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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Erwerb einer GmbH ‒ und die lästige Grunderwerbsteuer

    von Dipl.-Finw. Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

    | Wer ein Unternehmen führen möchte, kann dieses entweder selbst gründen oder ein bereits bestehendes Unternehmen von einem Dritten erwerben. Daneben kommt es in der Praxis häufig vor, dass im Rahmen eines Share-Deals nicht das Unternehmen selbst, sondern die Anteile hieran (z. B. die GmbH-Anteile) erworben werden. In diesem Fall sollte sich der Käufer jedoch bewusst sein, dass nicht nur der Kaufpreis zu zahlen ist, sondern oftmals auch Grunderwerbsteuer anfällt. |

    1. Sachverhalt

    Adam Meise ist als Bauleiter in der Bau-GmbH beschäftigt. Alleiniger Gesellschafter der Bau-GmbH ist Ansgar Abriss. Die Bau-GmbH erbringt verschiedenste Bauleistungen gegenüber ihren Kunden. Sämtliche Geschäfts- und Büroräume sowie Lagerplätze befinden sich auf einem großen Grundstück im alleinigen Eigentum der Bau-GmbH. Da die Bau-GmbH regelmäßig auch in Eigenregie Baugebiete erschließt, bebaut und vermarktet, hat sie für diese Tätigkeiten die Eigenprojekte-GmbH gegründet. Bei dieser handelt es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft der Bau-GmbH.

     

    Im Zuge der Unternehmensnachfolge möchte Herr Abriss sein Unternehmen verkaufen. Der Kaufvertrag über einen Kaufpreis von 2,5 Mio. EUR sieht die Übertragung der 100%igen Anteile an der Bau-GmbH an Herrn Meise vor. Zu diesem Zeitpunkt ist die Eigenprojekte-GmbH Eigentümerin eines frisch erschlossenen Baugebiets mit 20 Bauplätzen. Herr Meise fragt sich, ob er bzw. die Gesellschaften neben dem Kaufpreis, den anfallenden Notar- und Beurkundungsgebühren und den Anmeldungen beim Handelsregister noch mit Steuern vom FA konfrontiert werden.

    2. Lösung

    Möchte Herr Meise das Unternehmen der Bau-GmbH erwerben, kann er grundsätzlich zwischen einem Share- und einem Asset-Deal wählen. Während bei einem Share-Deal die Anteile an einem Unternehmen übertragen werden (hier 100 % der GmbH-Anteile), müsste Herr Meise bei einem Asset-Deal sämtliche der GmbH gehörenden Wirtschaftsgüter einzeln erwerben.

     

    Der Vorteil des Share-Deals ist daher zum einen in der Einfachheit der Vertragsgestaltung zu sehen, da nur ein Kaufgegenstand existiert (die GmbH-Anteile). Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass durch den Share-Deal problemlos das komplette bisherige Unternehmen (also auch das Image, Kundenverträge etc.) übernommen werden kann. Über diese Wirtschaftsgüter gesonderte Kaufverträge zu schließen, wäre schwierig; zudem kann durch den Share-Deal der komplette Marktauftritt der Bau-GmbH fortgeführt werden.

     

    Für bestehende Kunden und Lieferanten ergeben sich überhaupt keine Änderungen, lediglich die Person „hinter“ der Bau-GmbH wurde ausgetauscht. Das birgt natürlich auch Risiken. Denn es werden beispielsweise auch Haftungsrisiken und Verbindlichkeiten mit erworben, sofern einzelne Risiken nicht vertraglich beim Verkäufer verbleiben.

     

    MERKE | Demgegenüber ergeben sich ertragsteuerliche Vorteile bei einem Asset-Deal. Da hier die erworbenen Vermögensgegenstände mit ihren Anschaffungskosten zu aktivieren sind, können diese abgeschrieben werden. Hingegen werden bei einem Share-Deal nur die Gesellschaftsanteile erworben. Planmäßige Abschreibungen scheiden aus. Es besteht lediglich die Möglichkeit von Teilwertabschreibungen, wenn die Beteiligung innerhalb eines Betriebsvermögens gehalten wird.

     

    2.1 Unternehmenserwerb und die Grunderwerbsteuer

    Würde Herr Meise anstelle des Share-Deals einen Asset-Deal vornehmen, so hätte er ein offensichtliches Problem mit der Grunderwerbsteuer. Denn er müsste dann jedes einzelne Betriebsgrundstück der Bau-GmbH sowie die Grundstücke im Baugebiet der Erschließungs-GmbH gesondert erwerben. Diese Kaufverträge würden nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegen. Bemessungsgrundlage wäre nach § 8 Abs. 1 GrEStG der jeweils vereinbarte Kaufpreis (Gegenleistung).

     

    Beachten Sie | Nach dem GrEStG beträgt der Steuersatz 3,5 %. Die Bundesländer haben jedoch die Möglichkeit, den Steuersatz selbst festzulegen. Seit 2023 liegt der Steuersatz nur noch in Bayern bei 3,5 %. „Spitzenreiter“ mit jeweils 6,5 % sind Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen.

     

    Bei dem vorgenommenen Share-Deal ergibt sich hingegen kein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegender Vorgang. Denn es wurde kein Kaufvertrag auf Übereignung eines Grundstücks, sondern ein Kaufvertrag auf Übereignung von GmbH-Anteilen geschlossen. Grundsätzlich kann sich Herr Meise damit in Sicherheit wiegen und muss nicht mit einer Steuerbelastung rechnen.

     

    2.2 Grunderwerbsteuerliche Problematik des 100%igen Anteilskaufs

    Doch auch wenn das FA keine Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG fordern kann, gibt es noch weitere Besteuerungsmöglichkeiten. So sieht der ab dem 1.7.21 geltende § 1 Abs. 2b GrEStG vor, dass eine innerhalb von zehn Jahren erfolgende Änderung des Gesellschafterbestands einer Kapitalgesellschaft von mindestens 90 % (egal, ob mittelbar oder unmittelbar) der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn die Kapitalgesellschaft über Grundstücke verfügt.

     

    MERKE | Auch vor dem 1.7.21 unterlag der Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften der Grunderwerbsteuer. Damals kam es jedoch auf eine Änderung von 95 % (nun 90 %) innerhalb der letzten fünf (nun zehn) Jahre an.

     

    Konkret bedeutet das für Herrn Meise Folgendes:

     

    • Zunächst hat er unmittelbar 100 % der Anteile an der Bau-GmbH übernommen, die über Grundstücke verfügt. Damit unterliegt dieser Rechtsvorgang gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG der Grunderwerbsteuer.

     

    • Zudem hat er durch den Erwerb sämtlicher Anteile an der Bau-GmbH auch 100 % der Anteile an der Tochtergesellschaft, der Eigenprojekte-GmbH, erworben (mittelbarer Gesellschafterwechsel). Da diese Gesellschaft über Grundstücke verfügt, greift auch hier § 1 Abs. 2b GrEStG. Unerheblich ist es dabei, dass die Grundstücke der Eigenprojekte-GmbH für den späteren Verkauf vorgesehen sind.

     

    PRAXISTIPP | Möchte Herr Meise die Grunderwerbsteuer umgehen, darf er nur 89,99 % der Anteile an der Bau-GmbH erwerben. Die restlichen 10,01 % der Anteile müssen bei dem Altgesellschafter Herrn Abriss verbleiben. In dieser Konstellation fällt keine Grunderwerbsteuer an. Allerdings muss Herr Abriss seine verbliebenen Anteile von 10,01 % mindestens zehn Jahre behalten. Veräußert er diese z. B. bereits nach drei Jahren, würde dieser Verkauf zu einem mindestens 90%igen Gesellschafterwechsel innerhalb der letzten zehn Jahre führen, sodass Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.

     

    2.3 Die Grunderwerbsteuer im Detail

    Da der von Herrn Meise getätigte Erwerb der Besteuerung unterliegt, stellt sich die Frage, was die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist. Wäre es der vereinbarte Kaufpreis von 2,5 Mio. EUR, würde eine unzutreffende Besteuerung herbeigeführt werden:

     

    • Einerseits befinden sich in dem Vermögen der Gesellschaften noch weitere Vermögenspositionen wie zum Beispiel Baugeräte und Firmenwert.

     

    • Andererseits spiegelt der Kaufpreis nicht den Wert der Immobilien wider, da bei dem Kaufpreis etwaige Schulden der Gesellschaft abgezogen wurden. Würde die Bau-GmbH z. B. nur über eine Immobilie im Wert von 10 Mio. EUR verfügen und wäre diese noch mit 7,5 Mio. EUR belastet, so würde ein Erwerber voraussichtlich etwa 2,5 Mio. EUR für die GmbH-Anteile bezahlen, sicherlich jedoch nicht den Immobilienwert von 10 Mio. EUR.

     

    MERKE | Deshalb bestimmt § 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG, dass abweichend von dem zugrunde gelegten Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der nach § 151 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 157 Abs. 1 bis 3 BewG ermittelte Grundbesitzwert gilt. Es ist damit für jedes einzelne Grundstück der Bau-GmbH (und auch der Eigenprojekte-GmbH) eine Wertermittlung nach dem Ertragswert-, Vergleichswert- oder Sachwertverfahren vorzunehmen, wobei die Anwendbarkeit der entsprechenden Bewertungsmethode von der Nutzung und Eigenschaft des jeweiligen Grundstückes abhängig ist. Nur wenn es Herrn Meise gelingen sollte, durch einen Gutachter einen niedrigeren Verkehrswert nachzuweisen, stellt dieser die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer dar (§ 198 BewG).

     

    Beachten Sie | Grundsätzlich ist der Zustand der Grundstücke am Bewertungsstichtag maßgebend. Die Baugrundstücke sind deshalb nach den §§ 178, 179 BewG zu bewerten. Erstreckt sich der Erwerbsvorgang jedoch auf ein noch zu errichtendes Gebäude, ist der Wert des Grundstücks abweichend nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend.

     

    2.4 Steuerschuldner und ertragsteuerliche Einordnung

    Die wegen des Share-Deals nach § 1 Abs. 2b GrEStG anfallende Steuer schuldet nicht Herr Meise, obwohl dieser die Anteile an den Gesellschaften erworben hat. Vielmehr bestimmt der ab dem 1.7.21 geltende § 13 Nr. 7 GrEStG, dass Steuerschuldnerin die jeweilige Kapitalgesellschaft ist. Damit müssen sowohl die Bau-GmbH als auch die Eigenprojekte-GmbH für die sich in ihrem Besitz befindlichen Grundstücke die Grunderwerbsteuer an das FA zahlen.

     

    PRAXISTIPP | Doch wann ist diese Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig? Findige Betriebsprüfer könnten auf die Idee kommen, die Grunderwerbsteuer (wie bei einem Asset-Deal üblich) als Anschaffungsnebenkosten der jeweiligen Grundstücke zu aktivieren. Lediglich der auf das Gebäude entfallende Anteil würde dann zu erhöhten Abschreibungen berechtigen. Das würde neben der ohnehin hohen Mehrbelastung auch noch einen zeitlich erheblich verzögerten Betriebsausgabenabzug bedeuten.

     

    Glücklicherweise hat der BFH dieser Rechtsauffassung eine klare Absage erteilt. Die aufgrund eines Share-Deals entstehende Grunderwerbsteuer ist weder im Rahmen der Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren noch abzuschreiben. Vielmehr berechtigt sie sofort und in voller Höhe zum Betriebsausgabenabzug (siehe BFH 2.9.14, IX R 50/13 zur Parallelregelung in § 1 Abs. 2a GrEStG bei Personengesellschaften). Dies ist ein weiterer Vorteil gegenüber dem Asset-Deal.

     

    2.5 Dreifache Grunderwerbsteuer auf Baugrundstücke reduzieren

    Die gewählte Gestaltung des Unternehmenskaufs ist insbesondere hinsichtlich der erworbenen Anteile an der Eigenprojekte-GmbH nachteilig. Denn für diese Grundstücke fällt dreimal Grunderwerbsteuer an, konkret:

    • bei dem Kauf der Baugrundstücke durch die Eigenprojekte-GmbH,
    • durch den Share-Deal und
    • bei dem Verkauf an den (End)Kunden.

     

    Diese Belastung hätte auf zweimal Grunderwerbsteuer reduziert werden können. Denn wäre die Anteilsübertragung zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem die Eigenprojekte-GmbH über keine Baugrundstücke verfügt hätte, würde infolge des Share-Deals insoweit keine Grunderwerbsteuer anfallen.

     

    Auch diese Gestaltung kann sich lohnen: Herr Meise erwirbt zunächst 89,99 % der Anteile an der Bau-GmbH ‒ Grunderwerbsteuer fällt noch nicht an. Verfügt die Eigenprojekte-GmbH einige Zeit ‒ oder Jahre ‒ später über keine Baugrundstücke mehr, erwirbt Herr Meise die restlichen 10,01 % der Anteile an der Bau-GmbH von Herrn Abriss. Da sich die dann eintretende Besteuerung auf die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Grundstücke erstreckt, erfolgt keine Besteuerung der (bereits verkauften) Grundstücke der Eigenprojekte-GmbH.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2023 | Seite 48 | ID 48987324

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