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  • 14.06.2013

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 18.08.2011 – 4 K 1837/10

    Im Rahmen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist mindestens
    einer der für die Verwirklichung des § 1 Abs.
    2a GrEStG maßgebenden Erwerbsvorgänge vollständig
    rückgängig zu machen, so dass die 95 v.H.-Schwelle
    beim Anteilsübergang nicht überschritten wird;
    die teilweise Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs
    ist nicht ausreichend.


    Tatbestand

    Streitig ist, ob eine die Grunderwerbsteuer auslösende
    Anteilsübertragung ordnungsgemäß i.S.d. § 16
    Abs. 5 GrEStG angezeigt wurde, sowie ob für die Anwendung
    des § 16 Abs. 2 GrEStG eine teilweise Rückgängigmachung
    der die Grunderwerbsteuer auslösenden Anteilsübertragung
    ausreicht.


    I.

    Die Klägerin ist eine Personengesellschaft. Zu Beginn
    des Jahres 2004 firmierte die Gesellschaft unter dem Namen „A
    KG”. Als persönlich haftender Gesellschafter war
    der Holztechniker A1 im Handelsregister eingetragen, als Kommanditistinnen
    die Gesellschafterinnen A2 und A3 mit einer Einlage von jeweils
    24.500 DM.


    1. Der Gesellschafter A1 bzw. dessen
    Sohn A4 einerseits und die Kommanditistinnen A2 und A3 andererseits
    standen Ende des Jahres 2008 bereits seit längerem in Verhandlungen
    mit dem Ziel eines Verkaufs der Kommanditanteile an A1 bzw. A4.
    Die Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt vom Komplementär
    A1 mit Schreiben vom 29.03.2008 an die Kommanditistinnen gekündigt
    worden. Die Beteiligten schlossen am 22.12.2008 einen privatschriftlichen
    Geschäftsanteilsübertragungsvertrag wie folgt:


    A2 und A3 verkauften ihre Kommanditanteile
    in Höhe von jeweils 12.526,65 € an A4 und traten
    diese unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen
    Kaufpreiszahlung an den Erwerber ab. Der Kaufpreis war am 31.03.2009
    zur Zahlung fällig.


    In die Klägerin trat mit Wirkung ab 22.12.2008
    als weitere persönlich haftende Gesellschafterin die A2 & A3
    Verwaltungs GmbH ein. An der GmbH waren A2 und A3 jeweils mit einem
    Geschäftsanteil vom 12.500 € beteiligt. Gemäß der
    Vereinbarung sollte die A2 & A3 Verwaltungs GmbH mit Wirksamwerden
    der Abtretung der Kommanditanteile – also nach vollständiger
    Kaufpreiszahlung – entschädigungslos aus der Gesellschaft
    ausscheiden. A2 und A3 verpflichteten sich, A4 ein verbindliches Angebot
    zur Übernahme der ihnen an der A2 & A3 Verwaltungs
    GmbH zustehenden Geschäftsanteile zu unterbreiten.


    2. Mit notarieller Abtretungsurkunde vom 29.12.2008
    erwarb A4 zwei Geschäftsanteile zu jeweils 250 € an
    der A2 & A3 Verwaltungs GmbH im Rahmen deren Umfirmierung
    in die A Verwaltungs GmbH.


    3. Am 19.03.2009 schlossen die Beteiligten
    eine notarielle Vereinbarung über „Geschäftsanteilsabtretung
    und andere Vereinbarungen” (URNr. …/2009, Notar,
    A-Stadt). Danach traten die Gesellschafterinnen der A Verwaltungs GmbH
    ihren Geschäftsanteil von jeweils 12.250 € an
    A4 ab. Die A Verwaltungs GmbH schied nicht mit Wirksamwerden der
    Abtretung der Kommanditanteile aus der Klägerin aus, sondern
    verblieb als persönlich haftende Gesellschafterin in der
    Klägerin. Im Wege des Gesellschaftsvertrages vereinbarten
    die Gesellschafter im notariellen Vertrag vom 19.03.2009, dass die A
    Verwaltungs GmbH nicht am Vermögen der Klägerin
    beteiligt ist.


    4. Mit Datum 07.04.2009 erfolgte der Eintrag
    in das Handelsregister, dass A1 als Komplementär aus der
    Klägerin ausgeschieden und als Kommanditist mit einer Einlage
    von 26.075,88 € in die Klägerin eingetreten ist.
    Zu diesem Zeitpunkt waren damit die nicht am Vermögen der
    Klägerin beteiligte A Verwaltungs GmbH als Komplementärin
    und die beiden Kommanditisten A1 und A4 mit einer Einlage von 26.075,88 € bzw.
    25.053,30 € beteiligt.


    5. Mit notariellem Vertrag vom 15.05.2009
    (URNr. .../2009, Notar, A-Stadt) übertrug der
    Kommanditist A1 seine gesamte Gesellschafterstellung als Kommanditist
    im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Versorgungsleistung
    auf den Erwerber A4 und schied aus der Klägerin aus. Die Kommanditeinlage
    des nunmehr allein beteiligten A4 am Festkapital der Klägerin
    erhöhte sich auf 51.129,18 €. Die Eintragung dieses
    Kommanditistenwechsels in das Handelsregister erfolgte am 28.05.2009.


    Das Notariat übersandte diese Urkunde dem Finanzamt
    C. – Grunderwerbsteuerstelle – mit Kurzbrief vom
    26.05.2009, eingegangen dort am 27.05.2009.


    II.

    Das Finanzamt wertete die Übertragungsvorgänge
    als Änderung des Gesellschafterbestandes innerhalb von
    fünf Jahren dergestalt, dass mindestens 95 v.H. der Anteile
    am Gesellschaftsvermögen der Klägerin auf neue
    Gesellschafter übergehen und damit als grunderwerbsteuerpflichtig
    i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG. Mit Schreiben vom 28.05.2009
    gewährte es der Klägerin diesbezüglich
    rechtliches Gehör und forderte sie zur Abgabe einer Aufstellung
    des am 15.05.2009 sich in ihrem Eigentum befindlichen Grundbesitzes
    auf. Mit Schreiben vom 27.07.2009 ließ die Klägerin
    erklären, dass A1 beabsichtige, sich aus der vorweggenommenen
    Erbfolge an seinen Sohn A4 einen 6%igen Geschäftsanteil
    an der Firma zurückzubehalten bzw. insoweit die vorgenommene Übertragung teilweise
    rückgängig zu machen. Nach mehrfachem Schriftwechsel
    und Besprechungen teilte das Finanzamt der Klägerin am
    29.03.2010 mit, dass es die Besteuerungsgrundlagen mit dem 3,5-fachen
    Einheitswert von 1.081.800 DM schätzen und unter Berücksichtigung
    einer Steuerfreiheit nach §§ 6 Abs. 3 Satz 1,
    3 Abs. 6 GrEStG von 51 v.H. Grunderwerbsteuer festsetzen werde, wenn
    nicht die Klägerin – entsprechend den gleich lautenden
    Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder
    vom 25.02.2010 – bis spätestens 30.04.2010 die
    rechtswirksame Rückgängigmachung einer
    vollständigen
    Kommanditanteilsübertragung
    vorlege. Die Klägerin kam dem nicht nach. Am 18.08.2010
    erließ das Finanzamt einen Grunderwerbsteuerbescheid mit
    dem angekündigten Inhalt und setze gegenüber der
    Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 33.200 € fest.


    Die Klägerin legte Einspruch ein. Mit notarieller „Teilrückabwicklung
    einer Kommanditanteilsübertragung” vom 20.10.2010
    (URNr. /2010, Notar, A-Stadt) hoben A1 und A4 die am 15.05.2009
    erfolgte Kommanditanteilsübertragung rückwirkend
    teilweise auf, und zwar bezüglich eines Kommanditanteils von
    6 v.H. an der Klägerin. Veräußerer und
    Erwerber waren sich einig, dass damals nicht ein Kommanditanteil
    in Höhe von 26.075,88 €, sondern lediglich ein
    Kommanditanteil in Höhe von 23.008,13 € auf den
    Erwerber übertragen wurde; bezüglich eines Kommanditanteiles
    in Höhe von 3.067,75 € galt die damalige Übertragung
    von Anfang an als nicht erfolgt. Am Kapital der Klägerin
    waren somit A1 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 3.067,75 € (= 6 v.H.)
    und A4 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von insgesamt
    48.061,43 € (= 94 v.H.) beteiligt. Im Übrigen
    blieben die Vereinbarungen der Vorurkunde unverändert,
    an den damals vereinbarten Gegenleistungen änderte sich
    nichts. Die Eintragung zum Handelsregister erfolgte am 22.10.2010.


    Mit Einspruchsentscheidung vom 15.11.2010 wies das Finanzamt
    den Einspruch als unbegründet zurück und erklärte
    die Festsetzung der Grunderwerbsteuer hinsichtlich der Frage, ob
    die Heranziehung der Grundbesitzwerte im Sinne des § 138
    BewG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist,
    nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 AO für vorläufig.


    III.

    Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt sinngemäß,den Bescheid über Grunderwerbsteuer
    vom 18.08.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2010
    aufzuheben,
    für den Fall des Unterliegens die Zulassung
    der Revision.


    Zur Begründung trägt die Klägerin
    im Wesentlichen vor:


    Mit der Übertragung des Kommanditanteils vom 15.05.2009
    sei A4 alleiniger Kommanditist der Klägerin geworden und
    der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG zunächst
    unzweifelhaft verwirklicht.


    Die erforderliche Anzeige nebst Überlassung der notariellen
    Urkunde vom 15.05.2009 sei durch den Notar ordnungsgemäß und
    mit Schreiben vom 26.05.2009 auch innerhalb der Zweiwochenfrist
    erfolgt. Letztendlich sei auch das Finanzamt von einer ordnungsgemäßen
    Anzeige ausgegangen und habe von der weiteren Anwendung des § 16
    Abs. 5 GrEStG abgesehen. Innerhalb der Zweiwochenfrist seien an
    den Inhalt der Anzeige wegen des gegebenen Übermaßverbotes
    nicht ganz so strenge Anforderungen zu stellen, bereits die Weitergabe
    an das für die Besteuerung zuständige Finanzamt
    reiche aus. Die unmittelbare Einreichung bei der Grunderwerbsteuerstelle
    mache deutlich, dass dem Finanzamt in jedem Falle die Kenntnis eines
    steuerpflichtigen Erwerbsvorganges vermittelt werden sollte. Die
    Anzeige sei mithin geeignet gewesen, dem Finanzamt Kenntnis von
    dem anzeigepflichtigen Vorgang zu verschaffen. „Anzeigen” der
    Beteiligten seien dabei ausdrücklich als Steuererklärungen i.S.d.
    AO qualifiziert, diejenigen der Notare jedoch nicht. Das Finanzamt
    habe mit verhältnismäßig geringem Aufwand
    den Sachverhalt vollständig aufgeklärt und hierbei
    die Verhältnisse des Einzelfalls angemessen berücksichtigt.
    Zwar sei der bundeseinheitliche Vordrucksatz „Veräußerungsanzeige” durch
    den Notar nicht verwendet worden, es erscheine jedoch überformalistisch,
    die Beilage dieses Formblattes bei einer notariellen Anzeige in
    diesem Fall zu fordern. Das Finanzamt habe die grunderwerbsteuerliche
    Relevanz allein aus der Anzeige erkennen können. Mit Schreiben
    vom 29.03.2010 habe das Finanzamt die Anzeigepflicht sowohl des
    Notars als auch der Beteiligten als erfüllt betrachtet.
    In der bis zum
    31.12. (wohl des Jahres 2001) geltenden Fassung des GrEStG
    sei grundsätzlich jede Veränderung des Gesellschafterbestandes
    anzeigepflichtig gewesen, ab 01.01.2002 nur noch solche Vorgänge,
    in denen der Neubeitritt von Gesellschaftern „innerhalb
    von fünf Jahren zum Übergang von 95 v.H. der Anteile
    am Gesellschaftsvermögen auf die Neugesellschafter geführt
    habe”. Soweit dieser Gesetzesfassung eine fehlerhafte oder
    zumindest unglücklich formulierte Rechtsvorstellung zugrunde liege,
    könne dies im Zweifel nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen
    ausschlagen. Anzeigepflichten bedürften einer klaren und
    eindeutigen Anweisung, um die bei ihrer Verletzung vorgesehenen
    Konsequenzen ziehen zu können. Die durch den Notar erstattete
    Anzeige erfülle die von der Finanzverwaltung vorgegebenen
    Anforderungen bei weitem und wirke deshalb zu Gunsten der Klägerin.


    Für die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG sei
    es – abweichend von der Verwaltungsmeinung – bereits
    ausreichend, wenn Anteile gerade in dem Ausmaß zurückübertragen
    werden, dass im Ergebnis weniger als 95 v.H. der Anteile im betreffenden
    Fünf-Jahres-Zeitraum auf neue Gesellschafter übergehen.
    Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs. 2a GrEStG
    setze die dingliche Wirksamkeit des Übergangs von mindestens
    95 v.H. der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft
    auf neue Gesellschafter voraus. Ein Rechtsgeschäft, das
    lediglich die schuldrechtliche Übertragungsverpflichtung begründe,
    sei nicht tatbestandsmäßig i.S.d. Vorschrift.
    Für die Rückgängigmachung dieser Erwerbsvorgänge
    seien daher nur die Tatbestände des § 16 Abs.
    2 GrEStG (nicht aber von Abs. 1) relevant. § 16 Abs. 2
    GrEStG verlange den Rückerwerb des Eigentums „an
    dem veräußerten Grundstück”.
    Für die Fälle des § 1 Abs. 2a GrEStG
    sei daraus das Erfordernis der Nämlichkeit des ganz oder
    teilweise zurückübertragenen Anteils mit dem zuvor übertragenen
    Anteil
    oder eines Teils davon
    abzuleiten. Nach Auffassung
    der Verwaltung bis Anfang 2010 seien sämtliche übertragenen
    Anteile, die zur Verwirklichung von § 1 Abs. 2a GrEStG
    beigetragen hätten, auf die ursprünglichen Anteilsveräußerer
    zurückzuübertragen. Mit koordiniertem Länder-Erlass
    vom 25.02.2010 habe sich jedoch die Verwaltungsmeinung der herrschenden
    Kommentar- bzw. Literaturmeinung angenähert und es solle
    nach Meinung der Finanzverwaltung nunmehr bereits genügen,
    wenn einer der zur Verwirklichung des § 1 Abs. 2a GrEStG
    führenden Gesellschafterwechsel (anstatt bisher aller)
    vollständig rückgängig gemacht werde.
    Nach in der Literatur vertretener Ansicht genüge es jedoch,
    wenn einer der Teilakte, der zur Verwirklichung von § 1
    Abs. 2a GrEStG beigetragen habe, in einer die Voraussetzungen des § 16
    GrEStG erfüllenden Weise teilweise rückgängig
    gemacht werde und ohne den rückabwickelten Anteilsübergang
    der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht erfüllt worden
    wäre (Boruttau, GrEStG, 16. Auflage 2007, § 16
    Rn. 273). Für die Zwecke des § 16 Abs. 2 GrEStG
    werde nicht verlangt, dass der Rückerwerb eines oder mehrerer
    Anteile selbst den Tatbestand von § 1 Abs. 2a GrEStG erfülle.
    Es sei deshalb auch nicht begründbar, warum es für
    die Rechtsfolge von § 16 Abs. 2 GrEStG nicht genügen
    solle, Anteile gerade in dem Ausmaß zurückzuübertragen,
    so dass im Ergebnis insgesamt nur 94 v.H. der Anteile im betreffenden
    Fünf-Jahres-Zeitraum auf neue Gesellschafter übergegangen seien,
    auch wenn einer der Teilakte nur teilweise rückgängig
    gemacht werde. Denn nicht der fingierte Grundstücksübergang
    auf eine fingiert neue Personengesellschaft, sondern nur die den
    Tatbestand von § 1 Abs. 2a GrEStG auslösenden
    Anteilsübergänge auf neue Gesellschafter seien
    einer Rückabwicklung zugänglich. Auch der Gesetzeswortlaut
    verlange nicht, dass einer der Teilakte, d.h. einer der zur Tatbestandserfüllung
    beitragenden Anteilsübergänge, in vollem Umfang
    rückabgewickelt werde (vgl. z.B. Behrens, DStR 2009, 1615).
    Neben der rechtlichen Rückgängigmachung habe A1
    auch wirtschaftlich seine ursprüngliche Rechtsstellung
    wiedererlangt und könne über seinen zurückerworbenen
    (Teil-)Anteil wieder vollständig frei verfügen.
    Weiterhin gelte nach dem Urteil des FG Düsseldorf vom 27.10.2007 ein
    Gesellschafter, der innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums
    aus der Personengesellschaft ausscheide und wieder eintrete, nicht
    als neuer Gesellschafter i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG; es
    sei eine zeitraumbezogene Betrachtungsweise anzuwenden. Vor der
    ersten und nach der letzten Übertragung 2009 seien A4 und A1
    zu weniger als 95 v.H. an der Klägerin beteiligt gewesen.


    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:

    Der Vorgang sei nicht ordnungsgemäß angezeigt
    worden, so dass nach § 16 Abs. 5 GrEStG die Anwendung des § 16
    Abs. 2 GrEStG bereits aus diesem Grund ausscheide. Eine Anzeige
    sei im Sinne dieser Vorschrift ordnungsgemäß,
    wenn der Vorgang innerhalb der Anzeigefristen der §§ 18
    Abs. 3, 19 Abs. 3 GrEStG dem Finanzamt in der Weise bekannt werde,
    dass es die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs.
    2, 2a und 3 GrEStG prüfen könne. Diese Voraussetzungen
    würden trotz Übermaßverbot durch die
    kommentarlose Abgabe der Urkunde vom 15.05.2009 durch den Notar
    nicht erfüllt, da


    weder eine eventuelle Grunderwerbsteuerbarkeit
    erwähnt,


    noch auf die bereits durchgeführten Kommanditanteilsübertragungen
    hingewiesen und


    geschweige denn zu dem im Eigentum der KG stehenden
    Grundbesitz Stellung genommen worden sei.


    Vielmehr sei das Bekanntwerden der Steuerbarkeit des Vorganges
    einzig und allein auf die Ermittlungen des Finanzamts zurückzuführen.
    In der Anzeige noch fehlende Angaben könnten zwar innerhalb
    einer vom Finanzamt zu setzenden angemessenen Frist nachgereicht
    werden. Hierzu bedürfe es jedoch eines innerhalb der Anzeigefrist
    zu stellenden Fristverlängerungsantrages (vgl. BFH-Beschluss
    vom 20.01.2005 II
    B 52/04, BStBl. II 2005, 492), welcher im vorliegenden
    Fall ebenfalls nicht gestellt worden sei. Im Gegenteil sei der Grundstücksbestand
    der Klägerin dem Finanzamt trotz mehrfacher Aufforderung
    erst in der Urkunde vom 20.10.2010 – verspätet
    und nicht den Anforderungen des § 20 GrEStG entsprechend – mitgeteilt
    worden. Das Finanzamt habe der Klägerin mit Schreiben vom
    29.03.2010 lediglich angeboten, die Anwendbarkeit des § 16
    Abs. 5 GrEStG – im Rahmen einer einvernehmlichen Erledigungsvereinbarung – nicht
    weiterzuverfolgen, sofern diese bis 30.04.2010 die rechtswirksame Rückgängigmachung
    einer vollständigen Kommanditanteilsübertragung
    vorlege; dass die Klägerin ihrer Anzeigepflicht im Sinne
    des § 16 Abs. 5 GrEStG ordnungsgemäß nachgekommen
    sei, werde vom Finanzamt mit Schreiben vom 29.03.2010 keineswegs
    anerkannt oder bestätigt. Es sei nicht angezeigt worden, welche
    Grundstücke von dem Vorgang überhaupt betroffen
    seien; ein Fristverlängerungsantrag innerhalb der Anzeigefrist
    sei hierzu nicht gestellt worden.


    Voraussetzung zur Erfüllung des Tatbestandes des § 16
    Abs. 2 sei stets die vollständige rechtliche Aufhebung
    des tatbestandserfüllenden Rechtsgeschäfts sowie
    nach ständiger Rechtsprechung des BFH die vollständige
    tatsächliche Rückgängigmachung dieses
    Rechtsgeschäfts. Dies beinhalte, dass der Rechtszustand
    wieder hergestellt werden muss, der vor Vertragsabschluss bestanden habe.
    Hierzu müsse z.B. der Kaufpreis zurückerstattet,
    dass Vertragsobjekt zurückgegeben, der ursprüngliche
    Grundbuchstand wieder hergestellt werden usw. Dies sei im vorliegenden
    Fall nicht geschehen. Das den Tatbestand des § 1 Abs. 2a
    GrEStG erfüllende Rechtsgeschäft vom 15.05.2009
    sei rechtlich nur für 6 v.H. statt 51 v.H. rückgängig
    gemacht worden; es fehle an der vollständigen rechtlichen
    Aufhebung des Rechtsgeschäfts. Tatsächlich sei
    weder das ursprüngliche Beteiligungsverhältnis
    wieder hergestellt noch die mit Urkunde vom 15.05.2009 vereinbarte
    Gegenleistung aufgehoben oder gemindert worden. Mangels vollständiger
    rechtlicher und tatsächlicher Rückgängigmachung sei § 16
    Abs. 2 GrEStG vorliegend nicht anwendbar. Entgegen den Ausführungen
    der Klägerin seien die Voraussetzungen für die
    Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG der herrschenden Literaturmeinung
    nach nur dann erfüllt, wenn eine Anteilsübertragung
    vollständig rückgängig gemacht und die
    95 %-Grenze des § 1 Abs. 2a GrEStG hierdurch unterschritten
    werde (Pahlke/Franz, § 16 Rz. 73; Hofmann, § 16
    Rz. 65; Boruttau, § 16 Rz. 273). Die tatbestandsmäßige
    Rückübertragung nach § 16 Abs. 2 GrEStG
    beziehe sich beim Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht
    auf die von diesem angeordnete Rechtsfolge einer fiktiven Übereignung
    eines Grundstücks von einer Personengesellschaft (alt)
    auf eine Personengesellschaft (neu), sondern allein auf die tatbestandserfüllende Änderung
    im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft (vgl. Boruttau,
    16. Auflage, § 16 Rn. 271). Daraus ergebe sich auch, dass,
    wenn die ursprüngliche Tatbestandserfüllung des § 1
    Abs. 2a GrEStG durch zeitlich getrennte Änderungen im Gesellschafterbestand
    erfolge, es für die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG
    grundsätzlich gleichgültig sei, welche dieser Übertragungen
    (für sich gesehen vollständig) rückgängig
    gemacht werde. Es sei also nicht erforderlich, dass die letzte,
    die Tatbestandserfüllung erst herbeiführende Anteilsübereignung
    rückabgewickelt werde (vgl. Boruttau, 16. Auflage, § 16
    Rz. 273). Aus dem Erfordernis der Grundstücksidentität
    bei einer Grundstücksrückübertragung
    ließen sich daher keine Schlussfolgerungen für
    die Rückgängigmachung eines nach § 1
    Abs. 2a GrEStG steuerbaren Vorganges ziehen. Der Aussage der Klägerin über
    die Nämlichkeit der Anteile könne deshalb nicht
    gefolgt werden.


    Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche
    Verhandlung mit Schriftsätzen vom 24.01.2011 bzw. 03.08.2011
    zugestimmt.


    Gründe

    Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung gemäß § 90
    Abs. 2 FGO.


    Soweit die Klägerin beantragt hat, den beurkundenden
    Notar als Beteiligten auf Klägerseite beizuladen, weist
    das Gericht darauf hin, dass dieser kein Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 57
    FGO ist. Einer (einfachen) Beiladung des Notars im Hinblick auf
    die Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses liegt kein rechtliches
    Interesse i.S.d. § 60 Abs. 1 FGO zugrunde, da dieses sich
    nicht aus den Steuergesetzen ergibt (Gräber/Stapperfend,
    FGO, § 60 Abs. 15; vgl. BFH-Beschluss vom 05.02.1988 VI B 56/87, BFH/NV 1988,
    455). Sollte ein Schadensersatzanspruch bestehen, könnte
    dieser nur auf zivilrechtlicher und nicht auf steuerrechtlicher
    Grundlage verfolgt werden.


    Die Klage ist unbegründet, da die Anteilsübertragung
    vom 15.05.2009 nicht vollständig rückgängig
    gemacht wurde und die Anzeigepflichten nach § 16 Abs. 5
    GrEStG nicht erfüllt wurden.


    1. Gemäß § 1
    Abs. 2a GrEStG gilt es als ein auf die Übereignung eines
    Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes
    Rechtsgeschäft, wenn zum Vermögen einer Personengesellschaft
    ein inländisches Grundstück gehört und
    sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand
    unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens
    95 v.H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen.
    Im Streitfall war A4 zunächst nicht an der Klägerin
    beteiligt, erwarb jedoch aufgrund der Verträge vom 22.12.2008,
    29.12.2008, 19.03.2009 und 15.05.2009 sämtliche Anteile
    an der Klägerin, so dass ihm deren Vermögen in
    voller Höhe zustand. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1
    Abs. 2a GrEStG waren mit Übertragung der Kommanditbeteiligung
    von A1 auf A4 erfüllt.


    2. Es wurde keine Anteilsübertragung
    vollständig rückgängig gemacht, so dass die
    Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht mehr vorgelegen
    hätten.


    2.a. Nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG wird auf Antrag
    die Grunderwerbsteuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang
    nicht festgesetzt bzw. die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der
    Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten
    Grundstück zurück erwirbt und der Rückerwerb
    innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für
    den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. § 16 Abs.
    2 Nr. 1 GrEStG ist über seinen Wortlaut hinaus auch auf
    Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG anwendbar
    (BFH-Vorlagebeschluss vom 02.03.2011 II R 64/08, BFH/NV
    2011, 1009). Der BFH begründet dies damit, dass
    nach § 16 Abs. 5 GrEStG die Absätze 1 bis 4 der Vorschrift
    nicht gelten, wenn einer der in § 1 Abs. 2a GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge
    rückgängig gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt
    worden war (vgl. auch Boruttau, GrEStG, § 16 Rn. 251); § 16
    Abs. 5 GrEStG erfasst ausdrücklich auch Erwerbsvorgänge
    nach § 1 Abs. 2a GrEStG.


    (1) In dem vom BFH zu beurteilenden Sachverhalt in dem Verfahren II R 64/08 (Vorlagebeschluss
    vom 02.03.2011, BFH/NV 2011, 1009) hoben
    die dort Beteiligten den Kaufvertrag vollständig wieder
    auf. (2) Die Verwaltungsauffassung wendete § 16 Abs. 2
    GrEStG bei Tatbeständen des § 1 Abs. 2a GrEStG
    zunächst nur dann an, wenn alle Gesellschafterwechsel rückgängig
    gemacht wurden, welche zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen hatten
    (Gleichlautende Ländererlasse vom 26.02.2003, BStBl. I 2003,
    271, Tz. 12; vgl. Boruttau/Sack, GrEStG, § 16
    Rn. 273). Durch gleich lautende Erlasse vom 25.02.2010 änderte
    sich die Auffassung der Verwaltung dahingehend, dass § 16
    Abs. 2 GrEStG im Zusammenhang mit § 1 Abs. 2a GrEStG dann
    anzuwenden ist, wenn einer der Gesellschafterwechsel, die zu einer
    Verwirklichung der Tatbestandvoraussetzungen geführt haben,
    vollständig im Sinne des § 16 GrEStG rückgängig
    gemacht wird und etwaige weitere Gesellschafterwechsel nicht zu
    einem Übergang von mindestens 95 v.H. am Gesellschaftsvermögen
    geführt haben. (3) Nach der in der Literatur vorherrschenden
    Meinung wird es als erforderlich angesehen, dass das einzelne Übertragungsgeschäft
    für sich gesehen in vollem Umfang rückgängig
    gemacht und dadurch die 95 v.H.-Grenze unterschritten wird (Boruttau/Sack,
    GrEStG, § 16 Rn. 273; Pahlke/Franz, GrEStG, § 16
    Rn. 73; Hofmann, GrEStG, § 16 Rn. 65). Weitergehend vertreten
    Behrens (DStR
    2009, 1611, 1615, 1620; DStR 2010, 777, 786) und Klass/Möller
    (BB 2010, 3060,
    3063) die Auffassung, dass es ausreichend sei, wenn einer
    der Teilakte nur teilweise rückgängig gemacht
    werde, so dass im Ergebnis insgesamt nur 94,9 v.H. der Anteile im
    betreffenden Fünf-Jahres-Zeitraum auf neue Gesellschafter übergegangen
    sind und die 95 v.H.-Schwelle nicht mehr erreicht ist.


    2.b. Nach Auffassung des Senats ist es erforderlich, dass mindestens
    einer der Erwerbsvorgänge, welcher zur Tatbestandsverwirklichung
    des § 1 Abs. 2a GrEStG geführt hat,
    vollständig
    rückgängig
    gemacht und dadurch die 95 v.H.-Schwelle beim Anteilsübergang
    nicht überschritten wird. Zwar hat der BFH mit Urteil vom
    27.04.2005 II R
    4/04 (BFH/NV 2005, 1629) entschieden,
    dass bei Rückerwerb einer Teilfläche im Rahmen
    einer Grundstücksveräußerung die Steuerfestsetzung
    auf den ursprünglichen Erwerbsvorgang nur insoweit nach § 16
    Abs. 2 GrEStG aufzuheben ist, als sie auf die zurückerworbene Teilfläche
    entfällt. Dies kann jedoch nach Auffassung des Senats nicht
    bei Übertragungen von Personengesellschaftsanteilen greifen.
    Denn diese unterliegen grundsätzlich nicht der Grunderwerbsteuer,
    lediglich bei Überschreiten der 95 v.H.-Grenze wird Grunderwerbsteuerpflicht
    der Personengesellschaft in vollem Umfang fingiert. Eine anteilige
    Steuerpflicht im Verhältnis der übergegangenen
    bzw. nicht zurückerworbenen Anteile existiert damit nicht.
    Darüber hinaus war in dem vom BFH zu entscheidenden Sachverhalt
    (II R 4/04, BFH/NV
    2005, 1629) eine Teilfläche bereits weiterveräußert
    worden und konnte daher gar nicht mehr zurückübertragen
    werden, während im Streitfall eine vollständige
    Rückgängigmachung z.B. der Kommanditanteilsübertragung
    von A1 auf A4 möglich gewesen wäre. Hinsichtlich
    der verbliebenen Restfläche war auch in dem Streitfall
    vor dem BFH II R
    4/04 ein vollständiger Rückerwerb
    gegeben.


    3. Soweit die Klägerin vorbringt,
    dass nach dem Urteil des FG Düsseldorf vom 27.10.2010 7 K 3319/08
    GE (EFG
    2011, 1180) eine zeitraumbezogene Betrachtung dahingehend
    anzustellen sei, ob zu Beginn des Fünf-Jahres-Zeitraums und
    zu dessen Ende mindestens 95 v.H. der Anteile auf neue Gesellschafter übergegangen
    sind, ist dies nicht anzuwenden. Das FG Düsseldorf vertritt die
    Auffassung, dass ein Beteiligter, der vor der ersten Übertragung
    Gesellschafter war und dies auch nach der letzten Übertragung
    ist, nicht neuer Gesellschafter i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG,
    sondern Altgesellschafter in diesem Sinne sei.


    Im Streitfall wäre – würde man dieser
    Auffassung folgen – der Kommanditist A1 auch bei Wiedereintritt
    mit notariellem Vertrag vom 20.10.2010 Altgesellschafter und die
    Anteile am Gesellschaftsvermögen damit nicht in Höhe
    von mindestens 95 v.H. auf neue Gesellschafter übergegangen.


    Ein Altgesellschafter verliert jedoch grundsätzlich
    seine Altgesellschafterstellung, wenn er aus der das Grundstück
    haltenden Gesellschaft ausscheidet, und wird Neugesellschafter der
    Personengesellschaft, wenn er innerhalb der Fünfjahresfrist
    den (Teil-)Anteil eines anderen Altgesellschafters mit Zustimmung
    der übrigen Gesellschafter erwirbt oder der Gesellschaft
    aufgrund neu gefassten Entschlusses wieder beitritt (Hofmann, GrEStG, § 1
    Rn. 118). Entscheidend ist demnach das Vorliegen eines neu gefassten
    Entschlusses, (erstmals) wieder Gesellschafter zu sein. Die Eigenschaft
    eines Altgesellschafters endet damit mit seinem Ausscheiden und
    lebt nicht etwa mit einem späteren Wiedereintritt wieder
    auf (Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 288). Auch
    der BFH ist in seinem Urteil vom 27.04.2005 II R 61/03 (BStBl. II 2005,
    649) davon ausgegangen, dass das Ausscheiden eines Gesellschafters
    entscheidend für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 1
    Abs. 2a GrEStG ist und lediglich die Steuervergünstigung
    nach § 6 Abs. 3 GrEStG zu gewähren sein kann,
    wenn der ausgeschiedene Gesellschafter im Rahmen eines sich über
    mehrere Teilschritte erstreckenden Anteilsübergangs
    vor oder
    mit

    Erreichen der Grenze von 95 v.H. entweder wieder einen
    Anteil an der Gesellschaft erwirbt oder als Gesellschafter an einer
    Personengesellschaft beteiligt ist, die ihrerseits einen solchen
    Anteil erwirbt.


    Im Streitfall war der wieder eingetretene Kommanditist A1 demnach
    nicht Altgesellschafter der Klägerin, innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraum
    waren mehr als 95 v.H. der Anteile an der Klägerin auf
    den neuen Gesellschafter A4 übergegangen. Die notarielle
    Vereinbarung vom 20.10.2010 beruhte außerdem auf einem
    neuen Entschluss der Vertragsparteien, wie diese bereits mit Schreiben
    vom 27.07.2009 an das beklagte Finanzamt dargelegt haben.


    4. Darüber hinaus war der Erwerbsvorgang
    vom 15.05.2009 auch nicht ordnungsgemäß i.S.d. § 16
    Abs. 5 GrEStG angezeigt, so dass Absatz 2 der Vorschrift auch aus
    diesem Grund nicht anwendbar ist.


    Nach §§ 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 GrEStG
    hat ein Notar dem zuständigen Finanzamt schriftlich Anzeige
    nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten über
    Vorgänge, die die Übertragung von Anteilen an
    einer Personenhandelsgesellschaft betreffen, wenn zum Vermögen
    der Gesellschaft ein im Geltungsbereich des Grunderwerbsteuergesetzes
    liegendes Grundstück gehört. Amtlich vorgeschriebener
    Vordruck ist der Vordrucksatz „Veräußerungsanzeige” (Boruttau/Viskorf,
    GrEStG, § 18 Rn. 26). Eine ordnungsgemäße
    Anzeige eines Erwerbsvorganges liegt dann vor, wenn die Anzeige
    fristgerecht beim Finanzamt eingeht und sämtliche in §§ 18,
    19, 20 GrEStG normierten Anforderungen erfüllt (BFH-Vorlagebeschluss
    vom 02.03.2011 II
    R 64/08, BFH/NV 2011, 1009). Dies
    ist regelmäßig dann der Fall, wenn die innerhalb
    der Anzeigefrist von zwei Wochen beim Finanzamt eingehende Anzeige
    die einwandfreie Identifizierung von Veräußerer,
    Erwerber und Urkundsperson und ggf. der Gesellschaft ermöglicht
    und der Anzeige die in § 18 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 19
    Abs. 4 Satz 2 GrEStG genannten Abschriften beigefügt werden.
    In der Anzeige noch fehlende Angaben können innerhalb einer
    vom Finanzamt zu setzenden angemessenen Frist nachgereicht werden,
    wozu es eines innerhalb der Anzeigefrist zu stellenden Fristverlängerungsantrags
    bedarf. Nach dem BFH-Beschluss vom 20.01.2005 II B 52/04 (BStBl. II 2005,
    492) ist eine Anzeige i.S. des § 16 Abs. 5 GrEStG
    ordnungsgemäß, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb
    der Anzeigefristen dem Finanzamt in einer Weise bekannt wird, dass
    es die Verwirklichung eines Tatbestands nach § 1 Abs. 2a
    GrEStG prüfen kann; im dortigen Streitfall hatte der beurkundende
    Notar einen Vertrag mittels einer Veräußerungsanzeige
    beim Finanzamt angezeigt.


    Der bundeseinheitliche Vordruck „Veräußerungsanzeige” zur
    Erfüllung der Anzeigepflicht ist nicht in der Grunderwerbsteuerakte
    enthalten, sondern das Notariat hat dem Finanzamt C. – Grunderwerbsteuerstelle – die
    Urkunde vom 15.05.2009 mit formlosem Kurzbrief „für
    Ihre Unterlagen” und „mit der Bitte um Kenntnisnahme” übersandt.
    Ziff. 4.3.3. der Merkblätter über die steuerlichen
    Beistandspflichten der Notare auf dem Gebiet der Grunderwerbsteuer
    und anderer Steuern sieht vor, dass bei der Veräußerung
    von Gesellschaftsanteilen durch die Verwendung des Vordrucksatzes „Veräußerungsanzeige” – wenn
    auch nicht vollständig ausgefüllt – sichergestellt
    ist, dass die übersandten Urkunden im Finanzamt als grunderwerbsteuerliche Anzeigen
    erkennbar sind (Boruttau/Viskorf, GrEStG, § 18
    Rn. 19 und 36, § 20 Rn. 11). Dem genügt die Übersendung
    an die Grunderwerbsteuerstelle des Finanzamts C. mittels formlosen
    Kurzbriefes nicht, denn zum einen geht Grundbesitz der Klägerin
    weder aus der notariellen Urkunde vom 15.05.2009 noch aus dem formlosen
    Kurzbrief – mit Ausnahme der Adressierung an die Grunderwerbsteuerstelle – hervor.
    Zum anderen werden i.d.R. einzelne Blätter des Vordrucksatzes „Veräußerungsanzeige” innerhalb
    der Finanzbehörde zur Bearbeitung weitergeleitet, die Rückseite
    eines Blattes enthält das Formular der – bei der
    streitgegenständlichen Anteilsübertragung nicht
    benötigten – Unbedenklichkeitsbescheinigung. Ein
    formloses Anschreiben kann daher einen amtlich vorgeschriebenen
    Vordruck nicht ersetzen. Darüber hinaus hat die Klägerin
    in der zweiwöchigen Antragsfrist der Grunderwerbsteuerstelle
    des Finanzamts C. weder ihren Grundbesitz noch die Veränderungen
    in ihrem Gesellschafterbestand aufgrund des Ausscheidens der beiden
    Kommanditistinnen A2 und A3 mit privatschriftlichem Vertrag vom
    22.12.2008 dargelegt und diesen eingereicht (§ 19 Abs.
    4 Satz 2 GrEStG); auch hat sie keinen Fristverlängerungsantrag
    hierfür innerhalb der Zwei-Wochen-Frist gestellt.


    5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 143
    Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.


    6. Die Revision zum BFH wird gemäß § 115
    Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Rechtsfrage, ob § 16 Abs.
    2 GrEStG auch bei einem lediglich teilweisen Rückerwerb
    einer Gesellschafterstellung zur Unterschreitung der 95 v.H.-Grenze
    des § 1 Abs. 2a GrEStG Anwendung findet, hat grundsätzliche Bedeutung.

    VorschriftenGrEStG § 16 Abs. 2, GrEStG § 1 Abs. 2a