung in der Praxis regelmäßig nur die Notlösung sein dürfte.

     

    2.1 Realsplitting

    Im Rahmen des begrenzten Realsplittings (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sind Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten bis zu 13.805 EUR im Kalenderjahr abziehbar, allerdings mit der (korrespondierenden) Rechtsfolge der Besteuerung beim Empfänger nach § 22 Nr. 1a EStG. Der Höchstbetrag erhöht sich nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum für die Absicherung des Ehegatten aufgewandten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (Basisversorgung).

     

    Der Sonderausgabenabzug setzt einen für das jeweilige Kalenderjahr gestellten Antrag des Leistenden sowie die Zustimmung des Unterhaltsempfängers, die nach Erteilung bis auf Widerruf gilt, voraus. Antrag und Zustimmung können auch nicht übereinstimmend zurückgenommen oder nachträglich beschränkt werden (BFH 22.9.99, XI R 121/96). Soll die Zustimmung widerrufen werden, ist dies nur vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, möglich (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 S. 5 EStG).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Zustimmung erstreckt sich auch auf die Erhöhung des Höchstbetrags nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG - und zwar unabhängig davon, wann die Zustimmung erteilt wurde (R 10.2 Abs. 2 EStR).

     

    2.2 Abzug als außergewöhnliche Belastungen

    Sofern ein Sonderausgabenabzug nicht in Betracht kommt, besteht die Möglichkeit des Abzugs als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG. Für den VZ 2013 sind maximal 8.130 EUR (8.354 EUR im VZ 2014) abzugsfähig, wobei dieser Höchstbetrag ggf. durch eigene Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person gemindert wird, soweit sie 624 EUR übersteigen. Sofern die unterstützte Person Zuschüsse als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezieht, kürzen diese Beträge den Höchstbetrag unmittelbar.

     

    Hinweis | Der Höchstbetrag erhöht sich um die für die Absicherung der unterhaltsberechtigten Person aufgewandten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (Basisversorgung), wenn für diese kein Sonderausgabenabzug möglich ist (§ 33a Abs. 1 S. 2 EStG).

     

    PRAXISHINWEIS | Erzwingt der Unterhaltsleistende im Nachhinein zivilgerichtlich die Zustimmung zum Realsplitting, führt dies zu einem rückwirkenden Ereignis und damit zu einer Bescheidänderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Im Rahmen der Änderung wird der Sonderausgabenabzug gewährt und der zunächst zugelassene Abzug als außergewöhnliche Belastung wieder beseitigt.

     

    3. Aufwendungen für Kinder

    Trennen sich Eheleute mit Kindern, gilt es nicht nur, den Kindesunterhalt zu regeln, sondern auch über die Steuer- und Kindergeldfolgen nachzudenken.

     

    3.1 Kindergeld und Kinderfreibetrag

    Kindergeld erhält derjenige, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 S. 1 EStG). Bei nicht zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch im Umfang des Kinderfreibetrags angesetzt (vgl. § 31 S. 4 EStG). Dies bedeutet, dass bei einem Elternteil, der den halben (einfachen) Kinderfreibetrag erhalten hat, auch die Einkommensteuer um das halbe Kindergeld erhöht wird. Dies gilt unabhängig davon, ob ein barunterhaltspflichtiger Elternteil Kindergeld über den zivilrechtlichen Ausgleich von seinen Unterhaltszahlungen abzieht oder ein zivilrechtlicher Ausgleich nicht in Anspruch genommen wird (R 31 Abs. 3 S. 2 EStR).

     

    Bei dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten kann der Kinderfreibetrag (2.184 EUR) auf Antrag übertragen werden, wenn der antragstellende Elternteil, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind im Kalenderjahr im Wesentlichen (mindestens 75 %) nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist (§ 32 Abs. 6 S. 6 EStG).

     

    Bei minderjährigen Kindern wird auf Antrag des Elternteils, bei dem das Kind gemeldet ist, der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (1.320 EUR) des anderen Elternteils auf ihn übertragen, wenn das minderjährige Kind bei dem anderen Elternteil nicht gemeldet ist. Der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, kann der Übertragung widersprechen, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder wenn er das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut (§ 32 Abs. 6 S. 8 und 9 EStG).

     

    Hinweis | Zu weiteren Praxisfragen der Freibetrags-Übertragung wird auf das Schreiben des BMF (28.6.13, IV C 4 - S 2282-a/10/10002) verwiesen.

     

    MERKE | Aus der Übertragung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG können sich Folgeänderungen bei anderen kindbedingten Vergünstigungen ergeben, z.B. beim

     

    • Abzug von KV-Beiträgen für Kinder (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG),
    • Abzug von Schulgeld (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG),
    • Abzug der zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) oder
    • der Übertragung des dem Kind zustehenden Behinderten- oder Hinterbliebenen-Pauschbetrags (§ 33b Abs. 5 EStG).
     

     

    Die Anspruchsberechtigung auf die vorgenannten Vergünstigungen entfällt aber nur dann, wenn der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf übertragen werden. Die alleinige Übertragung des letztgenannten Freibetrags reicht dagegen nicht aus, da beim anderen Elternteil der Kinderfreibetrag verbleibt, der weiterhin die Anspruchsberechtigung für den Erhalt der Vergünstigungen begründet.

     

    3.2 Auswärtig untergebrachte Kinder in Berufsausbildung

    Für zu Berufsausbildungszwecken auswärtig untergebrachte, volljährige Kinder wird ein Freibetrag zur Abgeltung des sich ergebenden Sonderbedarfs in Höhe von max. 924 EUR gewährt. Dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten steht der Abzugsbetrag grundsätzlich zur Hälfte zu. Auf gemeinsamen Antrag haben die Eltern die Möglichkeit, die Aufteilung anderweitig nach ihrem Belieben zu gestalten (§ 33a Abs. 2 S. 5 EStG).

     

    Beachten Sie | Bei Übertragung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG entfällt jedoch die grundsätzliche Anspruchsberechtigung des Elternteils, dem die Freibeträge entzogen wurden, sodass dem anderen Elternteil dann auch der Abzugsbetrag nach § 33a Abs. 2 EStG in voller Höhe zusteht.

     

    3.3 Leistungen an nicht unterhaltsberechtigte Kinder

    Kinder gehören zu den gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen. Ein Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG scheitert jedoch regelmäßig an dem Erfordernis, dass niemand Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person haben darf (§ 33a Abs. 1 S. 4 EStG). Diese Situation kann sich ändern, wenn der Kindergeldanspruch z.B. wegen Alters entfällt, das Kind jedoch weiterhin von seinen Eltern unterstützt wird. Bei Unterstützungsleistungen beider Eltern wird der Abzugsbetrag nach dem Verhältnis der Leistungen aufgeteilt (§ 33a Abs. 1 S. 7 EStG).

     

    3.4 Übertragung von Behinderten-Pauschbeträgen

    Steht behinderten Kindern ein Pauschbetrag nach § 33b EStG zu, kann dieser Pauschbetrag auf Antrag auf die Eltern übertragen werden, wenn das Kind ihn nicht in Anspruch nimmt (§ 33b Abs. 5 EStG). Der Pauschbetrag wird den Elternteilen jeweils zur Hälfte gewährt. Sie haben aber auch hier die Möglichkeit, auf gemeinsamen Antrag hin eine andere Aufteilung vorzunehmen.

     

    Beachten Sie | Da eine Übertragung voraussetzt, dass der Steuerpflichtige für das Kind einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld bekommt, entfällt eine Aufteilung immer dann, wenn die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG auf einen Elternteil übertragen werden.

     

    3.5 Kinderbetreuungskosten

    Bei dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern ist derjenige Elternteil zum Abzug von Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) berechtigt, der die Aufwendungen getragen hat und zu dessen Haushalt das Kind gehört. Trifft dies auf beide Elternteile zu, kann jeder seine Aufwendungen grundsätzlich nur bis zur Höhe des hälftigen Höchstbetrags (4.000 EUR pro Kind) geltend machen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Eltern einvernehmlich eine abweichende Aufteilung des Abzugshöchstbetrags wählen und dies gegenüber dem FA anzeigen (BMF 14.3.12, IV C 4 - S 2221/07/0012: 012, Tz. 28).

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 69 | ID 42567017

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents