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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Überlassung einer Wohnung an Familienangehörige: Vermietung oder besser unentgeltlich?

    | Ziehen erwachsene Kinder wieder bei ihren Eltern ein, stellt sich steuerlich oft die Frage, ob eine entgeltliche Vermietung oder eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung sinnvoller ist. Wie man zusammen mit seinem Mandanten eine optimale Lösung findet, zeigt der folgende praktische Fall. |

    1. Sachverhalt

    Der verwitwete Franz Meise ist 70 Jahre alt, Rentner und seit 1975 Eigentümer eines Hauses mit Einliegerwohnung. Seit dem 1.1.21 wohnt sein volljähriger Sohn Ralf in der Einliegerwohnung. Um die Wohnung für seinen Sohn attraktiver zu machen, wird Franz Meise in 2021 einige Renovierungsarbeiten durchführen lassen (erwartete Kosten: 25.000 EUR).

     

    Im Vorfeld hat Franz Meise seinen Steuerberater gefragt, ob er seinem Sohn die Wohnung vermieten oder besser unentgeltlich überlassen soll.

    2. Lösung

    Nach einer Gegenüberstellung der möglichen Alternativen wird erläutert, worauf beim Nachweis der Einkunftserzielungsabsicht und einer ggf. verbilligten Vermietung zu achten ist.

     

    2.1 Alternativen im Vergleich

    Da Ralf Meise etwaige Mietzahlungen steuerlich nicht absetzen kann, muss versucht werden, bei Franz Meise ein möglichst optimales Ergebnis zu erzielen. Optimal wäre es, wenn er seine positiven Renteneinkünfte durch Vermietungsverluste minimieren könnte.

     

    2.1.1 Alternative 1: Unentgeltliche Überlassung

    Wird die Wohnung unentgeltlich überlassen, kann Franz Meise die Renovierungskosten steuerlich nicht geltend machen. Vereinfacht ergibt sich folgendes zu versteuernde Einkommen:

     

    • Zu versteuerndes Einkommen bei unentgeltlicher Überlassung
    2021 ff.

    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

    0 EUR

    Einkünfte nach § 19 EStG (Nebenjob über 450 EUR) und sonstige steuerpflichtige Einkünfte (Leibrente aus gesetzlicher RV)

    21.000 EUR

    Summe der Einkünfte

    21.000 EUR

    Sonderausgaben

    ‒ 3.000 EUR

    zu versteuerndes Einkommen

    18.000 EUR

     

    2.1.2 Alternative 2: Vermietung und einmaliger Abzug der Renovierungskosten

    Wenn Franz Meise die Wohnung an seinen Sohn (fremdüblich) vermietet, kann er sowohl die laufenden Werbungskosten als auch die Kosten der Renovierung steuerlich geltend machen. Vereinfacht würde sich das zu versteuernde Einkommen wie folgt ermitteln:

     

    • Zu versteuerndes Einkommen bei entgeltlicher Überlassung
    2021
    2022 ff.

    Mieteinnahmen

    6.000 EUR

    6.000 EUR

    „normale“ Werbungskosten

    ‒ 2.000 EUR

    ‒ 2.000 EUR

    Renovierungskosten

    ‒ 25.000 EUR

    ‒ 0 EUR

    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

    ‒ 21.000 EUR

    4.000 EUR

    Einkünfte nach § 19 EStG (Nebenjob über 450 EUR) und sonstige steuerpflichtige Einkünfte (Leibrente aus gesetzlicher RV)

    21.000 EUR

    21.000 EUR

    Summe der Einkünfte

    0 EUR

    25.000 EUR

    Sonderausgaben

    0 EUR

    -3.000 EUR

    zu versteuerndes Einkommen

    0 EUR

    22.000 EUR

     

    Wegen der hohen Renovierungskosten würden die Sonderausgaben und der Grundfreibetrag in 2021 ungenutzt „verpuffen“. Da die Mieteinnahmen die Werbungskosten in den VZ 2022 ff. deutlich übersteigen, würden die zusätzlichen Vermietungseinkünfte das zu versteuernde Einkommen und die Steuerbelastung somit erhöhen.

     

    2.1.3 Alternative 3: Vermietung und Verteilung der Renovierungskosten

    Grundsätzlich sind die Renovierungskosten in dem Kalenderjahr steuermindernd zu berücksichtigen, in dem sie bezahlt worden sind (§ 11 Abs. 2 EStG). Nach § 82b EStDV kann der Steuerpflichtige aber größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen, wenn

    • die Gebäude im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwands nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und
    • überwiegend Wohnzwecken dienen.

     

    MERKE | § 82b EStDV stellt hier explizit auf größere Aufwendungen ab, ohne dies allerdings näher zu definieren. Abzustellen ist auf die individuellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. In aller Regel verfährt die Finanzverwaltung hier großzügig, sodass eine Verteilung grundsätzlich nicht an der Höhe des Aufwands scheitert (MBP 18, 170).

     

    Wenn Franz Meise die Wohnung an seinen Sohn vermietet und die Renovierungskosten auf fünf Jahre gleichmäßig verteilt, würde sich folgende steuerliche Situation ergeben:

     

    2021 ‒ 2025

    Mieteinnahmen

    6.000 EUR

    „normale“ Werbungskosten

    ‒ 2.000 EUR

    Renovierungskosten (25.000 EUR verteilt auf 5 Jahre)

    ‒ 5.000 EUR

    Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

    ‒ 1.000 EUR

    Einkünfte nach § 19 EStG (Nebenjob über 450 EUR) und sonstige steuerpflichtige Einkünfte (Leibrente aus gesetzlicher RV)

     

    21.000 EUR

    Summe der Einkünfte

    20.000 EUR

    Sonderausgaben

    ‒ 3.000 EUR

    zu versteuerndes Einkommen

    17.000 EUR

     

    2.1.4 Zusammenfassende Beurteilung der drei Alternativen

    Zumindest in den ersten fünf Jahren ist die Alternative 3 für Franz Meise ertragsteuerlich am günstigsten. Denn hier können sowohl die Renovierungskosten als auch die jährlichen Sonderausgaben und der Grundfreibetrag steuermindernd genutzt werden.

     

    Ab dem 6. Jahr sind die Renovierungskosten aber aufgebraucht und es ergeben sich dann positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Also liegt die Überlegung nahe, die Wohnung ab dem VZ 2026 unentgeltlich zu überlassen. Hier gilt es aber, die Grundsätze der Einkunftserzielungsabsicht zu berücksichtigen (vgl. unter 2.2).

     

    MERKE | Der Steuerberater sollte bei planerischen Überlegungen immer darauf hinweisen, dass die Berechnungen ggf. obsolet sind, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse ändern. Nicht berücksichtigt wurden z. B. folgende Fälle: Die Immobilie wird verkauft, Franz Meise stirbt (vgl. zur Berücksichtigung nicht verbrauchter „§ 82b EStDV-Beträge“ im Erbfall die Entscheidung des FG Münster 11.10.19, 10 K 3350/18 E, Rev. BFH: IX R 31/19) oder Ralf Meise zieht kurzfristig wieder aus der Wohnung aus.

     

    2.2 Spätere unentgeltliche Überlassung

    Sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht sprechen, ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (BFH 30.9.97, IX R 80/94).

     

    Liegen aber Umstände vor, aus denen geschlossen werden kann, dass sich der Steuerpflichtige die Möglichkeit offengehalten hat, das Mietobjekt innerhalb einer bestimmten Frist ‒ innerhalb der er einen positiven Gesamtüberschuss nicht erzielen kann ‒ nicht mehr zur Einkunftserzielung zu nutzen, ist die Einkunftserzielungsabsicht zu verneinen (BMF 8.10.04, IV C 3 - S 2253 - 91/04).

     

    Nach Auffassung des BMF liegt ein gegen die Einkunftserzielungsabsicht sprechendes Beweisanzeichen vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück oder eine Wohnung innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs ‒ von in der Regel bis zu fünf Jahren ‒ seit der Anschaffung oder Herstellung veräußert oder selbst nutzt und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Selbstnutzung liegt danach auch vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung Dritten unentgeltlich zur Nutzung überlässt.

     

    Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für eine Einkunftserzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige. Er kann das gegen die Einkunftserzielungsabsicht sprechende Beweisanzeichen erschüttern, indem er Umstände schlüssig darlegt und ggf. nachweist, die dafür sprechen, dass er den Entschluss zur Veräußerung oder zur Selbstnutzung erst nachträglich gefasst hat (BFH 9.7.02, IX R 57/00).

     

    PRAXISTIPP | Der BFH hat ein solches Widerlegen etwa akzeptiert bei einer Veräußerung nach vier Jahren wegen Trennung der Eheleute (BFH 17.12.02, IX R 18/00) oder einer Selbstnutzung aufgrund eingetretener schwerer Erkrankung des Ehegatten (BFH 9.10.08, IX R 54/07).

     

    2.3 Verbilligte Wohnraumüberlassung

    Bei einer Vermietung an Angehörige ist § 21 Abs. 2 EStG zu beachten. Danach gilt die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken bis zum VZ 2020 bereits dann als vollentgeltlich, wenn die Miete mindestens 66 % des ortsüblichen Niveaus beträgt. In diesen Fällen ist der volle Werbungskostenabzug eröffnet. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten aufzuteilen.

     

    Durch das JStG 2020 (BGBl I 20, 3096) wurde die Grenze in § 21 Abs. 2 S. 1 EStG mit Wirkung ab dem VZ 2021 von 66 % auf 50 % herabgesetzt. Das bedeutet: Beträgt das Entgelt 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist (wieder) eine Totalüberschussprognoseprüfung vorzunehmen:

     

    • Fällt diese Prüfung positiv aus, ist Einkunftserzielungsabsicht zu unterstellen und der volle Werbungskostenabzug ist möglich.

     

    • Führt die Prüfung hingegen zu einem negativen Ergebnis, ist von einer Einkunftserzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen und die Kosten sind aufzuteilen.

     

    Würde Franz Meise seinem Sohn bei der Alternative 3 statt der ortsüblichen Miete von 6.000 EUR beispielsweise nur 4.000 EUR (= 66,67 %) pro Jahr in Rechnung stellen, erhöht sich der Vermietungsverlust in den Jahren 2021 bis 2025 auf 3.000 EUR. Folglich verringern sich auch die positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ab dem 6. Jahr (auf 2.000 EUR).

     

    2.4 Abschließender Hinweis

    In dem praktischen Fall wurde die entgeltliche und unentgeltliche Überlassung einer Wohnung an nahe Angehörige betrachtet. Selbstverständlich sollte der Steuerberater in einem Beratungsgespräch auch auf die Möglichkeiten einer vorweggenommenen Erbfolge und auf etwaige Nießbrauchsgestaltungen hinweisen.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2021 | Seite 30 | ID 47031811

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