28.06.2013
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 08.02.2012 – 4 K 3298/10
1. Erwirbt der Gesellschafter mit Mitteln der GmbH ein Grundstück, liegt eine vGA vor, wenn er von Anfang an nicht ernstlich
bestrebt war, die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit wieder zurückzuzahlen, und deshalb davon auszugehen ist, dass eine
Rückzahlungsverpflichtung von vornherein nicht begründet werden sollte. Im Streitfall wurden keine nennenswerten Tilgungen
geleistet, sondern es im Gegenteil hingenommen, dass seine Darlehensschuld durch die Belastung des Darlehens-/ Verrechnungkontos
mit den fälligen Zinsen weiter angestiegen ist. Tilgungsmöglichkeiten (z. B aus dem Gewinn des Einzelunternehmens) wurden
nicht genutzt.
2. Wird bei einer verdeckten Gewinnausschüttung die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung des Gesellschafters auf § 164
Abs. 2 Satz 1 AO gestützt, ist unerheblich, ob diese auch auf § 32a Abs. 1 KStG gestützt werden könnte.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Finanzrechtsstreit
hat der 4. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08. Februar 2012 durch Vorsitzenden
Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richter …
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Zahlung des Kaufpreises für ein vom alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH erworbenes
Grundstück durch die GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) oder als Darlehen der GmbH an den Gesellschafter zu beurteilen
ist.
Die Kläger (Kl) sind Eheleute, die für das Streitjahr (2003) zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wurden. Der Kl war
im Streitjahr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der X GmbH, die auf dem Gebiet des Maschinenbaus tätig ist. Für
seine Tätigkeit als Geschäftsführer erhielt der Kl von der GmbH keine Vergütung. Die Klägerin (Klin) war im Streitjahr als
Altenpflegerin nichtselbständig tätig. Ihr Bruttoarbeitslohn betrug im Streitjahr ausweislich der mit der ESt-Erklärung vorgelegten
Lohnsteuer(LSt)-Karte 19.241,97 EUR.
Zu den Kunden der X GmbH gehörte u.a. die Behörde A. Im Jahr 2000 bestellte diese bei der X GmbH 200 Zündspulen zum Selbstkosten
richtpreis von 1.528,62 EUR pro Stück. Selbstkosten
richtpreise sind nach der einschlägigen Vorschrift später in Selbstkosten
festpreise umzuwandeln. Die X GmbH nahm das Angebot an und lieferte vereinbarungsgemäß die bestellten Zündspulen. Im Laufe des
Jahres 2004 vereinbarten die Behörde A und die X GmbH die Lieferung von 350 weiteren Zündspulen. Nach erfolgter Lieferung
dieser Zündspulen kam es zwischen der Behörde A und der X GmbH zu einem Streit über die Höhe des für die Zündspulen zu zahlenden
Preises. Während die X GmbH die Auffassung vertrat, es sei ein bestimmter Selbstkosten
festpreis vereinbart worden, vertrat die Behörde A die Auffassung, man habe sich auf einen bestimmten Selbskosten
richtpreis geeinigt. Mit Urteil vom 14. Dezember 2005 (Anlagenband II, Anlage 1) wies das Landgericht (LG) B eine Klage der X GmbH
gegen die Bundesrepublik Deutschland (vertreten durch die Behörde A), mit der nach teilweiser Rücknahme der Klage noch die
Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 293.599,11 EUR nebst Zinsen begehrt wurde, als „zur Zeit unbegründet” ab. Zur Begründung
seiner Entscheidung führte das LG B aus, der Werklohnanspruch der X GmbH sei zur Zeit nicht fällig, da die Parteien einen
Selbskosten
richtpreis vereinbart hätten und das danach erforderliche Preisprüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Auf die Frage, ob
und ggf. mit welchem Ergebnis das Prüfungsverfahren inzwischen abgeschlossen worden sei, trugen die Kl mit Schriftsatz vom
31. Januar 2012 (Bl. 98 f. der Finanzgerichts(FG)-Akten) vor, es sei „nicht mehr geplant, Geschäfte mit irgend einer öffentlichen
Einrichtung in Deutschland zu tätigen”; die X GmbH arbeite nur noch exportorientiert.
Mit Kaufvertrag vom 26. April 2001 (Allg. Akten, Fach „C-Straße 1, Z”) erwarb der Kl zum Kaufpreis von 620.000 DM das mit
einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück C-Straße 1 in Z. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte in zwei Raten in Höhe von 200.000
DM und 420.000 DM mit zwei von der X GmbH ausgestellten Verrechnungsschecks. Die genannten Schecks wurden ausweislich der
Kontoauszüge (Bl. 34 und 35 der EStAkten für das Jahr 2001) am 22. Mai 2001 bzw. 02. Juli 2001 einem Konto der X GmbH bei
der E Bank belastet. Im Anschluss an den Erwerb führte der Kl am Gebäude C-Straße 1 Um- bzw. Ausbauarbeiten durch.
Mit Mietvertrag vom 30. Mai 2001 (Bl. 24 der ESt-Akten für das Jahr 2001) vermietete der Kl eine „Gewerbeeinheit im EG des
Hauses C-Straße 1 in Z”, die laut Mietvertrag zwei Büroräume und ein sep. zugängliches WC mit insgesamt 48 m² sowie einen
Lagerraum (sep. Garage) mit 18 m² umfasste, an die X GmbH. Das Mietverhältnis begann am 01. Juni 2001. Die monatliche Miete
betrug 343 EUR und war „jährlich im Nachhinein” zu zahlen. In einer Anlage zur ESt-Erklärung für das Jahr 2001 (Bl. 20 der
ESt-Akten für 2001) gaben die Kl an, dass von der 175 qm betragenden Gesamtfläche des Gebäudes C-Straße 1 in Z 130 qm von
ihnen selbst genutzt würden und 45 qm seit 01. Juli 2001 an die X GmbH vermietet seien.
Mit Kaufvertrag vom 15. Februar 2002 (Allg. Akten, Fach „D-Straße 2, Z”) erwarb der Kl außerdem zum Kaufpreis von 281.209,50
EUR das mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute Grundstück D-Straße 2 in Z. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte im Streitjahr
über ein Bankkonto der X GmbH.
Zum Zeitpunkt des Erwerbs waren den Angaben der Kl zufolge (vgl. den Schriftsatz vom 31. Januar 2012, Bl. 98 f. der FG-Akten)
alle Mieteinheiten mit Ausnahme eines Schuppens vermietet. Im Einzelnen bestanden nach den Angaben der Kl im Schriftsatz vom
31. Januar 2012 folgende Mietverhältnisse:
Erdgeschoss Halle – Mieter 1 – Kaltmiete 255,65 EUR
Erdgeschoss Einraumbüro – Mieter 2 – Kaltmiete 127,47 EUR
1. Etage – Mieter 3 – Kaltmiete 562,42 EUR
Dachgeschoss – Mieter 4 – Kaltmiete 383,47 EUR
Mit Mietvertrag vom 25. September 2005 vermietete der Kl die im 1. OG des Gebäudes D-Straße 2 in Z belegene Wohnung mit Wirkung
ab dem 01. Februar 2006 für eine monatliche Miete in Höhe von 650 EUR nebst Nebenkosten. Mit Mietvertrag vom 31. Oktober 2005
vermietete der Kl außerdem mit Wirkung ab dem 01. Dezember 2005 ein in dem genannten Objekt befindliches 12 qm großes Ladenlokal
nebst einem separat zugänglichen WC für eine monatliche Miete in Höhe von 150 EUR nebst Nebenkosten. Mit Mietvertrag vom 01.
Dezember 2005 vermietete der Kl schließlich noch eine auf dem genannten Grundstück vorhandene Garage mit Wirkung ab dem 01.
Dezember 2005 für eine monatliche Miete in Höhe von 15 EUR.
Am 18. Januar 2006 wurde von einem Mieter an dem Gebäude D-Straße 2 ein Wasserschaden festgestellt, von dem sämtliche Stockwerke
des Gebäudes betroffen waren. In der Folge kam es zwischen dem Kl und der Versicherungsgesellschaft, bei der das Gebäude versichert
war, zu einem Rechtsstreit über das Bestehen einer Leistungspflicht der Versicherung. Mit Urteil vom 12. Juni (Anlagenband
zum Verfahren 4 V 4532/10, Anlage 43) stellte das LG F fest, dass die beklagte Versicherungsgesellschaft verpflichtet sei,
„bedingungsgemäßen Versicherungsschutz aus der zwischen den Parteien bestehenden Gebäudeversicherung …. zu gewähren”. Eine
gegen das genannte Urteil eingelegte Berufung nahm die beklagte Versicherungsgesellschaft am 17. April 2009 zurück. Nach Einholung
eines Sachverständigengutachtens durch das LG F (Anlagenband zum Verfahren 4 V 4532/10, Anlagen 44 und 45) erbrachte die beklagte
Versicherung Leistungen an den Kl. In einem Schriftsatz des Rechtsanwalts G vom 06. Mai 2011 an das LG F (Anlagenband zum
Verfahren 4 V 4532/10, Anlage 49) ist auf Seite 3 ausgeführt, dass die beklagte Versicherung den aus einer Anlage K 4 zu entnehmenden
Betrag von 37.357,12 EUR gezahlt habe und dass die klägerischen Bemühungen dazu geführt hätten, dass die Beklagte „weitere
Leistungen in Höhe von insgesamt 121.800,44 EUR” erbracht habe.
Mit Schreiben seines Steuerberaters vom 23. April 2004 (Bl. 9 der ESt-Akten für das Streitjahr) ließen die Kl vortragen, die
Mittel für den Kauf des Grundstücks C-Straße 1 in Z seien ihm von der X GmbH darlehensweise zur Verfügung gestellt worden.
Im Rahmen der ESt-Veranlagung für das Jahr 2001 reichte der Steuerberater der Kl mit Schreiben vom 16. März 2004 neben dem
Mietvertrag zwischen dem Kl und der X GmbH vom 30. Mai 2001 (Bl. 24 der ESt-Akten für 2001) die „Niederschrift über eine Gesellschafterversammlung
der Firma X GmbH, C-Straße 1, Z” vom 20. Dezember 1999 (Bl. 23 der ESt-Akten für 2001) mit folgendem Wortlaut beim Beklagten
(Bekl) ein:
„Anwesend ist der Gesellschafter Herr O.P..
Der Gesellschafter tritt heute unter Verzicht auf Form und Frist der Einladung in eine Gesellschafterversammlung ein und beschließt
folgendes:
Das in der X GmbH bestehende Darlehens-/Verrechnungskonto gegenüber Herrn O.P. wird ab 01.01.2000 mit 1 % jährlich verzinst.
Die Zinsen werden dem Darlehen zum Ende des Jahres zugeschlagen.
Das Darlehenskonto kann mit einer Frist von einem Monat beiderseitig gekündigt werden.
Ein Forderungssaldo der X GmbH gegenüber Herrn P. ist mit 4% zu verzinsen.”
Im Rahmen der ESt-Veranlagung für das Jahr 2002 forderte der Bekl den Steuerberater der Kl mit Schreiben vom 23. März 2004
(Bl. 10 der ESt-Akten für das Jahr 2002) auf, Nachweise für die für das Objekt C-Straße 1 in Z geltend gemachten Schuldzinsen
in Höhe von 8.861 EUR vorzulegen. Mit Schreiben vom 23. April 2004 (Bl. 11 der ESt-Akten für das Jahr 2002) trug der Steuerberater
der Kl daraufhin vor:
„Die Mittel für den Kauf des Objekts C-Straße 1 wurden darlehensweise von der X GmbH zur Verfügung gestellt. Eine Kopie über
die belasteten Zinsen ist beigefügt.”
Dem Schreiben des Steuerberaters war ein Auszug aus dem im Rechnungswesen der X GmbH eingerichteten Konto 1508 „Forderungen
gegen Gesellschafter” (Bl. 15 der ESt-Akten für das Jahr 2002) beigefügt, aus dem sich unter dem Datum 31.12.2002 die Verbuchung
eines Betrages in Höhe von 8.660,18 EUR ergibt. Der zugehörige Buchungstext lautet: „4 % Zinsen 2002 P P.”
Da die Kl zunächst trotz Aufforderung, Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld keine ESt-Erklärung für das Streitjahr abgaben,
schätze der Bekl in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen ESt-Bescheid für das Streitjahr vom 09. November 2005
die Besteuerungsgrundlagen. Gegen den genannten Bescheid erhoben die Kl mit Schreiben vom 09. Dezember 2005 Einspruch und
reichten am 31. Januar 2006 die ESt-Erklärung für das Streitjahr beim Bekl ein. Da die Kl darin außer den Einkünften der Klin
aus nichtselbständiger Arbeit keine weiteren Einkünfte erklärten, fragte der Bekl mit Schreiben vom 06. Februar 2006 (Bl.
35 der ESt-Akten für das Streitjahr) bei den Kl an, ob das Grundstück C-Straße 1 in Z nicht mehr vermietet werde. Laut einem
auf der Abschrift des genannten Schreibens angebrachten handschriftlichen Vermerk soll der Kl daraufhin telefonisch mitgeteilt
haben, dass im Streitjahr auf eine Miete verzichtet worden sei. Dieser Darstellung widersprach der Kl im finanzgerichtlichen
Verfahren mit Schriftsatz vom 31. Januar 2012. Er trug vor, das in dem Aktenvermerk des Bekl angesprochene Telefongespräch
habe es nicht gegeben. Kein Mensch könne sich an den exakten Inhalt eines Telefonates im Detail erinnern, das Tage, Monate
oder gar Jahre zurückliege. Es bedürfe immer einer schriftliche Grundlage, um eventuell zu einem späteren Zeitpunkt für Nachfragen
eine Basis zu haben. Es gelte der Spruch: „wer schreibt – der bleibt” und so halte er – der Kl – es in allen das Unternehmen
betreffenden Angelegenheiten. Selbst wenn es das Telefonat gegeben hätte, hätte er nie und nimmer von einem Verzicht gesprochen,
sondern von einer Stundung. Dem Schriftsatz der Kl vom 31. Januar 2012 waren als Anlagen 5 und 6 zwei an die X GmbH gerichtete
Schreiben des Kl vom 14. Januar 2004 und 31. Januar 2006 (Anlagenband) beigefügt, mit denen der Kl der Gesellschaft mitteilte,
dass die Miete für das Jahr 2003 bzw. 2006 gestundet werde.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2006 (Bl. 36 der ESt-Akten für das Streitjahr) trugen die Kl vor, sie hätten „zum jetzigen Zeitpunkt
keine weiteren Unterlagen zur Verfügung”; sie hätten nach bestem Wissen und Gewissen alle notwendigen Unterlagen beigebracht,
müssten jedoch einräumen, dass sie die Steuererklärung selbst – ohne ihren Steuerberater – erstellt hätten. Gleichzeitig bat
der Kl, „nun anhand der vorliegenden Unterlagen einen Steuerbescheid zu erlassen”. Der Bekl erließ daraufhin am 02. März 2006
einen ändernden ESt-Bescheid für das Streitjahr (Bl. 40 ff. der ESt-Akten für das Streitjahr). Dabei wich er von der eingereichten
ESt-Erklärung nur insofern ab, als er entsprechend einer im Rahmen einer LSt-Außenprüfung bei der X GmbH erstellten Prüfungsmitteilung
(Bl. 32 der ESt-Akten für das Streitjahr) beim Kl einen geldwerten Vorteil in Höhe von 2.388 EUR aus einer Kfz-Gestellung
durch die GmbH als Arbeitslohn ansetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Am 16. April 2007 wurde bei der X GmbH mit einer Betriebsprüfung begonnen. Der Prüfungszeitraum umfasste die Jahre 2003, 2004
und 2005. Mit Kontrollmitteilung vom 25. März 2008 (Bl. 44 der ESt-Akten für das Streitjahr) teilte der Betriebsprüfer dem
Bekl u.a. mit, dass der Kl von der GmbH im Streitjahr 295.700 EUR erhalten habe. Der genannte Betrag sei – als vGA – noch
als Einnahme bei den Einkünften des Kl aus Kapitalvermögen anzusetzen. Die Änderung habe gem. § 32a Körperschaftsteuergesetz
(KStG) zu erfolgen. Der Kontrollmitteilung war die mit „VGAen, die den Gewinn erhöhen” überschriebene Teilziffer (Tz.) 34
des (später geänderten) Berichts über die Außenprüfung bei der X GmbH beigefügt, in der u.a. Folgendes ausgeführt ist:
„
Kaufpreiszahlung privates Grundstück:
In 2003 wurde der Kaufpreis i. H. v. 281.209,50 EUR für ein privates Grundstück von Herrn P. über das betriebliche Bankkonto
in voller Höhe finanziert (weitere Ausführungen hierzu vgl. Tz 18 b).
Da hierdurch der Bfa eine Vermögensminderung entstanden ist, die die Bfa bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und
gewissenhaften Geschäftsleiters unter sonst gleichen Umständen gegenüber einem Nichtgesellschafter nicht hingenommen hätte,
war die Kaufpreiszahlung als verdeckte Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG anzusetzen.
…
Die vGAen sind beim Gesellschafter als Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Nr. 1 Satz 2 EStG anzusetzen.”
In einem der Erstellung des Prüfungsberichts vorausgegangenen Schreiben vom 06. November 2007 an die GmbH (Bl. 36 der ESt-Akten
für das Jahr 2001) hatte der Prüfer zuvor Folgendes ausgeführt:
„Die Bezahlung der Kaufpreise der privat erworbenen Grundstücke in Z, C-Straße 1 und D-Straße 2 durch das Bankkonto der GmbH
stellt jeweils eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dar, da weder gesonderte Darlehensverträge
abgeschlossen wurden, noch Grundpfandrechte zugunsten der GmbH eingetragen wurden und auch kein Lohn an Sie gezahlt wurde,
musste im Zeitpunkt der Bezahlung der Kaufpreise mit der Uneinbringlichkeit der Forderung gerechnet werden.”
Der Kl hatte dazu mit Schreiben vom 20. November 2007 (Bl. 38 der ESt-Akten für das Jahr 2001) wie folgt Stellung genommen:
Die Aussage des Prüfers, es gebe keine Darlehensverträge, sei „unkorrekt”. „Die Verträge” seien „durch den damaligen Steuerberater
H erstellt” worden und lägen dem Bekl vor. Des weiteren sei „zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar” gewesen, „dass ein Debitor,
hier die Behörde A, eine Rechnung prellt”. Es sei vielmehr zum damaligen Zeitpunkt „von einer problemlosen Erzielung von Gewinnen”
und – aufgrund entsprechender Gewinnausschüttungen – von einer „sicheren Tilgung der Darlehen” auszugehen gewesen. Das erworbene
Objekt in der D-Straße erlöse normalerweise 24.000,00 EUR pro Jahr Mieteinnahmen, die jedoch – bedingt durch einen Wasserschaden
– seit Januar 2006 nicht zu erzielen seien. Es gebe keinerlei gesetzliche Vorschriften, die das Eintragen von Grundpfandrechten
vorschreiben würden. Ein Vertrag unter Kaufleuten sei „auch der Handschlag”. Wie der Prüfer „vor dem Hintergrund dieser Fakten”
auf die Idee komme, ein Darlehen könnte nicht bedient werden, sei ihm – dem Kl – schleierhaft.
Der Bekl schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ am 10. April 2008 gegen die Kl einen – auf § 164 Abs.
2 Abgabenordnung (AO) gestützten – ändernden ESt-Bescheid für das Streitjahr (Bl. 48 f. der ESt-Akten für das Streitjahr),
in dem er Einnahmen des Kl aus Kapitalvermögen in Höhe von 147.850,00 EUR (= 50 v.H der angenommenen vGAen in Höhe von insgesamt
– aufgerundet – (281.209,50 EUR + 14.490,00 EUR =) 295.700,00 EUR ansetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
In den Erläuterungen zu dem genannten Bescheid führte der Bekl aus:
„Die Änderung erfolgt aufgrund der Betriebsprüfung bei der X GmbH gem. § 32a KStG.”
Gegen den ESt-Änderungsbescheid vom 10. April 2008 legte die damalige Vertreterin der Kl mit Schreiben vom 19. April 2008
(Bl. 4 der Rechtsbehelfsakten), das am 25. April 2008 beim Bekl einging, im Namen und Auftrag beider Kl Einspruch ein und
kündigte die Nachreichung einer Begründung an.
Am 03. Juli 2008 fand im Rahmen der Betriebsprüfung bei der X GmbH eine Besprechung statt. Dabei übergab der Kl u.a. einen
auf den 06. September 2002 datierten Darlehensvertrag zwischen ihm und der GmbH mit folgendem Wortlaut:
„Hiermit wird folgender Vertrag zwischen den Parteien geschlossen:
Hr. P. erhält aufgrund der Auftragslage die Summe in Höhe von bis zu 300.000,00 EUR als Darlehen von der Gesellschaft zur
Verfügung gestellt.
Herr P. beabsichtigt, ein weiteres Gebäude zu erwerben, um damit den Ausbau des Unternehmens zu fördern. Dieses Gebäude soll
neben weiteren Geschäftsräumen für die Gesellschaft auch Mieteinnahmen durch Drittmieter erzielen.
Diese Mieteinnahmen sollen zur Gänze als Tilgung verwendet werden!
Die Verzinsung richtet sich an den gesetzlichen Vorgaben und soll 2% über dem jeweiligen gültigen Lombardsatz liegen.”
Nachdem hinsichtlich der von der X GmbH gebuchten Rechts- und Beratungskosten weitere Belege vorgelegt worden waren, gelangte
der Betriebsprüfer in Tz. 30d des geänderten Prüfungsbericht vom 24. November 2009 (Bl. 21 der Rechtsbehelfsakten) zu der
Auffassung, dass der durch eine Klage verursachte Teilbetrag der Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 9.657,62 EUR nicht
als Betriebsausgabe der GmbH zu berücksichtigen, sondern als vGA an den Kl zu beurteilen sei, da „der (ursprüngliche) Klagegrund”
nicht die GmbH, sondern den Kl betroffen habe. Dagegen behandelte der Prüfer von den beim Aus-/Umbau des Gebäudes C-Straße
1 in Z angefallenen Aufwendungen für Heizungs- und Sanitärmaterial, die er zunächst in voller Höhe als vGA beurteilt hatte,
im Hinblick auf die teilweise Nutzung des Gebäudes für Zwecke der X GmbH nur noch einen Teilbetrag in Höhe von 10.143,00 EUR
(= 70 v. H. der Gesamtaufwendungen in Höhe von 14.490,00 EUR) als vGA (vgl. Tz. 30c des Prüfungsberichts vom 24. November
2009). Dadurch ergaben sich beim Kl nach den Berechnungen des Prüfers Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 150.505,00
EUR (= 50 v.H. der angenommenen vGAen in Höhe von insgesamt (281.209,50 EUR + 9.657,62 EUR + 10.143,00 EUR =) 301.010 EUR.
Der Bekl schloss sich auch insoweit der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ am 02. Juli 2010 erneut einen ändernden
– auf § 164 Abs. 2 AO gestützten – ESt-Bescheid für das Streitjahr (Bl. 50 f. der ESt-Akten für das Streitjahr), in dem er
die Einnahmen des Kl aus Kapitalvermögen mit 150.505 EUR ansetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb wiederum bestehen.
In den Erläuterungen zu dem genannten Bescheid führte der Bekl aus:
„Die Änderung erfolgt aufgrund des am 24.11.2009 nochmals geänderten Betriebsprüfungsberichts der X GmbH hinsichtlich der
vGA gem. § 32a KStG.”
Mit Schreiben vom 15. Juli 2010 (Bl. 33 der Rechtsbehelfsakten) machten die Kl geltend, dass der ESt-Änderungsbescheid keine
Begründung enthalte. In den Erläuterungen zum Bescheid werde weder der auf Ermittlungen aufbauende Sachverhalt dargestellt
noch gehe daraus die Rechtsauffassung hervor, die der Bekl seiner geänderten Steuerfestsetzung zugrunde gelegt habe. Der Hinweis
auf die Feststellungen der Körperschaftsteuerstelle oder des Betriebsprüfers würden nicht ausreichen. im Übrigen irre der
Bekl, wenn er annehme, dass der gegenüber der X GmbH ergangene Körperschaftsteuer(KSt)-Bescheid keinen Grundlagenbescheid
für den ESt-Bescheid darstelle.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2010 (Bl. 38 ff. der Rechtsbehelfsakten) wies der Bekl den Einspruch der Kl als unbegründet
zurück und hob gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zur Begründung seiner Entscheidung führte er Folgendes aus:
Zur Frage der hinreichenden Bestimmtheit/Begründung des angefochtenen Bescheids
Der angefochtene ESt-Bescheid sei hinreichend bestimmt. Nach § 121 Abs. 1 AO sei ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer
Begründung zu versehen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich sei. Einer Begründung bedürfe es gemäß § 121 Abs. 2
Nr. 2 AO nicht, soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt sei, die Auffassung der Finanzbehörde über die Sach-
und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar sei. Im Streitfall seien
zum einen die Angaben in der Steuererklärung der Besteuerung zugrunde gelegt worden. Diesbezüglich erübrige sich eine Begründung.
Zum anderen seien die Abweichungen von den erklärten Einkünften den Kl entweder bereits vorher bekannt oder für sie ohne Weiteres
erkennbar gewesen. Die getroffenen Feststellungen seien aus dem Betriebsprüfungsbericht vom 24. November 2009 (hier insbesondere
Tz. 30) ersichtlich. Schließlich sei der streitbefangene Bescheid durch die ausdrückliche Bezugnahme auf diesen dem Kl nachweislich
am 08. Dezember 2009 zugegangenen Bericht auch ausreichend begründet worden (vgl. das Urteil des Finanzgerichts (FG) Hamburg
vom 22. Februar 2010 2 K 59/08, juris).
Zum Ansatz der verdeckten vGAen beim Kl
Die Änderung des ESt-Bescheides und der Ansatz der vGAen sei unter Hinweis auf § 32a Körperschaftsteuergesetz (KStG) erfolgt.
Danach könne ein Steuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen sei,
oder einer diesem nahe stehenden Person erlassen, aufgehoben oder geändert werden, soweit gegenüber einer Körperschaft ein
Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA erlassen aufgehoben oder geändert werde (Korrespondenzprinzip).
Die Vorschrift enthalte eine formelle, jedoch keine materielle Bindung der Steuerfestsetzung gegenüber dem Gesellschafter.
Der KSt-Bescheid sei daher kein Grundlagenbescheid für die ESt. Vielmehr sei auf beiden Ebenen unabhängig voreinander über
das Bestehen und die Auswirkungen der vGA zu entscheiden. Es werde lediglich eine formelle Änderungsmöglichkeit geschaffen,
aber keine materielle Bindung an den Inhalt des Bescheids gegenüber der Körperschaft. Dies bedeute, dass im Rahmen des § 32a
KStG auch abweichende Entscheidungen auf der Ebene der Körperschaft und der des Gesellschafters getroffen werden könnten (vgl.
Frotscher/Maas, KStG, § 32a KStG Rz. 14). Damit sei im vorliegenden Fall über den Rechtsbehelf gegen den ESt-Bescheid unabhängig
von der steuerlichen Behandlung der Rechtsfrage bei der Körperschaft zu entscheiden.
Im angefochtenen ESt-Änderungsbescheid sei bei den Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz
(EStG) zu Recht ein Betrag in Höhe von 301.010,12 EUR im Wege des Halbeinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40d EStG) mit 50 % angesetzt
worden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) habe die vGA in seiner Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 09. November 2005 I R 89/04, Bundessteuerblatt
– BStBI – II 2008, 523) wie folgt definiert (vgl. R 36 Abs. 1 S. 1 Körperschaftsteuer-Richtlinien – KStR –):
„Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung
(verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages
gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 04.09.2002 1 R 48/01, BFH/NV 2003, 347; vom 22.10.2003 1 R 37/02, BStBI II 2004, 121, jeweils m.w.N.).
Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen,
wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen
und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl.
BFH-Urteil vom 16.03.1967 I 261/63, BStBI III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine
vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im
Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, z.B.
BFH-Urteil vom 17.12.1997 I R 70/97, BStBI II 1998, 545, m.w.N.).”
Im Streitfall handle es sich um einen beherrschenden (Allein-)Gesellschafter. Damit sei eine vGA bereits dann anzunehmen,
wenn die Leistung der GmbH nicht klar und eindeutig vereinbart worden sei. In diesen Fällen bestehe nach dem Urteil des BFH
vom 18. November 2001 I R 44/00 (BFH/NV 2002, 543, m.w.N.) „eine Vermutung dafür, dass die Zuwendung im Gesellschaftsverhältnis
begründet ist und ernsthafte schuldrechtliche Leistungsverpflichtungen nicht begründet werden sollten”. Um Gewinnmanipulationen
zu vermeiden, verlange die Rechtsprechung hier eindeutige Vereinbarungen. Solche lägen im Streitfall nicht vor.
a) Grundstückskauf
Der Kl habe im Streitjahr 2003 den Kaufpreis für sein privates Grundstück D-Straße 2 in Z über das betriebliche Bankkonto
seiner GmbH finanziert. Über die Rückzahlung dieses Betrages sei weder ein gesonderter Darlehensvertrag oder eine sonstige
Vereinbarung geschlossen noch irgendwelche Sicherheiten bestellt oder Grundpfandrechte zu Gunsten der GmbH eingetragen worden.
Es seien lediglich der Gesamtbetrag als Forderung in der GmbH-Bilanz ausgewiesen und ein Zinsbetrag im Rahmen der Abschlussbuchungen
als Forderung eingebucht worden. Auch habe der Gesellschafter-Geschäftsführer (Kl) im Streitjahr über kein (regelmäßiges)
Einkommen verfügt. Die Bezahlung des Kaufpreises für das Grundstück durch die GmbH sei nicht betrieblich, sondern durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen, da sie dadurch ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zugewandt habe, den
sie als ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem fremden Dritten nicht gewährt hätte (sog. Fremdvergleich). Obwohl
für den Abschluss von Darlehensverträgen keine besonderen Formvorschriften bestünden, seien nach der Rechtsprechung die Ernsthaftigkeit
und die Angemessenheit der Verzinsung zu prüfen sowie bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern das Rückwirkungsverbot
zu beachten.
Im Streitfall würden klare und eindeutige Vereinbarungen hinsichtlich der Darlehenshingabe, der Absicherung, der Rückzahlung
und der Verzinsung fehlen. In Anbetracht der Höhe des zur Verfügung gestellten Betrages von 281.209,50 EUR sei „gänzlich auszuschließen,
dass ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsführer einem fremden Dritten ohne ausreichende rechtliche Absicherung
ein solches Darlehen gewährt hätte und schon gar nicht in dieser Größenordnung, die vielfach die Liquiditätslage der Gesellschaft
schon beim Ausfall auch nur eines Teilbetrages des ausgeliehenen Geldes gefährden könnte”.
Daran ändere auch die anlässlich der Gesellschafterversammlung am 20. Dezember 1999 getroffene Vereinbarung über die Verzinsung
des Darlehens-/Verrechnungskontos nichts. Hierbei handele es sich keinesfalls um einen „Darlehensvertrag”, der die von der
Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen erfülle und einem Fremdvergleich standhalte. Auch die Vereinbarungen in dem während
der Schlussbesprechung im Juli 2008 übergebenen „Darlehensvertrag” vom 06. September 2002 seien weder klar noch eindeutig.
So fehle der Zeitpunkt der Darlehenshingabe „P. beabsichtigt ein weiteres Gebäude zu erwerben…”), obwohl der Kaufvertrag damals
bereits abgeschlossen gewesen sei. Es würden keine genauen Angabe über die Höhe des zur Verfügung zu stellenden Betrages („bis
zu 300.000,00 EUR”) gemacht, obwohl der Kaufpreis bekannt gewesen sei. Abmachungen zur Laufzeit und zur Besicherung des Darlehens
würden ganz fehlen. Zur Tilgung werde ausgeführt, dass dazu die Mieteinnahmen „zur Gänze” verwendet werden sollten, ohne dass
diese beziffert würden. Selbst die Verzinsung, die mit „2% über dem jeweiligen Lombardsatz liegen” solle, sei nur vage angegeben,
Zinszahlungstermine würden fehlen.
Doch selbst wenn unterstellt würde, dass ein Darlehen vorliege, wäre nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Maßgaben
im Zeitpunkt der Darlehenshingabe der Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter eine vGA anzunehmen, da der Darlehenshingabe
kein entsprechender Gegenwert gegenüberstehe und damit bereits die Darlehenshingabe zu einer Vermögensminderung bei der Kapitalgesellschaft
geführt habe (Urteil des BFH vom 07. November 1990 I R 35/89, BFH/NV 1991, 839; Urteil des FG München vom 25. Juli 2001 6
K 3066/99, Juris; Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, Anhang zu § 8 „Darlehen”). Voraussetzung für die Annahme
einer vGA durch Darlehenshingabe seitens einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter sei, dass die Darlehensforderung
bereits bei Hingabe wertlos sei, die Kapitalgesellschaft von der Wertlosigkeit der Darlehensforderung (d.h. von der fehlenden
Solvenz des Darlehensschuldners) unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabs eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers
wisse oder wissen müsste, der Darlehensanspruch nicht besichert werde und überwiegende betriebliche Gründe für eine Darlehenshingabe
nicht gegeben seien. Die genannten Merkmale lägen im Streitfall alle kumulativ vor, so dass eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung
anzunehmen sei (vgl. Beschluss des FG Baden-Württemberg vom 11. November 2005 10 V 27/05, DStRE 2006, 534). Der Gesellschaft
sei zum Zeitpunkt der Bezahlung des Grundstückskaufpreises bekannt gewesen, dass der Gesellschafter über kein (regelmäßiges)
Einkommen verfügt habe, er somit nicht solvent gewesen sei. Trotzdem habe die Gesellschaft keine Anstrengungen unternommen,
ihre Forderung durchzusetzen oder wenigstens zu besichern. Demgegenüber seien im Grundbuch zeitweise Zwangssicherungshypotheken
fremder Gläubiger eingetragen gewesen. Dazu komme, dass „seit September 2009” sogar die Zwangsversteigerung angeordnet worden
sei. Dies könne durchaus dazu führen, dass der Kl in Zukunft keine Möglichkeit mehr habe, die Geldmittel aus einem Verkauf
dieses Grundstücks zurückzuführen, selbst wenn er es wollte.
Überwiegend betriebliche für eine Darlehenshingabe sprechende Gründe seien nicht ersichtlich. Ob die GmbH Teile des Grundstücks
überhaupt und wenn ja, ab wann und in welchem Umfang nutze, sei nicht erklärt worden. Auch seien über den Zufluss von Fremdmieten,
die angeblich zur Tilgung verwendet werden sollten, keine weiteren Angaben gemacht worden. Es sei bisher lediglich die „Absicht”
zur Erzielung von Mieteinnahmen im „Darlehensvertrag” vom 06. September 2002 dargetan worden. Damit sei die (Darlehens-)Forderung
bereits bei Hingabe des Darlehens wertlos gewesen. Die GmbH habe von vornherein einen Ausfall der (Darlehens-)Forderung in
Kauf genommen. Für einen Verzicht auf die Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Betrages spreche auch, dass der Kl im Streitjahr
keinen Beitrag zur Tilgung der Forderung(en) geleistet habe, vielmehr seine Verbindlichkeiten durch die Buchung von Zinsen
noch weiter angewachsen seien (vgl. das Urteil des BFH vom 14. März 1990 I R 6/89, BStBI II 1990, 795).
Mit der mit Schriftsatz vom 01. September 2010 erhoben Klage verlangten die Kl zunächst die Herabsetzung der ESt auf 0 EUR.
Zur Begründung der Klage trugen sie mit Schriftsatz vom 15. November 2010 (Bl. 23 ff. der FG-Akten) Folgendes vor:
Der Bekl berufe sich auf die Vorschrift des § 32a KStG. Nach der Rechtsprechung des BFH sei davon auszugehen, dass die KSt-Bescheide
für die GmbH und die ESt-Bescheide für die Kl nicht im Verhältnis eines Grundlagenbescheides zum Folgebescheid stünden. Es
sei aber nicht zu verkennen, dass der Gesetzgeber mit den durch das Jahressteuergesetz 2007 erfolgten Neuregelungen des §
32a KStG und den damit korrespondierenden Änderungen des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG bzw. des § 8b KStG auf eine korrespondierende
Besteuerung von vGAen habe hinwirken wollen. § 32a KStG sei damit vom Gesetzgeber im Ergebnis – unter Durchbrechung des Trennungsprinzips
– auf die Kongruenz der Besteuerung der Ebenen der Gesellschaft bzw. des Anteilseigners angelegt.
Nach § 32a Abs. 1 KStG könne ein Steuerbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGAen zuzurechnen seien, aufgehoben
oder geändert werden, soweit gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA erlassen,
aufgehoben oder geändert werde. Die Formulierung „kann” beschreibe ein Entschließungs- und Auswahlermessen der Finanzverwaltung.
Ein solches „Ermessen” bedeute gem. § 5 AO, dass das Finanzamt zwar einen Spielraum für seine Entscheidungsfindung habe, aber
nicht völlig losgelöst von rechtlichen Bindungen entscheiden dürfe. Vielmehr habe es deutlich darzulegen, ob es von seinem
Ermessen in zulässiger Weise Gebrauch gemacht habe. Dazu habe es eine sorgfältige Begründung abzugeben, in der es eine Abwägung
des Für und Wider für die getroffene Entscheidung darlegen müsse. Die Begründung müsse zeigen, dass das Finanzamt seinen Ermessensspielraum
erkannt habe und von welchen Gesichtspunkten es bei der Ermessensentscheidung ausgegangen sei. Dies diene dem Rechtsschutz
des Steuerpflichtigen. Denn dieser müsse wissen, wogegen er sich verteidigen solle. Die Abwägung müsse substantiiert, schlüssig
nachvollziehbar und für den Steuerpflichtigen nachprüfbar sein. Fehle eine entsprechende Abwägung in der Begründung der angegriffenen
Entscheidung, so sei sie ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.
Im vorliegenden Streitfall habe der Bekl weder in den Erläuterungen des angefochtenen ESt-Bescheides noch in seiner Einspruchsentscheidung
auch nur ansatzweise eine Darstellung seiner Ermessensabwägungen für die getroffene Entscheidung abgeliefert. Vielmehr habe
er sich schlichtweg auf § 32a KStG berufen, ohne das Für und Wider für seine Entscheidung darzustellen. Dieses Vorgehen sei
für die Kl nicht nachvollziehbar und schon gar nicht nachprüfbar.
Zur materiellen Rechtslage hatten die Kl bereits im (abgeschlossenen) Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung von ESt 2003
(Aktenzeichen 4 V 4532/10) Folgendes vorgetragen:
Die Einspruchsentscheidung des Bekl rechtfertige die Besteuerung von Einkünften des Kl aus Kapitalvermögen mit dem Hinweis
auf den geänderten Betriebsprüfungsbericht vom 24. November 2009. In den dortigen Ausführungen zu Tz. 30 habe der Betriebsprüfer
vGAen zulasten des Kl angenommen. Es werde darauf hingewiesen, dass der Bekl für das Vorliegen der Voraussetzungen von vGAen
nach ständiger Rechtsprechung die Feststellungslast trage.
Die Berichterstattung des Betriebsprüfers sei materiell-rechtlich fehlerhaft, weil der Betriebsprüfer überhaupt keine Tatsachen
festgestellt habe, die eine höhere Besteuerung der Kl rechtfertigen könnten. Der Betriebsprüfer habe in seinem Bericht lediglich
seine persönlichen Rechtsauffassungen dargestellt. Deshalb seien die vom Betriebsprüfer übernommenen Ausführungen des Bekl
in seiner Einspruchsentscheidung ebenfalls fehlerhaft und damit rechtswidrig.
Streitig sei vor allem die steuerrechtliche Beurteilung eines Darlehens der GmbH an den Kl als vGA und die Behandlung als
Einkünfte aus Kapitalvermögen auf der Ebene des Kl. In Tz. 30 seines Betriebsprüfungsberichtes habe der Betriebsprüfer hinsichtlich
der Vergabe des Darlehens vorgetragen, dass die Finanzierung des Kaufpreises für ein privates Grundstück über ein betriebliches
Bankkonto eine Vermögensminderung zulasten der GmbH bedeute, die die GmbH bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und
gewissenhaften Geschäftsleiters unter sonst gleichen Umständen gegenüber einem Nichtgesellschafter nicht hingenommen hätte.
Deshalb sei die Kaufpreiszahlung als vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 KStG anzusetzen. Weitere Ausführungen mache der Betriebsprüfer
in Tz. 18 seines Berichts vom 24. November 2009. Er trage vor, dass ein separat abgeschlossener Darlehensvertrag zwischen
der GmbH und dem Kl fehle. Vereinbarungen über Laufzeit und Tilgung eines Darlehens seien auch nicht getroffen worden. Auch
sei eine konkrete Darlehenssumme nicht genannt worden. Sicherheiten zugunsten der GmbH bestünden nicht. Außerdem sei der Kl
nicht in der Lage, die Forderung zu bedienen, weil er keinen Arbeitslohn beziehe und deshalb keine regelmäßigen Einkünfte
habe. Folglich sei die Forderung uneinbringlich, so dass sie im Prüfungszeitraum ausgebucht werden müsse. Der Bekl habe sich
diesen Ausführungen angeschlossen und verstärkend behauptet, dass der Kl zum Zeitpunkt der Bezahlung des Grundstückskaufpreises
nicht solvent gewesen sei (vgl. Seite 11 der Einspruchsentscheidung).
Der Vortrag des Betriebsprüfers und des Bekl in der Einspruchsentscheidung sei materiell-rechtlich falsch. Im Streitfall sei
eine vGA deshalb nicht gegeben, weil die GmbH dem Kl keinen Vermögensvorteil zugewandt habe. An der erforderlichen Vorteilszuwendung
fehle es, wenn die GmbH an ihren Gesellschafter etwas leiste und dabei von vornherein feststehe, dass es sich um eine Kreditgewährung
seitens der GmbH handele. Eine Darlehensgewährung der GmbH sei in der Regel anzunehmen, wenn sie Verrechnungskonten für den
Gesellschafter führe, von denen sie Auszahlungen für private Zwecke des Gesellschafters abbuche. Soweit dabei Forderungen
gegen den Gesellschafter entstünden, hätten diese Forderungen Darlehenscharakter. Die Buchung auf den Verrechnungskonten bringe
zum Ausdruck, dass eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe.
Nach diesen Grundsätzen stelle die Kaufpreiszahlung der GmbH für den Kauf des Grundstücks keine Vorteilsgewährung an den Kl
dar. Die aus dieser Zahlung entstandene Forderung der GmbH gegen den Kl sei durch die Verbuchung auf den Verrechnungskonten
als Darlehen ausgewiesen worden. Damit sei zugleich die Rückzahlungsverpflichtung dokumentiert worden und damit auch, dass
der Darlehensbetrag dem Kl nicht endgültig habe zugewendet werden sollen.
Wie der Kl schon während der Betriebsprüfung vorgetragen habe, hätten das Grundstück (gemeint ist offenbar Grundstück D-Straße
2 in Z) vermietet werden und die Mieteinnahmen vollständig der Darlehensrückführung dienen sollen. Damit habe der Kl also
auch bereits im Zeitpunkt der Hingabe der Darlehensmittel die ernsthafte Rückzahlungsabsicht gehabt. Der Hinweis des Bekl
auf angeblich fehlende Einkünfte des Kl sei somit irrelevant und spreche nicht gegen die Annahme eines Darlehens.
Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Darlehensforderung der GmbH bereits bei Hingabe der Mittel wertlos gewesen
wäre. Denn immerhin habe das erworbene Grundstück als sicherer Vermögenswert gedient. Die wirtschaftliche Lage des Kl habe
sich durch den Kauf des Grundstücks nicht verschlechtert. Mit einem Ausfall der Darlehensforderung habe folglich ernsthaft
nicht gerechnet werden müssen.
Weil die GmbH im Streitfall dem Kl keinen Vermögensvorteil zugewandt habe und weil auch keine Vermögensminderung zulasten
der GmbH eingetreten sei, würden hinsichtlich der Darlehensgewährung an den Kl bereits die Voraussetzungen für die Annahme
einer vGA fehlen. Damit komme es insbesondere nicht mehr darauf an, ob die Gewährung eines Vermögensvorteils an den Kl bei
Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gegenüber einem Nichtgesellschafter unter sonst
gleichen Umständen von der GmbH nicht hingenommen worden wäre. Und es komme auch nicht mehr darauf an, ob der Darlehensbetrag,
den die GmbH dem Kl gewährt habe, auf einem Vertrag beruhe, der in jeder Beziehung den Anforderungen genüge, welche die Rechtsprechung
an im Voraus getroffene klare und eindeutige Vereinbarungen zwischen der GmbH und dem Gesellschafter (hier dem Kl) stelle.
Damit entfielen als weitere Folge auf der Ebene des Kl auch die Voraussetzungen für die Annahme einkommensteuerpflichtiger
Einkünfte des Kl aus Kapitalvermögen. Dies wiederum bedeute, dass bei der Veranlagung des Kl keine Einkünfte aus Kapitalvermögen
hätten angesetzt werden dürfen.
Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2012 legte der Prozessbevollmächtigte des Kl eine „Entwicklung Gesellschafterdarlehen / Hauskauf
2001 – 2010” (Bl. 54 der FG-Akten) und einen Ausdruck des Kontos 1508 „Ford. gg. Ges.” aus der Buchhaltung der X GmbH (Bl.
55 der FG-Akten) vor. Auf die genannten Unterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2012 (Bl. 98 f. der FG-Akten) trugen die Kl selbst schließlich noch Folgendes vor:
„Um der ständigen Unterstellung durch den Bekl zu seiner vermeintlichen lnsolvenz endlich ein Ende zu bereiten”, habe er –
der Kl – sich erlaubt, seine Einkommenssituation für die Jahre 1999 und 2000 darzustellen. Neben der X GmbH habe ein Kleingewerbe
existiert. Die wesentlichen Fakten würden sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Steuerberaters H ergeben. Gemäß diesen
Untertagen habe er ein Einkommen aus seinem Kleingewerbe (Organisation und Beratung) gehabt, das er wiederum immer der X GmbH
zur Verfügung gestellt habe. Dieses Einkommen neben dem Gehalt seiner Ehefrau sei dem Bekl sehr wohl bekannt, da es für diese
Zeiträume als zuständiges Finanzamt die Veranlagung zur ESt veranlasst habe. Zum besseren Verständnis bitte er das Gericht,
das Ergebnis der Jahre 1999 und 2000 (Anlage – 7 –, Seite 3) zu beachten. Dort werde jeweils ein Gewinn für das laufende Jahr
ausgewiesen und das Vorjahr werde ebenfalls noch einmal angedruckt. So seien die Mittel zu erklären, aus denen er habe „kompensieren”
können. Für das Jahr 1998 habe er die Einlagenübersicht als Anlage – 8 – gereicht. In einer bereits schon einmal geklärten
Nachfrage durch das Finanzamt I für die Jahre 1995 und 1996 seien ihm damals Einlagen in Höhe von über 130.000,00 DM bescheinigt
worden. Auch in diesen Jahren habe er ein separates Einkommen aus Beratung und Organisation erzielt. Dieses habe er immer
zum Erhalt der Arbeitsplätze verwendet. Der damalige Geschäftsinhalt sei ein ambulanter Pflegedienst gewesen, den er im Jahr
1999 aufgegeben habe, nachdem die Umsätze weggebrochen seien. Alle Kosten und Verluste aus diesem vorherigen Geschäftsinhalt
seien durch die geänderte X GmbH übernommen worden. Daher seien hohe Kosten zu erklären, die nach und nach bezahlt worden
seien. Der tägliche Geschäftsablauf der X GmbH erzeuge keine Verluste mehr, es seien die Altlasten, die abgetragen würden!
Dem Gericht liege die vom Steuerberater H erstellte ESt-Erklärung für das Jahr 2001 vor. Dort seien „die Einnahmen aus Gewerbeeinkünften”
ebenfalls erklärt. Soweit also der Bekl immer wieder von Neuem die Frage aufwerfe, woher die Gelder stammen könnten, sei hier
die Antwort zu finden.
Im (abgeschlossenen) Verfahren 4 V 4532/10 wegen Aussetzung der Vollziehung von ESt 2003 legten die Kl mit Schriftsatz vom
12. Juli 2011 als Anlage 5 einen Vermerk der Buchhaltung (Anlagenband zum Verfahren 4 V 4532/10) mit folgendem Wortlaut vor:
„Betr.: Konto 0751 – Darlehen Hauskauf
1508 – Forder. gg. Ges.
Das Darlehenskonto 0751 wurde offenbar im Jahre 2004/2005 umgebucht auf das Konto 1508 und somit wurden beide Darlehen auf
diesem Konto weitergeführt. Versehentlich wurde ab diesem Zeitpunkt das Konto 0750 mit Darlehensrückzahlungen bebucht – dies
habe ich dann 2010 rückwirkend berichtigt, so dass das Konto 0750 seinen Ursprungsbetrag zurückerhielt und das Konto 1508
mit diesen irrtümlichen Buchungen gemindert wurde.
Z, 05.07.2011”
Mit Schriftsatz vom 07. Februar 2012 zum Verfahren 4 K 3064/10 (Bl. 292 f. der FG-Akten zum Verfahren 4 K 3064/10) trug der
Vertreter der Kl in dem genannten Verfahren, Herr Rechtsanwalt G, zu den bei der X GmbH geführten Konten 750, 751, 1000 und
1508 Folgendes vor:
Verrechnungskonten
Die X GmbH – vom Klägervertreter im nachfolgenden Text als „Firma” bezeichnet – führe schon seit Mitte der 90er Jahre „zwei
Arten von Verrechnungskonten”. Dies seien „ein Darlehensverrechnungskonto und auch ein Verrechnungskonto für laufende Vorgänge”.
Diese Konten seien „in ihrer Führung wie rechtlichen Beurteilung von den Betriebsprüfungen durch das FA I nie beanstandet”
worden. Von je her gebe es die Konten 1000 und 1508 wie auch das Konto 750; das Konto 751 sei „irrtümlich entstanden”. In
der Vergangenheit sei „in den Konten 750, 751 und 1508 falsch gebucht” worden, worauf nachfolgend eingegangen werde:
Darlehensverrechnungskonto
Anlässlich der Erarbeitung der Jahresabschlüsse für 2007 und 2008 sei dem bearbeitenden Steuerberater im Jahr 2010 aufgefallen,
dass „einige Konten nicht korrekt gebucht” gewesen seien, weshalb alle Konten zu prüfen und aufeinander abzustimmen gewesen
seien. Dieser Anlass habe zu einer Änderung der Konten 750, 751 und 1508 geführt, ohne dass das Zahlenwerk als solches angetastet
worden sei. Die Änderungen würden nichts daran ändern, dass die Firma die für den Kl getätigten Leistungen als Forderungen
gegen den Kl gebucht habe.
Das
Konto 750 habe von Anfang an die Einlage des stillen Gesellschafters betroffen und sei auf den Ursprungsbetrag von 51.129,19 EUR =
100.000,00 DM zurückgesetzt worden. Die dort irrtümlich aufgelaufenen Buchungen seien per 31.12. eines jeden Jahres auf das
Konto 1508 gebucht worden, und zwar vom Jahr 2001 an.
Das
Konto 751 sei infolge der Falschbuchungen im Konto 750 eröffnet worden und habe Buchungen enthalten, die „mit dem Darlehen zu tun”
gehabt hätten, weswegen „diese Buchungen nun im Konto 1508 (Darlehensverrechnungskonto) zu erkennen” seien; das Konto 751
sei 2004 aufgelöst worden.
Es gebe jetzt nur noch das Konto 750 für den stillen Gesellschafter und „das Konto 1508 für wechselseitige Darlehen zwischen
der Firma und dem Kl”.
Gesellschafterverrechnungskonto (Kasse)
Das Konto 1000 sei ausweislich der Bilanz „Kasse” genannt worden. Eine Kasse im Sinne einer Barkasse habe die Firma indes
nie gehabt, weil hierfür keine Notwendigkeit bestanden habe. Die Firma habe nie bare Einnahmen oder Ausgaben gehabt. Der gesamte
Geldverkehr sei stets unbar erfolgt. Dieser Umstand sei dem Bekl nicht neu. Diesem sei auch bekannt, dass das Konto 1000 „als
Gesellschafterverrechnungskonto geführt” werde. Der Bekl habe sich „den Umfang und die Sichtweise der Betriebsprüfung aus
den Jahren 2003 bis 2005 zu Eigen gemacht”.
Im Jahr 2005 seien über das Konto 1000 betriebliche Vorgänge erfasst worden. Es sei „ein Spiegel dessen, was auf dem ehelichen
Postbankkonto an betrieblichen Vorgängen geschehen” sei. Rechnungen der Firma an Kunden seien „dorthin bezahlt und im Konto
1000 wie in den für den jeweiligen Kunden angelegten Sachkonten erfasst” worden, wodurch die Forderung gegen den Kunden erloschen
sei (Erfüllung). Selbiges sei mit den Verbindlichkeiten der Firma geschehen, die der Kl vom ehelichen Postbankkonto beglichen
habe. Folge sei gewesen, dass in der Buchhaltung der Firma Debitoren und Kreditoren stets ausgeglichen gewesen seien. Zu einer
persönlichen Bereicherung der Kl – insbesondere des Kl – sei es nicht gekommen, zumal „die Befriedigung von Verbindlichkeiten”
höher ausfalle als der Eingang von Zahlungen der Kunden. Eine „Vermögensminderung aus Sicht der Firma” habe nicht stattgefunden
und werde „nicht durch den reinen Geldfluss indiziert”.
Mit seinem Schriftsatz vom 07. Februar 2012 zum Verfahren 4 K 3064/10 (Bl. 292 f. der FG-Akten zum Verfahren 4 K 3064/10)
legte der Vertreter der Kl folgende Unterlagen vor:
1.) Auszüge aus den Konten 1000 „Gesellschafterverrechnungskonto (Kasse)”), 1508 „Ford. gg. Ges.”) und 750 „Verbindlichkeiten
gegen Gesellschafter Restlaufzeit ab 5 Jahre”) (Bl. 294 ff. der FG-Akten zum Verfahren 4 K 3064/10), aus denen insbesondere
die im Jahr 2010 erfolgten Ein-/Umbuchungen auf das Konto 1508 ersichtlich sind;
2.) eine von ihm als „tabellarische Zusammenstellung in Bezug auf Zahlungen der Fa. L” bezeichnete „Tabelle 1” (Bl. 303 ff.
der FG-Akten zum Verfahren 4 K 3064/10), in der die mit der X GmbH im Zusammenhang stehenden „Einnahmen und Ausgaben” auf
dem Konto Nr. 123…. der Kl bei der Postbank einander gegenübergestellt sind.
Auf die genannten Unterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Mit einem weiteren Schriftsatz vom 07. Februar 2012 legte der Vertreter der Kl im Verfahren 4 K 3064/10 zur näheren Erläuterung
seines Vortrags schließlich noch einen „Vermerk der Buchhaltung zu den Konten 750 und 1508” (Bl. 310 der FG-Akten zum Verfahren
4 K 3064/10) mit folgendem Wortlaut vor:
„Betr. Umbuchung Konto 0750 / 1508 | Z, 06.02.2012 |
wurde festgestellt, dass in den Vorjahren 2001 – 2006 die Konten 0750 und 1508 falsch bebucht wurden.
Da das Konto 0750 eine Verbindlichkeit ist, die aus einer stillen Einlage für die GmbH resultiert, hätte dieses Konto jedoch
nicht bebucht werden dürfen.
In den Jahren 2001 – 2006 / Anf. 09 wurden sowohl Ein- als auch Auszahlungen versehentlich auf das Konto 0750 statt 1508 gebucht.
Dadurch wurde obendrein auch noch seitenverkehrt gebucht, da das Konto 0750 ein Haben-Konto und das Konto 1508 ein Soll-Konto
ist.
Somit wurden – in Absprache mit dem Steuerberater – beide Konten berichtigt. Im Rahmen dieser Umbuchungen wurde das Konto
0750 wieder auf seinen Ursprungsbetrag gesetzt und dem Konto 1508 wurden die Ein- und Auszahlungen zugeordnet.
Dadurch wurde auch die Übersichtlichkeit der Entwicklung der gewährten Darlehen für das Gericht erleichtert.”
Im Termin zur mündlichen Verhandlung trugen die Kl bzw. ihr Vertreter vor, der Prüfer habe zu Unrecht eine werthaltige Forderung
„auf null gesetzt”. Die vom Bekl zur Untermauerung seines Rechtsstandpunkts angeführten finanzgerichtlichen Urteile seien
auf den Streitfall nicht übertragbar, da in den entschiedenen Fällen die Gesellschafter die ihnen von der Gesellschaft zur
Verfügung gestellten Mittel verbraucht hätten. Im Gegensatz dazu habe der Kl eine Investition in einen Wertgegenstand (ein
Grundstück) getätigt, so dass keine Verschlechterung seiner Vermögenssituation eingetreten sei.
Die Kl beantragen,
den ESt-Änderungsbescheid vom 02. Juli 2010 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2010 dahingehend
zu ändern, dass die Einnahmen des Kl aus Kapitalvermögen um (281.290,50 EUR: 2 =) 140.640,75 EUR vermindert werden,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2010. Ergänzend trug er mit Schriftsatz
vom 31. Januar 2012 (Bl. 92 ff. der FG-Akten) Folgendes vor:
Zu der der mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 14. Januar 2012 vorgelegen „Entwicklung Gesellschafterdarlehen / Hauskauf
2001 – 2010” sei anzumerken, dass es sich hierbei ab 2003 um eine Zusammenfassung des „Darlehenskontos Hauskauf” und des „Gesellschafterverrechnungskontos”
handele. Während die GmbH in der von ihr erstellten Schlussbilanz zum 31.12.2003 (vgl. GmbH-Bilanzakten 2003, Bl. 26/27) noch
von zwei unterschiedlichen Bilanzpositionen ausgegangen worden sei, seien beide Beträge in dem von Steuerberaterin M erstellten
geänderten Jahresabschluss (ebenda, „geänderte Bilanz” Bl. 3), der einige Zeit später beim Finanzamt eingereicht worden sei, zusammengeführt
worden. Deutlich werde, dass bis Ende 2005
keine Darlehenstilgungen stattgefunden hätten, der Betrag sich sogar noch erhöht habe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass darüber
hinaus auch die fälligen Zinsen nicht bezahlt, sondern dem „Gesellschafterverrechnungskonto” zugebucht worden seien.
Die Betriebsprüfung bei der Firma des Kl (gemeint ist offenbar: bei der X GmbH) habe im Frühjahr 2007 begonnen. In den Jahren
2009, 2010 und 2011 seien erstmals namhafte Reduzierungen des Forderungssaldos erfolgt. Hier handle es sich jedoch nicht um
Tilgungen im eigentlichen Sinn, sondern um Buchungen von Entschädigungszahlungen der Gebäudeversicherung, die vom Kl eingeklagt
und zur Instandsetzung des nach dem Wasserschaden unbenutzbaren Gebäudes D-Straße in Z geleistet worden seien. Da der Gebäudeschaden
nicht vorhersehbar gewesen sei, dürften die Zahlungen nicht in die Beurteilung einfließen, ob die GmbH 2001 bzw. 2003 ernsthaft
mit der Rückzahlung der beiden Darlehen habe rechnen können.
Abschließend erscheine dem beklagten Finanzamt wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Darlehenshingabe der Kapitalgesellschaft
an ihren AlleinGesellschafter (den Kl) als vGA zu behandeln sei, da der Darlehenshingabe beim Darlehensgeber kein entsprechender
Gegenwert gegenüber stehe und damit bereits die Darlehenshingabe zu einer Vermögensminderung bei der Kapitalgesellschaft führe
(vgl. Urteil des BFH vom 07. November 1990 1 R 35/89, BFH/NV 1991, 839; Urteile FG München, vom 14. März 2001 6 K 4924/97,
nicht veröffentlicht; vom 25.07.2001 6 K 3066/99, nicht veröffentlicht; Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, 72.
Ergänzungslieferung November 2011, KStG nF § 8 Abs. 3 unter 6. Verdeckte Gewinnausschüttungen bei Darlehensverhältnissen und
stillen Beteiligungen).
Nach den Ausführungen im Urteil des FG des Landes Brandenburg vom 23.10.2002 2 K 1337/00 (EFG 2003, 261) sei Voraussetzung
für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Darlehenshingabe seitens einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter,
„… dass die Darlehensforderung bereits bei Hingabe wertlos ist, die Kapitalgesellschaft von der Wertlosigkeit der Darlehensforderung
(d.h. von der fehlenden Solvenz des Darlehensschuldners) unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabs eines ordentlichen
und gewissenhaften Geschäftsführers weiß oder wissen müsste, der Darlehensanspruch nicht besichert wird und überwiegende betriebliche
Gründe für eine Darlehenshingabe nicht gegeben sind”. Die genannten Merkmale, die im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen
sind, müssten nach Auffassung des Gerichts kumulativ vorliegen, um eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung annehmen zu können.”
Genauso liege der Streitfall, sämtliche der genannten Voraussetzungen seien erfüllt:
Eine Rückzahlung des dem Kl in 2001 zur Verfügung gestellten Betrags sei „bereits zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nie beabsichtigt”
gewesen, auf der Ebene der GmbH habe faktisch kein Wille zur Rückforderung bestanden. Der Kl habe „weder den Willen zur Tilgung,
geschweige denn zur Rückzahlung” gehabt, noch wäre er dazu in der Lage gewesen. Damit sei „die Forderung der Gesellschaft
schon bei Herausgabe des Geldes wertlos” gewesen.
Der Kl habe über die Tilgung bzw. Rückzahlung dieses Betrags definitiv keine separate Vereinbarung getroffen. Auf die Frage
nach einem „Darlehensvertrag” berufe er sich auf eine „Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Firma X GmbH”
vom 20.12.1999. Dort sei vereinbart worden, dass eine Kündigung des Darlehenskontos „mit einer Frist von einem Monat” (jederzeit)
möglich sei. Diese kurze Frist rechtfertige die Annahme, dass ein „Darlehensvertrag” nicht ernsthaft gewollt gewesen sei (vgl.
Augsten/Dieterle/Franz/Harle u.a., Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, 44. Auflage 2011, dort 4. Darlehen
Rz. 17 ff.).
Der Kl sei in 2001 nicht solvent gewesen. Er hätte mangels irgendwelcher Einnahmen keine finanziellen Mittel (z.B. Bargeld)
zur freien Verfügung gehabt, um seine Verbindlichkeiten sofort oder innerhalb absehbarer Zeit zu begleichen (vgl. Gabler,
Wirtschaftslexikon „Solvenz”). Die Gesellschaft hätte unter sonst gleichen Verhältnissen einem Fremden, der nicht (Allein-)Gesellschafter
sei, nie solch ein „Darlehen” gegeben. Auch die Gewährung eines solchen Kredits durch eine Bank sei undenkbar. Des weiteren
sei die Verbuchung eines Betrages in dieser Höhe auf einem Verrechnungskonto nach Auskunft des Betriebsprüfers unüblich.
Obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, habe die Gesellschaft auf eine Besicherung des in 2001 hingegebenen „Darlehens” verzichtet.
Damit habe sie schon bei Hingabe des Betrags den Ausfall in Kauf genommen. Für eine Bank oder einen fremden Käufer der Firma
sei eine unbesicherte Forderung in dieser Höhe und unbestimmter Laufzeit in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des
Schuldners wertlos („Niederstwertprinzip”).
Es hätten keine überwiegend betrieblichen Gründe für eine Darlehensgewährung bestanden. Die Nutzung von Räumlichkeiten durch
die GmbH falle dabei „nicht bedeutend ins Gewicht”.
Da „im Jahr der Darlehensgewährung keine Rückzahlungsabsicht erkennbar” sei, seien „die Konsequenzen einer vGA, wie im streitbefangenen
Bescheid erfolgt, in diesem Zeitpunkt zu ziehen”.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung übergaben die Vertreter des Bekl zwei Vermögensverzeichnisse betreffend die X GmbH vom
18. Februar 2005 und 29. Oktober 2010 (Bl. 180 ff. der FG-Akten zum Verfahren 4 K 4769/10) und trugen vor, dass die X GmbH
darin das Vorliegen von Ansprüchen gegen den/die Gesellschafter verneint habe. Die GmbH sei somit selbst davon ausgegangen,
dass sie vom Kl „nichts mehr bekommen” werde.
Der Senat hat auf den Antrag der Kl die Akten zu den Verfahren der Kl wegen ESt 2001 und 2005 (Aktenzeichen: 4 K 4769/10 und
4 K 3064/10) und wegen Aussetzung der Vollziehung von ESt 2001 und 2003 (Aktenzeichen: 4 V 1902/11 und 4 V 4532/10) sowie
– mit ausdrücklicher Zustimmung der X GmbH (vgl. das Schreiben der GmbH vom 30. Januar 2012, Bl. 88 der FG-Akten) – auch die
Akten zu den Verfahren der X GmbH wegen KSt 2001, 2003, 2004 und 2005 (Aktenzeichen: 6 K 2947/10, 6 K 422/11, 6 K 427/11 und
6 K 2643/10) beigezogen. Auf die genannten Akten wird vollinhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Bekl hat die Steuerfestsetzung im angefochtenen ESt-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom 02. Juli 2010 zu Recht geändert,
da die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der vorausgegangenen Bescheide vorlagen (I.) und die Zahlung
des Kaufpreises für das vom Kl erworbene Grundstück D-Straße 2 in Z durch die X GmbH nicht als Darlehen der GmbH an den Kl,
sondern als vGA zu beurteilen ist (II.).
I. Vorliegen der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung der dem angefochtenen ESt-Änderungsbescheid vom 02.
Juli 2010 vorausgegangenen Bescheide.
Da die ESt-Bescheide für das Streitjahr – anders als die ESt-Bescheide für das Jahr 2001 – ausnahmslos unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung ergangen sind, konnte deren Änderung jeweils auf § 164 Abs. 2 Satz 1 AO gestützt werden. Auf die von den Kl
aufgeworfene Frage, ob die Änderung der Bescheide (auch) auf § 32a Abs. 1 KStG gestützt werden konnte, kommt es deshalb nicht
an.
II. Vorliegen eine vGA.
1. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. auch Gewinnanteile, Ausbeuten und
sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Zu den „sonstigen Bezügen” im Sinne der genannten
Vorschrift gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch vGAen.
Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der
gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis
hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt
(Urteile des BFH vom 09. Dezember 2009 X R 52/06, BFH/NV 2010, 1246, und vom 19. Juni 2007 VIII R 34/06, BFH/NV 2007, 2291).
Eine gesellschaftliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil unter
sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (Urteile des BFH vom 09. Dezember 2009 X R 52/06,
a.a.O.; vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103; vom 13. Dezember 2006 VIII R 31/05, BStBl II 2007, 393; Wrede in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 20 EStG Rz 240; Blümich/Stuhrmann, § 20 EStG Rz 75; Schmidt/ Weber-Grellet EStG § 20 Rz 60 f.). Im Verhältnis zwischen der
Kapitalgesellschaft und einem beherrschenden Gesellschafter wird die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses bereits
dann angenommen, wenn es für die Leistung der Kapitalgesellschaft an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen
und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. das Urteil vom 09. November
2005 I R 89/04, a.a.O.)
An der für eine vGA erforderlichen Vorteilszuwendung fehlt es indessen, wenn die Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter
etwas leistet und dabei von vornherein feststeht, dass es sich um eine Kreditgewährung seitens der Gesellschaft handelt (Urteil
des BFH vom 23. Juni 1981 VIII R 102/80, BStBl II 1982, 245). Voraussetzung für die Bejahung eines Darlehensverhältnisses
ist allerdings auch, dass der Gesellschafter von Anfang an ernstlich bestrebt ist, die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit
wieder zurückzuzahlen (Beschluss des BFH vom 22. März 2010 VIII B 204/09, a.a.O., m.w.N.). Sollte eine Rückzahlungsverpflichtung
entgegen den schriftlichen Vereinbarungen der Vertragsparteien – von vornherein nicht begründet werden, liegt bereits in der
Hingabe der „Darlehensmittel” eine Vorteilszuwendung (Urteil des BFH vom 12. Dezember 2000 VIII R 62/93, BStBl II 2001, 234).
Fehlt es wegen des Vorliegens eines Darlehensverhältnisses an der Zuwendung eines Vermögensvorteils an den Gesellschafter,
stellt sich die Frage, ob die Gewährung eines Vermögensvorteils ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat, nicht. Damit
scheidet auch die Frage aus, wie sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter verhalten hätte und ob der Kredit,
den die Gesellschaft dem Gesellschafter gewährt hat, auf einem Vertrag beruht, der in jeder Beziehung den Anforderungen genügt,
welche die Rechtsprechung an im Voraus getroffene klare und eindeutige Vereinbarungen zwischen der Kapitalgesellschaft und
ihrem beherrschenden Gesellschafter stellt (Urteil des BFH vom 23. Juni 1981 VIII R 102/80, a.a.O.).
Im Streitfall ist eine Vorteilsgewährung schon deshalb zu bejahen, weil der Kl von Anfang an nicht ernstlich bestrebt war,
die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit wieder zurückzuzahlen, und deshalb davon auszugehen ist, dass eine Rückzahlungsverpflichtung
von vornherein nicht begründet werden sollte. Wie sich aus der von den Kl vorgelegten „Entwicklung Gesellschafterdarlehen
/ Hauskauf 2001-2010” (Bl. 112 der FG-Akten) ergibt, hat der Kl bis Ende 2005 keine nennenswerten Tilgungen geleistet, sondern
es im Gegenteil hingenommen, dass seine Darlehensschuld durch die Belastung des Darlehens-/Verrechnungkontos mit den fälligen
Zinsen weiter angestiegen ist. Entgegen der Auffassung der Kl lässt sich dies weder mit dem am Objekt D-Straße 2 in Z eingetretenen
Wasserschaden noch mit der nicht wie erwartet ausgefallenen Entwicklung der Geschäftsbeziehung der X GmbH zur Behörde A erklären.
Zwar haben diese negativen Entwicklungen/Ereignisse die Tilgungsfähigkeit des Kl nicht unerheblich eingeschränkt. Der Kl hat
jedoch auch die ihm – trotz dieser Einschränkungen seiner Tilgungsfähigkeit – verbliebenen Tilgungsmöglichkeiten nicht genutzt.
Er hat weder den Gewinn aus seinem Einzelunternehmen noch die ihm aus dem Mietverhältnis mit der X GmbH zustehenden Mietzinsen
zur Tilgung der Darlehensschuld verwandt. In den Jahren, in denen die GmbH aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation zur Mietzahlung
nicht in der Lage war, hat der Kl die fällige Miete gestundet und nicht – wie es nahe gelegen hätte – mit seiner Mietforderung
gegen die Darlehensforderung der GmbH aufgerechnet. Auch von der Möglichkeit, mit der GmbH eine Vergütung für seine Geschäftsführertätigkeit
zu vereinbaren, um seine Tilgungsfähigkeit zu verbessern, hat der Kl keinen Gebrauch gemacht. Auch der Umstand, dass bereits
am 06. September 2002 die Gewährung eines weiteren Darlehens vereinbart wurde, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine nennenswerten
Tilgungsleistungen auf das erste Darlehen erfolgt waren, macht deutlich, dass der Kl nicht ernstlich bestrebt war, die erhaltenen
Mittel in absehbarer Zeit wieder zurückzuzahlen. Gegen eine entsprechende Absicht spricht schließlich auch der Umstand, dass
die dem Kl von der GmbH gewährten Darlehen in keinster Weise besichert wurden, obwohl dies durch eine Belastung der erworbenen
Grundstücke mit Grundpfandrechten ohne Weiteres möglich gewesen wäre. All dies lässt nur den Schluss zu, dass eine ernsthafte
Rückzahlungsabsicht beim Kl von Anfang an nicht vorhanden war. Dieser Annahme steht insbesondere auch der Umstand nicht entgegen,
dass der Kl ab dem Jahr 2009 nennenswerte Zahlungen aus den ihm zugeflossenen Versicherungsleistungen an die X GmbH erbracht
hat. Denn diese Zahlungen lassen aufgrund ihres großen zeitlichen Abstands zur Darlehenshingabe nicht den Schluss zu, dass
eine ernsthafte Rückzahlungsabsicht beim Kl von Anfang an vorhanden gewesen wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtskosten (FGO).
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.