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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Löhne und Gehälter: Zum Rabattfreibetrag bei 450 EUR-Kräften

    | Gute Mitarbeiter sind schwer zu bekommen ‒ und noch schwerer zu halten! Dies gilt auch für Minijobber. Da Lohnerhöhungen vor dem Hintergrund der meist bereits ausgeschöpften 450 EUR-Grenze zwangsläufig mit einer unerwünschten Reduzierung der Arbeitszeit einhergehen würden, sind Unternehmer gezwungen, nach Alternativen zu suchen. Eine interessante Möglichkeit bietet der Rabattfreibetrag, dessen Wirkungsweise im Folgenden näher betrachtet wird. |

    1. Sachverhalt

    Die Müller-GmbH vertreibt Elektrogeräte aller Art, wobei sie ihren Kunden im Durchschnitt einen Rabatt von 20 % auf den Listenpreis gewährt. Als Annegret Schmidt, langjährige Reinigungskraft der GmbH, den Geschäftsführer um eine Lohnerhöhung bittet, befindet sich dieser in einer Zwickmühle. Zum einen ist er mit ihrer Arbeit sehr zufrieden und würde daher gerne auf ihre Bitte eingehen. Zum anderen möchte er aber auf keinen Fall, dass sie ihre Arbeitszeit verringert.

     

    Frau Schmidt möchte weiterhin nur nebenberuflich (als Minijobberin) für die GmbH arbeiten. Sie verdient monatlich 450 EUR und erhält zudem einen monatlichen Tankgutschein im Wert von 44 EUR. Der Geschäftsführer erhofft sich nun von seinem Steuerberater praktikable Lösungsvorschläge.

    2. Lösung

    Da die monatliche Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR (brutto) durch die Tankgutscheine bereits vollständig ausgeschöpft ist, stellt der Steuerberater als weitere Gestaltungsmöglichkeit die Regelungen zum Rabattfreibetrag (§ 8 Abs. 3 EStG) vor.

     

    2.1 Voraussetzungen für den Rabattfreibetrag

    Überlässt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Wirtschaftsgüter oder Dienstleistungen verbilligt oder unentgeltlich, ist der geldwerte Vorteil hieraus grundsätzlich steuer- und sozialversicherungspflichtig (§ 8 Abs. 1 EStG bzw. § 14 Abs. 1 SGB IV). Eine Ausnahme besteht jedoch für Wirtschaftsgüter oder Dienstleistungen, die der Arbeitgeber selber herstellt oder vertreibt. Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eigener Produkte stellt zwar zunächst ebenfalls Arbeitslohn dar; es greift jedoch ein Freibetrag von 1.080 EUR jährlich (§ 8 Abs. 3 S. 2 EStG bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV).

     

    MERKE | Der Rabattfreibetrag gilt auch für Aushilfskräfte und Teilzeitbeschäftigte. Zudem ist der Freibetrag arbeitgeberbezogen. Das bedeutet: Stünde Frau Schmidt in mehreren Dienstverhältnissen zu verschiedenen Arbeitgebern, kann sie den Rabattfreibetrag grundsätzlich mehrfach nutzen.

     

    Generell müssen für die Anwendung des Rabattfreibetrags drei Voraussetzungen erfüllt sein:

     

    • Die Rabattgewährung erfolgt unmittelbar durch den Arbeitgeber. Eine Rabattgewährung durch Dritte (z. B. im Konzernverbund) scheidet somit aus.

     

    • Beachten Sie | Für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber den Sachbezug während der aktiven Tätigkeit des Arbeitnehmers oder während des Ruhestands zu Versorgungszwecken gewährt. Somit sind auch Ruheständler begünstigt (FG München 30.5.16, 7 K 428/15).

     

    • Der Arbeitgeber muss mit den überlassenen Produkten Handel treiben. Werden die unentgeltlich oder verbilligt überlassenen Waren/Dienstleistungen überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht, ist der Rabattfreibetrag nicht anwendbar.

     

    • Die Sachbezüge dürfen nicht nach § 40 EStG pauschal besteuert werden.

     

    Für die Müller-GmbH ist in diesem Zusammenhang auch die aktuelle Rechtsprechung des BFH (26.4.18, VI R 39/16, Abruf-Nr. 204242) von Bedeutung. Danach vertreibt nicht nur derjenige eine Ware oder Dienstleistung, der sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber Letztverbrauchern anbietet, sondern auch derjenige, der Waren und Dienstleistungen für einen Dritten entgeltlich auf dessen Rechnung am Markt vertreibt. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber einen gewichtigen Beitrag zum Vertrieb der Produkte leistet. Da die Müller-GmbH für die Akquise, Betreuung und Beratung der Kunden zuständig ist, kann sie § 8 Abs. 3 EStG auch bei der Überlassung der in fremdem Namen gehandelten Elektrogeräte nutzen.

     

    PRAXISTIPP | Den Rabattfreibetrag anwenden kann somit der Arbeitgeber, der eine Ware oder Dienstleistung

    • selbst herstellt, erbringt oder vertreibt,
    • als Auftraggeber von einem Dritten auf seine Rechnung nach seinen Vorgaben herstellen, erbringen oder vertreiben lässt und
    • als Auftragnehmer nur auf fremde Rechnung produziert, erbringt oder vertreibt und sich dabei eng an die Vorgaben des Auftraggebers halten muss (LGP 18, 165).
     

    2.2 Generelle Bewertungsmethoden für Sachbezüge

    Da die Müller-GmbH die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG erfüllt, könnte der Geschäftsführer Frau Schmidt anbieten, zusätzlich zu ihrem vertraglich vereinbarten Lohn, selbstvertriebene Elektrogeräte zu erwerben und dabei den Rabattfreibetrag zu nutzen. Vor der konkreten Ausgestaltung der Offerte sind jedoch die generellen Bewertungsmöglichkeiten zu betrachten.

     

    • Bewertung von Sachbezügen
    allgemeine Vorschriften (§ 8 Abs. 2 EStG)
    besondere Vorschriften (§ 8 Abs. 3 EStG)
    • ortsüblicher Preis (mit Bewertungsabschlag von 4 %) oder
    • nachgewiesene günstigste Marktkondition (ohne Abschlag)
    • Abgabepreis des Arbeitgebers
    • Bewertungsabschlag von 4 %
    • Rabattfreibetrag i. H. von 1.080 EUR
     

    Nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG sind Sachbezüge mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Aus Vereinfachungsgründen können die Waren und Dienstleistungen mit 96 % des Endpreises bewertet werden, zu dem sie der Abgebende oder dessen Abnehmer fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet (R 8.1 Abs. 2 S. 3 LStR).

     

    Endpreis ist aber auch der nachgewiesene günstigste Preis einschließlich sämtlicher Nebenkosten, zu dem die konkrete Ware oder Dienstleistung unter vergleichbaren Bedingungen an Endverbraucher angeboten wird, wobei individuelle Preisverhandlungen nicht berücksichtigt werden.

     

    Beachten Sie | Bei Ansatz dieses Preises ist ein zusätzlicher Bewertungsabschlag i. H. von 4 % nicht vorzunehmen (vgl. BMF 16.5.13, IV C 5 - S 2334/07/0011, Rz. 4).

     

    Alternativ zu den allgemeinen Bewertungsvorschriften des § 8 Abs. 2 EStG kann der geldwerte Vorteil auch nach § 8 Abs. 3 EStG bewertet werden. Maßgebend ist der Preis, zu dem der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die konkrete Ware oder Dienstleistung fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr am Ende von Verkaufsverhandlungen durchschnittlich anbietet. Aus Vereinfachungsgründen kann der durchschnittliche Preisnachlass angesetzt werden (BMF 16.5.13, a. a. O., Rz. 8).

     

    Beachten Sie | Auf den so ermittelten Preis sind der Bewertungsabschlag von 4 % und der Rabattfreibetrag von 1.080 EUR zu berücksichtigen.

     

    PRAXISTIPP | Das Wahlrecht (Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG oder nach § 8 Abs. 3 EStG) ist sowohl im Lohnsteuerabzugsverfahren als auch bei der Einkommensteuer-Veranlagung anwendbar (BMF 16.5.13, a. a. O., Rz. 10). Im Regelfall dürfte dabei der Endpreis nach § 8 Abs. 3 EStG am günstigsten sein. Denn hier können der Bewertungsabschlag und der Rabattfreibetrag genutzt werden. Im Einzelfall kann sich aber eine Vergleichsrechnung lohnen.

     

    2.3 Konkrete Handlungsalternativen für die Müller-GmbH

    Statt einer normalen Lohnerhöhung, die zur Überschreitung der Minijob-Entgeltgrenze führen würde, stellt der Steuerberater der Müller-GmbH zwei Gestaltungsalternativen vor. Bei den Berechnungen wurden jeweils die besonderen Vorschriften des § 8 Abs. 3 EStG angewandt.

     

    • Variante 1: 30 % Mitarbeiterrabatt (bis zu einem Einkaufsvolumen i. H. von 12.000 EUR p. a.)
    • Variante 2: Kostenlose Warenabgabe im Wert von 1.400 EUR p. a.

     

    Bei der ersten Variante muss das Einkaufsvolumen pro Jahr auf 12.000 EUR begrenzt werden, um eine Überschreitung des Rabattfreibetrags zu verhindern. Das folgende Berechnungsschema verdeutlicht die Vorgehensweise und zeigt, dass bei dieser Variante keine Lohnsteuerpflicht ausgelöst wird.

     

    • Variante 1: Mitarbeiterrabatt von 30 %; Maximaleinkauf von 12.000 EUR p. a.

    Listenpreis

    12.000 EUR

    abzüglich Durchschnittsrabatt bei Verkäufen an Dritte (20 %)

    2.400 EUR

    Endpreis

    9.600 EUR

    abzüglich Bewertungsabschlag (4 %)

    384 EUR

    verbleiben

    9.216 EUR

    vom Arbeitnehmer bezahlt (70 % von 12.000 EUR)

    8.400 EUR

    geldwerter Vorteil

    816 EUR

    abzüglich Rabattfreibetrag

    1.080 EUR

    steuerpflichtiger geldwerter Vorteil

    0 EUR

     

    Bei der zweiten Variante überlässt die GmbH Frau Schmidt Elektrogeräte im Wert von 1.400 EUR p. a. unentgeltlich. Auch dieses Angebot führt nicht zu lohnsteuerpflichtigen Bezügen:

     

    • Variante 2: Kostenlose Warenabgabe im Wert von 1.400 EUR

    Listenpreis

    1.400 EUR

    abzüglich Durchschnittsrabatt bei Verkäufen an Dritte (20 %)

    280 EUR

    Endpreis

    1.120 EUR

    abzüglich Bewertungsabschlag (4 %)

    45 EUR

    verbleiben

    1.075 EUR

    vom Arbeitnehmer bezahlt (0 %)

    0 EUR

    geldwerter Vorteil

    1.075 EUR

    abzüglich Rabattfreibetrag

    1.080 EUR

    steuerpflichtiger geldwerter Vorteil

    0 EUR

     

    FAZIT | Beide Varianten sind geeignet, um den Geschäftsführer aus seiner Zwickmühle zu befreien. Würde er Frau Schmidt z. B. die Variante 2 anbieten, entspräche dies einer Lohnerhöhung von rund 21 % (6.520 EUR x 100/5.400 EUR), ohne dass sie ihre Arbeitszeit verringern müsste. Ob ein derart hoher Vorteil indes gewünscht bzw. gerechtfertigt ist, kann selbstverständlich nur der Geschäftsführer entscheiden und ggf. eine geringere Warenabgabe vereinbaren.

     

    Wegen der hohen Handelsmarge ist aus Sicht der Müller-GmbH die Variante 1 (30 % Mitarbeiterrabatt) am sinnvollsten. Allerdings müsste hier vorab geklärt werden, ob der Arbeitnehmer bereit ist, einen Eigenanteil von 70 % zu leisten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Immer mehr Unternehmen möchten ihre Mitarbeiter durch steuersparende Gehaltsextras binden. In dem Quartalsbeihefter 2019/02 von MBP sind zahlreiche Möglichkeiten aufgeführt ‒ vom Essenszuschuss bis zum Jobticket. Der Quartalsbeihefter 2019/02 steht für Abonnenten unter iww.de/mbp unter der Rubrik „Downloads“ bereit.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2019 | Seite 101 | ID 45826447

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